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Borgenausgabe mi siq

Nr. 341

A172

46.Jahrgang

Böchentlich 851. monatfi 3,60 DR. im noraus zahlbar, Boftbezug 4.32. einschließlich 60 Bfg. Boftzeitungs- und 72 Bfg. Boftbeftellgebühren. Auslands ebonnement 6.-M. pro Monat.

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Vorwärts

Berliner Volksblatt

Mittwoch

24. Juli 1929

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Die eta palttge Ronpareillezetle 80 Pfennig. Reflamezeile 5.- Reichs mart. Kleine Anzeigen" das jettge brudte ort 25 Pfennig( zulässig zwet fettgedruckte Borte), jedes meitere Bort 12 Pfennig. Stellengesuche das erste Mort 15 Bfennig, jedes weitere Wort 10 Pfennig. Borte über 15 Buchstaben zählen für zwei Worte. Arbeitsmarkt Beile 60 Pfennig. Familienanzeigen Zeile 40 Pfennig. Anzeigenannahme im Haupt gefchäft Lindenstraße 3, wochentäglich von 8 bis 17 Uhr,

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Vorwärts- Verlag G.m.b.H.

Der bedrohte Frieden.

Sowjet- Hetze gegen China / Briands Mahnung.

Paris , 23. Juli.

die in dem entscheidenden Moment gegen die chinesische Gegenrevo Zu dem Telegramm, daß die Sowjetregierung die Vermittlution fich wenden werden." Das ist ebenfalls indirekte Ermuti fung Frankreichs im chinesisch- ruffischen Streitfall abgelehnt gung zum Krieg gegen China . habe, wird in einer halbamtlichen Erklärung des Außenministeriums festgestellt, daß die Nachricht den tatsächlichen Ereignissen nicht ent­spreche. Briand habe nicht vermittelt, sondern den Vertretern der beiden in Frage kommenden Länder nur Ratschläge zur Mäßigung

erteilt und dabei hervorgehoben, daß jede militärische Hand­lung den internationalen Verpflichtungen, die die Länder untereinander verbinde, zuwiderlaufen würde, insbesondere dem Kellogg Patt.

Aufforderung zum China - Krieg.

Riga , 23. Juli. ( Eigenbericht.)

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Die Kriegspsychose in Rußland dauert an. Alle Mittel der Massenbearbeitung"- Demonstrationen und Versamm lungen, Zeitungsartikel und Plakate, Gedichte und Abbildungen merden benutzt, um die Arbeiter und Bauern, die Gelehrten und Rot­armisten, Männer und Frauen, Greise und Kinder von Lenin grad bis Wladimostot und vom Weißen bis zum Schwarzen Meere in eine Kriegspsychose zu verségen. Die Würdenträger der chinesi­ichen Staatsmacht werden als Banditen" und Räuber" gebrand. markt. Auffallend ist, daß sich der Massenhaß gegen die chinesische Regierung zugleich auch gegen 3 a pan tonzentriert.

Es ist im übrigen bezeichnend, daß die gesamte Sowjetpreffe ver­sucht, den von ihr aufgeputschten Massen den Glauben einzuflößen, als ob Sowjetrußland in China mit Bestimmtheit auf eine revolu tionäre Reserve" der chinesischen Bauern und Arbeiter stoßen würde. Kein Wunder, wenn unter diesen Umständen bei den Protest­demonftrationen vor der chinesischen Gesandtschaft die bestellte chine. fischen Revolutionäre " und Berttätigen" mit den Rufen begrüßt murden: eraus mit dem Sowjet- Ranton!" Bramba" veröffentlicht sogar Abbildungen mit der Unterschrift: In der Etappe der chinesischen Generäle stehen Duende von Tau­senden ,, Rote Lanzen"( eine aufständige Bauernorganisation),

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Die

Der Abschub der Bahnangestellten.

London , 23. Juli. ( Eigenbericht.)

Bie aus Charbin gemeldet wird, hat die chinesische Oberleitung der Osteisenbahn aus Furcht vor einem drohenden Eisenbahnerstreit die Deportation von 600 Ruffen angeordnet. Die Ab­geschobenen sollen teils durch chinesische Eisenbahner, teils, wie ver­lautet, durch Weiße" Ruffen ersetzt werden.

