Oer Mut zum Kinde.
Wir sntnrhmen diesen Beitrag dem neuesten Beste von„Körper- ditdung, Nacktkultur" von Adolf Koch und Dr. Hans Groa». lTonderdest Nackt.l Di« reich und gut illustrierte Nummer enthält terner»wei Leitausfäste pon den Herausgebern, sowie Beiträge über Berus und Sumnastik, Nacktheit und So,ialismu» und ,w«> mit Blossen und Lesesrllchten wobl gespickte Rubriken»ur Zeitgeschichte. Es gibt nichts Lieberes und Schöneres auf der Welt, als ein Kind! kein höheres und reineres Glück als das der Elternschaft. Aus tausend Quellen strömen neue Kräfte für Mann und Frau in der Freud « an dem kleinen Menschlein. Aber«s gibt auch keine größer« Verantwortung, als die, ein Kind zu haben, für sein Gedeihen an Leib und Seele zu sorgen, all« guten Keime zu entwickeln, alle minder guten niederzuhalten, bis aus dem hilflosen Wesen der ersten Lebens- jähre eine starke, zielklar« Persönlichkeit geworden ist, die den Lebenskamps besteht. Gerade das Bewußtsein dieser Verantwortung ist es, das die besten der jungen Menschen von heute zögern läßt, Kinder in die Welt zu setzen. Die Wirtschaftslage der großen Volks- massen ist unsicher, wer heute noch Beschäftigung hat, kann sie morgen verlieren. Die Entlohnung steht in keinem Verhältnis zu dem Ver- brauch an Körper- und Nervenkraft, den das Tempo der Arbeit b«> dingt. Gleichzeitig aber fordert diese unausgesetzte Anspannung der Kräfte Auslösung in sportlicher Betätigung. Wanderungen, Reisen, Theater, und Konzertbesuchen, kurzum in der Befriedigung bestimm- ter Kulturbedürfniss«, die— wenn auch in bescheidensten Maßen— Geld kosten. Dos größte Uebel in dem ganzen Komplex Wirtschaft- licher Notstände unserer Zeit ist das Wohnungswesen. Nach der Reichswohnungszähhlng vom Mai 1927 lebten 369 000 Familien mit 2 und 377 000 Fannlien mit 3 Personen als Untermieter mit eigener Hauswirtschaft, also ohne eigene Wohnung. Das sind die jungen Ehe- paare, die nach allen Naturgesetzen und meistens auch nach eigenem Sehnen Kinder haben würden, aber weil kein Raum vorhanden ist, weil sie die schon enge Wohnung mit den Eltern und Geschwistern teilen, auf das beste Glück verzichten wüsten. Bekommen sie endlich, noch langen Wartejahren, eine eigene Wohnung, dann ist die Miete so teuer, daß sie mir bestritten werden kann, wenn Mann und Frau erwerbstätig find. Wenn Neubauwohnungen(ZlltwoHnungen gibt es nicht) von Zimmer in Groß-Berlin bis 63 Mark, 214 Zimmer bis 110 Mark Monatsmiete kosten, so ist es unmöglich, daß die ge- samten Lebenshaltungskosten bei den heutigen Löhnen und Ge- hältern von dem Mann« allein aufgebracht werden können, wenn er auch eine noch so sparsame Hausfrau zur Seite hat. Die junge Frau muß also mitarbeiten, mitverdienen und sie muß auf die Mutterschift verzichten, wie sie sich auch danach sehnen mag. Von den 32 Millionen erwerbstätigen Menschen in Deutschland sind 1114 Millionen Frauen; über 3)4 Millionen davon sind verheiratet, verwitwet, geschieden. Wieviele Mütter unter all diesen Erwerbenden sind, ist nicht gezählt, aber auch ihr« Zahl wird Millionen umspannen. Sie haben den Mut zum Kinde gehabt, trstz aller Mühe und Not: Sie wollten nicht auf ihr höchstes Glück verzichten. Bewundern muß man diese Frauen, die die dreifachen Pflichten der Erwerbsarbeiterin, der Hausfrau, der Mutter zu erfüllen versuchen. Vielen wird es nicht gelingen, sie