Einzelbild herunterladen
 

Gonniag 2l.3uli 1929

Unterhaltung unö �Vissen

Vellage des Vorwärts

Wermann 9tom: 3)US JßOS

Ms Peter auf der Fahrt noch der Westküste dem Allenvom Dorfe", wie man ihn eigensinnig nannte, nachgesprungen war. begann ihre Freundschaft. Der alte Matrose war beim Anke:- laschen von der Back gefallen, Peter hatte gefragt:Äann er schwimmen?", und als er keine Antwort erhallen es sei denn verlegen schweigende Gesichter sprang er dem Reiwngsringe nach, der von der Kommandobrücke gerade durch die Lust saufte. Das grüne Nordseewasser war nicht kall, und es war ein leichtes, dem Alten, der am Versinken war, den weisien Ring nahe zu bringen. Daran hielt er sich nun schweigend fest und sah mit zu- sammengekniffenem Munde über das graugrüne Wasser, auf dem der alte, rostfleckige Dampfer eben zu drehen begann. Seine Augen hatten einen merkwürdigen Ring um die Pupillen, alles Wollen schien daraus verschwunden, und etwas unbestimmt Aengstliches lag darin, das der festgeschlossene Mund nicht heraus ließ. Später sah der junge Matrose öfters mit demvom Dorfe" zusammen, als habe er von ihm noch etwas zu erwarten. Von dem Alten ging nichts anderes aus als eine besonders Stille, die sie beide umfing, bis Peter das Herz aufging, und er zu erzählen begann: von zu Haufe, seiner kleinen Schwester, von Vater und Mutter, was sich gerade vordrängt« in diese«mpfangs- bereite Stille. Dazu sah der Alte den Jungen mit seinen Pupillen- ringen an, die, wie Peter jetzt wußte, Greiseirringe hießen, und sagte wohl zuweilen ein paar englische Brocken, etwa:.tbats-II ri«lit". Just the s-me to rne" oder dergleichen. Man merkte so recht, das holt« er au» einer fremden, angeflogenen Well und brachte es dar, wie einen Kappengruh. Sein« Art war die Stille ein« Mannes, der, wenn er mit dem Tode ringt, die Zähne zu- sommenbeißt und schweigt. Einmal vor dem Hafen wurde er krank, und ganz selbst­verständlich kümmerte sich Peter um ihn. Ms sie valpanrtso an- liefen, bracht« er ihm einen Brief, wozu der Alte wieder englisch sagte:A letter kor rne? Not possible*. Als ob die Unmöglich- teil, daß er«inen Brief bekomme, aufzeige, wie allem er auf der Welt sei. Peter sollte den Brief-vorlesen, und als er ihn zuvor überlas, zuckte er zusammen. Sem Blick zog sich erst zurück, um dann wie bei einem großen Ereignis um st» rascher zu stießen. Gott verdamm mich," rief er, hast das große Los gewonnen! Dreimalhunderttaufend Marli Da steht's!" All« drängte um Peter, wollte den Brief sehen, worinnen die Glückwünsche des Lotterieunternehmers standen» wie daß diesen Brief an all« Orte gesandt werde, wo der Dampfer anhalte. Wie sich der Alle vom Dorfe da verändert«! Auf einmal war er ge> sprächig und lustig: Verdammt, da» hätte er nicht gedacht, wie er Laden getreten sei. Weil der Kerl absolut spielen mußte, und der damals mit dem Chinamann, der Heizer bei ihnen gewesen, in den feine Herr hinter dem Ladentisch mit dem Gitter zu ihm gesagt hätte:Sie, mein Herr Seemann, sollten Ihr Glück auch einmal probieren, vertun ja doch bloß Ihr Geld und könnten sich einen schönen Lebensabend sichern. Der Einsatz kommt außerdem beinah sicher heraus, da legen Sie ihr Geld auf eine Spartassel" Da hätte er gedacht, was kann das schlechte Leben nützen und hätte gleich ei» ganz« Los genommen. Hundertzwanzig Mark hält's gekostet. Gestern hätte er noch seinen Tabak darauf geschnitten. Lang mir doch ein» da« Ding aus meiner Kiste, Peter!" Wirtlich, da» Los war braun vom Plattentabak und hatte zwei kleine Schnitt« in der MUte. Die Nummer stimmte jedoch, alle» war richtig und gültig, nur der Alt« hatte sein« still«, schweigende Tapser» keit verloren, und aus seinen Augen leuchtete Freud «. Und da, viel- leicht, weil jener so anders war, dachte Peter plötzlich, ob er dir auch etwa» abgibt von den Dreihunderttausend vielleicht Fünfzig oder Fünftausend? Und plötzlich begann er mit sanfter und mahnender Stimme zu sprechen:Da mußt du gleich hinschreiben, oder noch besser, du fährst gleich nach Hamburg. So was verfällt nach einiger Zeit. Und vorher machst du dein Testament, daß der- jenige oder diejemge, denen du was abgeben willst.« auch be» kommen. Und da brauchst du nur zu schreiben: Das ist mein letzter Wille, und dann, was du willst. Und Ort und Datum darfst du ja nicht vergessen." Doch da antwortete des Alten Stimm« völlig fremd und ab­wehrend:Ja, gib du nur erst mir selber mal mein Los ," und als Peter um sich sah, blickt« er in lauter höhnisch« Gesichter. Einer trat auf ihn zu mit Augen, heiß von Hohn und Ueberlegenheit und sagte:So, hast du das all vorher schon gewußt? Hast deswegen dem Alten die ganze Zeit schön getan?, wolltest ein bißchen erbschleichen, dir was von dem Gelde sichern?" Das war ja Unsinn. Woher hätte er wissen sollen, daß dervom Dorfe" das groß« Los gewonnen hatte? Aber da war kein Auge, das ihn nicht zornig und bös angesehen hätte, kein Mund, der nicht zitterte vor Hohn und Abscheu. Selbst der Alte, dem er das Leben gerettet hatte, blickte mißtrauisch. Da wandelte sich etwas in ihm zu Eiseskälte, und Verachtung kroch in ihm herauf. Also so etwas, und war es noch so dumm, dachte man sofort von ihm. Er drehte sich longsam im Kreise um, wobei«r sie alle verächllich ansah, zer. knüllt« das Los in seiner Hand, warf es dem Allen aufs Bett und ging hinaus. Eine Weile stand er draußen an der Reling, sah über Bord auf das vorüberschäumende Wasser, und die Verachtung gegen sie alle oerhärtete sich immer mehr in ihm. Als«in Teil der Leute vor der offenen Mannschaststüre stand, konnte er sich nicht mehr holten, ging auf den Sprecher von vorhin zu und sagte:Was hast du vorhin gesagt, was ich bin?" Und als der Mann nach einer Weile mit scheelem Grinsen erwiderte:Ein Erbschleicher!", da schlug er ihn mit einem einzigen fürchterlichen Schlag zu Boden. Dumpf schlug der Bursche mit dem Hinterkopse auf, und der erste Offizier, der in der Nähe gestanden hatte, kam mit einem Fluch herbei und schrie, was das sei? Und jetzt bekam Peter eine helle Stimme und schrie auch:Was das ist? Dem Hund Hab« ich eine aufs Maul gehauen! Ein Erbschleicher sei ich weil ich dem vom Dorfe" ins Wasser nachgesprungen bin, öfters mit ihm zu- sammcn war, und er heute einen Brief bekommen hat. daß er das große Los gewonnen hat! So eine affenmähige Dummheit! Aber hier sag ich'?, kein Wort mehr red ich mit ihm und mit niemand von der Bande da wenn einer was will, hier steh ich und werd ihm die Zähne in den Rachen schlagen!" Nun staunte der Erst« auch, aber Peter ließ sich aus nichts mehr «w. drehte allen den Rücken und ging. Später warf er sich auf seine

