Unterhaltung unö Missen
Wlax fä&rlhel:
Deffemer war über die Wolga gefahren, ehe der Sturm begann. Gegen den dunklen Himmel, der hier und dort noch ein wenig ocker- gelb aufleuchtete, standen die noch schwärzeren Figuren der tatarischen Fischer. Sie standen bis zur Brust im schäumenden Wasser und be- mühten sich um das große Schleppnetz. Sie hatten sich auch am festen London das Augseil gespannt und berührten mit ihren Stirnen beinah« die Erde. Endlich war das iRetz eingebracht, das Schweigen löst« sich, die Totaren trotteten nach den freien Feuern bei den Zelten. Die gefangenen Fische logen,«in glitzernder Haufen, in der großen flachen Barke. Aus den Zelten kam eine neue Arbeitskolonnc und warf ein neues Netz aus. Der Fremd« ging zu den Feuern und trank, wie die Fischer, aus einer schmutzigen Holzschal« Tee. Den Tee hatte der kleine Ali ge- kocht, ein zwölfjähriger Knabe mit gelbem Elfenbeingestcht und schwarzen, brennenden Augen. Auch Grischto. ein kleiner ukrainischer Vagabund, der mit über die Wolga gefahren war, stand am Feuer und trank Tee. Dan ging er nach dem nahen Ufer, holte sich einen großen, rotgetupften Fisch und briet ihn an den hellen Flammen. Der Sturm heulte. Die Wolga schäumt«, und aus der nahen Wüste trieben schwere Sandwolken nach den Fischern und detl Zelten. Die Barkasse müht« sich über den gcnxiltigen Strom, um die Barke mit den Fischen nach der anderen Seite, wo die großen Fischkeller lagen, herüberzuholen. Erischka blieb bei dem kleinen Ali, Bessemcr aber ging nach der Wolga zu den Fischen und der Barke. Dies« Barke war ein Schiff des Sterbens und des Todes, ein Schiff der Opfer und der Opferungen. Biel « taufend Fische lagen da, zappelten, rissen die runden Möuler auf, glitzerten, ein gleißender Schimmer von ollen Farben, von Rot, Grün, Blau, Schwarz, Silber und Lichtgrün. Und die grausige Swmmheit der Fisch« schrie lauter als der heulende Sturm. Dann kam die Fahrt noch dem anderen Ufer, nach den Blockhäusern und den Schlachtbänken, auf denen die breithüftigen Mädchen und Frauen saßen, die spitzen Messer in den blutige» Händen, und schallend sangen. Manche Fische lebten noch und einigen von ihnen glückte wohl auch der Sprung in den freien Strom, aber auch das war ja mm«in Sprung in das Verderben, denn bergaufwärts senkte sich ein Netz an das andere, ein Tod an den anderen. Di« Fische aber verachtete» den Tod, solange sie noch die runden Mäu'er aufreißen konnten. Sie zuckten und schlugen mit den Schwänzen, und durch den kühlen schimmernden Berg wühlten sich die großen, schwarzen Welse ans Licht. Dies« schwarzen Welse mit den klugen Köpfen und den langen Bartfühlern lebten am längsten. Die kleinen, stachlichten Sterletts waren sofort tot. Di« Störe, die den kostbaren Kaviar gaben, schwammen m einer anderen Barke. Lange starrte der Fremde ans die vielen gefangenen Fisch«. Dabei dachte er an das unbegreifliche Gesetz der Natur, das dies« schimmerden Fischmillionen aus dem Kospischen Meere jagte, wenn die Laichzeit kam. In sagenhaften Zügen schwärmten dann die Fische, und ihre Eier häuften sich zu hohen Milliarden. Viele Ge- schlechter zogen ans, viele Arten schwärmten, die Hering«, die Störe, die Welse, die Fische Wöbla, Sterlett und Lcsch, und das Geschlecht und die Art blieb doch erhalten, wenn auch hunderttausend und hundert Millionen Fische im Frühling oder im Herbst gesangen wurden. Und dann lag in grauen Sondstürmen die Stadt Astrachan und wartete aus den Fang. Nun begann der Sturm mit neuer Wut zu brüllen. Immer dunkler wurde der Himmel, immer weißer und wilder schäumt« die � Wolga . W>e Tiere lagen die Fischer an dem Zugseil. Wieder be> rührten ihre Stirnen die Erde. Plötzlich begonnen die Männer mitten im Sturm, mitten in schwerer Arbeit mit einem Gesang. Sie sangen eines der uralten Arbeitslieder, die schon in Aegypten um den Bau der Pyramiden