Morgenausgabe
Nr. 343
A 173
46.Jahrgang
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Donnerstag
25. Juli 1929
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Der Friedenspaft in Kraft.
46 Staaten angeschloffen- nur zehn noch nicht verpflichtet.
Washington, 24. Juli.
Durch die heute mittag um 12 Uhr erfolgte Niederlegung der japanischen Ratifikationsurkunde durch Bot. schafter Debutschi beim Staatssekretär Stimson ist das endgültige Infrafttreten des Kellogg - Pafts er. folgt. 15 erste Teilnehmer und 31 weitere Staaten haben ratifiziert und die Urkunden niedergelegt. Acht weitere Ratifikationsurkunden sind noch nicht deponiert worden. Bis auf Argentinien und Brasilien haben alle
Weltstaaten die Ratifikation vollzogen oder angekündigt. Die nach amerikanischem Staatsrecht erforderliche Proklamation wurde im Weißen Hause um 1 Uhr mittags von Präsident Hoover in Anwesenheit Coolidges
regierung für die von Frankreich unternommene Vermittlungsaffion im chinesisch- ruſſiſchen konflikt. Dogalewffi gab zugleich die Erklärung ab, feine Regierung fönne zurzeit auf die Vorschläge Briands nicht eingehen, da die Haltung der chinesischen Regierung eine Einigung vorläufig unmöglich gestalte. Die Sowjets hielten jedoch an dem Grundprinzip des Kellogg - pattes fest.
Der von der Sowjetregierung zur Aufnahme der ruffischenglischen Vorbesprechungen bestimmte russische Botschafter in Paris Dogalewiti wird, wie uns aus London gemeldet wird am Donnerstag abend in London erwartet.
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Die Kriegsheter.
Die Kommunisten als Erben Northcliffes.
Der Massenwahn ganzer Völker im Krieg ist eines der traurigsten Kapitel in der Geschichte des menschlichen Geistes noch trauriger ist das Treiben derer, die künstlich auf die Erzeugung von Massenwahn hinarbeiten. Dies traurige Geschäft ist während des Weltkrieges zu wahrer Birtuosität ausgebildet worden: die Kriegspropagandisten aller Länder, maffenpsychologisch geschult, verstanden es schließlich trefflich, auf dem Klavier der Massenstimmungen zu spielen. Die Hehnachricht, die erregende Kriegslüge, die Greuelpropaganda feierten Triumphe.
Die raffinierteste Lügenpropaganda griff die Massen bei den einfachsten tiefsigenden Affekten an, nach dem zynischen und doch so ungeheuer aufschlußreichen Worte des größten aller Kriegspropagandisten, des Lord North cliffe : 3u einer guten Nachricht gehört dreierlei: Blut, Bagina und Nationalflagge! Daher die Greuellügen von den unschuldig Erschossenen, die sich für ihre Nationalflagge opferten!
und Kelloggs und aller Vertreter der fremden Mächte Sowjeteinmarsch in die Mandschurei? abgehackten Kinderhänden, den geschändeten Frauen, den
feierlich verlesen. Als Vertreter des Senats wohnten Senator Borah und Swanson der Verlesung bei. An diese schloß sich im Weißen Hause ein Frühstück für sämt liche Teilnehmer an.
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Eine noch unbestätigte Meldung.
