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Morgenausgabe

Nr. 343

A 173

46.Jahrgang

Böchentlich 85 Bt. monatlich 3,60 m. tm voraus zahlbar, Boftbezug 4,32 einschließlich 60 Bfg. Boftzeitungs- und 72 Bfg. Boftbeftellgebühren. Auslands abonnement 6.-M. pro Monat

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Vorwärts

Berliner   Bolksblatt

Donnerstag

25. Juli 1929

Groß- Berlin 10 Pf. Auswärts 15 Pf.

Die etnipattige Ronpareillezetle 80 Pfennig. Reflamezeile 5.- Reichs mart. Kleine Anzeigen" das fettge brudte Wort 25 Pfennig( zulässig met fettgedruckte Borte), jedes weitere Wort 12 Pfennig. Stellengesuche das erste Wort 15 Pfennig, jebes meitere Wort 10 Pfennig. Worte über 15 Buchstaben zählen für zwei Worte. Arbeitsmarkt Beile 60 Pfennig. Familienanzeigen Zeile 40 Pfennig. Anzeigenannahme imhaupt gefchäft Lindenstraße 3, wochentäglich von 8 bis 17 Uhr.

Bentralorgan der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands  

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Borwärts Berlag G. m. b. H.

Der Friedenspaft in Kraft.

46 Staaten angeschloffen- nur zehn noch nicht verpflichtet.

Washington, 24. Juli.

Durch die heute mittag um 12 Uhr erfolgte Nieder­legung der japanischen Ratifikationsurkunde durch Bot. schafter Debutschi beim Staatssekretär Stimson   ist das endgültige Infrafttreten des Kellogg  - Pafts er. folgt. 15 erste Teilnehmer und 31 weitere Staaten haben ratifiziert und die Urkunden niedergelegt. Acht weitere Ratifikationsurkunden sind noch nicht deponiert worden. Bis auf Argentinien   und Brasilien   haben alle

Weltstaaten die Ratifikation vollzogen oder angekündigt. Die nach amerikanischem Staatsrecht erforderliche Proklamation wurde im Weißen Hause um 1 Uhr mittags von Präsident Hoover in Anwesenheit Coolidges

regierung für die von Frankreich unternommene Vermittlungs­affion im chinesisch- ruſſiſchen konflikt. Dogalewffi gab zugleich die Erklärung ab, feine Regierung fönne zurzeit auf die Vorschläge Briands nicht eingehen, da die Haltung der chinesischen Regierung eine Einigung vorläufig unmöglich gestalte. Die Sowjets hielten jedoch an dem Grundprinzip des Kellogg  - pattes fest.

Der von der Sowjetregierung zur Aufnahme der ruffisch­englischen Vorbesprechungen bestimmte russische   Botschafter in Paris Dogalewiti wird, wie uns aus London   gemeldet wird am Donnerstag abend in London   erwartet.

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Die Kriegsheter.

Die Kommunisten als Erben Northcliffes.

Der Massenwahn ganzer Völker im Krieg ist eines der traurigsten Kapitel in der Geschichte des menschlichen Geistes noch trauriger ist das Treiben derer, die künstlich auf die Erzeugung von Massenwahn hinarbeiten. Dies traurige Geschäft ist während des Weltkrieges zu wahrer Birtuosität ausgebildet worden: die Kriegspropagandisten aller Länder, maffenpsychologisch geschult, verstanden es schließlich trefflich, auf dem Klavier der Massenstimmungen zu spielen. Die Hehnachricht, die erregende Kriegslüge, die Greuelpropaganda feierten Triumphe.

Die raffinierteste Lügenpropaganda griff die Massen bei den einfachsten tiefsigenden Affekten an, nach dem zynischen und doch so ungeheuer aufschlußreichen Worte des größten aller Kriegspropagandisten, des Lord North­ cliffe  : 3u einer guten Nachricht gehört dreierlei: Blut, Bagina und Nationalflagge! Daher die Greuellügen von den unschuldig Erschossenen, die sich für ihre Nationalflagge opferten!

und Kelloggs   und aller Vertreter der fremden Mächte Sowjeteinmarsch in die Mandschurei? abgehackten Kinderhänden, den geschändeten Frauen, den

feierlich verlesen. Als Vertreter des Senats wohnten Senator Borah und Swanson der Verlesung bei. An diese schloß sich im Weißen Hause ein Frühstück für sämt liche Teilnehmer an.

