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BERLIN Freitag 19. Juli

1929

Der Abend

Erfcheint taglio anßer Sonntags.

10

Bugleich Abendausgabe des Vorwärts". Bezugspreis beide Ausgaben 85 Pf. pro Woche, 3,60 M. pro Monat. Redaktion und Erpedition; Berlin SW 68, Lindenstr. 3

Spalausgabe des Vorwärts

10 Pf.

Nr. 334

B 166

46. Jahrgang.

66 anzeigenpreis: Die einspaltige Nonpareillezeile 80 Vf., Reklamezeile 5 M. Ermäßigungen nach Tarif. Bosscheckkonto: Vorwärts- Verlag G. m. b. H., Berlin Nr. 37536. Fernsprecher: Dinhoff 292 bis 297

Belagerungszustand in Charbin

Todesstrafe für Verbreitung falscher Gerüchte.

Tokio , 19. Juli. ( Reuter.)

Wie aus Charbin gemeldet wird, ist dort sofort nach dem Abbruch der chinesisch- russischen Beziehungen der Belagerungszustand verhängt worden. Starke chinesische Truppenabteilungen versehen den Patrouillen­dienst in den Straßen. Eine Proklamation des Gouber­neurs droht für die Verbreitung von unbegründeten Ge­rüchten die Todesstrafe an. Alle Zeitungen sind unter Zensur gestellt. Das Geschäftsleben ist zum Erliegen gekommen. Jm japanischen Konsulat drängen sich die sowjetrussischen Staatsangehörigen, die ein Visum zu er­halten wünschen, um nach Dairen zu gehen.

Einstweilen antwortet Nanking nicht mehr.

Shanghai , 19. Juli. ( Reufer.)

Wie die chinesischen Blätter erklären, beabsichtigt die Nanking­Regierung nicht, auf die letzte ruffische Note, die den Abbruch der Beziehungen erklärte, zu erwidern.

Nach Meldungen aus ruffifchen Quellen haben sowjetrussische Flugzeuge in der nördlichen Mandschurei über chinesischem Gebiet Flugblätter abgeworfen, in denen die Proletarier Chinas auf­gefordert werden, die Sowjetregierung zu unterstützen. Wie es weiter heißt, werden die russischen Handelsschiffe auf dem Amur in Blagowestschenst zusammengezogen, wo die Möglichkeit besteht, große Truppenmaffen in fürzester Zeit in die Mandschurei zu werfen.

Erste Feuergefechte?

Shanghai , 19. Juli. ( Reuter.)

Nach von privater Seite stammenden Nachrichten follen ruffische Truppen bei Blagowenfischenst den Versuch gemacht haben, den hier die Grenze bildenden Amur zu überschreiten. Die chinesischen Truppen eröffneten das Feuer und zwangen die Ruffen, sich zurüdzuziehen.

Die Kriegspsychose.

Wie der Tl. aus Moskau gemeldet wird, hat die chinesische Antwortnote eine tiefe Empörung in der gesamten Sowjet­ union hervorgerufen. In Mostau, Leningrad , Kiew , Odessa und anderen Städten hielten die Arbeiter große Protest versammlungen ab, in denen die sofortige Bereit­willigkeit, mit der Waffe die Sowjetgrenzen zu verteidigen, zum Ausdruc tam. Das in Winniza und anderen Garnisonstädten stationierte Militär hat die Sowjetregierung ersucht, unverzüglich Maßnahmen gegen die Chinesen zu ergreifen und bereits einen Tagesverdienst dem fogenannten Abwehrfonds zugehen lassen. Desgleichen haben die Arbeiter der Ukraine und Weißrußlands Sammlungen veranstaltet, die sofort nach der Auflegung der dritten Industrialisierungsanleihe für die Zeichnung derselben ver­wandt werden sollen.

