90945
Nr. 324
46. Jahrgang
Technik
910 Sonnabend
13. Juli 1929
Vom Kreislauf des Waffers
Auch ein Beitrag zur Ausstellung» Gas und Waffer<<
Erde, Wasser, Wärme, Luft und Licht find die Urelemente des Lebens. Die Sonne ist der Quell aller dieser Naturschätze, die den Menschen als Beherrschern des Erdballs zur Verfügung stehen. Unter diesen Naturschäßen ist das Wasser nicht der geringste. Wasser und Luft sind diejenigen Elemente, die mit Hilfe der Wärme des Mustergestirns die träge Erde durch dringen und sie zu dem fruchttragenden Garten machen, der das ganze Leben erhält.
Ein großes Diorama der Ausstellung ,, Gas und Wasser" in der Funkhalle soll den Kreislauf des Waffers ver: anschaulichen. Aber dieses Bild ist hoch recht primitiv und läßt uns feineswegs die ungeheure Kompliziertheit ahnen, unter denen Wasser und Luft ihre lebenspendenden Eigenschaften entfalten. Schon in der
UBERM
MEER
384000cbbm 82,1%
ÜBERM LAND
81.360cbbm 17,9%
MEER 72%
LAND 28%
ABFLUS IN DAJ MEER 30.640cbbm=
66%
Schule hören wir, wie das vor sich geht. Meere, Seen und taufeuchte Wiesen, Bäume und andere Gewächse atmen aus Billionen GESAMTE ERDOBERFLACHE 510 MILLIONEN m2 Boren die feinen Wasserdampfmoleküle
aus, die unter der Wirkung der Sonnenwärme in die Luft steigen, sich dort zu Wolken ballen und über Land und Wasser als Regen, Schnee und Hagel herniederfallen. Aber damit ist der Wassertreis lauf auf der Erde noch lange nicht erschöpft. 3war führen die Ströme, wie Murran berechnet hat, alljährlid über 30 000. Rubit filometer Baffer ins Meer. Aber der ganze irdische Wasserkreislauf ist viel größer. Seine Menge ist etwa fünfzehnmal so groß, so daß außer den Flüssen auch noch andere Strömungen und andere Wege vorhanden sind, die die Strömungen laufen.
Man stellt sich zwar nicht so recht vor, welche Masse ein Kubiktilometer Wasser ist und wieviel tausende, ja hunderttausende Kubikfilometer ausmachen. Aber dennoch ist es immer gut und richtig, sich von alledem einen zahlenmäßigen Begriff zu machen. Denn nur an einem solchen fann man schließlich auch eine Anschauung gewinnen. Brüdner und Frißsche haben sich einmal daran gemacht, den
Wafferkreislauf in Form einer Bilanz zu erfassen. Da man die zirkulierenden Wassermassen nicht mit dem Litermaß abmessen kann, sind dazu gewisse Annahmen erforderlich. Buerst gilt natürlich eine Bilanz des Wasserkreislaufs nur für die Sektzeit, also immerhin für eine Epoche, die die bisherige Geschichte der Menschheit um þas Bielfache übersteigt; denn wir wissen, daß die Bewölkung der Erde in diesen Epochen ebenfalls gleichbleibend ift, daß die Atmosphäre den Sonnenstrahlen gleichbleibenden Einstrom gestattet und daß die Sonnenstrahlung selbst ziemlich gleich bleibt. Aus anderen geologischen Forschungen wissen wir, daß jährlich eine verhältnismäßig nur unbedeutende Wassermenge im Erdboden für immer verschwindet und an feste Gesteine gebunden wird( Hydratisierung der Gesteine). Andererseits werden aber wieder jungfräuliche Wassermengen durch die Bulkane, die Geiser und die Sprudel aus dem Erdinnern emporgebracht und in den oberirdischen Wassertreislauf geworfen.