Koje, und schloß die Augen, ohne schlafen zu können. Als er sich einmal auf den Arm erhob, sah er wie dervom Dorfe" ihn mit den Greisenringcn anblickt«. Das besondere Leben von vorhin war wieder aus ihnen gewichen, eher war wieder Angst darin zu sehen, und der Mund war fest geschlossen. Ja, dachte Peter, jetzt bist du es wieder selber. Aber jetzt ist's vorbei und alles ausl Und er hielt aus in diesen schweren Wochen, wenn er mit keinem ein Wort sprach, oder der Alte sich schweigend neben ihn setzte, und jene Stille von einst zu ihm herüberkam. Gewöhnlich pflegte der alte Mann nach einiger Zeit leise wieder weg zu gehen, am Ende aber begann er leise zu seufzen, bevor er sich zum Gehen erhob, und das schnitt dem Einsamen merkwürdig ins Herz. Aber der alte Kerl hatte doch auch ängstlich sein Los verlangt, als ob er's ihm hätte stehlen wollen, so geschah's ihm recht. Als der Alte beim Panamakanal sich vor ihn hinstellte und sagte:Nachher geh ich, von wegen dem Los und nach Hamburg fahren," da wandt« er sich zwar schweigend ab, ober so viele Wochen er trotzig und einsam gewesen war, mn so mehr wogte die Sehnsucht nach menschlichem Anschluß wieder in ihm, den er natürlicherweise doch nur bei dem Alten finden konnte. Als dervom Dorfe" mit seiner Kiste und dem Seeinonnssack am Kai stand und ohne ein Wort nach ihm herüberblickte, da sagt« er sich plötzlich: es ist ja doch egal, ob sie denken, du tust e» wegen seines Geldes, und sollt« er'» selber auch denken, so will ich doch nicht so von ihm gehen. Und sprang, wie er war und stand, vom Schiff auf den Kai. Dom abfahrenden Schisse her hörte er noch ein wildes Hohngelächter, und als er sich umschaute, sah er jenen frechen Burschen, de» er damals nieder-

