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enevgisch befürwortet. Sie bestehe schon lfingst an allen Kranten- bänser» in Wien , an verschiedenen Pariser Jnstitnten sowie in den ineisten österreichischen und verschiedenen deutschen Provini- städten; überall habe sich die Einrichtung vorzüglich bewährt. In der städtischen Krankenhaus-Deputation hat man als Gründe der ablehnenden Haltung vorgebracht: erhöhte Gefahr des Ein- schleppens von Speisen und Gelränken auf die Krankensäle und er- höhte Gefahr für die Patienten durch Aufregung, welche der Besuch oft zur Folge habe; ja man verstieg sich sogar zu der Behauptung, die Kranken selbst wünschten eine so oftmalige Belästigung nicht. wie sie eine tägliche Besuchsstunde mit sich bringen würde. Das seien alles nur Verlegenheitsausflnchte. Was die Einschleppung von verbotenen Speisen betrifft, so geben auch die drei Tage in der Woche dazu Gelegenheit genug. Das beste Mittel zur Ab- Hilfe wäre eine verständige Kontrolle durch die Wärterinnen, nicht durch den Portier, der die Menge am Eingang nicht über- blicken kann; auch eine Einwirkung auf die Patienten durch die Aerzte und Oberwärterinnen würde vortheilhaft sein. Eine Hauptursache des Einschleppens von Speisen sei zur Zeit freilich noch die in einigen der größeren Berliner Krankenhäuser übliche geschmacklose und einseitige Kost. Mehr Abwechselung in den Speisen und namentlich eine bessere Zubereitung würde am wirksamsten das Einschleppen von Speisen verringern. Die be- hauplete Gefahr, die der Besuch haben soll, treffe nur für einen kleinen Prozentsatz der Kranken zu, namentlich für solche, die eben eine größere Operation überstanden haben. Hier sei auch unter den jetzigen Verhältnissen der Besuch zu unter- sagen. Man könne getrost den Satz aufstellen: Wo ein dreimaliger Besuch in der Woche nicht schadet, da schade auch ein täglicher Besuch nicht. Im übrigen müsse das Be- dürfniß der großen Mehrheit entscheidend sein,' und das seien die besuchsfähigen Patienten. Voriheilhaft wäre die Vertheilung des jetzt bestehenden Andranges ans sieben Tage. Der Einwand, daß die Kranken den Besuch ihrer Angehörigen alsBelästigung" empsinden, widerspreche allen Beobachtungen und Ersahrungen. Es herrsche im Gegentheil fast durchweg eine wahre Sehnsucht nach der Besuchsstunde. Bei de» Einwänden gegen die Reform kommt wieder der gute alte Zopf zum Vorschein, der die Dinge einfach aus Bequemlichkeit so weiter gehen lassen will, wie sie schon lange gingen. Es handele sich hier aber um eine be- rcchtigte Forderung, die man nicht zurückweisen darf, wolle man nicht den Glauben erwecken, daß es an dem nöthigen guten Willen fehlt, die zu beseitigenden Uebel zu verringern. Zn einer Art Vcrtheidigung des Tucllmordes kommt man, weil es die Mode einmal so mit sich bringt, jetzt an- scheinend schon in orthodox jüdischen Kreisen. Die Leiche des Assessors W o l l st e i n, der in der v. Bergmann'schen Klinik in Berlin an den Folgen eines Duells verstorben, ist aus dem Fried- Hofe der jüdischen Gemeinde zu Rakel beigesetzt worden. Rabbiner Dr. Perlitz hob nach derBolks-Ztg." in seiner Leichenrede besonders hervor, daß der Verblichene, ein fried- liebender Mann, in der Vertheidigung der Ehre seines Berufes und seines Stammes in den Tod gegangen und so gewissermaßen ein Märtyrer