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Eine noch unbestätigte Meldung.

London  , 24. Juli.

Die Lage an der mandschurisch  - russischen Grenze ist äußerst verworren. Obwohl Rußland   und China   wiederholt ihre Be­Anläßlich des Infrafttretens des Kellogg  - Pattes hat Reichs= präsident von Hindenburg   an den Präsidenten der Ber- reitwilligkeit zu einer gütlichen Verständigung ausgedrückt haben, einigten Staaten von Amerika   nachstehendes Telegramm gerichtet: follen" nach einer Agenturmeldung russische   Truppen in der Aus Anlaß des Inkrafttretens des Baktes zur Aechtung des Nähe von Mandſchuli die mandschurische Grenze über­Krieges, an deffen Zustandekommen die Bereinigten Staaten von ihriften haben. Die chinesischen   Truppen sollen sich bei der An­Amerita einen so hervorragenden Anteil haben, spreche ich Ihnen, näherung russischer Streitkräfte eiligst auf die Stadt zurückge­Herr Präsident, die herzlichsten B1 i dwünsche aus. Ich hege die 30gen haben. In Mandfchuli felbst herrscht eine ungeheure Panit. Chinesen und Weißrussen   verlassen in aller Eile in Zügen, Auto­Hoffnung, daß dieser Bakt bei der Gestaltung der Beziehungen mobilen und Wagen die Stadt. Die Güterzüge, die sich nach Man­zwischen den Bölkern seine Kraft bewähren und dazu beitragen wird, dichuli unterwegs befanden, find angehalten worden, wodurch sich den Weltfrieden auf der Brundlage der Gerechtigkeit zu sichern." ein großer Mangel an Lebensmitteln in der Stadt bemerkbar macht. Da die Chinesen keine schwere Artillerie besitzen, dürften sie dem weiteren Vorrüden der russischen Ttuppen teinerlei nennenswerten Widerstand entgegensetzen. Wie in Charbin   eingetroffene Flücht­sich linge berichten, haben die chinesischen Truppen jah fluchtarlig in die Stadt zurüdgezogen. Die Einwohner befinden sich teilweise auf der Flucht nach Charbin. Der Kommandeur der chinesischen   Militärstreitkräfte hat sofort Wagen und Pferde re­quiriert und die einheimische Bevölkerung gezwungen, eine dreifache Reihe von Schühengräben nördlich von Mandschuli auszu­werfen, die von chinesischen Truppen befeht wurden. Mandschurische Truppen, die in füdlicher Richtung transportiert werden, find am Montag nach Mandschuli umdirigert worden. An der man­dschurischen Grenze follen auf chinesischer Seite insgesamt 25 Regimen fer zusammengezogen worden sein.

Der Paft als Operationsbasis. Präsident Hoover leitete die feierliche Proflamierung mit einer Ansprache ein, in der er sagte, der Patt jei reich an Bedeutung und an Möglichkeiten für die fünftige Gestaltung der internatio­nalen Beziehungen und stellte eine Plattform dar, von der aus bei irgendeinem Vorfall oder irgendeiner Handlungsweise sofort ein Sammelruf an die Weltmeinung ergehen könne. Er pries die Aufnahme des Paftvorschlages durch fast die gesamte Welt und schloß mit dem Hinweis, daß dieser erste Schritt uns alle anspor­nen solle, jede Möglichkeit zum Ausbau des Vertrages zu er­greifen und nach besten Kräften an der Verwirklichung der in dem Kriegsverzichtspaft niedergelegten Idee mitzuarbeiten.

Sowjetunion   bleibt beim Frieden.

Die Verpflichtung des Friedenspattes.

Paris  , 24. Juli.  ( Eigenbericht.)

Der ruffische Botschafter Dogalewski überbrachte am Mittwoch dem Außenminister Briand   den Dant der Sowjet.

Labour stellt Marinebauten ein

Kreuzer werden nicht weitergebaut- Besprechungen mit Amerita.