geschlagen hatte, ihm triumphierend das Los entgegenhalten.Hat der Kerl das Los," fragt« er den Allen?Kalkuliere," erwiderte der auf englisch , das wie ein« saloppe Kleidung an ihm hing,es ist deins. Tat's in deine Tasche und ein Testament dazu, bin nicht fürs Halb«, wie ich schon sagte." Das ist der beste Weg," erwiderte Peter,laß es gehen, wie es will." Er fühlt« sich höchlichst befreit, schüttelte dem Alten die Hand, und es war kein Wort mehr zwischen ihnen beiden nötig. Der Frachtdampfer war inzwischen weggefahrcn. Er konnte überall genug Leute kriegen, die sich umsonst Heimarbeiten wollten, so ließ er Peter, der ihn bloß eine hübsche Heuer gekostet hätte, wo er war. Und der junge Matrose hatte mit dem Alten«in schönes Leben fast ein halbes Jahr lang. Sie bauten sich neben einer Flußmündung am Strand eine Hütt«, fischten, schoßen Enten, Seehunde und rote Antilopen, bis der Alte starb. W» Peter aber sich in Hamburg wieder meldete, denn schließlich war« ja kein« richtig« Desertation gewesen, siehe, da war er der staunend« Erbe des großen Loses. Ein Neidischer hatt« dem Kapitän die Sache erzählt, und der hotte das Los an sich genommen mitsamt dem Testament des Allen. Richtig genug hatte der es abgefaßt. So hatte das bißchen Böse, das Peter im Lugenblick gedacht und mit seinen Worten beabsichtigt hatte so man doch einmal von Gut und Böse reden will seine Frücht « getragen, und hcO« ihm da» viel« Geld gebracht, das er nun ohne viel Federlesens ein» strich. Oder sollte es doch die Zuneigung gewesen sein, die zwischen den beiden entstanden war? Lächeln wir und nicken zustimmend mit dem Kopfe; denn schließlich müssen viele kleine widerstrebeilae Momente zusannnenlommen, ehe etwas wird, und niemand weiß, ob nicht da» Fehlen von einem einzigen alles in Frage gestellt hätte.

