Nazis Bombenerfolg.
Zaust(zu Mephisto):«.Nun kenn' ich deine würdigen Pflichten: Du kannst im Großen nichts vernichten llnd fängst es drum im Kleinen an!-(Goethe, Jaust l.)
poincare im Kampfe. Kammerrede für vorbehaltlose Schuldenratifizierung.
Bürgerfiasko in Thüringen . Keine Deckung des Etats.— Fortsetzung der bankerott- Wirtschaft. Weimar , 11. Juli. (Eigenbericht.) Im Thüringischen Landtag stand am Donnerstag die Beratung und Abstimmung über das sogenannt« N o t o p f e r zur Milderung des Fehlbetrages im Staatshaushalt für 1929 auf der Tagesordnung. Dieses Gesetz bedeutet ein« gering« Erhöhung der Grund- und Gewerbesteuer, eine die Massen stark belastende E r- höhung der Mietzins st euer und vor allem die Einführung einer sogenannten Einwohn er st euer, nämlich einer Kops- st e u e r von sechs Mark auf olle Einwohner über 29 Jahre, gleich- gültig ob Millionär oder Proletarier. Die Sozialdemokratie erhob gegen diese Tributform, die zuletzt nur noch in Kolonien primitivster sozialer Struktur durchgeführt worden ist, starke Gegenwehr. Es gelang ihr, eine Mehrheit gegen die Steuerart zu gewinnen. Bei der Abstimmung über die Mietzinssteuererhöhung entschied sich dann das Schicksal der von den Regierungsparteien bereits genehmigten Gesetzesvor- löge des Notopfers. Es siel mit 28 gegen 28 Stimmen. Die Demokraten sahen die Erledigung der ganzen Vorlage und fürchteten nun eine nutzlose Blotzstellung durch ihr« Zustimmung zu der Kopfsteuer. Sie veranlaßten daher ihren Vertreter im Mi- nisterimn, Dr. P a u l s e n, den ganzen Gesetzentwurf z u r ü ck z u- ziehen. Das geschah am Donnerstag nachmittag. Damit ist der Versuch des jetzigen Bürgerblocks, das Jahres- defizit, das 854 Millionen beträgt, um etwa 5 Millionen zu senken, gescheitert. Die Schuldenwirtschast in Thüringen wird jetzt in großem Stil weiter betrieben, da die herrschenden Parteien sich weigern, die sonst in den Ländern geltenden Sätze für Grund- und Gewerbesteuern dem Lande zu bewilligen. Die thüringischen Landes- steuern liegen 49 bis ö9 Proz. unter dem Durchschnitt anderer Gc- biete: dementsprechend steigt auch die Schuld e nl.ast des Landes.
Bayernregierung in Verlegenheit. Die pleite der EtaatSvereinfachung. München , 11. Juli. (Eigenbericht.) Der Ministerrat Hot sich am Donnerstag abend in längerer Aussprache mit dem Fiasko der Staotsvereinsachung in Bayern besaßt. Als Pille gegen die Mißstimmung im ganzen Lande wurde beschlossen, nunmehr von sich aus wenigstens alle jene Maßnahmen zur Verbilligung der Verwaltung durchzusühren, über die die Regierung in eigener Zuständigkeit verfügen kann. Dazu gehört selbstverständlich nicht die Aushebung oder Zusammen- legung von Aeintern, sondern im wesentlichen nur eine Verein- sachung des Jnstanzenzuges innerhalb der Behörden. Der finanziell« Nutzestekl dieser Aktion, die im übrigen schon vor vier Jahren in Aussicht genommen war, ist naturgemäß unerheblich. Lager Lechseld. Eine Antwort des Neichswehrministeriums. Wir erhalten folgende Zuschrift aus dem Reichswehr - Ministerium: „In Ihrer Moraeiw�qad«.vam-22�.Jun.i. wird unter.Lager Lechseld. Der Stahlhelm drillt Rekruten" angeführt, daß aus dem großen süddeutschen Truppenübungsplatz Lechseld, der heute noch der Reichswehr diene, vom 4. bis 18. August ein bayerisches Stahlhelmlager errichtet werde. Das Entgegenkommen der Heeres» Verwaltung sei in liebenswürdigster Weise vor sich gegangen. Hierzu ilt festzustellen, daß das Loger Lechseld nicht Eigentum der Wehrmacht ist. Alle hieran geknüpften Mitteilungen entbehren ledcr Grundlage."