werden versagen mästen, weil die Belastung zu groß ist, und die es schaffen, sind übermenschlich stark an Leib und Seele oder sie er- schöpfen ihre Kräfte vor der Zeit. Die bürgerlichen Parteien wollten vor dem Kriege niemals an- erkennen, welche ursächlichen Zusammenhänge zwischen der Wirt- schaftsentwicklung des Kapitalismus und dem Sinken der Geburten- Ziffern bestehen. Und doch redet allein dos Anwachsen der Frauen- «rwerbsarbeit in den letzten 30 Jahren eine deutliche Sprach«. Neben dem Verzicht auf das erst« Kind, besten Ursachen ich oben darzulegen versuchte, ist vor allem die Zahl der Mehrgeborenen unaufhaltsam zurückgegangen und wird unter den verschärften geschlechtlichen und sozialen Nöten unserer Zeit weiter sinken. Die Frau— besonders
die schon mehrmals Mutter ist— ist überbürdet mit Arbeit und 4"e- antwortung. Sie sieht keinen anderen Weg zur Entlastung als d.e Einschränkung der Kinderzahl. Wenn es durch Verhütung der Emp fängnis geschieht, wird kein vernünftiger Mensch etwas dagegen ein- wenden können. Wo dagegen die Schwangerschaft unterbrochen, eine Abtreibung der Leibesfrucht vorgenommen wird, in den meisten Fällen ohne sachgemäße ärztliche Hilfe, weil die bestehenden Straj- bestimmungen das bedingen, ersteht eine körperliche und seelische Gefahrenquelle für Gesundheit und Leben der Frau, die zu ernster Beachtung nötigt. Profestor Liepmann, Berlin , rechnet jährlich 23 000 Todesfälle und 250 000 Unterleibserkrankungen auf Ab- treibungen, deren Zahl auf 1 Million im Jahr geschätzt wird. 43 Proz. oller Fälle von Sterilität sind auf die Vernichtung der ersten Kindee- frucht zurückzuführen, und gerade diese letzt« Zahl schließt eine lim summe von verlorenem Glück und seelischer Marter ein. Darum haben wir die Abtreibung stets bekämpft und die Vei. hütung der Empfängnis propagiert. Aber alle Zwangsmaßnahmen zur Förderung der Geburten lehnen wir ab, weil sie ein Ausnahme- gesetz gegen die minderbemittelten Kreise darstellen und in der Un gerechtigkeit ihrer Anwendung verbitternd wirken müssen. Sie ver- hindern die sachgemäße HUf« des Arztes durch Strafandrohung, treiben die Frauen den Kurpfuschern in die Hände und schädigen da- durch die Volksgesundheit am schwersten. Da es heut« noch kein empfängnisverhütendes Mittel gibt, das unbedingt und unter allen Umständen wirksam und allen zugänglich ist, muß konsequentcrweife die Aufhebung der Abtreibungsparagraphen des Strafgesetzbuches verlangt wetzen. Aus diesen und aus sozialen, gesundheitlichen und ethischen Gründen brachten wir im Jahre 1920 im Reichstag einen Antrag auf eine entscheidende Reform der Strafbestimmungen«in. Er kam bis zum Jahre 1924 überhaupt nicht zur Verhandlung. Di« Androhung schwerer Zuchthausstrafen bestand weiter und trotzdem oder gerade deswegen mehrten sich die Abtreibungen mit all ihren traurigen Folgen.— Endlich im Jahre 1926 führte unser Kampf dazu, daß eine Novell « zum Strafgesetzbuch angenommen wurde, wo- nach die Abtreibung, wenn sie von der Schwangeren selbst oder von einem anderen auf Wunsch unentgeltlich ausgeführt wird, nicht mehr als Verbrechen mit Zuchthaus, sondern als Vergehen mit Gefängnis bestraft wird. Auch nach dieser Aenderung ist es zu unserem Ziele: im Interesse der Volksgesundheit die Behandlung ganz in die Hände des sach» kundigen Arztes zu bringen— noch weit. Aber es ist immerhin