seines Berufes und seines Stammes geworden sei. Wenn in den hohlköpfigen Gesellschaftsschichten, wo man nichts als Rohheit und Sozialistenvernichtung näselt, das Duell alle» Sittengesetzen zum Trotz verherrlicht wird, so mag man das in der Erkenntniß gelten lasse», daß diese vernagelte Menschen- klaffe doch nicht mehr vor dem Untergange zu retten ist. Bei allem Skeptizismus aber, den wir den angestellten Beamten sämmtlicher Religionen entgegenbringen, haben wir die Rabbiner doch schon für zu weltklug gehalten, als daß sie der Duellrauferei irgend wie das Wort rede» könnten. Aus solchem Munde nimmt sich derartiges eigentlich auch nur komisch aus. Gegen die jüdischen Lehrkräfte. In betreff der jüdischen Lehrkräste an den Volksschulen Berlins ist nunmehr beim Ma- gistrat das erwartete neue Reskript des Kultusministers ein» getroffen. Es sollen, nach derFr. Z.", künftig in den Volks- schule» Berlins jüdische Lehrkräfte nur so weit zur Ver- wendung kommen, als der jüdische Religionsunterricht mit sich bringt. Jede jüdische Lehrkraft hat min- bestens zwölf Religionsstunden zu ertheilen. Nur für die darüber hinaus reichende Stundenzahl dürfen jüdische Lehrkräfte auch zum Unterricht in anderen Disziplinen verwandt werden. Das Reskript verbietet zwar nicht schlechthin die Verwendung jüdischer Lehrkräfte zum Unterricht in der Geschichte und im Deutschen . Es wird aber verlangt, daß bei der Ausstellung der Lehrpläne die Verwendung jüdischer Lehrkräfte in diesen Dis- ziplinen möglichst vermieden wird. Die städtischen Behörden sollen jährlich die Lehrpläne und die Statistik über die jüdischen Kinder und die jüdischen Lehrkräste mittheilen. Was wird man im kommenden Jahrhundert dazu sagen, daß bei der Unterrichts- ertheilung in öffentlichen Schulen die Religion eine derartige Rolle spielte? Weder Vcrruföcrklärnng»och grober Unfug t Die an­gekündigte schwarze Liste dex Hausbesitzer ist bereits erschienen, hat jedoch bisher noch nicht allzu viel Anklang unter den Grund- besitzern gefunden. Der Text mag wohl daran Schuld haben; derselbe enthält folgende Fragen: 1. Wie lange hat Miether seine Miethe nicht bezahlt? 2. Wann ist die Exmissionsklage gefällt worden? 3. Seit wann ist von dem Mielher bekannt, daß er gewerbsmäßige Unzucht duldet? 4. Ist Miether durch Gerichtsbeschluß zur Räumung der Wohnung gezwungen? In der RubrikBemerkungen" sollen diejenigen Miether verzeichnet werden, die gerückt sind und die im Ein- verständniß mit dem Vermiether wegen Nichtzahlung von Miethe freiwillig gezogen sind oder sonst zu größeren Be- schwerden Veranlassung gegeben habe». Zum Schluß hat der Hauscigenthümer, der eine solche schwarze Liste einreicht, eine eidesstattliche Versicherung zu unterzeichnen, daß die von ihm ge- machten Angaben der Wahrheit entsprechen. Welche Stellung mögen zu diesem Wer! die kgl. Anklage- behörden einnehme», die zwar Arbeiter in dutzenden Fällen wegen Verrufserklärung" odergroben Unfugs" verfolgt, aber noch niemals einen Unternehmer zur Rechenschaft gezogen haben, der durch schwarze Liste» ehrenhafte Leute mit Weib und Kind dem Verhungern überantwortet wissen wollte? Ein komisches Vexirspiel treibt die bürgerliche Presse seit Beginn dieser Woche mit ihren Lesern. Tag für Tag berichtet sie nämlich, daß Hamm er st ein ganz bestimmt mit dem nächsten Zuge hier