Die Lage an der mandschurisch - russischen Grenze ist äußerst verworren. Obwohl Rußland und China wiederholt ihre BeAnläßlich des Infrafttretens des Kellogg - Pattes hat Reichs= präsident von Hindenburg an den Präsidenten der Ber- reitwilligkeit zu einer gütlichen Verständigung ausgedrückt haben, einigten Staaten von Amerika nachstehendes Telegramm gerichtet: follen" nach einer Agenturmeldung russische Truppen in der Aus Anlaß des Inkrafttretens des Baktes zur Aechtung des Nähe von Mandſchuli die mandschurische Grenze überKrieges, an deffen Zustandekommen die Bereinigten Staaten von ihriften haben. Die chinesischen Truppen sollen sich bei der AnAmerita einen so hervorragenden Anteil haben, spreche ich Ihnen, näherung russischer Streitkräfte eiligst auf die Stadt zurückgeHerr Präsident, die herzlichsten B1 i dwünsche aus. Ich hege die 30gen haben. In Mandfchuli felbst herrscht eine ungeheure Panit. Chinesen und Weißrussen verlassen in aller Eile in Zügen, AutoHoffnung, daß dieser Bakt bei der Gestaltung der Beziehungen mobilen und Wagen die Stadt. Die Güterzüge, die sich nach Manzwischen den Bölkern seine Kraft bewähren und dazu beitragen wird, dichuli unterwegs befanden, find angehalten worden, wodurch sich den Weltfrieden auf der Brundlage der Gerechtigkeit zu sichern." ein großer Mangel an Lebensmitteln in der Stadt bemerkbar macht. Da die Chinesen keine schwere Artillerie besitzen, dürften sie dem weiteren Vorrüden der russischen Ttuppen teinerlei nennenswerten Widerstand entgegensetzen. Wie in Charbin eingetroffene Flüchtsich linge berichten, haben die chinesischen Truppen jah fluchtarlig in die Stadt zurüdgezogen. Die Einwohner befinden sich teilweise auf der Flucht nach Charbin. Der Kommandeur der chinesischen Militärstreitkräfte hat sofort Wagen und Pferde requiriert und die einheimische Bevölkerung gezwungen, eine dreifache Reihe von Schühengräben nördlich von Mandschuli auszuwerfen, die von chinesischen Truppen befeht wurden. Mandschurische Truppen, die in füdlicher Richtung transportiert werden, find am Montag nach Mandschuli umdirigert worden. An der mandschurischen Grenze follen auf chinesischer Seite insgesamt 25 Regimen fer zusammengezogen worden sein.
Der Paft als Operationsbasis. Präsident Hoover leitete die feierliche Proflamierung mit einer Ansprache ein, in der er sagte, der Patt jei reich an Bedeutung und an Möglichkeiten für die fünftige Gestaltung der internationalen Beziehungen und stellte eine Plattform dar, von der aus bei irgendeinem Vorfall oder irgendeiner Handlungsweise sofort ein Sammelruf an die Weltmeinung ergehen könne. Er pries die Aufnahme des Paftvorschlages durch fast die gesamte Welt und schloß mit dem Hinweis, daß dieser erste Schritt uns alle anspornen solle, jede Möglichkeit zum Ausbau des Vertrages zu ergreifen und nach besten Kräften an der Verwirklichung der in dem Kriegsverzichtspaft niedergelegten Idee mitzuarbeiten.
Sowjetunion bleibt beim Frieden.
Die Verpflichtung des Friedenspattes.
Paris , 24. Juli. ( Eigenbericht.)
Der ruffische Botschafter Dogalewski überbrachte am Mittwoch dem Außenminister Briand den Dant der Sowjet.
Labour stellt Marinebauten ein
Kreuzer werden nicht weitergebaut- Besprechungen mit Amerita.
London , 24. Juli. ( Eigenbericht.) Ramjay Macdonald teilte am Mittwoch im Unterhaus mit, daß die Regierung den Entschluß gefaßt habe, alle Arbeiten an den Kreuzern Surrey" und" North- Cumberland" einzustellen, ein Unterseeboot außer Dienst zu setzen, zwei Unterfeeboot. Kontratte rüd gängig zu machen und weitere Schiffsbauarbeiten zu verlangsamen. Im Hinblick auf das Schiffsbauprogramm für
1930 würden feinerlei Schritte unternommen werden, ehe neue
Entschlüsse der Regierung gefaßt worden seien. Die Regierung sei fich sehr wohl bewußt, daß die Verringerung des Marine- Schiffs. bauprogramms ungünstige Rüdwirkungen auf den Arbeitsmartt ausüben müsse; fie habe deshalb besondere Abmachungen mit der Admiralität zum Zwede der Auffaugung der freiwerdenden Arbeiter getroffen. Die Seemächte ftimmten im übrigen darin überein, daß ein englisch - amerikanisches Abkommen einem allgemeinen Seeabrüftungsabkommen vorausgehen müsse. Die Seemächte würden sobald als möglich zufammenberufen werden. Er hoffe, daß diese Seeabrüftungsbesprechungen schließlich zu einer Aussprache über die gesamte Abrüftung führen würden.