In maßgebenden Kreisen Totios wird der chinesisch- russische Streit nach hier vorliegenden Meldungen ruhig beurteilt. Dagegen finden die wirtschaftlichen Folgen der Einstellung des Verkehrs auf der chinesischen Ostbahn zunehmende Beachtung. Die Erntezeit steht vor der Tür. Wenn es nicht gelingt, den Bahnbetrieb in fürzester Zeit wieder in Gang zu bringen, find die Schäden nach japanischer Auffaffung unübersehbar.

Der englische Kriegsminister gab am Dienstag nachmittag im Unterhaus bekannt, daß das englische Expeditionstorps in China infolge des chinesisch russischen Streitfalles nicht verstärkt werden soll. alon

Sensationsmeldungen.

Paris , 23. Juli.

Die Agentur Indopacifique meldet aus Schanghai , daß die Sowjetstreitkräfte am 19. Juli um 8 Uhr am Suisunfluß, den die oftchinesische Eisenbahn überquert, angegriffen hätten. Russische Flugzeuge follen Suifento überflogen haben. Außerdem sollen die Sowjets im Bezirk van Bladiwostok alle Männer zwischen 17 und 22 Jahren mobilisiert haben.

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Soziale Kurpfuscher.

Drei Anträge und ihre Auswirkungen.

Unter der falschen Flagge: Beseitigung von Miß­bräuchen in der Arbeitslosenversicherung" leitete die Bereini­gung der deutschen Arbeitgeberverbände ihren Kampf gegen den Arbeitslosenschuh ein. Daß es fich in Wahrheit gar nicht um die Beseitigung von Mißbräuchen, sondern um den gründlichen Abbau des Arbeitslojenschutzes handelt, zeigten bereits die berüchtigten ,, Reform" vorschläge der Unternehmervereinigung.

Die politischen Exponenten der Unternehmer haben es ebenfalls vorgezogen, unter der gleichen falschen Flagge zu segeln. Es ist die notwendige Verbeugung vor ihren Ar­beiter- und Angestelltenwählern. Aber auch hier wird die Irreführung für jeden sichtbar, sobald über das allge­meine Gerede hinaus ganz fonfret zu bestimmten Fragen des Arbeitslosenschutzes Stellung genommen werden muß. Es zeigt sich die innere Verbindungslinie zu den Unternehmern. Die ,, Mißbräuche" haben sich in blauen Dunst aufgelöst und übrig geblieben ist die Forderung nach allgemeinem Abbau des Arbeitslosenschutzes.

Man muß es mit allem Nachdruck aussprechen, daß die dem Reichstage vorliegenden Anträge der Demokraten, der Volksparteiler und der Deutschnationalen dieses Thema zum Gegenstand haben. So einig sich diese Parteien in der Grundtendenz sind, so verschiedenartig sind die Wege, die fie für einen allgemeinen Abbau vorschlagen. Wir wollen im Nachstehenden die kernfragen herausgreifen und ihre Auswirkungen zeigen.

Die Demokraten sehen den Abbau nach zwei Rich­tungen vor: In den ersten vier Jahren der versicherungs­pflichtigen Beschäftigung soll die Wartezeit verlängert und die Bezugsdauer verkürzt werden. Nimmt man für den Regelfall an, daß versicherungspflichtige Beschäftigung mit den jüngsten Altersgruppen der Arbeitnehmer gleichzusehen ist, dann würden nach der letzten Berufszählung rund 15 Proz. der Arbeitnehmer darunter fallen. Aber damit ist der Personenkreis nur unvollkommen gekennzeichnet. So 21 Sowjetflugzeuge sollen die Stadt Lahassusu in der Gegend wird beispielsweise durch die Vorschriften über die Versiche­von Bogranitschnaia bombardiert und unter der chinesischen Bevölkerungsfreiheit der Lehrlinge der Beginn der versicherungs­rung eine Banit hervorgerufen haben. pflichtigen Beschäftigung erheblich herausgerückt. Wer sich also in Berufsausbildung begibt, wird bestraft. Wahrschein­lich, weil ungelernte Arbeit Voraussetzung für den ökono­mischen Aufstieg ist.

Eine Bestätigung dieser Meldungen der Agentur Indopacifique von anderer Seite liegt nicht vor.