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Mostau, 19. Juli. ( Ost- Expreß.) In Kampfbereitschaft" überschreibt die Prawda" einen Leitartikel, der den Abbruch der diplomatischen Beziehungen zu China als den einzigen Ausweg bezeichnet, der der Sowjet­regierung aus der durch Chinas Verschulden geschaffenen Lage blieb. Jetzt stehe die Sowjetmacht traftvoll gerüstet da, bereit, jeden Angriff abzuwehren und jede Prüfung zu bestehen. Im zweiten Teil des Artikels fommt eine recht ernste Besorgnis wegen der Stellungnahme der Großmächte zu dem Konfliki zum Ausdruc. Die getroffenen Maßnahmen sicherten den Sowjetstaat nicht vor weiteren chinesischen Herausforderungen, denn hinter jedem Ban­diten, der den friedlichen Aufbau der Sowjetunion zu flöten sucht, ftehen die Kräfte der internationalen imperialistischen Räuber und ihrer sozialdemokratischen Helfershelfer.

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Balkan - Geschäft.

" Hat sich noch Borrat vom Weltkrieg. Liefern wir nach Mandschurei. 3ffich jetzt neier Balkan !"

ftans, überhaupt aus jeder Reichtung, aus der sie uns einen Schlag| versezen tann." Diese Anspielungen zielen natürlich auf Eng=

land ab.

In der Sowjetpresse werden auf die

chinesische revolutionäre Bewegung große Hofnungen gesetzt. Ausführlich und mit Genugtuung berichten die Blätter über die Be­teiligung chinesischer Kommunisten, darunter Studenten, an der Demonstration, die vor der chinesischen Gesandtschaft stattfand. Diese Chinesen marschierten gemeinsam mit den russischen Proletariern und riefen: ,, Nieder mit unserer Regierung! Es lebe die chinesische Revo­lution!" Eine chinesische Arbeitergruppe in Chartow erklärt in einer Entschließung, daß sie als Kommunisten den Sowjetstaat als ihr Baterland ansehen und im Kriegsfall ,, das Gewehr schultern und das Sowjetvaterland verteidigen werden." Die Sowjetblätter äußern in mehreren Artikeln die Meinung, daß die Generals­banden" in China die nicht zu unterdrückende revolutionäre Be­wegung ihres eigenen Volkes nicht in Rechnung stellten und das über furz oder lang würden büßen müssen. Die Berliner Demon­strationen vor der chinesischen Gesandtschaft werden von der

Folgen der großen Hite.

Kein Tag ohne Badeunfälle.

Gestern abend konnte ein junges Mädchen, das in der Gefahr des Ertrinkens schwebte, durch das geistesgegenwärtige Eingreifen zweier Reichsbannerkameraden der Wassersport­abteilung im letzten Augenblick gerettet werden.

An der Großen Krampe, dicht am Restaurant Müggelheim , ging der 17jährige Mar Banner aus der Reichenberger Str. 16 beim Baden infolge Herzschlages plötzlich unter. Die Be­gleiterin des jungen Menschen, selbst des Schwimmens unfundig, sprang dem Freund nach und geriet dabei selbst in Gefahr. Die lauten Hilferufe wurden von Reichsbannertameraden, die mit ihrem Boot am anderen Ufer festgemacht hatten, gehört, und in größter Eile fuhren sie zur Unglücksstelle. Nach einigen Be­mühungen gelang es den Kameraden Schroer und Bendisch, dasjunge Mädchen zu retten. In den späten Abendstunden tonnte durch die Feuerwehr auch die Leiche des Banner geborgen werden.

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Dicht am Freibad Tegelort wurde die Leiche eines etwa 25jährigen Mannes angeschwemmt, der nur mit einer Badehose be= kleidet war. Die Personalien des Toten, der wahrscheinlich beim Schwimmen unbemerkt ertrunken ist, sind noch unbekannt.

Sowjetpreffe ebenfalls mit großer Befriedigung zur Kennt­

nis genommen.(!!!)

Aus verschiedenen Truppenteilen der Roten Armee erhält das Kriegskommissariat Telegramme, die die begeisterte Rampfbereitschaft der Truppen zum Ausdruck bringen.

Japan und Amerifa als Vermittler?

New York , 19. Juli.