In bezug auf die Frage der anglo- amerikanischen Besprechungen stellte Macdonald feft, in den gegenwärtigen Disfuffionen mit dem amerikanischen Botschafter jei eine Uebereinftimmung darüber erzielt worden, daß das Prinzip der Parität zwischen England und Amerika Anwendung finden solle, wobei die Friedensbedürfnisse der beiden Nationen ein gewiffes Maß von Elastizität in der Ausdeutung dieser Parität gestatten würden. Macdonald teilte schließlich mit, daß sein Besuch in Amerita, jomeif er im Augenblid ersehen Pönne, im Of. tober erfolgen werde.
Heute sind weitere 300 ruffische Angestellte der oftchinesischen Eisenbahn wegen angeblicher Berhehung von Bahnangestellten verhaftet worden. In Pogranitschnaja wurden 42 Personen, unter denen fich acht Frauen befanden, in Haft genommen. Bon der ruffischen Regierung ist nunmehr an alle russischen Angestellten der Bahn die Aufforderung ergangen, ihre Stellungen bei der Eisenbahn aufzugeben.
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Die Agenten der Sowjetpolitik haben von Northcliffe und den Seinen gelernt. Sie betreiben eine unsäglich plumpe und rohe Hezpropaganda ganz nach dem Muster jener Hezze, die zu Wilhelms Hunnenrede führte und zu dem be= rühmten Ausspruch:„ Bardon wird nicht gegeben, Gefangene werden nicht gemacht!" Ist es ein Zufall, daß die„ Rote Fahne" gerade ein Bild aus der Zeit des Feldzugs gegen die Hunnen" umgefälscht hat, um ihre Kriegsheze gegen China damit zu verstärken?
Wir haben die schamlose Bilderfälschung der Roten Fahne" aufgedeckt, um dieser vergiftenden Kriegsagitation entgegenzuwirken. Die Preßpiraten, die an der Vergiftung der Seele der Völker arbeiten, sind mindestens ebenso schlimm wie die Generäle, die zum Kriege hetzen. Schlimmer noch ohne die Vergiftung der öffentlichen Meinung, ohne jenen fünftlich erzeugten Massenwahn müssen alle Bemühungen der Militaristen wirtungslos bleiben. Wer die Behauptung aufstellt, daß die Greuelpropaganda dem Frieden diene, der ist nicht nur ein Kriegsheßer, sondern ein niedriger Lügner dazu! Wer den Frieden will, der muß der Kriegslüge in jeder Form entgegentreten. Wir wiederholen: es ist ein Verbrechen am Frieden, wenn der russisch - chinesische Konflikt von der Sowjetpresse in Rußland und außerhalb Rußlands zu einer maßlosen und noch dazu schamlojen Kriegsheze benutzt wird. Nicht nur am Frieden zwischen Rußland und China , sondern an dem großen Ge= danken des Friedens überhaupt. Denn der Kampf um den Frieden ist ein Kampf um die Seele der Menschen, er beruht auf jenem sozialen Optimismus, der an den Sieg der Vernunft und der Wahrheit über die Affekte und über die Kriegspsychose glaubt. Wer friegerischen Massenwahn mit Hilfe der Greuelpropaganda erzeugen will, der muß im tiefsten Grunde die Volksmassen verachten, der. muß auf sie herabsehen als auf eine ungebildete, unvernünftige Herde, die mit einigen dreisten Lügen, die an ihre Affekte greifen, in jenen Zustand des Wahns versetzt werden kann, in dem die Tierheit hervorbricht.