Unter diesen naheliegenden Annahmen ergibt sich dann von selbst, daß die mittlere jährliche Berbunftung dem mittleren jähr. lichen Niederschlag gleich sein wird. Dafür gibt es auch gewiffe Bestätigungen. Denn, würde z. B. die Verdunstung größer sein als der Niederschlag, so müßte ja der Gehalt der Atmosphäre an Feuchtigkeit zunehmen. Er müßte andererseits abnehmen, wenn die Verdunstung nicht so start wäre wie der Niederschlag. Auch der Meeresspiegel müßte dadurch eine Aenderung in seiner Höhe erfahren. Dergleichen wird aber nicht beachtet. Um die
Größe des Niederschlags und die Verdunstung festzustellen, muß man Kunstgriffe anwenden. Man muß zuerst einmal scheiden in Verdunstung und Niederschlag, die über dem Meere erfolgen und die über Land. Davon sind durch die allgemeinen Beobachtungen mit hinreichender Genauigkeit die Berdunstung über dem Meere und der Niederschlag auf dem Lande ermittelbar. Die Meeresverdunstung beträgt jährlich etwa 384 000 Rubitkilometer Wasser, wobei der Fehler dieser 3ahl 10 Broz. nach oben oder unten betragen mag. Die Niederschlagsmenge auf dem Bante hat Supan schon berechnet; sie beträgt 112 000 Rubikfilometer. Die Flüsse führen den Ueberschuß des Niederschlages über die Ber dunstung auf dem Lande ins Meer, während die Berdunstung über dem Meere größer ist als über dem Land, so daß der Berdunstungsüberschuß durch die Winde auf das Land getragen wird und dort den Niederschlagsüberfluß hervorbringt.
Dieser geschlossene Kreislauf ist im wesentlichen eine Zirkulation
in sentrechter Richtung. Stellt man die einzelnen Bilanzposten zusammen, so ergibt sich folgendes:
Berdunstung über dem Meere.
Niederschlag über dem Meere.
Niederschlag auf dem Lande
384 000 Rubikkilometer
GESAMTER WASSERKREISLAUF
465000 cbkm
100%
112.000cbkm
ÜBERM LAND
24%
ÜBERM
MEER 353.OOOcbhm 76%
Energien der durch die Sonnenwärme bewegten Luft. Und wenn das Wasser zur Erde fällt, dann gibt es einen Teil seiner Energie als Wärme noch an die Erde und ihre Atmosphäre ab. Man kann überschlagen, daß viele Hunderte Billionen Pferdestärkenleistung dazu gehören, diese Arbeit
zu vollbringen.
Angesichts dieser ungeheuren Wassermengen erscheint der Wasserverbrauch der Menschen winzig. Aber dennoch ist die Sorge für einwandfreie Wasserversorgung eine Aufgabe, deren Bedeutung nicht unterschätzt werden darf. Das Wasser fließt uns durchaus nicht von selbst zu, sondern es gehört sorgfältige technische Arbeit dazu, es zu gewinnen und für den menschlichen Verbrauch bereitzustellen. Die großen Siedlungen haben durchaus schon gewisse Schwierigkeiten, diese volksgesundheitliche Aufgabe restlos zu bewältigen. Und wenn GESAMTE ERDOBERFLACHE 510 MILLIONEN m2 Katastrophen eintreten, wie der ungeheuer
MEER 72%
1
LAND 28%
ABFLUJS IN DAS MEER
30.64Ocbhm: 66%
liche Frost des letzten Winters, bemerken
ist, der der Beobachtung nicht gut zugänglich ist, nämlich das un- wir zu unserem Schrecken, daß wir doch noch nicht allen Möglichmittelbare Abfließen von Wasser ins Meer unter der Erdfeiten gewachsen sind, die uns auf ganz natürliche Weise überoberfläche. fallen tönnen. Dem großen Publikum kommt derartiges immer nur in solchen Fällen zum Bewußtsein, und auch da nicht immer flar genug, um ihm beizubringen, daß die ungestörte Wasserversorgung wirklich eine der bedeutsamsten technischen Aufgaben ist, die wir überhaupt haben und um die wir uns andauernd sorgen und kümmern müssen, wenn wir nicht Gefahr laufen wollen, in unangenehme, ja in fatastrophale Berlegenheiten zu geraten. Wichtiger noch also als die auf der Ausstellung ,, Gas und Wasser" bereits vertretenen Angelegenheiten des Gases sind die Probleme der Wassertechnik.