Hochverrat mit Oruckschristen. Kommunistische Zersetzungsschrifien vor dem Reichsgericht. Leipzig . 11. Juli. (Eigenbericht.) Der Werkzeugschlosser Franz Knitter wurde am Donners- tag vom Reichsgericht wegen Vorbereitung zum Hochver. rat und Vergehens gegen Z 7 Absatz 4 des Republikschutzgesetzes zu zwei Iahren Festung und 299 Mark Geldstrafe verurteilt. Die Druckereibesitzer Hans und PoulRennert erhielten wegen Beihilfe zum Hochverrot je neun MonateFestung. Der viert« Angeklagte, Hausdiener Richard Bender, wurde' freigesprochen. Die Angeklagten werden beschuldigt, durch den Druck und Versand von sogenannten kommunistischen Zersetzungszeitschriften die gewolt- same Aenderung der Verfassung vorbereitet und die Hochverräter,- schen Bestrebungen einer staotsseindlichen Verbindung unterstützt zu haben. Die Schriften sind betitelt:„Die Schutzpolizei".„Die Reich»- wehr".„Man liebt den Verrat, aber man verachtet den Berrätcr". Für diese Druckschriften zeichnete der kommunistische Reichstags- abgeordnete Schneller verantwortlich. Auch Deutschland protestiert. Gegen die amerikanische ZoHvorlage. Wie TU. von zuständiger Stell« mitgeteilt wird, hat die deutsch - Regierung beschlossen, wahrscheinlich schon in allernSchster Zeit ihre Einwendungen und Bedenken gegen die neue amerikanische Zolltarif. vorläge in Washington auch schriftlich zu wiederholen, nachdem die deutsche Ansicht in'Washington mündlich bereits zum Ausdruck ge- bracht worden sei. Damit hat sich Deutschland den 38 in Washington bereits vor- liegenden Protesten hauptsächlich aus Europa , und Südamerika an- geschlossen.
Neue amerikanische Boischaster. Hauptsächlich Wirtschastler. Washington . 11. Juni.(Eigenbericht.) Präsident H o a v e r soll sich zurzeit mit der Frage der Neu- b e s« tz u n g einer Reihe amerikanischer Botschafter- Posten im Auslande beschäftigen. Angeblich sollen mehrer« führende Finanziers für diese Posten in Aussicht genommen fein. Als zukünftiger Botschafter in Paris wird der Senator Walter E 9 d c genannt, der im Finanzkomitee des Senat» eine maßgebende Rolle spielt. Als Kandidat für Berlin g:lt der frühere Vorsitzende der Bundestommission für lanbwirtschostliche Kredite Eugene Meyer , während für Rom ' oder Madrid der Bankier Thomas Lamont vorgesehen sein soll. Lamont wirkte bei den Pariser Reparationsverhandlungen als amerikanischer Sachverständiger mit.