Die gewissenlosen Burschen in der Sowjetpresse, die das perächtliche Geschäft der Greuelpropaganda zum Zwecke der Kriegsheze betreiben, ahnen nicht, wie sehr sie den ethischen Grundgedanken des Sozialismus und Kommunismus ins Gesicht schlagen! Sie werden es niemals verstehen das ist die große prinzipielle Kluft, die sie von allen wahrhaften Sozialisten und allen wahrhaften Freunden des Friedens
Die ägyptische Frage stand am Mittwoch im Mittelpunkt einer erregten Szene im Unterhaus, die den Beweis da für erbrachte, daß die Arbeiterregierung feineswegs die reaktionäre Gewaltpolitit ihrer Borgängerin in Aegypten fortzusetzen gedenkt. Außenminister Henderson teilte unter lebhafter Erregung der Opposition dem Hause mit, daß Lord Lloyd, der bekannte scharf macherische britische Oberkommissar in Aegypten , um seinen Rückscheidet. tritt nachgesucht habe und dieser von der Regierung auch bereits angenommen worden sei. Auf eine weitere Frage wurde Henderson deutlich und betonte, daß er an Lord Lloyd vor seiner Abreise aus Aegypten ein Telegramm gesandt habe, das als eine Aufforderung zum Rücktritt zu verstehen war. Wie Henderson mit teilte, ist das Vorgehen der Regierung auf ihre Beurteilung der Haltung Lord Lloyds gegenüber der Politit der konservativen Re gierung zurückzuführen. Lord Lloyd war der böse Genius der Aegypten - Politit Chamberlains. Sein Rücktritt dürfte von der Bevölkerung Aegyptens freudig begrüßt werden.
Stetige Besserung im Befinden des Reichsfanzlers.
Heidelberg , 24. Juli. ( Eigenbericht.) Das Befinden des Reichskanzlers bessert sich langsam aber stetig. Der Patient nimmt bereits wieder leichte Speisen zu sich und ist bei guter Stimmung. die Aerzte sind indessen in ihrer Prognose immer noch
äußerst vorsichtig.
Gegenüber dem Versuch, Kriegspsychose zu erzeugen, darf es für wahrhafte Pazifisten nur leidenschaftlichen, rücksichtslosen Kampf geben. Wir haben eine Heizlüge der Roten Fahne" zerstört, und die wilden Be. schimpfungen der Hezer, die uns diese Tat eingetragen hat, werden uns nicht abhalten, der Kriegsheze auf das stärkste entgegenzuwirken! Welches Verbrechen, in Deutschland , deffen Volk den Frieden will, dessen Friedenswille seine stärkste moralische Waffe ist, mit Greuelpropaganda und Heylüge Kriegspsychose erzeugen zu wollen, gegen men es auch immer sei! Heute ist es die Heßlüge gegen China gegen wen wird das verbreecherische Treiben sich morgen richten? Heute hetzen die Reptilien der Sowjetpolitik welches Vorbild für die Nationalisten und Chauvinisten!
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Die Bildlüge ist die niederträchtigste Form der Kriegsheße sie ist während des Krieges mit Birtuosität gegen Deutschland angewandt worden. Das fängt jetzt wieder an diesmal zur Abwechslung in Deutschland gegen China . Die Bildlüge spekuliert auf den naiven Glauben, daß die Photographie nicht lügen fönne. Sie spekuliert auf den Glauben an die Ehrlichkeit, darauf, daß der Durchschnittsmensch mit feinem Gedanken darauf rechnet, daß die Gemeinheit und das Verbrechen das Bild und die Photographie verfälschen könnten. Sie ist ein Mißbrauch der Anständigkeit der Menschen durch unanständige Elemente.