An der gesamten Wasserzirkulation durch die Atmosphäre nehmen im Jahre also nicht weniger als rund eine halbe Million Kubitkilometer Wasser teil. Das ist ganz ungeheuerlich viel. Ein Kubikkilometer Wasser wiegt eine Milliarde Tonnen, so daß 500 Billionen Tonnen Wasser alljährlich durch die Atmosphäre gejagt werden Diese Arbeit leistet allein die Sonne, denn sie ist die treibende Kraft. Ihre Wärmestrahlen erwärmen das Wasser, verdunsten es und heben es in die Lüfte. Den Transport besorgen die Winde, die auch weiter nichts sind als die mechanischen
Jahrtausend= 6 Stunden!
Edelsteine aus dem Schmelzofen.
Der Traum der Alchimisten, Gold zu machen, ist trotz der viel. versprechenden Experimente des leider zu früh verstorbenen Brofeffors Miethe, den man nicht mit Unrecht als den letzten Alchimisten bezeichnet hat, noch nicht verwirklicht worden. Eine tatastrophale Entwertung des Goldes müßte eintreten, wenn es gelänge, dieses Edelmetall fabrikmäßig in gleichem Umfange herzustellen, wie man heute Rubine, Saphire, Spinelle, Aquamarine usw. in großen Mengen mit verhältnismäßig geringem Aufwande erzeugen tann. Allein Diamant und Smaragd haben der großbetrieblichen Her stellung einen schroffen Widerstand entgegengesezt. Hier ist es nur gelungen, im Laboratorium unter großem Kostenaufwand verhäit nismäßig fleine Steine zu erzielen.
dagegen der Tonerde geringe Mengen von Metalloryden hinzusetzt, so erhält man die verschiedenen bunten Färbungen. Zur Erzeugung des roten Rubins wird z. B. Chromogyd verwendet. Durch eine Klopfvorrichtung, die von einer Spule und einem Eisenkern nach Art des aus der Physit bekannten Wagnerschen Hammers gebildet wird, wird eine winzige hMenge Tonerde in den Brennpunkt des Ofens befördert. Der Ofen selbst besteht aus einem Chamotteſtift wird, wird eine winzige henge Tonerde in den Brennpunkt des Chamotemuffe, die ihn umgibt. Die Flamme wird von Sauerstoff der die Tonerde und später den Edelstein trägt und von einer und Wasserstoff gespeist. Der Chamottestist selbst ist verstellbar angeordnet, so daß die kleinen Schmelztegel stets die richtige Stellung behalten. Die jeweils aus dem Behälter hinunterfallende Tonerde darf beim Schmelzen immer nur eine sehr dünne Schicht bilden, der fünstlichen Steine schwankt zwischen 50 und 200 Karat, d. h. wenn man einen einheitlichen Edelstein erhalten will. Das Gewicht also etwa zwischen 10 und 40 Gramm, es ist aber auch schon gelungen, Edelsteine im Gewicht von 300 Karat fünftlich zu er zeugen. Die syntetischen Steine stimmen nun in jeder Hinsicht mit den natürlichen überein, bei fehlerlosen Steinen ist nicht mehr festzustellen, ob es sich um natürliche oder fünstliche handelt. Auch der Härtegrad ist genau so, wie der der natürlichen Steine, so daß der unterworfen ist. Der größte Teil dieser fünstlichen Steine dient als Schmuck verwendete fünstliche Edelstein feinerlei Abnuzung technischen Zweden. Etwa 95 Broz. der gesamten Erzeugung wird von der Uhrenindustrie zur Herstellung von Lagern für PräzisionsKristallen in folgender Weise hergestellt: uhren verwendet. Diese Lagersteine werden aus den erschmolzenen
Bei Bitterfeld ist eine solche Edelsteinfabrit als Betrieb für die 3. G. Farbenindustrie 2.-G. in Tätigkeit. Hier g ühen winzig fleine Defen, die durch Gas geheizt werden, und in derem Brennpunkt der kostbare Edelstein erschmolzen wird. Auf langen Tischen, die hintereinander angeordnet sind, stehen diese Defen, die fast ohne Aufsicht, automatisch, in etwa sechs Stun den diefelbe Arbeit leiften, zu der die Natur Jahr taufende benötigte. Durch eine Blauglasscheibe kann man ohne Schädigung des Auges den Schmelzprozeß beobachten. Da jeder Ofen mit einer solchen blauen Glasscheibe ausgerüstet ist, er= scheint der ganze Fabritraum außerordentlich mystisch, geheimnis voll. Und doch ist die ganze Anlage im Grunde