geisterten, sie stimmten«ins der schwermüti- gen Lieder an, die nur im tiefsten Dunkel aufkommen können und erst dann sterben oder sich wandein, wenn der hell« und samtne Schrei der Dynamos zu singen beginnt. „Los, Grischka, zeige, was du kannst,* sagte Bessemer,„Komm, mein Freund, auch wir gehen an das Seil* Der Knabe war nicht besonders entzückt davon, aber«r spannt« füh doch an das Seil und versuchte, die dunkle Melodie des tatari - schen Liedes einzufongen. Wohl tropften die Tränen der armen Leute durch dos Lied, das Leid ganzer Geschlechter, ober durch die Tränen und durch das Leid häinmerte das unverzagte Herz des Volkes. Endlich hatte auch Bessemer die Sprache des Liedes ge. funden und sang mit de» Tataren: Und noch einmal Und noch einmal Und jetzt und jetzt Und noch einmal Zieht und zieht den Strick! Da, dunkle Lied kämpfte mit dem Sturm und der brüllenden Wolga . Schritt um Schritt kam das Netz an den Strand, aber dann blieb es unbeweglich in der Tiefe des Stromes hängen. Wi« eine Mauer stand das Wasser vor dem englischen Netz. Jeder Ruck und jeder Zuck war vergeblich. Das neue Netz saß fest aus dem Grunde der Wolga . Der russische Fongleiter Maxim Petrowüsch sauste nach dem Wohnzelt der Tataren und jagt« sie in den Sturm,«sechzig Mann spannten sich an das Seil. Sechzig Nacken beugten sich zur Erde, hundertzwanzig Fäuste rissen an den Stricken. Das Arbeits- lied war nicht mehr ergeben. Es brüllte wie der Sturm und war finster wie der Himmel, zerfetzt« dann, zuckte, aber das Netz kam doch sr«'..»,,. „D«r Teufel hat den Sturm losgelassen, der schwarze Teufel, flucht« Maxim Petrowitsch,„ich glaube, wir müssen d«n Fang schwiinmen lassen. Wir müssen das Netz retten.* Dann brüllt« der Russe, sein« groben, roten Hände als Trichter vor dem Mund, dem Kontrollbaot, dos weit draußen auf den Wellen tanzte, sein« Befehl« zu. Zwei Männer beugten sich dann über die Bordwand, lösten das Fangnetz und ließen die Fische in die Freiheit blitzen. Das geöffnete Netz hereinzubringen, war«in Kinderspiel. In einer halben Stunde war alles erledigt. Die Tataren verkrochen sich in ihre Zelt«. Die Dunkelheit wogt« immer dichter heran. Dann kam der Tatarenjunge Ali und brachte von dem Führer der Fischer, von Sultan Khanow, eine feierliche Einladung. „Kommt. Bürger,* lieh er melden,„kommt und macht unsere Wohnung hell.* Die Dunkelheit lagert« finster über der Wolga . Di« Feuer waren erloschen. Nur aus den tatarischen Zelten schimmert« Licht. Luch vom jenseitigen User zuckten und tanzten feurig« Spritzer.
sicher Ein Feuer schien über der Wolga zu schwimmen, stand still, versank. Das Feuer kam von der Laterne der großen Barkasse, die trog des Sturmes wagt«, Bessemer und Erischka zu holen. Aber der Sturm trieb das Schiff immer wieder zurück. Bei den Tataren wurde der Deutsch « großartig begrüßt. Die Fischer erhoben sich von der Erde und verbeugten sich. Das Zelt war kahl. An schmalen Gerüsten hingen groß« Lampen. Auf den Gerüsten war auch der kleine Hausrat der Tataren aufbewahrt. Das Wort führte zuerst der Tatar Achmed. Er war der Held der Stunde. Er war einmal Kriegsgefangener gewesen und erzählte nun von Deutschland . Deutschland , das war«in Land, wo Wagen ohne Pferde fuhren und wo sich die Leute viel« tausend Kilometer durch Kupferdraht unterhalten tonnten. Deutschland , das war dos Land, wo der Affe erfunden wurde. Es waren geschickt« Leute, dies« Deutschen ! Unter den Fischern saß ein aller Mann mit weißem Silberbart. Am frühen Morgen war der Alt« aus dem Steppendors ausgebrochen. um Sohn und Enkel an der Wolga zu besuchen. Und nun sah er aufmerksam in dem knatternden Zelt. Di« Nacht stieg aus dem Wasser, der Sturm heulte, aber der Alte saß gut und warm bei den