eintreffen werde, um dann in der nächsten Nummer zu berichtigen, daß er doch nicht eingetroffen fei, aber am nächsten Tage oder in einigen Tagen komnien werde, oder in München krank liege oder auch der Himmel weiß, was alles kombinirt wird, um das Publikum auf den großen Akt gespannt zu machen. Neuerdings wird geschrieben, daß die Behörde den Termin der Ankunft nicht bekannt geben wolle, um Ansamm- lungen auf dem Bahnhose zu vermeiden. Denkt man sich in all' den Meldungen dieser Art einen Augenblick den Namen des Heißersehnten hinweg, so muß man fast auf den Gedanken kommen, daß das Berliner Bürgerthum wieder einmal seinen grrroßen Heros aus dem Sachsenivalde erwartet! Der reiche Rentier und Schiedsmann in Spandan» der, wie wir in der Beilage berichten, ivegen Beleidigung eines jungen Mädchens zu 6 Woche» Gefängniß verurlheilt worden ist, heißt Harre. Der Brave hat das Ehrenamt mehrere Jahre hindurch bekleidet. Das Mädchen war zu dem Schiedsmann gekommen, um eine Frau zu verklagen. die ihr durch üble Nachrede die Ehre abgeschnitten hatte. Bei der Protokollaufnahme hat er sich, nach dem eidlichen Zeugniß der Klägerin, schwer gegen die weibliche Ehre derselben vergangen. Die Verhandlung fand unter Ausschluß der Oeffentlichkeit statt. Um Anlegung einer Ringbahn-Haltestelle zwischen Tempel- hos und Rixdörs will der Rixdorfer Kommunal-Bezirksverei» petitioniren. Prof. HanS Delbrück ist. wie disNat.-Ztg." erfährt, zum ordemlichen Professor der Geschichte an der Universität Berlin ernannt worden. Uebcr eine erschreckende Vermehrung der Diebstähle in Schulen berichtet dieVoss. Ztg.": Fast in sämmtlichen Anstalten ist die Einrichtung getroffen, daß Mäntel, Ueberzieher, Mützen und Schirme an den Wänden der Korridore Platz sinden, um die Ausdünstung dieser Sachen, namentlich weNn sie naß geworden sind, innerhalb der Unterrichtsräume zu verhindern. Diesen Umstand machen sich die Diebe zu nutze und suchen sich, leise auf die Flure schleichend, die besten Gegen- stände aus. Werden sie überrascht, sowarten sie auf den Herrn Lehrer" oder wollen ein krankes Kind abholen. Schüler und Schuldiener werden angehalten, in jedem im Hause erscheinenden Fremden einen Dieb zu vermuthen, und dem Schreiber dieses ist es selbst begegnet, daß ihm, als er die Treppen einer hiesigen Töchterschule hinaufstieg, um mit der Lehrerin wegen seiner Kinder Rücksprache zu nehmen, vom herbeieilenden Schuldiener zugerufen wurde:Sie da, dort dürfen Sie nicht hinaus, es wird oben zu viel gestohlen!" Alle Ver- böte und Vorsichtsmaßregeln helfen wenig ist es doch vor kurzem in einem hiesigen Gymnasium vorgekommen, daß ein Spitzbube, der sich eben den Ueberzieher eines Lehrers aus dem unverschlossenen Konferenzzimmer gebolt hatte, den begegnenden Direktor freundlich grüßte, welcher, Gruß ebenso sreundlich er­widert wurde. Ein neues Lese- Institut ist im Hanse des Aktien- Bau- Vereins Passage, Bchrenstr. 