London  , 24. Juli.  ( Eigenbericht.) Ramjay Macdonald teilte am Mittwoch im Unterhaus mit, daß die Regierung den Entschluß gefaßt habe, alle Arbeiten an den Kreuzern Surrey" und" North- Cumberland" einzustellen, ein Unterseeboot außer Dienst zu setzen, zwei Unterfeeboot. Kontratte rüd gängig zu machen und weitere Schiffsbauarbeiten zu verlangsamen. Im Hinblick auf das Schiffsbauprogramm für

1930 würden feinerlei Schritte unternommen werden, ehe neue

Entschlüsse der Regierung gefaßt worden seien. Die Regierung sei fich sehr wohl bewußt, daß die Verringerung des Marine- Schiffs. bauprogramms ungünstige Rüdwirkungen auf den Arbeits­martt ausüben müsse; fie habe deshalb besondere Abmachungen mit der Admiralität zum Zwede der Auffaugung der freiwerdenden Arbeiter getroffen. Die Seemächte ftimmten im übrigen darin überein, daß ein englisch  - amerikanisches Abkommen einem allgemeinen Seeabrüftungsabkommen vorausgehen müsse. Die Seemächte würden sobald als möglich zufammenberufen werden. Er hoffe, daß diese Seeabrüftungsbesprechungen schließlich zu einer Aussprache über die gesamte Abrüftung führen würden.

In bezug auf die Frage der anglo- amerikanischen Besprechungen stellte Macdonald feft, in den gegenwärtigen Disfuffionen mit dem amerikanischen   Botschafter jei eine Ueberein­ftimmung darüber erzielt worden, daß das Prinzip der Parität zwischen England und Amerika   Anwendung finden solle, wobei die Friedensbedürfnisse der beiden Nationen ein gewiffes Maß von Elastizität in der Ausdeutung dieser Parität gestatten würden. Macdonald teilte schließlich mit, daß sein Besuch in Amerita, jomeif er im Augenblid ersehen Pönne, im Of. tober erfolgen werde.

Heute sind weitere 300 ruffische Angestellte der oftchinesischen Eisenbahn wegen angeblicher Berhehung von Bahnangestellten ver­haftet worden. In Pogranitschnaja wurden 42 Personen, unter denen fich acht Frauen befanden, in Haft genommen. Bon der ruffischen Regierung ist nunmehr an alle russischen Angestellten der Bahn die Aufforderung ergangen, ihre Stellungen bei der Eisen­bahn aufzugeben.

Aegypten  - Kommiffar fritt zurück.

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Die Agenten der Sowjetpolitik haben von Northcliffe und den Seinen gelernt. Sie betreiben eine unsäglich plumpe und rohe Hezpropaganda ganz nach dem Muster jener Hezze, die zu Wilhelms Hunnenrede führte und zu dem be= rühmten Ausspruch: Bardon wird nicht gegeben, Gefangene werden nicht gemacht!" Ist es ein Zufall, daß die Rote Fahne" gerade ein Bild aus der Zeit des Feldzugs gegen die Hunnen" umgefälscht hat, um ihre Kriegsheze gegen China   damit zu verstärken?

Wir haben die schamlose Bilderfälschung der Roten Fahne" aufgedeckt, um dieser vergiftenden Kriegsagitation entgegenzuwirken. Die Preßpiraten, die an der Vergiftung der Seele der Völker arbeiten, sind mindestens ebenso schlimm wie die Generäle, die zum Kriege hetzen. Schlimmer noch ohne die Vergiftung der öffentlichen Meinung, ohne jenen fünftlich erzeugten Massenwahn müssen alle Bemühungen der Militaristen wirtungslos bleiben. Wer die Behauptung aufstellt, daß die Greuelpropaganda dem Frieden diene, der ist nicht nur ein Kriegsheßer, sondern ein niedriger Lügner dazu! Wer den Frieden will, der muß der Kriegslüge in jeder Form entgegentreten. Wir wiederholen: es ist ein Verbrechen am Frieden, wenn der russisch  - chinesische Konflikt von der Sowjetpresse in Rußland   und außerhalb Rußlands   zu einer maßlosen und noch dazu schamlojen Kriegsheze benutzt wird. Nicht nur am Frieden zwischen Rußland   und China  , sondern an dem großen Ge= danken des Friedens überhaupt. Denn der Kampf um den Frieden ist ein Kampf um die Seele der Menschen, er beruht auf jenem sozialen Optimismus, der an den Sieg der Vernunft und der Wahrheit über die Affekte und über die Kriegspsychose glaubt. Wer friegerischen Massenwahn mit Hilfe der Greuelpropaganda erzeugen will, der muß im tiefsten Grunde die Volksmassen verachten, der. muß auf sie herabsehen als auf eine ungebildete, unvernünftige Herde, die mit einigen dreisten Lügen, die an ihre Affekte greifen, in jenen Zustand des Wahns versetzt werden kann, in dem die Tierheit hervorbricht.

