Der Abend
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Nr. 346
B 172 46. Jahrgang.
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Das Adelsbegehren.
Hugenbergs Volksbegehren ohne Volf.- Fürsten, Grafen und Ritter
„ Für das Boltabegehren" lautet die Ueberschrift einer neuen Namensliste derer, die dem Hugenbergschen ,, Reichsausschuß für das deutsche Voltsbegehren" beigetreten sind. Die Liste enthält genau 38 Unterschriften. Davon führen neun Unterzeichner das Abelsprädi. tat, einer bezeichnet sich als Ritter, einer als Frei. herr, einer als Graf und einer als Fürst. Dem Beruf nach befinden sich unter den 38 sieben ehe. malige höhere Offiziere, davon fünf ehe. malige Generäle.
Als ersten der Generäle lesen wir: von Behrendt, General ber Infanterie. Ein General von Behrendt war es, der feinerzeit nach der Ermordung Erzbergers am Telephon die klassischen Worte fprach:„ Ein Glüd, daß das Schwein tot ist. Jeht hole ich thir aus ineinem Keller die beste Pulle herauf." Es wäre für die Deffentlichkeit intereffant, zu erfahren, ob der Inhaber dieses urdeutschen Gemütes mit dem Aufrufunterzeichner identisch- ist?
Ferner befinden sich unter den 38 fieben Professoren, ein Privatdozent, ein Staatssekretär a. D., sowie ein Duhend Justizräte, Medizinalräte,£ andgerichtsdiret. foren und fonftige höhere Beamte. Schließlich vereinigen fich gegen die Republit auch noch: der Romanschriftsteller Rudolph Herzog, der Reichsverbandsgeneral von Liebert( hei lewet noch!) und der Generaldirektor Kirdorf , einer der bekanntesten fchwerindustriellen Scharfmacher.
Alles in allem: eine erlesene Korona. Aber wo ift das Bolt, das man doch schließlich für ein Boltsbegehren braucht?
Bombe verschwunden.
Der rätselhafte Fall des Landgerichtsdirektors. Nach der Meldung eines Berliner Mittagsblattes soll der be fannte Berliner Landgerichtsdirettor Bombe aus Neuglobson am Etechlinsee, wo er einen Ferienurlaub verbrachte, auf unaufgeklärte Weise verschwunden sein. Als der Landgerichtsdirektor nach Ablauf feines Urlaubs nicht nach Berlin zurückkehrte, stellte ein Freund Erfundigungen nach ihm an, die ergaben, daß Bombe schon vor mehreren Tagen unter Mitnahme einer Aftentasche sein Domizil verlassen hatte und nicht wieder zurückgekehrt war. Seitdem fehlt jede Nachricht von ihm.
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Am Mittwoch dieser Woche sollte Landgerichtsdirektor Dr. Bombe seinen Dienst wieder antreten. Er erschien jedoch nicht, und als er auch am Donnerstag seiner Dienststelle fernblieb, wurde in seine Wohnung geschickt. Die dort anwesende Wirtschafterin Dr. Bombe ist unverheiratet- erklärte, daß sie selbst seit mehre= ren Tagen ohne Nachricht sei. Ein guter Freund des Vermißten, Eisenbahndirektionspräsident v. Schiwen, erfuhr von dem Berschwinden Dr. Bombes und begab sich sofort im Auto nach Neu- Globsom. Die Feststellungen, die er bisher dort treffen fonnte, find negativ verlaufen. Das Gepäck Dr. Bombes, das er in feinem Zimmer zurückgelassen hatte, wurde durchsucht, ohne daß es gelang, auf irgendeine Spur zu kommen. Die Polizei und die Staatsanwaltschaft sind sofort benachrichtigt worden und haben die Ermittlungen aufgenommen.