50/52 und Passage- Durchgang I er- richtet worden. Der Eintrittspreis ist der übliche von 10 Pf. Im Fccnpalast findet gegenwärtig ein Pantomimenscherz Die tolle Jugend", in dem an drollige» Triks geradezu erstaun- liches geleistet wird, allabendlich lebhaften Beifall. Unter den zahlreichen Artisten dieses Etablissements sei die aus fünf Per- sonen bestehende Thurmseiltänzer- Familie Kolter Hervorgehoben, deren Chef mit zweien seiner Kinder in schwindelnder Höhe die gewagtesten Exerzitien unternimmt. Bielen Beifall erringt sich die Akrobatenfamilie Schenk- Marvelli durch ihre geschickten und graziösen Produktionen; in Kraftkunststücken bringt es Herr Harlow mit seinem achtjährigen Sohn zu respektvollen Leistungen, als Excentrics haben die Gebrüder Francs die Lacher aus ihrer Seite. Einen etwas beängstigenden Eindruck macht eine in Berlin nicht unbekannte Bassistin, die nunmehr unter russischem Name» auftritt, durch die enorme Grundgewalt ihrer Stimme. Zum Schluß sei noch der anerkennenswerthen Leistungen erwähnt, welche Mr. Francloff aus dem Drahtseil ausführt. Eine Kochkunst-Ausstellung soll, zufolge der an uns er- gehenden Meldung des betr. Komitees vom 21. 29. März im alten Reichstagsgebäude abgehalten werden. Eine �verlockende Nachricht für alle Hungernden.* Arbeiter-Risiko. In der Fraiserei von Adolf Butterweih Bergstr. 132 zu Rixdorf, verletzte sich der verheirathele Arbeiter Bergemann gestern an der Kehlmaschine derart unglücklich die rechte Hand, daß sämmtliche vier Finger bis aus den Daumen abgerissen wurden. Bergemann, der ei» ungelernter Arbeiter ist, hatte, wie uns mitgetheilt wird, noch nie an dieser anßerordenl- lich schwer zu bedienenden Maschine zu thun gehabt und war plötzlich vom Werkmeister an den gefährlichen Platz gestellt worden. Man brachte den Verunglückten in das Krankenhaus am Urban, nachdem er vorher noch ganz allein zum Arzt ge- gangen war. Es wird in den in betracht kommenden Arbeiter- kreisen viel darüber geklagt, daß man in Fraisereien häufig ganz unerfahrene und selbstverständlich schlecht bezahlte Leute, die sich fast mit Sicherheit bei der Arbeit die schlimmsten Verletzungen zuziehen umssen, an die gefährliche Kehlmaschine stellt. Vielleicht giebt diese Notiz den Behörden Veranlassung, sich um diese rücksichtslose Art von Ausbeutung energischer als bisher zu kümmern. Ucbcrfahren und getödtet wurde vorgestern Abend gegen 9 Uhr bei Rixdorf durch einen Zug der Ringbahn ein un- bekannter Man», der sich in selbstmörderischer Absicht auf die Schienen geworfen hatte. Obgleich der Zugführer den Zug sofort zum Stehen brachte, konnte er von dem Getödteten nichts entdecken. Erst später wurde der Leichnam, der von einem anderen Zuge eine Strecke weiter nach Rixdorf hin geschleift worden war, in entsetzlich verstümmeltem Zustande ausgefunden. Unfälle im Zirknö. Ueber einen noch einigermaßen glücklich verlaufenen Unfall eines Reiters, der sich während der vorgestrigen Vorstellung im Zirkus Busch zutrug, geht uns folgende Mit- theilung zu. Am Schlüsse der Vorführung der beiden Spring- pferdeLa Folie" undRoyalist", welche unter den Jockeys Max Oehlschlägel und Bauermeister bereits die sehr hohe Mauer und einen breiten Graben wie gewöhnlich tadellosgenommen" hatten, sollteLa Folie" unter Max Oehlschlägel noch de» Szandorsprung ohne Sprungbrett über drei in einer Boxe neben einander stehende Pferde ausführen. Das sonst stets sichere Thier sprang diesmal derart zu kurz, daß es mit den Schienbeinen bereits an das erste der zu überspringenden Pferde anstieß und sich infolge dessen überschlug. Der Reiter flog dabei aus dem Sattel über das Hinderniß hinweg und fiel, mit dem Gesicht nach unten, auf den Teppich der Manege. Gleich hinter