Delfapital gegen Perfer- Schah.

Kapitalsintereffen hinter der persischen Aufstandsbewegung.

Teheran , Mitte Juli.( Eigenbericht.)

Die inneren Zustände Perfiens beginnen sich allmählich in einer Richtung zu entwideln, die verzweifelte Aehnlichkeit mit denen Afghanistans vor dem Sturze Amanullahs zeigen. In den letzten Tagen haben sich England und Rußland bereits direkt in die persischen Angelegenheiten eingemischt. Englische Flieger haben die Aufständischen in Südperfien mit Bomben beworfen, während ein ruffischer Spezialgesandter, der in Teheran im Flugzeug eingetroffen ist, Schah Rizah Khan Pehlewi die Hilfe der Sowjetregierung bei der Unterdrückung des Aufftandes angeboten hat.

Die Aufständischen, die sich in der Hauptsache aus den reform­feindlichen Nomadenstämmen Südperfiens refrutieren, find ausgezeichnet mit Maschinengewehren und Munition eng ischer Brovenienz versehen, die eines Tages von geheinmnis­vollen Persönlichkeiten im ganzen Aufstandsgebiet zu Spottpreifen verkauft wurden. Die Berbindungen der Rebellen gehen bis in die nächste Umgebung des Schahs. Haussuchungen bei hohen Beamten und Militärs haben zur

Berhaffung einer Reihe von Persönlichkeiten geführt, unter denen fich der Minister des Auswärtigen, der Finanzminister, der Chef des persischen Polizeiwesens und der Gouverneur der Provins Fars befinden.

Alle Berhafteten waren in ein Romplott verwickelt, das die Er­mordung des Schahs und die Einsetzung des Prinzen Firusi zum außerordentlichen Reichsverweser bis zur Rückkehr der von Rizah Khan vertriebenen Kiadscharendynyastie zum Ziele hatte. Die bei den Verhafteten beschlagnahmten Dokumente find für eine so große Zahl von hohen Persönlichkeiten Persiens derart tompromittierend, daß Rizah Khan ihre Veröffent lichung untersagt hat und nur die Hauptschuldigen verhaften ließ, während sämtliche übrigen verdächtigen Persönlichkeiten unter Bolizeiaufsicht gestellt wurden. Auf Schah Rizah Khan haben die Borfälle einen derart niederschmetternden Eindrud gemacht, daß er die Hauptstadt verlassen und sich ins Hauptquartier der gegen die Aufständischen fämpfenden Armee begeben hat.

Inzwischen hat die militärische Lage eine leichte Besse­mmg zugunsten der Regierung erfahren. Wie ein offizielles Rom

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Mit diesem Vorschlag wird aber auch die Landflucht gefördert. Bei den langfristigen Verträgen landwirt­schaftlicher Arbeitnehmer- es handelt sich um hundert­tausende von Fällen besteht Versicherungsfreiheit; die Ver­sicherungspflicht beginnt erst sechs Monate vor Ablauf des Arbeitsvertrages, so daß die Anwartschaft noch erworben werden kann. Nach dem demokratischen Vorschlag soll diese Berufsgruppe in Zukunft schlechter behandelt werden. Wie man bei solcher Behandlung Jugendliche aus der Stadt aufs muniqué der Regierung meldet, hat der persische Kriegsminister Land vermitteln soll, wird ein Geheimnis der Antragsteller Assad Khan einen Erfolg gegen den 3000 Mann starken Stamm der bleiben. Von der gleichen schlechten Einsicht zeugt die For= Raschgaren erzielt. Dieser Sieg hat den mächtigen Stamm der derung nach Bildung von Gefahrenklassen, u. a. auch für die Bachtiaren, die bereits entschlossen waren, zu den Revolutionären Landwirtschaft. Das Risito in der Landwirtschaft wie die zu stoßen, vorläufig wieder auf die Seite der Regierung gebracht. erheblichen Kosten für die Arbeitsvermittlung werden zum er­Die Regierungstruppen treiben die geschlagenen Kaschgaren in fortheblichen Teil aus dem Beitragsaufkommen anderer Berufs­gefeßten Kämpfen nach Osten, aber die Operationen gehen mur gruppen gedeckt. Die Bildung einer Gefahrenklasse bedeutet langsam vorwärts, da das gebirgige Terrain nur einen Kleinfrieg also entweder Abbau der Leistungen für diese Berufsgruppe zuläßt. Den ersten Anstoß zum persischen Aufstand haben neben oder stärkere Beitragsbelastung, in beiden Fällen: Förderung der Landflucht! Restaurationsversuchen der kiadscharendynastie, die von einem Komitee in Beirut durch große Geldmittel gefördert werden, Differenzen zwischen Rizah Khan und seiner bisherigen Pro­forin, der Anglo- Persian- Dil- Company, über die Verlängerung ihrer Konzeffion in Persien gegeben. Während die Anglo- Persian die Erneuerung der in drei Jahren ablaufenden Berträge in der alten Form fordert, setzt Rizah Khan diesen Wünschen heftigen Widerstand entgegen, um die reichen Ein nahmen der persischen Delfelder für Staatszwecke zu sichern.