ein Schritt vorwärts und wir müssen weiter kämpfen. Die Hauptsache bleibt noch wie vor eine weitgehende Aufklärung über die Ver- hütung der Empfängnis, damit Abtreibungen nicht notwendig werden. Viel mehr Ehe- und Sexualberatungsstellen tun not, in denen olle sich in geschlechtlichen Nöten befindlichen Menschen Rat und Hilfe holen können. Wieviel Ehen zerbrechen an der Unwisten- heit auf diesem Gebiete, wie oft wird die geschlechtliche Hingabe er- niedrigt aus Angst vor dem Kind, bis sie zum Ekel und Haß ge- worden ist. Unsittlich und demoralisierend muß der Zwang bei der Zeugung neuer Menschen wirken, wo die Freiheit des Willens gleichzeitig die sittliche Grundlage für das neue Leben darstellt. Jede Frau muß das Recht fordern, freie Menschen zum Licht tragen zu dürfen; unsere Kinder haben das Recht auf Lebensfreude und Schönheit schon vor der Geburt. Der Mut zum Kind wächst mit der Besserung der wirf- schaftlichen, hygienischen und kulturellen Lebensbedingungen der breiten Masten. Die Sehnsucht nach dem Kind, dem lebendigen Weiterleben, wird nie versiegen. Die Freiheit des Willens zur Mutterschaft aber ist die einzige Sittlichkeit. Nur aus ihr kann«in neues, verantwortliches, freies Geschlecht hervorgehen.
Frankreich unterschreibt. Acht Stimmen Mehrheit jür den Schuldenvertrag mittlGA. pari», 22. Juli. (Eigenbericht.) Die französische Kammer hat am Sonnabend in einer Nacht- l i tz u n g vor überfüllten Tribünen und vollbesetzter Diplomaten- löge die Ratifikation der Schuldenabkommen mit Washington und London in der Form angenommen, die von der Regierung g e- fordet worden war. Der letzten Austimmung gingen äußerst be- wegte Diskussionen voran. Die Regierung erlangte schließlich eine Majorität von acht Stimmen(300 gegen 292). Angenommen wurde die von dem Abgeordneten Delinge vorge- schlagen« Fassung der Vorbehalte in einer besonderen Entschließung. während die beiden Ermächtigungsgesetz« selbst nur je «inen einzigen Artikel enthalten, der den Präsidenten der Republik zur Ratifikation autorisiert. In der Entschließung er- klärt die Kammer, daß Frankreich ohne schwerste Gefährdung seiner Volkswirtschaft unmöglich anders die nötigen Mittel zur Erfüllung der Schuldenabkommen finden könnte als durch die pünkliche E r- füllung der Reparationsverpflichtungen durch Deutschland . Daher seien die an die Gläubiger zu zahlenden Summen ausschließlich durch die von Deutschland eingehenden Beträge zu decken. In der Debatte, die der Slnnahme dieser Entschließung voranging, hing das Schicksal der Regierung bis zuletzt an einem Faden Noch nach Mitternacht wußte der Radikale P a l m a d e das Haus mit einer Rede gegen di« einfache Ratifikation mehrmals zu stürmischem Händeklatschen hinzureißen. Frankreich ,«rklärt« er, könn« un- möglich auf 62 Jahre die geforderten Zahlungen auf sich nehmen, wenn es nicht der deutschen Zahlungen sicher sei. Dann rief Palmad« unter stürnüschem Beifall, wenn Deutschland nicht mehr zahlt, dann werden wir nicht sogen können: wir sind betrogen worden. Man wird sagen: Ihr selbst habt euch betrogen! Während sich auf der Regierungsbonk immer größere Nervosität zu verbreiten begann, bestieg gegen 142 Uhr Briand die Tribüne zu einer letzten Intervention und beschwor die Kammer, im Interesse der Aufrecht«rhaltung der Kredite Frankreichs , zu ratifi- zieren:„Di« entscheidende