ihm kamLa Folie" über die drei Pferde herab und streifte im Falle die rechte Seite des bewußt- los daliegenden Oehlschlägel, dann sprang sie auf und lief unbeschädigt in den Stall. Das Zirkuspersonal trug den un- glücklichen Reiter in die Garderobe, in der sich sofort mehrere Aerzte einfanden, unter deren Händen Oelschlägel bald wieder zu sich kann Er hatte eine Verrenkung der rechten Schulter und einige unbedeutende Quetschungen der rechten Seite davon- getragen und klagte über Schmerzen im rechten Arm; eine Gefahr für sein Leben lag nicht vor. Trotzdem ließ ihn Direktor Busch nach der Charitee bringen, um dem unverheirathete» Manne eine möglichst gute Pflege zu sichern. Wie Herr Busch bei einem noch in später Nachtstunde abgestatteten Besuch im Krankenhause erfuhr, hatte sich das Befinden Oehlschlägel's noch weiter derart gebessert, daß er schon nach einigen Tagen hofft, wieder auftreten können. Auch im Zirkus Renz ereignete sich während der vorgestrigen Vorstellung ein aufregender Vorfall. Während des ersten Theils der PantomimeEin Künstlerfest" gerieth ein Theil der Guir- lande aus künstlichen Blumen, die die Manege umschließt, in Brand; sie hatte sich an dem durch Bersten des Glases frei- gelegten elektrischen Bogen einer der Glasbirnen entzündet, die aus dem Blumenschmuck hervorleuchten. Die Feuerwehr legte sofort eine Schlauchleitung in den Zirkus und im Augenblick war das Feuer erlöscht. Das Anfangs erschrockene Publikum beruhigte sich rasch wieder. Durch Sturz aus dem Fenster hat sich am Dienstag um die Mittagszeit die 50 Jahre alte Frau des Malermeisters I. Heyde aus der Gneisenaustr. 89 getödtet. Eines häusliche» Zwistes wegen hatte die Frau am Montag Abend in der Auf- regung ihre im ersten Stock des Quergebäudes belegene Wohnung verlassen und war auch bis folgenden Mittag noch nicht wieder zum Vorschein gekommen. Man suchte nun das ganze Haus nach der Verschwundenen ab und fand sie schließlich aus dem Boden des Quergebäudes. In demselben Augenblick, als man die verschlossene Bodenlhür öffnen wollte, sprang Frau Heyde aus dem Bodenfenster auf den gepflasterten Hof hinab, wo sie mit zerschmetterte» Gliedern todt liegen blieb. Eine enipörende Rohheit ist von einigen jener Romdies, die ein Vergnüge» daran finde», harmlose Passanten auf der Straße anzurempeln, in der Nacht zum Donnerstag gegen den 50 jährigen in der Ackerstraße 35 wohnenden Hausirer Max Schulzke verübt worden. Der Mann hatte gerade das Haus Elsasserstraße 83 verlassen und wollte sich nach Hause be- geben, als er von den Wegelagerern derart angerempelt wurde. daß er zu Boden stürzte lind mit gebrochenem Fuß liegen blieb. Durch einen hinzukommenden Schutzmann wurde der Verunglückte nach der Charitee geschafft, während es den Attentätern in der Dunkelheit der Nacht leider gelang, zu entkommen. Zn der Verhaftung des Freiherrn v. Schorlemer, von der wir gestern im politischen Theil berichteten, meldet ein hiesiger Berichterstatter, daß auch mehrere Berliner Geschäfts- inhaber durch den Freiherrn geschädigt worden sind. So soll ein Wagenfabrikant einen Verlust von 3000 M. erleiden, während ein Pferdehändler den Kaufpreis für vier Pferde einbüßt. Von einem Rentier in der Kastanienallee kaufte er ebenfalls Pferde, für die er Wechsel gab, die indessen nicht eingelöst wurde». Der