Die gewissenlosen Burschen in der Sowjetpresse, die das perächtliche Geschäft der Greuelpropaganda zum Zwecke der Kriegsheze betreiben, ahnen nicht, wie sehr sie den ethischen Grundgedanken des Sozialismus und Kommunismus ins Gesicht schlagen! Sie werden es niemals verstehen das ist die große prinzipielle Kluft, die sie von allen wahrhaften Sozialisten und allen wahrhaften Freunden des Friedens

Die ägyptische Frage stand am Mittwoch im Mittelpunkt einer erregten Szene im Unterhaus, die den Beweis da für erbrachte, daß die Arbeiterregierung feineswegs die reaktionäre Gewaltpolitit ihrer Borgängerin in Aegypten   fortzusetzen gedenkt. Außenminister Henderson teilte unter lebhafter Erregung der Oppo­sition dem Hause mit, daß Lord Lloyd, der bekannte scharf macherische britische   Oberkommissar in Aegypten  , um seinen Rückscheidet. tritt nachgesucht habe und dieser von der Regierung auch bereits angenommen worden sei. Auf eine weitere Frage wurde Henderson deutlich und betonte, daß er an Lord Lloyd vor seiner Abreise aus Aegypten   ein Telegramm gesandt habe, das als eine Aufforderung zum Rücktritt zu verstehen war. Wie Henderson mit teilte, ist das Vorgehen der Regierung auf ihre Beurteilung der Haltung Lord Lloyds gegenüber der Politit der konservativen Re gierung zurückzuführen. Lord Lloyd   war der böse Genius der Aegypten  - Politit Chamberlains. Sein Rücktritt dürfte von der Bevölkerung Aegyptens   freudig begrüßt werden.

Hermann Müller  .

Stetige Besserung im Befinden des Reichsfanzlers.

Heidelberg  , 24. Juli.  ( Eigenbericht.) Das Befinden des Reichskanzlers bessert sich langsam aber stetig. Der Patient nimmt bereits wieder leichte Speisen zu sich und ist bei guter Stimmung. die Aerzte sind indessen in ihrer Prognose immer noch

äußerst vorsichtig.

Gegenüber dem Versuch, Kriegspsychose zu erzeugen, darf es für wahrhafte Pazifisten nur leidenschaft­lichen, rücksichtslosen Kampf geben. Wir haben eine Heiz­lüge der Roten Fahne" zerstört, und die wilden Be. schimpfungen der Hezer, die uns diese Tat eingetragen hat, werden uns nicht abhalten, der Kriegsheze auf das stärkste entgegenzuwirken! Welches Verbrechen, in Deutschland  , deffen Volk den Frieden will, dessen Friedenswille seine stärkste moralische Waffe ist, mit Greuelpropaganda und Heylüge Kriegspsychose erzeugen zu wollen, gegen men es auch immer sei! Heute ist es die Heßlüge gegen China  gegen wen wird das verbreecherische Treiben sich morgen richten? Heute hetzen die Reptilien der Sowjetpolitik welches Vorbild für die Nationalisten und Chauvinisten!

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Die Bildlüge ist die niederträchtigste Form der Kriegsheße sie ist während des Krieges mit Birtuosität gegen Deutschland   angewandt worden. Das fängt jetzt wieder an diesmal zur Abwechslung in Deutschland   gegen China  . Die Bildlüge spekuliert auf den naiven Glauben, daß die Photographie nicht lügen fönne. Sie spekuliert auf den Glauben an die Ehrlichkeit, darauf, daß der Durchschnitts­mensch mit feinem Gedanken darauf rechnet, daß die Ge­meinheit und das Verbrechen das Bild und die Photographie verfälschen könnten. Sie ist ein Mißbrauch der Anständigkeit der Menschen durch unanständige Elemente.