x. m. maier: 3m Elch- und ffiernHeinlande 3)ie Entdeckung des Oftens III

Master und Wald haben wir w der Mark genug, wir brauchen deshalb nicht noch Ostpreußen zu wandern. Aber nur einmal in Deutschland gibt«» die Nehrung, vor ollem die Kurisch« Reh» rung, die sich in weitem Bogen, nur ein paar Kilometer breit, vor da» binnenländische Haff legt und sett ihrer Entwaldung im 17. und 18. Jahrhundert die mertwürdigen Erscheinungen der Wanderdünen hervorgerufen hat. Die Dampsersohrt von Cranz über das Haff bis nach Schwarzort und weiter gibt einen Ueberblick über das ganz« Gebilde. Auf weiten Strecken leuchten heute noch die weißen Wanderdünen, die unauffällig von der Höh« steil ins Haff herniederführen und dort neues Land bilden. An der See ist durch die Bepflanzung der Vordünen jetzt jeder weiter« Zustrom von Sand abgeschnitten: ober die einmal ausgerissenen Dünen, die nicht durch die sehr kostspielig« Wotdbepfianzung festgelegt sind, wandern welter, bis sie erschöpft und die von ihnen begrabenen Dörfer und Wälder wieder frei geworden sind. Es ist«in unbe» schreiblicher Eindruck, über diese öden, von jedem Leben entblößten, kahlen Gebiete zu wandern, die das Sonnenlicht blendend reflek- tieren und einem wohl das Gefühl einflößen können, in der Wüste Sahara . * Das Wunder der Nehrung, das Okapi Ostpreußens , habe ich nicht erlebt. Vergeblich hatt« ich im Königsberger Tiergarten den E l ch gesucht und daraufhin leichtsinnigerweise meinen Königsberger Freunden versprochen, ihnen von der Nehrung, wo ja dieser Msame Schaufelhirsch-noch in«inigen Reservationen gedeiht, ein Exemplar mitzubringen. Aber auf allen meinen Streifen habe ich keinen ent- deckt, da ich allein auf die Euch« ging. Ich muhte mich belehren lasten, daß nur die Eingeborenen die Stellen wissen, wo diese» seit- same Tier tiergeschichtlich jünger als der Hirsch, aber«inen weit urtümlicheren Eindruck erweckend in Sümpfen haust. Das Tier ist an die Wagen, die zu seinem Besuch eintreffen, gewöhnt: man kommt bis auf zehn Meter heran, es rührt sich kaum, wenn die Wageninsassen ruhig sitzen bleiben. Königsberg wird also vor» läusig ohne den von mir versprochenen Elch auskommen müssen: ich aber hasse, ihn bei der nächsten Tour auf der anderen Seite des Haffs, Im Ibenhorst, mit eigenen Augen zu sehen. Der Eindruck des Elchs mutz nach den Erzählungen derer, die mehr vom Glück begünstigt waren, besonders in gewissen Abend- stimmungen, ein ganz merkwürdiger sein: dies große, hohe Tier mit dem breiten, riesigen Geweih es hat bekanntlich«inen noch viel größeren Bruder in Nordamerika in dem Moosedeer mit dem schweren Bau, bis zu den Knien im Morast stehend. Einst hat es die Wälder ganz Deutschlands bevölkert, und nun geht es seinem langsamen Ende, wenigstens in Deutschland , entgegen. * Der Glanzpunkt Ostpreußens ist neben der Nehrung ich spreche nicht von den oberlänbifchen Seen, nicht von der Romintener Heide, nicht von interessanten alten Städten, wie Frauenburg und Braunsberg die s a m l ä n d i s ch e S t e i l k ü st e. Hier kämpft das Meer seinen Kampf mit dem Lande siegreich weiter, immer noch stürzen ganz« Stück« der Küste den steilen Hang hinab, und in den tief eingeschnittenen Rinnsalen, die sich in tiefe Schluchten vom Inlande bis ins Meer erstrecken, liegen die entwurzelten Baumstämme übereinander gestürzt. Dutzende von Buhnen(Stein- dämm«) werden ins Meer geführt, um den Andrang der Wellen abzuwehren. Eine Wanderung von Cranz bis nach Palmnicken um die Samländische Küste herum, wie ich sie zu Fuß zurückgelegt habe, bietet einen hohen Genuß. Bald geht man oben in präch- tigen Wäldern, immer mit dem Blick auf das Meer, bald unten am Sandstrande, der herrliche Gelegenheiten zum Baden bietet. Cranz ist das Bad vor den Toren Königsbergs, wohin tausende schon am Sonnabend fahren, um das Wochenende dort zuzubringen. Noch glanzvoller ist Rauschen, das große Modebad, das von einem Kranz von Wäldern umsäumt ist, und manche ruhigeren, stilleren Orte setzen die Kette fort bis zur Nordspitze von Brüsterort. Die Ostküste ist weniger einladend, aber fiir den Freund einsamer Wan- derungen sehr zu empfehlen. * P a l m n ick e n ist das Zentrum der Dernsteingewinnung. Es hat ein natürliches Monopol aus dieses Gold des Meeres und nirgendwo in der Welt ein« nennenswerte Konkurrenz in Natur- bernstein. Seit Jahrtausenden wird an der Küste des Samlanbes