Berichterstatter will wissen, daß für 120 000 M. gefälschte Wechsel von Schorlemer existire». Den Betrug verübte er zumeist dadurch, daß er die Wechsel bei einer hiesigen großen Bank zahlbar machte. bei der er aber kein Guthaben hatte. In vielen Fällen miß- brauchte er die Namen von Freunden, unter denen sich viele bekannte und hochstehende Persönlichkeiten befinden. Die Gesammt- schulden des Freiherrn dürften sich auf weit über 200 000 M. belausen. Raufhelden. Ein Berichterstatter meldet: Zahlreiche Schlägermeiisuren haben in der letzten Zeit unter der hiesigen Studentenschafl wieder stattgefunden. In den Straßen der Dorotheen- und der Friedrichstadt sieht man viele verbundene Köpfe und mehrere Paukanten haben sogar so viel abbekommen, daß sie Krankenhäuser aussuchen mußten. Elendsstatistik. Im Männerasyl des Berliner Asylvereins für Obdachlose nächtigten im Monat Januar 9610 Personen, im Frauenasyl 1008 Personen. Arbeitsnachweis erbittet der Verein für Männer Büschingstr. 4, für Frauen Füsilierstr. 5. Erschossen hat sich am Donnerstag der 42 Jahre alte Grünkramhändler Kusig aus Adlershof in einem Zimmer des HotelsMärkischer Hos" in der Koppenstraße. Wettcr-Prognose für Freitag, den 7. Februar I.8S6. Ziemlich warmes, vorwiegend trübes Wetter mit geringen Niederschlägen und mäßigen brs frischen westlichen Winden. Berliner Wetterbureau. Mttnfl und iViftcnpszaf*. Im Residenz-Theater wurde am Mittwoch der neueste Pariser SchwankIm Hotel zum Freihafen" von Georges F e y d e a u aufgeführt. Feydeau ist einer der witzigeren Köpfe unter den jüngeren Franzose». Wenn auch er vollständig aus die Vorzüge der früheren sranzösischen Posse verzichtet, auf das saubere Kunsthandwerk darin und auf den lasziven Zynismus, in dem doch immer noch Geist steckte, so kann man sich denken, wie das Genre, das ehemals dem Residenz-Theater fette Tage ein- trug, durchaus bankrott wurde. Im Hotel zum Freihafen handelt es sich nur mehr um Prügelkomik und Klownspäße. Die Pantomime, wird zur Hauptsache, der gesprochene Text hat nebensächliche Bedeutung. Ein angejahrter Pantoffelheld will auch einmal sein Abenteuer erleben und bei der jungen Gattin seines Freundes den Don Juan spielen. Er verleitet sie. mit ihm in einem anrüchigen Gasthof zu diniren. Als er gerade den ver- fluchten Kerl spielen will, wird ihm vom genossenen Wein übel und er muß einen verschwiegenen Ort aufsuchen. In dieser und ähnlich geistvoller Art mehren sich die Verlegenheiten in dem verhexten Hotel. Mit Kunstkritik irgend welcher Art hat derlei nichts zu schaffen; und die Schauspieler, die i» solchen Komödien beschäftigt sind, hören auf, auch nur karrikirte Menschenbilder darzustellen. Sie werden nothgedrungen zu Clowns. Neue hochinteressante Anwendungen der Nöntgen'schen Strahlen konnte Direktor Schultz-Henke als die Resultate feiner in de» letzten 3 Tagen angestellten Versuche gestern Abend der in der Kriegsakademie versammelten Deutsche» Gesellschaft von freunden der Photographie vorlegen. Dem Direktor Schultz- enke ist es in Verbindung mit Professor Goldstei» unter anderem gelungen, die Nöntgen'schen Strahlen als ein sicheres Mittel zur Unterscheidung echter von falschen Perlen zu be- nutzen. Er hat einen Schmuck photographirt, der theils aus echten, theils aus unechten, aber ganz vorzüglich nachgeahmten Perlen