Sowohl der japanische Botschafter als auch der chine=

fische Gesandte hatten längere Besprechungen mit Staatssekretär Stimson ; wie gerüchtweise verlautet, beabsichtigt Japan , die Vermittlung zwischen Rußland und China zu übernehmen. Andere Meldungen deuten an, daß auch die Möglichkeit einer amerikanischen Vermittlung bestehe, wenn Amerika von beiden Parteien darum ersucht werden würde. New York World" schreibt, Amerika sei zur Vermittlung moralisch verpflich= tet. New York Herald " meldet aus Washington , troß der Nicht­einmischungspolitik der Vereinigten Staaten sei die Tür der ameri­tanischen Vermittlung zur friedlichen Regelung der russisch= chinesischen Streitfragen nicht verschlossen.

Bor den Zug gesprungen.

Furchtbare Tragödie eines jungen Paares.

Der junge Mann dagegen war fast bis zur Unkenntlich­teit verstümmelt worden. Die Leiche wurde in die Köpenicker Leichenhalle gebracht. Das Mädchen wurde ins Köpenicker Kranken­haus übergeführt. Die Kriminalpolizei hat die weiteren Ermittelungen zur Klärung der furchtbaren Jugendtragödie aufgenommen.

Auf dem Bahnhofin köpenid spielte sich heute früh kurz| nur von dem Führerwagen gestreift und zur Seite geschleudert. nach 9 Uhr ein schredlicher Bortfall ab. Ein junges Paar stürzte beim Einlaufen eines Bororfzuges auf die Schienen und wurde vom 3uge erfaßt. Während der Mann, ein 18jähriger Willi Corenz aus der Prinz- Handjery- Straße, auf der Stelle getötet wurde, erlitt feine Begleiterin, die 16jährige Berta B. aus der Friedelstraße in Neukölln, wie durch ein Wunder nur leichtere Berletzungen.

Willi Lorenz unterhielt zu dem jungen Mädchen seit einigen Monaten Beziehungen. Er war jetzt arbeitslos und die Eltern des Paares drängten auf eine Trennung. Gestern unter­nahmen die jungen Leute einen Ausflug und blieben die Nacht den Wohnungen der Eltern fern. Heute früh furz nach 9 Uhr wollien fie von Köpenick aus die Heimfahrt antreten. Sie standen beide, wie das Mädchen bei ihrer ersten Bernehmung dem Bahnarzt mit teilte, am Rande des Bahnsteigs, als um 9.19 Uhr der fällige Vorort zug einlief. Der erste Wagen war fnapp noch zehn Meter ent­fernt, als

Hinter dem Banditen Tschiangtaischef verbirgt sich dieselbe Hand, die vor zwei Jahren hinter Tichangtfolin steckte, als er den Ueberfall auf unsere diplomatische Bertretung in Pefing unter­nahm.( Tschangtfolin war bekanntlich der schärfste Gegner von Tschiangtaischet und hat im Kampfe gegen Nanting schließlich sein Leben eingebüßt. Red.) Und diese Hand wird unermüdlich gegen die Sowjetunion im Westen und im Osten arbeiten, von der Mandschurei her wie auch durch Polen , aus der Richtung Persiens und Afghani Dem Mädchen gelang es jedoch weiter zu springen und so wurde es

das junge Mädchen von ihrem Begleiter fest am Arm gepact und mit auf die Geleise gerissen wurde.

Großfeuer in Berlin NO.

Auffällige Zunahme der Dachstuhlbrände.

Heute früh entstand im ch st uhl des Quergebäudes Greifswalder Straße 228 Feuer, das sich in wenigen Minuten zu einem Großfeuer entwickelte. Der Dachstuhl brannte beim Eintreffen der Wehren in seiner ganzen Ausdehnung lichterloh. Die Flammen fanden an dem trockenen Dachgebält und dem Inhalt der Bodenverschläge reiche Nahrung. Eine Zeitlang bestand für die angrenzenden Dachstühle größte Gefahr; es gelang jedoch durch startes Wassergeben aus fünf Schlauchleitungen, den Brandherd nach zweistündiger angestrengter Tätigkeit einzudämmen. Der Dachstuhl ist völlig niedergebrannt, die oberen Stockwerke haben unter Wasserschaden außerordentlich start gelitten.