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Nr. 336

46. Jahrgang

Technik

Sonnabend

20. Juli 1929

Eine neue Windkraftmaschine: Der Flügelrotor

Ein Fortschritt in der Ausnutzung der Windkraft

Bon jeher hat die Ausnutzung der Windkraft den Menschen be­schäftigt. Aber von den ersten primitiven Kraftmaschinen, den Segeln und Windmühlen der Aegypter und Hindus bis zur modernen Stahlwindmühle find faum nennenswerte Fortschritte zu verzeichnen. Während die Dampfmaschine von ihrem ersten Auftreten bis auf die heutigen Tage gewaltige Beränderungen erlebt hat, Berbeffe rungen im Sinne einer höheren Ausnutzung der aufgewandten

Zweiflügliges Windrad ( Abb. 1)

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Bärmeenergie und in der Richtung auf größere Betriebssicherheit, während sie aus der Kolbenmaschine immer mehr zur Turbine wird, ist das Grundprinzip der Windausnugung das gleiche geblieben: das Segel, das sich mit oder vor dem Winde bewegt. Erst der von Fietiner auf Grund des Magnus- Effelts entwidelte Rotor" eröffnete neue Wege zur Ausnutzung der Windkraft, Wege, die sich von den bisherigen grundsäglich unterscheiden. Er beruht bekannt­lich auf der Erscheinung, daß ein im Winde sich drehender Zylinder, deffen Umfangsgeschwindigkeit größer ist als die Windgeschwindig feit, eine unsymmetrische Strömung hervorruft, die an jener Seite, an der Windströmung und Zylinderbewegung gleich gerichtet sind, einen Unterbrud( Sog) und an der gegenüberliegenden Seite, wo der Zylinder sich gewissermaßen gegen die Windrichtung bewegt, einen Ueberbrud erzeugt. Der Zylinder erhält auf diese Beise einen Antrieb quer zur Windrichtung, der etwa sechs, bis achtmal größer ist als die Antriebstraft, die auf ein Segel gleicher Größe wirft. Die Drehbewegung des Zylinders wird dabei durch einen besonderen Antriebsmotor hervorgerufen.

Eine weitere Durchbildung des Flettner - Rotors ist vor wenigen Jahren dem finnischen Kapitän Sigurd J. Savonius geglüdt. Im Gegensatz zum Flettner- Rotor bedarf sie feines Antriebs durch einen Motor. Die Wirkungsweise der neuen als Flügel- Rotor" be zeichneten Windkraftmaschine sei furz an Hand der Abbildungen 1 und 2 erläutert. Abb. 1 zeigt ein Windrad, das aus zwei in der Mitte zufammengesezten Zylinderhälften a und b besteht. Im Windstrom bewegt es sich im angedeuteten Drehsinn, weil der im Flügel b erzeugte Druck den an der offenen Seite von a gebildeten Sog( Unterdrud) überwiegt. Rotiert dieses Windrad belastungslos im Winde, so wird seine Umfangsgeschwindigkeit nahezu der Wind­geschwindigkeit gleich. Rückt man beide Flügel in der Mitte aus­einander, so entsteht das bekannte Windrad der Windmesser, das meift vier halbtugelförmige Flügel besitzt. Die Umfangsgeschwindig­feit finft beträchtlich und beträgt im allgemeinen nur mehr die Hälfte der Windgeschwindigkeit. Aus Abb. 1 ergibt sich deutlich, daß die Saugwirfung des Unterdrucks im Flügel a der Grund dafür ift, marum der Druck auf dem Flügel b nicht stärker ausgenußt werden kann, wie allgemein für den Widerstand eines Körpers in der Luftströmung der Rückenwiderstand verhältnismäßig größere Bedeutung hat als der Frontalwiderstand. Diesen Rückenwiderstand beseitigt Saponius beim zweiflügeligen Bindrad dadurch, daß er die Flügel in der in Abb. 2 gezeigten Art gegeneinander versetzt. Zwischen den inneren Kanten der beiden Flügel entsteht eine Deff­nung, durch die die Luft hindurchströmen fann, um, nachdem sie auf den offenen Flügel b einen Drud ausgeübt hat, die Innenseite des Flügels a zu treffen.