Minute naht heran. Jeder von Ihnen hat sich sein« Meinung gebildet. Di« Regierung erwartet von Ihnen eine klar« Entscheidung." Als nach der Abstimmung die Sitzung wieder aufgenommen wurde, herrschte im Hause«ine solch« Erregung, daß es dem Präsidenten nicht gelang, die Ruh« herzustellen und die Sitzung erneut unterbrochen werden mußte. Der Vertrag mit England wurde durch Handausheben angenommen. poincarö kündigt Rücktritt an. pari», 22. Juli. (Eigenbericht.) Die Annahme der Ratifizierung der Schulöenabkommen hat in London und Washington angesichts der nur acht Stimmen betragen- den Mehrheit für die Regierung eine K r i f« n st i m m u n g her- vorgerufen. So erklärt heute Leon Blum im„Populaire":„Mit der Abstimmung find wir in ein« politische Krise eingetreten, denn acht Stimmen Mehrheit bedeutet nichts, wo die Vertrauensfrage gestellt ist. Es scheint, daß die Regierung sich damit nicht zufrieden geben will und ist es daher sehr gut möglich, daß ernste Ereignisse in wenigen Togen geschehen können." Blum spielt damit auf das in parlamentarischen Kreisen mit großer Bestimmtheit verbreitet« Gerücht an, daß Poincarä den Präsidenten der Republik, Doumergue , schon am letzten Sonnabend seine Demission für den Augenblick angekündigt habe, wo die Ratifizierung auch vom Senat angenommen sei. Alle parlamentarischen Beurteiler, mögen sie auf der Linken oder Rechten stehen, sind sich einig in der Auffassung der Loge, daß durch die Abstimmung von Sonntag nacht die bisherige Rechksmehrheit des Kabinetts poincare zer- schlagen sei. Man würde es auf der Rechten gern sehen, wenn di« Radikalen wiederum als R o t h e l f e r einspringen und durch ihren Eintritt in dos Kabinett die zu schmal gewordene Regierungsbastz erweitern. Der radikal« Abgeordnete Dolodier erklärt aber heute in der „Republique". daß sein« Partei sich nicht zu derart kindlichen Spielen hergeben werde. Erwähnenswert ist. daß nach Ansicht aller porla- meniarischer Kritiker aus dem Pyrrhussieg des Kabinetts Poincari nur em Mann mit erhöhtem Prestige hervorgegangen ist: der Außenminister Briand. _ Europa borgt von LlSA. Fast zwei Milliarden Mark im letzten Jahr. Washington , 22. Juli. (Eigenberieht.) Aus einer Mitteilung des Handelsministeriums er» gibt sich, daß Europa allein im letzten Jahre 481 Mil- lionen Dollar an Aktien und Anleihen von Amerika er» halte» hat. Ter Export amerikanischer Jlngzeuge und Flug- zeugzubehörteile hat sich im ersten Halbjahr 1»2S u« das Dreifache gesteigert; Deutschland gehört zu den Hauptkäufern amerikanischer Flugmotore.
Oer Ltmgemeindungskrieg. vir Klage vor dem Staatogerichtshos. Hagen , 22. Juli. Die Ruhrgcmelnden. die zur„Abwehr der Eingemein. düngen" eine Vereinigung gebildet haben, hielten eine Sitzung ob. um zu der durch die Annahme der Umgerneindungsoorlagc im Landtag geschossenen Loge Stellung zu nehmen. Man war der Meinung, daß di« Ablehnung des Erlasses einer einstweiligen Dersügung durch den Stoatsgerlchtshos auf den Ausfall der späteren Entscheidung nicht die geringsten Schlüsie zulasse. Dt« Klag» vor dem Staats- -Gerichtshof solle mit allem Nochdruck durchgeführt iverden. Di« Tatsache, daß dieser hochpolitisch« Kamps von den beteiligten Kommunalpolltikern als„unpolitisch" bezeichnet wird, kann nicht darüber hinwegtäuschen, daß sie sich mit diesem Kamps kein« Ruhmesblätter erwerben köonen.