außerordentlich einDer Kristall, die sogenannte Birne, wird durch einen leichten fach. Ueber der Flamme ist ein Behälter angebracht, der Tonerde Schlag mit einem Hammer in zwei Teile gespalten, durch Zuhilfeenthält. Tonerde ist das Ausgangsmaterial für die Herstellungnahme von Diamantpulver zerfägt und in die Form von fleinen der tostbaren Edelsteine, die seit Jahrtausenden die Begierde von 3ylindern gebracht, in die eine halbtugelförmige Vertiefung einMenschen erregt haben. Hier muß betont werden, daß die Tonerbe geschliffen wird. Durch den freien Wettbewerb zwischen ver( Aluminiumogyd) nur sehr schwierig hergestellt werden kann. Wenn schiedenen Fabriken für künstliche Edelsteine ist der Preis im Berman reine und ganze Steine erhalten will, so ist das nur möglich, wenn die Tonerde selbst absolut rein ist. Wenn man nur reine Tonerde niederschmilzt, so erhält man farblose Steine, wenn man
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353 360
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Berdunstung auf dem Lande
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81 360
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12
112 000
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30 640
9-
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465 000
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Abfluß in das Meer
Gesamter Wassertreislauf
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Da das Meer 361 Millionen Quadratkilometer Fläche hat, verbunftet von ihm jährlich etwas über 1 Meter. Der Niederschlag auf dem Meere davon beträgt etwas weniger; ber Unterschied ist etwa 8 Zentimeter, der der viel fleineren Landfläche zugute fommt und dort eine Niederschlagshöhe von 75 Zentimeter erzeugt, etwa 20 Zentimeter mehr als das Land selbst verdunstet. Man darf allerdings nicht vergessen, daß noch ein kleiner Bosten vorhanden
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8
1. Klopfvorrichtung 2. Tonerdebehälter 3. Sauerstoffleitung 4. Brenner
5. Wasserstoffleitung 6-7. Regulierhähne
8. Chamottemuffel
9. Chamottestift
10 11. Verstellbarer Tisch 12. Beobachtungs
schlitz mit Rubinbirne
hältnis zu den aufgewandten Kosten niedrig. Wenn man der Fabrikleitung in Bitterfeld glauben darf, handelt es sich hier um einen durchaus wirtschaftlich arbeitenden Fabrikationszweig Alchimie war noch nie ein einträgliches Geschäft. W. M.
Institut für Verfuchsflugzeugbau. Die Technische Hochschule in Breslau beabsichtigt, ihr in Gandau errichtetes Institut für Bersuchsflugzeugbau neben seinem eigentlichen Zweck der Forschung auch für die Unterweisung der Schuljugend auf dem Gebiete der Luftfahrt dienstbar zu machen. Um diesen Gedanken zunächst für die höheren Schulen durchführen zu können, soll vor allem die Lehrerschaft der höheren Schulen entsprechend vorgebildet werden.
Erdmagnetische Untersuchung des norddeutschen Untergrundes. Erdmagnetische Arbeitsmethoden finden bei geologischen Untersuchungen im Gelände immer mehr Anwendung. Bergrat Kohl berichtet in dem soeben abgeschlossenen Jahrbuch der Preußischen Geologischen Landesanstalt über derartige Untersuchungen zur Festftellung der im Untergrunde des norddeutschen Flachlandes vorhandenen älteren Gebirgsmassive. So maren z. B. in der Ulder. mart bei Bohrungen Gase angetroffen worden, die das Borhandenfein von Salzstücken oder Erdöllagern in der Tiefe in den Bereich der Möglichkeit rüdten. Durch die erdmagnetischen Untersuchungen fonnte gezeigt werden, daß die Möglichkeit von Salzaufbrüchen, an die im allgemeinen auch Erdöl geknüpft ist, durchaus gegeben ist, so daß vielleicht in diesem Gebiet mit Erdölfunden gerechnet merden fan n. Auch in Ostpreußen find solche Messungen ausgeführt worden. Sie haben gezeigt, daß unter einer mächtigen Dede von loderen Gesteinen in der Tiefe alte Gebirgsmassive vorhanden sind.