Genossen, trank Tee und oh Fisch. Imvrticn der zerlumpten Arbeiter saß er wi««in Mullah da. Sein heller Wolfsdlick ging zu dem weißen Mann aus Deutschland . Achmed kannte Deutschland . Das heißt, er kannte das Dorf in Westfalen , er kannte den Bauern, bei dem er«in Jahr gearbeitet hatte. Er kannte auch in Berlin di« Linden, wo die Riftsisch: Botschaft stand. Sonst kannte er wenig von Deulschland. Cr stnunie. als Bessemer einen Füllsederholler zeigte. Für Achmed war da» eine schwarze Röhre, ans der Finsternis tropft. Für seinen Sohn Ali aber tropfte Licht daraus. Ali konnte schreiben. Er nahm den Füllfederhalter und. matt« auf ein Sisück Papier drei russisch« Worte hin, seinen Namen, den Namen seines Steppendorses und den Namen der Stadt Moskau . Darunter schrieb er schnell und gelenkig die verschnörkelte Reihe tatarischer Buchstaben. Der alte Mann mit dem weißen Bort konnte nicht lesen und schreiben. Er stammte noch aus einer Zeit, in der Lesen imb Schreiben ein« Geheimwissens cha st für Auscrwählt« war. Der kleine Ali wusch sich ganz selten, aber er konnte gut Tee kochen und sehr gut Fisch« braten und von seinem Vater Achmed lernte er Deutsch . Ali tonnte schon zählen. Er zählte:„Ein, tswei, drei, vier,(uns, sets, sieben, och, nein. Ijehn." Darin und in einem ausgewachsenem Fluche bestand seine Kenntnis der deutschen Sprache. Don jenem Fluch und von jenen Zahlen aber war Bessemer so sehr begeistert daß er dun kleinen Tataren(denn das war ja Bewegung an der unieben Wolga , war Jugendbewegung) eine deutjch-rujsijche Grammatik schenkt«.(Schluß solgt.)
""SSt S>ie Snme Ein dänischer Gelehrter Sophus Lars«» hat jüngst«ins Schrift verässentlicht, in der er die Behauptung aufstellt, daß zwanzig Jahre vor Kolumbus der amerikanisch« Kontinent von deutschen Seejahrern entdeckt worden ist. Sehr tiefgründig hat er seine Forschungen an- gelegt, und das Resultat ist folgend«: Der dänische König Christian nahm um 1470 zwei deutsche Seeräuber Dietrich P i n i n g und Hans P ot h u rst in seine Dienste. Im Jahre 1472 wurden di« beiden mit einer Flotte von zwei Schissen nach Grönland gesandt, um dort die verschollenen Siedelungen zu besuchen. Eins von den Schiffen ist dann südwärts gefahren und hat die Küste von Labrador gefunden, auch die Insel Neusundland, auf der eine Landung vorgenommen wurde. Die Schisse kamen glücklich wicber in die Heimat, und Pining und Pothurst, di« vom König den Admiralsrong erhalten hotten, erstatteten Bericht. Auf ihre Kund« von dem Fischreichtum der Gewässer bei Neufundland sind viele bretonische Fischer dorthin ausgebrochen. Doch geriet diese Entdeckung Amerikas bald in Der- gesienheit, und über das Schicksal der beiden Entdecker ist nur wenig bekannt. Wie es heißt, sind sie im Jahre 14S1 in einem Seegefecht von den Engländern getötet worden. Diese Meldung ist sehr interesiant. Doch nicht ungewöhnlich. Demi es gibt keine Nation aus der Welt, die nicht den Anspruch erhebt. lange vor Kolumbus Amerika entdeckt zu haben. Schon Ko- lumbus selbst wird von vielen Völkern reklamiert. Wir Aeltercn haben ihn in der Schule als Portugiesen vorgestellt bekommen, heute ist er aus Genua . Die Universität von Madrid will durchaus bewiesen haben, daß Kolumbus ein Spanier war, und zu allem Ueber- fluß existiert eine kleine Schrist, die den Entdecker als Juden rekognoszieren will. Die Juden selbst treten auch als Bewerber um die .Ehre der vorkolumbianischen Amerika -Entdeckung aus. Und mit ihnen sind es noch ein volles Dutzend anderer Völker. Die Bar- ahnung einer westlichen Welt war jedenfalls schon bei den klassischen Völkern des Altertums vorhanden. Man kannte damals bereits die Kanarischen Inseln, um die sich wegen ihrer üppigen Fruchtbarkeit und ihres milden Klimas ein reicher Sagenkranz rankte. Auf den Karten jener Zeit erscheinen sie als die„glücklichen Inseln". Doch im weiteren Westen des Ozeans wurde noch ein anderes Land ver- mutet, und durch manche Zufälle bekamen die Hoffnungen neu« Nahrung. So schenkte 62 v. Ehr. ein