Schmuaglergesecht. In der Nähe von Elpaso (Texas ) kam es zu einem schweren Feuergesecht zwischen einer amerikanischen Grenz- Patrouille und merikanischen Alkoholschmugglern. Ein amerikanischer Zollinspektor wurde getötet. Di« Schmuggler räumten schließlich da» Feld und zogen sich nach einem hartnäckigen Feuer- gefecht mit mehreren Verwundeten unter 5)int«rlassung ihrer Schmuggelware aus mexikanische» Gebiet zurück.
Werden Musiker durch den Tonfilm brotlos? Don der Ortsverwaltung Berlin des„Deutschen Musiker-Berbondes" wird uns geschrieben: In der Abendausgabe des„Vorwärts" vom 16. Juli 1929 schrieb Dr. Kurt London über dieses Thema in einer Weise, der man nicht in jeder Hinsicht so ohne weiteres zustimmen kann. Es handelt sich dabei um di« Schädigung der Musiker durch den Ton- film und mechanische Filmmusik. Gewiß, der Tonfilm ist für die Kinomustker«ine ernste Angelegenheit. Wenn aber Herr Dr. London schreibt:„Nach Lage der Dinge besteh! recht wenig Hoffnung, noch eswas unternehmen zu können, bevor viele Tausende von Musikern entlassen und proletansiert werden", dann muß diesem krassen Pessimismus doch widersprochen werden. Zunächst möchte ich feststellen, daß wir Musiker gar nicht daran denken, dem Tonsilm alz Maschinenstürmer entgegenzutreten. Eine bürgerliche Zeitung brachte vor wenigen Tagen die Notiz, daß gelegentlich der Terra-Tonfilm-Aufführung„Der Hochzeitsmarsch" brotlose Musiker lärmend demonstriert hätten. Dos entspricht keines- wegs den Tatsachen, denn von der Polizei wurden die Kaufleut« L. R. und L. Z. als Dertronstranten sestgestellt. Die Musiker haben sich daran nicht beteiligt. Die Tonfilmfrage ist bei weitem noch lange nicht geklärt. Aus Amerika kommt die Nachricht, daß die ganze Bewegung schon ab- geflaut Ist und Kinomustker wieder«ingestellt werden. Die Berliner Kinomusiker aber müssen damit rechnen, daß in der kommenden Saison schon einige große Lichtspieltheater für den Tonfilm sich umstellen. Zweifellos aber werden viele Musiker zumindest vor- übergehend brotlos. Besteht aber nun tatsächlich wenig Hossnung. wie Dr. London schreibt, noch etwa« unternehmen zu können, bevor die katostrophal« Arbeitslosigkeit der Musiker durch Einführung des Tonsilms verstärkt wird? NeinI Den Musikern kann geholfen werden! Aendert den§ 16 des Reichsbeamtengesetzes, verwerft die zurzeit gültigen Richtlinien über Musikausübung durch Reichsbeamte, fchützt die Berufsmusiker vor Beamte», Dilettanten, und Aus- länderkonkurrenz. Dann wird die Gefahr einer Katastrophe beseitigt und die Arbeitslosigkeit der Berussmusiker stark eingeschränkt sein. E» handelt sich nicht nur darum, ein« ganz« Berufsgruppe vor schweren Erschütterungen zu bewahren,«, wäre dies«in« selbst- verständliche Pflicht,«ine kulturell« Aufgabe, der sich heute kein« Behörde mehr entziehen kann. In Amerika haben grvße Filmtheater, die im ersten Taumel des Tonfilm? ihre Musiker entlassen hatten, sie bereits wieder ein» gestellt, da der Tonfilm keinen Ersatz für sie bot. Sehnliches dürft« sich in Deutschland wiederhvlen. Der 12. Deutsche Sludentenlag in Hannover nahm die ver- schiedensten Entschließungen an, die sich mit der Haltung de» preußischen Kultusminister» befassen, mit dem Inholt des Poung-Plancs, den man natürlich in hochtönenden Worten ab- lehnt und mit der Zukunft der„Studentenschaften". Di« ganz«. Tagung war im höchsten Grade nationalistisch.