Der Effeft dieser fonstruktiven Maßnahme ist erstaunlich. Die Umfangsgeschwindigkeit steigt auf das 1,7fache der Bindgeschwindig. feit an und die Drehkraft ist etwa dreimal größer als die eines zwei flügeligen Windrades von gleicher Größe, aber ohne mittlere Deff nung. Mit der Erhöhung der Umfangsgeschwindigkeit über die Bindgeschwindigkeit ist aber zugleich die Borauslegung für das Auftreten des Magnuseffeftes gegeben und die Abb. 2 läßt in der Tat erkennen, daß an der Außenseite des Flügels a ein Drudgebiet, an der Außenseite pon b ein Soggebiet zur Ausbildung gelangt ist, so daß dem Rotor ein Antrieb quer zum Wind verliehen wird. Der Flügelrotor liefert also nicht nur die Drehbewegung des Windrades, jendern zugleich auch die Antriebsbewegung des Segels bzw. des Flattner Rotors.

den eine 2,2 bis 3mal größere Segelfläche erfährt, wenn sie im| Winkel von 35 bis 40 Grad zum Wind steht, d. h. bei größter Wind­fraftausnußung. Flettnerrotor und Flügelrotor ergeben bei gleicher Länge, gleicher Oberfläche und gleicher Drehzahl einen gleich großen Magnuseffekt. Wie beim Flettnerrotor wird auch beim Flügel­rotor der erzielbare Effekt wesentlich verstärkt, wenn man ben 3ylinderförper mit Endplatten versieht, die den Windstrom hindern, über die Zylinderenden hinweg vom Drud zum Soggebiet zu ge langen,

Cingehende Bersuche über die Größe der Drehfraft ergaben, baß ein Flügelrotor um 30 Braz mehr Kraft liefert als eine 18flügelige Windmühle gleicher wirksamer Fläche, und wenn man die Reibungs- und sonstigen lebertragungsverfufte bei der Windmühle berücksichtigt, ergibt sich ein Borteil von 50 bis 60 Proz. zugunsten des Flügelrotors. Der Magnuseffekt des Flügelrotors ift gleich groß wie der Antrieb,

Die Anwendungsgebiete des Flügelrotors fönnen nach vorstehendem zweifacher Art sein: man fann ihn zum Schiffsantrieb bemußen, um den Magnuseffekt auszunußen oder aber als Antriebsmittel für Arbeitsmaschinen. Die Verwendung als Schiffsantrieb ist bisher versuchsmäßig noch wenig geflärt, so daß über ihre praktischen Möglichkeiten und Aussichten vorläufig wenig gesagt werden kann. Im Bergleich zum zylindrischen Rotor( Flettner rotor) hat der Flügelrotor für den Schiffsantrieb den Vorteil, daß er feines Antriebs bedarf und daß auch dann ein beträchtlicher An­trieb auftritt, wenn man mit dem Winde fährt, ein Fall, in dem der zylindrische Rotor praftisch wirkungslos ist. Viel weiter ist die Anwendung des Flügelrotors zum Antrieb von Arbeits. maschinen gediehen. Wir finden ihn heute in fleiner Ausfüh­rungsform als Windkraftmaschine zum Antrieb von Bentilatoren für Eisenbahn, Straßenbahn- und Autoomnibuswagen. Die von außen sichtbaren Teile dieser Geräte sind nicht die Ventilator­schaufeln, sondern die gewölbten Flächen des Flügelrotors. In größerer Ausführungsform finden wir ihn als Antrieb für Pumpen und zur elektrischen Krafterzeugung. Abb. 3 zeigt einen 3- qm- Flügel­rotor für Pumpenantrieb. Man wählt die Abmessungsverhältnisse von Breite zur Höhe im allgemeinen wie 1: 2, man fann aber auch bis auf 1: 5 gehen und hat in der Wahl des Abmessungsverhält niffes ein Mittel in der Hand, um die durchschnittliche Drehzahl zu erhalten, die für das fragliche Anwendungsgebiet erforderlich ist. Sehr wesentlich ist auch, daß sich die Drehzahl des Flügelrotors durch eine einfache Vorrichtung selbsttätig regeln läßt. Das Prinzip dieser Regelung läuft darauf hinaus, daß beim Ansteigen der Bind­