germanischer Häuptling dem gallischen Konsul Cancilius Metellus Celer einige Gefangene von unbekannter Raffe, di« in einem Boot an der deutlchen Küste zwischen Weser und Elbe gestrandet waren. Waren das omerikonische Eingeboren«? Zweimal durch Chroniken beglaubigt ist ein anderer Fall aus dem zwölften Jahrhundert. Roch aus dem Jahre 1508 wird berichtet, daß in der Nähe der englischen Küste„ein ans Baum- rinde ongesertigtes Boot gefunden worden ist, in welchem sieben Männer von dunkler Hautfarbe mit breiten osfenen Gesichtern saßen*. Die Wissenschaft ist geteilter Meinung darüber, ob die Ang«. schwemmten wirklich amerikanische Indianer waren, gibt aber die Möglichkeit zu. Aus alten chinesischen Geschichtswerkcn kommt hie Beschreibung eines sagenhaften Landes F u s a n g, in dem einige Gelehrte Amerika erkennen wollen. Die Meinung, daß noch in historischer Zeit die Mongolen Amerika gekonnt haben und einen reichen Handelsverkehr unterhalten haben, hat man heute allerdings ausgegeben. Doch darf die Möglichkeit nicht van der Hand gewiesen werden. Ueber den Stillen Ozean kommt man leichter nach Amerika als über den Atlanti- schen. Die Kuro-Siwo-Trift im Stillen Ozean ist direkt gegen die amerikanisch« Küste gerichtet, während der Golfstrom von ihr ab- lenkt. E» kommt heute noch sehr oft vor, daß verlassen« chinesische oder japanische Schiffe über den Ozean treiben und an der amerika- Nischen Küste stranden. Auch die Iren wollen Amerika lange vor Kolumbus entdeckt haben. Es gibt eine Unmenge von Sagen über dieses fern« Land mit seiner Fruchtbarkeit, seiner milden Lust, seinen Wohlgerüchen usw. In alten Büchern, die man in einem isländischen Kloster gefunden hat. ist von dem rätselhaften Weißmännerland die Red«, nach dem di« Gelehrten jetzt fieberhaft suchen. Dann und wann erscheint eine Meldung, daß man einige Spuren gesunden hat, die ans Amerika deuten, doch läßt sich auch über das Weißmännerland nach nichts Genaues sagen. Die allen isländischen Quellen beschreiben zwar das Land mit allen Einzelheiten genau und lassen sogar ganze Familien- romane sich daraus abspielen, doch wir finden es nicht. Und werden wir es je finden? Was aber genau feststeht und sicher bewiesen werden kann, Ist die Entdeckung Amerikas um di« Jahrtausendwende durch die Nor- mannen. Ihr Weg führte über Island und Grönland . Grönland rechnet geographisch schon zu Amerika , und wir haben«ine reiche ge- schichtliche Literatur über das Land und seine Bevölkerung etwa von 080 bis 1430. Damit könnte man ja zufrieden sein, wenn es sich nur um die Entdeckung Amerikas handelte. Aber es steht sogar fest, daß di« Normannen das amerikanische Festland betreten haben. Dos
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oltisländifche Landnamabuch enthält darüber eine Meng« Angabe», und unabhängig davon berichtet der deutsche Kanonikus Adam von Bremen um 1070 das gleich« nach Mitteilungen, die man ihm am Hof zu Kopenhagen machte. Die Nonnannen kamen ungefähr im Jahre 876 nach Grönland und besiedelten das Land. Der erste Missionar erschien um 1000 n. Chr., 1121 wählte Grönland seinen ersten Bischof, dessen sämtliche sechzehn Nachfolger den Namen nach bekannt sind. 5)ier von Grön land aus wurde das amerikanische Festland entdeckt. Ein Isländer Bsarne war auf einer Reise nach Grönland an die amerikanisch« Küste oerschlagen worden. Das Land erschien ihm aber so unwirtlich, daß er nicht landete, sondern froh war, seinen Bestimmungsort in Grönland zu erreichen. Seine Erzählungen von diesem jernen Land reizten Lcif Ericsson,«ine Fahrt zu unreniehmen. Er kaufte Bjarnes Schiff und warb 3S Gefährten, um das geheimnisvolle Land zu finden. Schon nach kurzer Zeit landeten sie an der amerikanischen Küste. Der Strand war mit mächtigen Steinen bedeckt, dos Land war rauh und unfreundlich. Die Seefahrer nannten es„Stcinlond" und sichren weiter nach