Rückgang der Besucherzahl in den Museen. Eine Ausstellung der Besucherzahl der Staatlichen Museen in Berlin für das erste Halbjahr zeigt gegenüber dem Vorjahr« be- merkenswert« Veränderungen. Durchschnittlich ist ein Rückgang von 10 bis 18 Proz. zu verzeichnen, für einige Sondersammlungen, wie das Zeughaus sogar bis zu 30 Proz. Bezeichnenderweise ist gegen- über der Vergleichszeit des Vorjahres der Besuch sowohl im Alten und Neuen Museum wie im Kaiser-Fri«dr!ch>Mus«um nicht un- wesentlich zurückgegangen. Was die Verschiedungen innerhalb der einzelnen Monate anlangt, so ist besonders kennzeichnend der Rück- gang in den Monaten Mai und Juni, also zur Zeit der Festspiel- wachen, was nicht gerade eine Empfehlung der Festspiel-Saison darstellen kann. Auch die Besucherzahl im Schloß-Museum wie im Zeughaus ist recht erheblich gesunken, mit Ausnahme des Monats Juni. Einen Rückgang hat auch dos Museum für Völkerkunde durchweg zu verzeichnen. In der Statistik ist noch die Sammlung für deutsche Volkskunde und Kunstbibliothek aufgeführt, wovon ins- besondere die letztere sich eines bemerkenswert hohen Besuches in den Wintermonoten des Jahres erfreuen konnte. Insgesamt haben die Stilistisch erfaßten Museen im Monat Januar 36 980, im Februar 33172, März 72 618, April 78 706, Mai 55 687 und im Juni 61 813 Personen besucht. Abgesehen von den besonderen Ursachen, die wechselnder Art sind, sprechen auch allgemeine Faktoren mit. Die Museen in der biq- herigen Form sind überlebt, die Glorie, die sie in dem Zeitalter der bürgerlichen Kunstbildung umgab, ist endgültig verstorben. Es gilt nun Museen zu schaffen, die Volsbedürfnisien entsprechen. Da- für sind zurzeit aber weder Verständnis noch Neigung an den maßgebenden Stellen zu spüren. Und an Mitteln dafür dürste es auch fehlen.
Verbot der amerikanischen Tonfilmapparate. In der Berufungsvechandlung vor dem Kammergericht wurde am Sonnabendnachmittag über den Patentstreit zwischen Tele- funken und der„Western Electric">Gruppe entschieden. Das Landgericht hatte seinerzeit die einstwellige Verfügung aufgehoben, die anläßlich der ersten Aufführung von„Sinzing Fool" im Berliner Gloriapalast erlassen worden war. Durch die letztinstanzliche Eni- scheidung des Kammergerichts vom Sonnabend wind diese Ber fügung von neuem unwiderruflich in Kraft gesetzt, da durch di? Benutzung der amerikanischen Tanfilmwiedergabe-Apparaiurcn des „Western Electric"-Systems deutsche Erfinderrecht« verletzt werden. In diesem Kampf zwischen den Patentinhabern ist das deutsche Fllmpublikum der Leidtragende: es wird vorläusig keine ameri- kanifchon Tonfilme zu sehen bekommen, und deutsche größeren Um- fange» gibt e» noch nicht.
Va» DefizÜ der Remhardl- Festspiele. Der Münchener „Illusliicilc Sonntag" weiß zu melden, daß der GaraiitietondS für die Münchencr Rein- hardt-gestspiel« im Betrage von 170 000 Wart«oll in Anspruch atnommett werden mutz, vi« Beglückung de» deutschen voll» mit l-stspieltgen gest. picken hat also sowohl w veeBn nie in Münch««tzckto gemocht.