Ansicht des Flügelrotors

( Abb. 3)

geschwindigkeit über ein bestimmtes Maß hinaus die auftretenden Bentrifugalkräfte die Flügelstellung so verändern, daß die dem ausgefeßte wirkjame Fläche verkleinert wird. Man kann auf diese Weise erreichen, daß die Rotordrehzahl beim Ansteigen der Wind­stärte von 3 auf 10 Sefundenmeter nur um 10 bis 15 Pro3. zu nimmt. Der Rotor läuft ferner von jeder Stellung aus an, er hat nimmt. Der Rotor läuft ferner von jeder Stellung aus an, er hat feinen toten Punkt.

wirtschaftlich zu gestalten. Solange diese Schwierigkeiten nicht über­munden sind, dürfte daher kaum mit einer Windkraftausnutzung in größtem Maßstab zu rechnen sein. Das wird aber nicht hindern, daß der Flügelrotor fünftig wohl in Gegenden mit ständiger Wind­bewegung und für Zwecke, bei denen der Zeitpunkt der Arbeits­leistung weniger ins Gewicht fällt, vermehrte Anwendung finden wird.

Alle diese Fortschritte sind zweifellos sehr bedeutend im Sinne einer besseren Ausnutzung der Windkraft, sie überwinden jedoch diejenige Schwierigkeit nicht, die einer vermehrten Windkraftgewin­nung grundsäglich im Wege steht: die Unzuverlässigkeit und Un sicherheit, die darin besteht, daß die atmosphärischen Verhältnisse dauernden Schwankungen unterworfen sind und daher niemals die Gewähr dafür gegeben ist, daß wir den Wind zum Antrieb unserer Maschinen dann auch wirklich haben, wenn wir ihn brauchen. Es besteht kaum eine Aussicht dafür, daß beispielsweise einem Windkraftgenerator, der einen Stadtteil mit elektrischer Energie zu versorgen hat, gerade dann die größte Windkraft zur Verfügung steht, wenn der Energiebedarf am größten ist. Hier liegt der Vorteil der Kohle: wir fönnen uns unschwer allen, selbst den feinsten Be­laftungsschwankungen anpassen. Wir haben den Betrieb in der Hand und find nicht von Zufälligkeiten abhängig. Man fönnte sich einen anscheinend einfachen Ausweg denten: Die Windkraftmaschine arbeitet eben nur dann, wenn Wind zur Verfügung steht, und speichert die erzeugte Energie auf, um sie im Bedarfsfall abzugeben. Diefer technisch an fich mögliche Weg stößt aber auf die Schwierig feit, daß die Aufspeicherung verhältnismäßig teuere Betriebsmittel porausseßt. Ein in Bleffammfern installiertes Kilowatt ist doppelt so teuer wie ein im Dampffraftwerk installieries! Die Rentabilität wäre ernstlich in Frage gestellt. Auch die Wasserspeicherung ist taum

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Flügelrotor ( Abb. 2)

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Hn.