Süden zu. Hier trafen sie nach einigen Tagesreisen auf ein anderes Land, welches flach, mit weißen Sand- dünen durchzogen und stark bewaldet war. Die Normannen nannten es Markland, d. h. Waldland und fuhren weiter. Ein günstiger Wind brachte sie welter nach Süden, und sie kamen an einen Küstenstrich, der ihnen zusagte. Sie fanden das Land sruchtbar. wilder Wasserweizen wuchs in Menge, und nach einer Sage soll sogar ein deutsches Mitglied dieser Expedition namens Tyrker wildwachsenden Wein gefunden haben. Sie nannten das Land Dinland, d. l. Wein- land mit dem Beinamen: dos Gute. Di« Normannen lernten auch die Eingeborenen kennen, die sie„Strälinger* nannten, und mit denen sie kleine Reibereien hatten. Die ersten Entdecker deluden ihr Schiff mit Holz und Wein und kamen glücklich wieder nach Grön- land zurück, wo sich die Kunde von dem neuen Vinland natürlich schnell verbreitete. Jetzt beginnt in der nordischen Literatur eine ganze Reihe von Binlandssahrten. Man weiß nicht recht, ob man alles glauben darf. Der Name eines in Amerika geborenen Weißen— er hieß Snorre— ist uns sogar überliefert worden. Immer und immer wieder haben Fahrten»ach Vinland stattgefunden. Am glaubwürdig- sten erscheint noch die Reise eines Priesters angelsächsischer oder irischer Abkunft im Jahre 1050, der nach Vinland ging, um den dortigen Kolonisten zu predigen. Die letzte Fahrt nach Vinland fand im Jahre 1347 statt. Ein Schiff ging mit Bestimmung nach Markland in See, um von dort eine Ladung Holz zu holen. Auf der Ueber- fahrt wurde des mit siebzehn Leuten bemannte Schiff durch einen Stunn nach Island verschlagen und konnte mit knapper Not Etraum- fjord in Westisland erreichen. Dann verliert sich die Spur Vinlands in der Geschichte. Doch in alten Handschriften aus wälffchen Klöstern taucht ein« neue Amerika -Entdeckung auf. Es wird berichtet von einem Herzog Madoc , der im Jahre 1170 Wales verließ und mtt wenigen Schissen nur ein fruchtbares Land im Westen entdeckte, das er besiedelte. Ja, «r kam noch einmal zurück in die Heimat, rüstetet neue zehn Schiffe aus und nahm Kolonisten mit hinüber in das neuentdeckte Gebiet. Zahlreiche Amerikareisende wollen bis weit Ins neunzehnte Jahr- hundert hinein die Spuren jener walisischen Kolonisten gefunden haben, doch ist das mehr als zweifelhaft. Noch«in Volk will Amerika entdeckt haben: die Basken zwischen Spanien und Frank- reich. Sie berichten in ihren Chroniken sogar, daß ein Baske es ge- wesen sei, der Kolumbus auf den neuen Erdteil aufmerksam gemacht habe. Dann hat ein Pole, Johann von Kolno, im Jahre 1476 eine Fahrt unternommen, die nach den allerdings sehr ungenauen An- gaben ebenfalls eins vorkolnmbianische Amerika -Entdeckung sein könnte. Di« Fahrt des Franzosen Jean Cousin aus dem Jahre 1488 käme sicher auch in Betracht. Es sind ein« Menge Anhaltspunkte vor- banden, doch leider sind die einzig maßgebenden Dokumente, die Schiffstagebücher, bei einem Brand des Marinearchivs in Dicpp« vernichtet worden. Sagen und sagenhafte Erzählungen über westlich gelegen- Länder mit reichen Schätzen gab es zu allen Zeilen der Geschichte. Ko- lumbus ist nicht einmal der erste, der einen König um Hilfe bat, um diese sagenhaften Länder zu entdecken. Im Jahre 1486 schloß ein Ferdinand Dulmo mit dem Portugiesischen König einen Vertrag, in dem er sich erbot, dem König„die groß« Insel oder das Festland" zu schenken, welche man für die Insel der sieben Städte halte. Wir wissen sogar, daß ein Deutscher an dieser Fahrt teilgenommen hat, doch sind ihre Ergebnisse nicht bekannt. Die«inen behaupten, der deutsche Geograph Martin Bchalm sei Teilnehmer der Fahrt ge- wesen, und von ihm hätte Kolumbus die Anreoung bekommen, seine Fahrt z» unternehmen. Wir werden wohl kaum jemals die Wah:- heit hierüber wissen. Nur eins ist klar: Kolumbus hat Amerika r.'*' entdeckt, er hat es nur wiederentdeckt.