. Paris . 1l. Juli. (Eigenbericht.) Die von der gesamten französischen Oeffentlichkeit mit fieber- hafter Spannung erwartete Schuldendebatte in der Kammer hat am Donnerstag nachmittag vor überfülltcm Hause begonnen. Poincare begann sein Plädoyer über die Ratifizierung der Schuldenabknmmen mit dem Hinweis darauf, daß es nicht seine Schuld sei. wenn im Kabinett heute keine Radikalen sähen. Er würde von sich aus von seinem Posten in dieser schwierigen Stunde nur zurücktreten, wenn die Kammer es ihm zur Pflicht mache Anschließend betonte der Ministerpräsident,' daß die Schuldverpflichtungen Frankreichs gesetzlich unbestreitbar seien. Man könne es bedauern, baß die Regelung dieser Schulden keine Vorbehalte enthielte, aber jedenfalls hätten seit drei Jahren alle französischen Regierungen sich hierum bemüht und nichts erreicht Ja, die Gläubiger �Frankreichs konülenTicnr Land« sogar noch fch we r>r e Berffflich- tungen auferlegen. Amerika könne Frankreich im übrigen nicht Vor- teile gewähren, die es nicht auch anderen Ländern zugute kommen tafle. Endlich sei durch den J o u n g- P l a n ja eine tatsächliche Verbindung zwischen Reparationen und interalliierten Schulden geschaffen worden. Wenn der Plan in Kraft trete, gingen die beut- schen Zahlungen durch Vermittlung der Reparationsbant direkt noch Amerika . Wenn aber Frankreich nun nicht ratisizier«, so ent- stände die Gesahr, daß England und Amerika der Annahme des Aoung-Planes Schwierigkeiten bereiteten. Auch Deutschland werde protestieren, und am Ende werde sich da» Reich seinen Der- pflichtungen entziehen wollen mit der Begründung, daß ja auch Frankreich nicht ratifiziert habe. Es sei also unmöglich, die un- vermeidliche und notwendige Ratifizierung noch weiter h i n a u s z u- schieben. Daher dürfe diese auch nickst in einer Form erfolgen, die sie für Amerika und England unannehmbar gestalteten. Jehl müsse man ja oder nein sagen. Im übrigen, erklärte Poincarö, hat ja die Regierung die Vorbehalt« gar nicht zurückgewiesen, sondern nur deren Einfügung in das Er- mächtigungsgesetz. Amerika und England hätten die französisch« Re- gicrung schon seit Jahren wissen lassen, daß sie niemals eine b e- dingte Ratifikation anerkennen würden. Wahrend des weiteren Verlaufs der Rede Poincar�s kam es zu einem k l c i ne n Zwischenfall, als der Abgeordnete Marin dem Ministerpräsidenten vorwarf, er sei den Vereinigten Staaten gegenüber nicht energisch genug ausgetreten. Der Führer der Rechten glaubte sich dabei auf die sazialistische Forderung nach gerechter Verteilung der Kriegskosten stützen zu können. Der sozia- listische Abgeordnete Vincent Auriol erklarte hieraus, daß die Inter- essen Frankreichs besser gewahrt worden wären, wenn man darauf verzichtet hätte, territoriale Forderungen über die Notwendig- teil der internationalen Solidarität zu stellen. PoincarH fühlte sich dieser deutlichen Anspielung aus die R h e i n l o n dg e l ü st e Frank- reich» gegenüber verpflichtet,«inzuwersen, daß keine französisch« Re- gierung jemals das linke Rheinufer gefordert Hobe.(Wohl ober Fach und mit ihm fast die ganze Armee und einflußreiche politisch« und wirtschaftliche Kreise. Daß Clemenceou sich 1919 die Forderung von Fach nicht zu eigen machte, liegt ausschließlich daran, daß er auf den entschiedenen Wider st and von Wilson und Lloyd George stieß. Red. d. ,.B.') � Roch»iner kurzen Unterbrechung der Sitzung fuhr Pnintar� in seiner Red« fort. Frankreich besaß«, so erklärt« er, keine praktischen Mittel, um Amerika zum Verzicht auf sein« Fovderung zu veranlassen. Sa einig beide Völker e i n st gewesen seien, das Schicksal hatte aus dem einen den Gläubiger, aus dem anderen den Schuldner gemacht. Auf einen Einwurf hin erklärt« Poincare, daß man nach dem Kriege versucht hätte, beispielsweise in S p a, die Kriegslasten gerechter.zu verteilen, jedoch vergeblich. Der Kaufabschluß über die amerikanischen Waren in Höhe von 499 Millionen Dollar sei nicht g ü n st i g gewesen. Man hätte weder die Stabilisierung des Franken, noch die Entwertung der Waren vorhergesehen. Der Verkauf der Waren hätte nur "tlQ Millionen Dollar eingebracht. der Verlust betrage somit tZ0 Millionen Dollar. Jedoch besäßen die Amerikaner die französischen Schuldverpflich- tungen, die unweigerlich am 1. August beglichen werden müßten, falls nicht ratifiziert würde. Heut« bleibe Frankreich mir noch die Wahl zwischen Ratifizierung der Schuldenabkommen oder der Bezahlung der 490 Millionen Dollar. Die Frage laute daher,