Ein Historikerkongreß der exakten Wissenschaften fand Ende Mai in Paris statt. Es ist ein erfreulicher fand Ende Mai in Paris statt. Es ist ein erfreulicher Erfolg der internationalen 3usammenarbeit, daß Deutschland mit vierzehn Sigen als die stärkste der Nationen vom Pariser Kongreß heimtehrte. Die Geschichte der Medizin ist vertreten durch Sudhoff Leipzig und Sigerist= Leipzig , die Geschichte der Chemie durch v. Lippmann- Halle, Rusta Berlin und Darmstaedter München , die Geschichte der Technik durch Feldhaus Berlin . Da die Geschichte der Mathematik, der Chemie, der Physit und der Technik infolge lang­jähriger Bernachlässigung außerordentlich stark mit Fehlern durch­segt ist, beschloß der Kongreß die Einsehung einer Kommiffion für die Richtigstellung der Irrtümer", deren Borfiß Feldhaus- Berlin hat. Frankreich , Italien , Nordamerika und England sind in dieser Kom­nission vertreten. Diese Kommission soll mit möglichster Be­schleunigung die gröbsten Irrtümer sammeln und ein Handbuch vorbereiten, aus dem man die tatsächlichen historischen Zusammen­hänge ersehen kann. Ein solches Nachschlagewerk wird nicht nur dem Historiker, sondern auch dem Volkswirtschaftler, dem Kunsthistorifer und dem Politiker von größtem Wert sein. Auch die Spezialgebiete der Technit und der Industrie sollen historisch weitgehend berücksichtigt werden. Der Kongreß wurde vom französischen Rultusminister, von der französischen Akademie der Wissenschaften, vom Internationalen Institut für geistige Zusammenarbeit ( Völker­ bund ) und von namhaften französischen Gelehrten offiziell begrüßt. Bei Gelegenheit des Pariser Kongresses wurden die vom fran­ zösischen Staat zur Verfügung gestellten neuen Arbeitsräume im Hotel de Nevers dicht neben der Nationalbibliothek der Sektion als dauernder Siz übergeben. In Anwesenheit des Kultusministers wurde an diesem Hause eine Erinnerungstafel enthüllt, die auf die große Geistesgeschichte, an der dieses Haus durch den Abbé Barthélemy, Madame d'Alembert und andere Anteil hatte, hinweist.

Bücher der Technik.

Berichte über betriebswissenschaftliche Arbeiten. Band 1. Bobbe, Untersuchungen an Hobelmaschinen mit umlaufenden Messern. Harnisch, Langloch fräsen in Holz in Holz unter bes. Berücksichtigung des Ver gleichs der gebräuchlichsten Fräserformen. Heel: Ueber die Bearbeitbarkeit von Spanholzplatten und Sperrholzplatten. 64 Seiten mit 146 Abbildungen und 2 Zahlentafeln. Brosch. 14 M. Für Mitglieder des V. D. J. 12,60 m. B. D. 3- Verlag G. m. b. S., Berlin NW 7, 1929. Der B. D. J.- Verlag hat in der letzten Zeit eine ganze Reihe be­grüßenswerter Aufgaben übernommen. Dazu gehört die Heraus­gabe der Berichte über betriebswissenschaftliche Forschungen", die früher nur einem fleinen, ganz bestimmten Kreis zugänglich waren, während der Studierende, der Ingenieur, der Betriebsmann, der gerade an diesen Fragen besonders inter­effiert mar, wenig oder gar nichts davon erfahren hat. Der B. D. J.­Perlag hat nun Arbeiten dieser Art, in dem vorliegenden ersten Band Untersuchungen über Holzbearbeitung, gesammelt und heraus­gegeben. Das vorliegende Heft berichtet in Auffähen aus der Feder beachtenswerter Fachleute über das maschinelle Hobeln des Holzes, über die günstigste Konstruktion von Holzhobelmaschinen, ferner über das Langlochfräsen in Holz, die günstigsten Fräserdrücke, Fräservorschübe und Fräsertiefen und endlich über die Schwierig­feiten und Probleme, die beim Bohren von Sperrholzplatten und Spanholzplatten auftreten und die durch ein Werkzeug, das sich beim Ausstanzen von Sperrholz besonders bewährt hat, teilweise behoben werden können. Drei infolge ihrer praktischen Bedeutung befonders empfehlenswerte Untersuchungen.