der Bernstein gewonnen, früher durch Fischen und Tauchen, seit einigen Jahrzehnten bergmännisch. Früher hat man den Unter- tagbau betrieben, neuerdings wird, da dos Wasser diesen gefährdete, der Bernstein nur noch im Tagbau gewonnen. Nur noch ein Zehntel wird auf andere Weis« beschasst. In der sogenannten blauen Erde hat sich der Bernstein fossile Tränen längst verschwundener Fichten aus dem heißen Klima der Tertiärzeit angesammelt. Auf einem weiten Gelände sind nahe der Küste riesige Bagger am Werk, um 40 Meter Deckschichten fortzuschaffen: dann wird die blaue Erde erreicht, Schwenkbagger fassen die blaue Erde, schütten sie in Selbst» entladewagen und schaffen sie in elektrisch betriebenen Zügen an die Wäsche, wo durch starke Wasserstrahlen die Erde weggeschwemmt und der Bernstein bloßgelegt wird. Di« Bernsteingewinnung ist auch heute noch ein Monopol wie zur Ordenszeit und im absolu- tistifchen Preußen. Wer ein Stück findet, muß e» obliesern(gegen Entgelt): früher stand die Todesstrafe auf jeder Uebertretung. Der Bernstein , der in Königsberg verarbeitet wird, ist heute nicht mehr die große Mode. Dieser herrliche Schmuck des durch- sichtigen Goldes, der seit Jahrtausenden die Menschheit entzückt hat, ist der vornehmen Welt zu vulgär geworden. Der amerikanische Markt ist zum Teil verloren gegangen durch«inen Kunstbernstein (Ambroid). Dieser wird gleichfalls aus den natürlichen Harzen einer Fichte gewonnen. Bekanntlich wird auch w Deutschland aus dem vielen Absall des Bernsteins ein Kunstbernstein, der sogenannte Preßbcrnstein, erzeugt. Es gehen hier dieselben Prozesse vor sich wie auf dem Gebiet der Edelsteine: der synthetische Rubin ersetzt den natürlichen. Ich habe meinen Parteifreunden in Palmnicken , die die weit- läufige Führung im Werk übernommen hatten,«in« Enttäuschung bereiten müssen. Der Bernstein ist der älteste und wichttgste deutsch « Exportartikel gewesen, der in die Welt ging, für den man Gold und Bronze eintauschte, auf den langen Handelswegen, die, den großen Flüssen solgend, bis nach Italien und Griechenland führten. Aber der älteste Bernsteinexport, der ungesähr die Zeit von 2100 bis 300 v. Chr. umfaßt, geht nicht yom �imlande, sondern von der Nordsee aus, wo Bernstein früher in größerem Maße, besonders an der Westküste Schleswig-Holsteins, gewonnen röorden ist. Ich selber habe noch nach einer starken Flut an der Wesermündung ein so großes Stück gefunden, daß es auch in Palmnicken Ehre eingelegt hätte. Für nieine ungläubigen Freunde im Osten gebe ich die Quelle an, wo sie das Nähere nachlesen können, nämlich in dem auch sonst empfehlenswerten Buche von C. Schuchhardt , Vorgeschichte von Deutschland. Wer sich eingehender mit dem Bernstein beschäftigen will, der ja immerhin auch wirtschaftlich eine beträchtliche Bedeutung hat' auf dem Regalbetriebe in Palmnicken werden an 700 Personen be- schäftigt, dem sei der Besuch des Städtischen Museums in D a n z I g oder der Bernsteinsammlung der Königs» berger Universität empfohlen. Der Direktor dieser Samm- lung Professor Andröe gibt neuerdings Bernsteinforschungen heraus. * Spät Hab« ich den deutschen Osten entdeckt. Aber so sehr man auch bei jeder Ferienreise die vorherrschend« Sonntagsstimmung berücksichtigen muß. so glaube ich doch, aufrichtig sagen zu können: ich werde wiederkommen. Der herbe Reiz dieser Landschaften, die kernig« Natur seiner Bewohner haben es mir angetan, und ich hoff«, noch mehr Entdeckungen im deutschen Osten machen zu können. Eine will ich meinen Lesern zum Schluß noch dringend ans Herz legen. Für die Hin- oder Rückreise empfehle ich ihnen, einmal die prächtigen großen Dampfer der Stettiner Dampsschiffgesellschast zu benutzen, die von Swinemünde über Zoppot , Pillau nach Memel und zurück fahren. Di« Ostsee hat ja nicht den stürmischen Charakter der Nordsee , aber manchem wird es gerade angenehm sein, wenn er die Gefahren der Seekrankheit mit einiger Sicherheit meiden kann. Bei meiner Rückfahrt war das Meer spiegelglatt, und auf der ganzen Fahrt von Pillau , den Seehofen, von Königsberg , bis Swinemünde , die von 12 Uhr 30 bis zum nächsten Morgen 5 Uhr dauerte, braucht« niemand Neptun ein Opfer zu bringen. Man konnte sich um so ungestörter den Stimmungen von Himmel und Wasser hingeben, und wenn man den Blick vom Festlande ablenkte, sich aus ein weites Meer verschlagen glauben und den ganzen Zauber genießen, den das freie und befreiende Meer auf den Festland- menschen ausübt. Also: Auf nach dem deutschen Osten!