welche von beiden Lösungen die praktischere sei. Deshalb müsse ratifiziert werden. Zum Schluß seiner Ausführungen er- klärte Poincar�, daß er es sehr wohl verstehen könne, wenn sich die öffentliche Meinung über das Fehlen jeder Vordehaltsklausel er- rege, doch wären bereits olle Versuche Berengcrs in dieser Hin- sicht vergeblich gewesen. Hieraus wurde beschlossen, die Debatte am Freitag vormittag und nachmittag fortzusetzen, um sie daraus auf Dienstag früh zu oertagen. Die Sitzung wurde darauf um 7 Uhr abends geschlossen. In den Wandelgängen der Kammer ist die Aussaflung vertreten, daß die Iiegierung Poincare siegreich aus dem Kampfe um die Ratifizierung der Schuldenabkommen hervorgehen werde. Gozialistifcher Veriagungsantrag. . Paris , 11. Juli. f o z> a l i i> U ck c<1 a nuu r r i i o f t.i o.n ha« beschioflcn. bei Eröffnung der DebMe über die'Tchuldenro'iisi'zierung einen A n> trag auf Vertagung der Diskussion zu stellen, den sie w'« folgt begründet: Die Kammer beschließt, die Debatte zu verschieben, bis sie chre Entschlossenheit bekundet hat, die Liquidierung der Kriegs- Probleme als Beginn ei«, er wirtlichen Pazisizicrung zu betrachten, wobei die Beseitigung der militärischen B-- s e tz u n g sogleich nach der Annahm« des Poung-Planes die erste Aeußening dieser Politik sowie der Ausgangspunkt eines nachdrück- lichen und beschleunigten Strebens nach der Organisierung der Schiedsgerichtsbarkeit und der allgemeinen Ab- r ü st u n g und die Grundlage einer europäischen Verstän- d i g u n g, die die Vorbereitung der Revision der Abkommen mit Amerika ermöglicht, sein muß. KWH auf der Anklagebank. Oer Hauptgeschädigte entlastet ihn. Pari», 11. Juli. (Eigenbericht.) Vor der ersten Pariser Strafkammer begann am Donnerstag der Prozeß gegen den früheren Finanzminister Klotz. Der Vorsitzende hielt dem Angeklagten im einzelnen die ihm zur Last gelegten häufigen Ausgaben von falschen Wechseln und ungedeckten Schecks vor. Klotz benutzte mit Vorliebe die Unterschrift eines de- freundeten Kohlen- und Holzgroßhändlers, der ihm früher größere Summen Geld geliehen hatte. Klotz erklärte zu seiner Verteidigung, ols er im vorigen Jahre verhaftet worden sei, Hobe er sich tatsächlich in großen Schwierigkeiten befunden, aber er sei gerade daran gewesen, sich aus seinem Schuldennetz hcrauszuwickeln. Da sei die Festnahme«rsolgt. Der mit Klotz befreundete Kohlenhändler, eines der H a u p t o p s e r seiner Manöver, bewies in seiner Aussage e»ncn großen Edelmut. Er erklärte, er habe durch die Praktiken des srüheren Finanzministers zwar verschiedentlich Unannehmlichkeiten, aber kein« ernste Schädigung erlitten. Nachdem hieraus der Ver- treter der Anklage für Klotz die gerecht« Strafe fordert« und dessen Verteidiger Torres für F r« i s p r u ch plädiert«, beschloß das Ge- richt, sich auf Freitag zu vertagen. Die Urteilsverkündung- wird am Freitag erfolgen. Die blamierte Spioniiis. Freilassung noch neun Wochen Hast in der Tschechoslowakei . Pöhmisch-Leipa. 11. Juli. Di« drei Bautzener Bürger Heimann, Tomaschke und Lorenz, die aus Anzeige eines Soldaten als jpionageverdächtig neun Wochen(!) in Unlersuchungshasl gehalten wurden, sind gestern aus Antrag der Staatsanwaltschaft aus freien Fuß ge- setzt worden. llnd nach fünf Tagen in Polen . Warschau , 11. Juli. Der«Ojährige Oberregierungsrat Arend au» Gelsen- kirchen, der vor s ü n s T a g e n von den polnischen Behörden unter Spionageoerdacht verhaftet warben war. lvest er die deutschm Kriegergräber in Kiclc« photographiert hatte, ist gestern wieder aus freien Fuß gesetzt warben, nachdem die auf die Bemühungen der deutschen Gesandtschaft hin vorgenommene Untersuchung seine Unschuld ergeben hatte.-