besteht. Nachdem der Schmuck 8/4 Stunden den Röntgen'schen Strahlen ausgesetzt war, trat der Unterschied beider Arten voll- auf zur Erscheinung. Die echten Perle» zeigten sich als dunkle, undurchsichtige Masse», die unechten. Perlen aber waren durch- scheinend und ließen vor allem deutlich die Stange erkennen, mittels der sie am Schmuck befestigt sind. Recht interessant sind auch die Versuche, die Direktor Schultz-Henke mit ver- schiedenen Holzarten gemacht hat. Die Versuche wurden angestellt zu dem praktischen Zwecke, festzustellen, durch welche Holzarten die Nöntgen'schen Strahlen am besten hindurchgehen; es wurden gewählt gewöhnliches Kienholz, Else, Mahagonis und Nußbaum . Die Aufnahme brachte das wichtige Ergebniß, daß auch die feine Maserung der Hölzer von den Strahlen wiedergegeben werden. Es berechtigt dies zu der Hoffnung, daß es bei weiterer Vervollkommung des Verfahrens auch noch gelingen wird, die Gewebe des menschlichen und thierischen Körpers zu reproduziren. Im speziellen zeigte die Aufnahme, daß an sich das Kienholz die Strahlen am besten durchläßt, daß beim Kienholz aber die dnnkelbleibenden Harz - streifen störend wirken, infolge dessen dem Elsenholz der Vorzug zu geben sein würde für die Herstellung der Kassetten- fchieber. Mahagonieholz ist weniger durchlässig, Nußbaumholz ganz erheblich dunkler. Daß auch die Knochen nicht absolut unüberwindlichen Widerstand den Strahlen darbieten. zeigte das Bild einer vor 8 Tagen aufgenommenen Hand, deren einer Finger mit einem Kettenring geschmückt war. Auf dem Bilde kann man bei genauerer Betrachtung unter den Knochen die Ketten des Ringes erkennen. Ganz wunderbare Bilder ergaben die Aufnahme einer Schlange, eines Molches und einer Blindschleiche, jeder einzelne ivinzige Knochen war deutlich und klar zu erkenne». Prof. Goldstein wiederholte in derselben Sitzung seine schon vor acht Tagen gezeigten Experimente mit Kathodenstrahlen, erweiterte diese aber in interessanter Weise durch de» Nachweis, daß die Kathodenstrahlen auch chemische Wirkungen hervorrufen, so wird beispielsweise Kochsalz unter der Einwirkung der Kathodenstrahlen violett gefärbt. Professor Goldstein zeigte ferner, daß es auch Kathodenstrahlen giebt, welche dem Magnet nicht gehorchen. Auch gestern erfolgte vor den 'Augen des Publikums die Aufnahme einer Hand nach dem Röntgen'schen Verfahren. VevsÄmmlungen. Deutscher Metallarbeiter- Verband, Verw. Berlin - C. In der Versammlung am 22. Januar hielt Fr. Hof mann einen Vortrag überdas Recht auf Faulheit." In der Diskussion wandten sich einige Kollegen gegen die ihrer Meinung nach»n- richtigen und lückenhaften Ausführungen des Referenten, wo aus dieser noch einige Erläuterungen brachte. Unter Verbands­angelegenheiten wurde auf die vom Vorstand zur Aufnahme einer Slrbeitslose»-Statistik eingeführten Karten hin- gewiesen und den Mitgliedern deren gewissenhafte Ausfüllung bei eintretender Arbeitslosigkeit zur Pflicht gemacht. Solche Karten sind jederzeit beim Bevollmächtigten zu haben. An stelle des ausscheidenden Revisors M. H i r s ch wurde Po ock gewählt. Zum Schluß besprach man die bevorstehende Lohn- bewcgung der Klempner und führte hierbei besonders die Werk- statt von Hirschhorn an, wo keine bencidenswerthen Zustände herrschen solle», was aber von anderer Seite bestritten wurde.