Pilsudski sorgt für die Seinen.

Warschau , 23. Juli.

Wie verlautet, soll demnächst eine neue Personalverordnung im Kriegsministerium herauskommen, der zufolge 1500 Ernennungen, Bersetzungen und andere Personalveränderungen im Offizierstorps erfolgen werden. Es ist bereits die dritte derartige Berordnung in diesem Jahre; die erste Lifte im März umfaßte etwa 800 Namen, die zweite, die erst vor kurzem erschien, 2000 und schließlich die bevorstehende 1500 Namen, insgesamt also 4300 Ber­änderungen in der Armee im Laufe von wenigen Monaten. Durch diese Reorganisation soll die Armee vor allem im Pilsudstischen Sinne umgestaltet werden. Es werden aber nicht nur ältere Offi­ziere, insbesondere der ehemaligen österreichischen, deutschen und russischen Armee, die nicht völlig zuverlässig" erscheinen, beseitigt werden, sondern auch die, die ihrer Eignung nach für eine weitere Beförderung, insbesondere zu Stabsoffizieren, nicht in Betracht tommen. Der Offizier im polnischen Heere ist schon von seinem 40. Lebensjahre an pensionsberechtigt.

Für die Saisonarbeiter sieht der demokratische Antrag besondere Verschlechterungen vor. Die Anwartschafts­zeit soll auf 36 Wochen verlängert werden. Danach würden, je nach Lage des Arbeitsmarktes, 300 000 bis 500 000 arbeits­lose Saisonarbeiter feine Arbeitslosenunterstützung erhalten; sie wären auf die Wohlfahrtspflege angewiesen. Für die übrigen gibt es in den ersten 14 Tagen ebenfalls feine Ar­beitslosenunterstützung. Außerdem wird die Höhe der Unter­stügung wesentlich herabgesetzt und die Unterstügungsdauer von 26 auf 14 Wochen verkürzt. Die materiellen Auswirkun­gen macht man sich am besten an einem Beispiel klar. Nach dem demokratischen Vorschlag soll sich der Höchstunter­stügungssatz nach der Lohnklasse VI errechnen. Auf Grund der Erfahrungen mit der Sonderfürsorge des letzten Winter maren rund 60 Proz. der arbeitslosen Saisonarbeiter in höheren Lohnklassen. Der wöchentliche Unterstützungssat würde sich bei einem Verheirateten mit zwei Kindern, der in der höchsten Lohntlasse XI versichert ist, von 31,50 m. auf 18,15 M. fenten. Diese Senfung geht noch unter die Säße der Krisenfürsorge, hier beträgt in diesem Falle der Unter­ftügungssag 22,50 m. Ein Arbeitsloser also, der zu dem Personenkreis gehört, der zur Krisenfürsorge zugelassen ist, erhält in der gleichen Lohnklasse eine höhere Unterstügung und braucht außerdem nur eine versicherungspflichtige Be­schäftigungsdauer von 13 Wochen nachzuweisen; er hat ferner Anspruch auf eine Bezugsdauer von 39 Wochen. Bergegen­wärtigt man sich diese praktischen Auswirkungen, dann fann man von diesem Antrag nur sagen, daß er ohne Sinn und Verstand ist.

Der Gefeßentwurf der Deutschen Boltspartei

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