Landgerichtsdirektor Bombe hat seinerzeit als Borsitzender die Schymurgerichtsverhandlungen gegen die Fememörder im Falle Pannier geleitet. In der Deffentlichkeit wurde damals bemängelt, daß während der ganzen Verhandlung die Deffent lichleit ausgeschlossen war. Landgerichtsdirektor Bombe ist wegen diefer Sache und anderer behaupteter Verstöße seiner Brozeßführung seinerzeit von einem Untersuchungsausschuß des preußischen Landtags vernommen worden. Es stellte sich heraus, daß die Regierung Berhandlung in voller Deffentlichfeit gewünscht hatte, daß aber ein Bedenken des Auswärtigen Amtes, das die Berhandlungen um einige Wochen hinausgeschoben wissen wollte, den Landgerichtsdirektor Bembe zu seiner gegenteiligen Stellung nahme veranlaßt hatte.
Bon amtlicher Stelle wird uns bei Redaktionsschluß bestätigt, daß Herr Landgerichtsdireffor Bombe feit Sonnabend bereits vermißt wird. Nachforschungen, die der Landgerichtspräsident hat anstellen laffen, haben noch zu feinerlei Refultat geführt. Dagegen hat sich ein umlaufendes Gerücht, wonach Herr Bombe erschossen bei Neu- Globfow aufgefunden worden sei, nach der amtlichen Mitteilung nicht bestätigt.
Sau- und Judenrepublik straffrei!
Hier sehen Sie, Herr Kollege, was die Justiz
nur durch geschickte Auslegung- aus einem
Paragraphen des Republitschutzgesetzes machen kann.
Frontfämpfer gegen Abrüstung.
New York, 26. Jufl.
Die Amerikanische Legion , der Verband der amerikanischen Fronttämpfer, legte allerschärfften Einspruch gegen die von Hoover abgegebene Floffenerklärung ein und betonte dabei, die Parität sei nur dadurch erreichbar, daß Amerika sein Flottenprogramm durchführe, während England einen Teil seiner Schiffe zerstören müsse. Der Kongreß dürfte jedenfalls bei der Behandlung dieser Frage einen großen Sturm erleben. Staatssekretär Stimson erklärte, es handele sich bei der Flottengleichheit nicht um eine Doktrin der Kriegsführung, sondern um eine staatsmännische Doffrin, wodurch verhindert werden solle, daß beide Nationen gegeneinander bauen. Sämtliche Flotteneinheiten müßten auf die gleiche Anzahl gebracht werden. Der Vorsitzende des Marineausschusses, Britton, erklärte sich gegen Hoover, der unbefugt das mühselig zustandegekommene Marinebauprogramm des Senats angreife.
Mukdener Behörden sei mit der ausdrüdlichen Zustimmung und auf Beranlaffung der Nankinger Regierung erfolgt. Ueber den Gegen ftand der Besprechungen wird dem„ Daily Telegraph " berichtet, Tschanghfueliang habe dem Generalfonful gegenüber versichert, daß der chinesische General Cu seine Vollmachten bei der Befeitigung der führenden russischen Persönlichkeiten der chinesischen Ostbahn überschriften habe. China erkenne den Grundsah der gemeinsamen Kontrolle der Eisenbahn an. Diese grundfähliche Zuficherung von chinesischer Seite werde, wie man hoffe, den Weg für allgemeine Verhandlungen ebnen.
Weiter wird dem„ Daily Telegraph " mitgeteilt, daß dem russischen Generalkonsul ein Visum nach Charbin erteilt worden sei. Er befinde sich bereits auf dem Wege dorthin, um dort den chinesischen Gesandten in Finnland zu treffen, der mit einer Mission der Nanfinger Regierung beauftragt sei. In Mukden sei jedenfalls eine allge: neine optimistische Stimmung festzustellen, verstärkt durch den Glauben, daß die ersten Schritte für die friedliche
Gang? Beilegung des Streites nunmehr eingeleitet sind.
In einem auf den chinesischen Linien stark verzögerten Mutdener Bericht des Sonderberichterstatters des Daily Tele graph " heißt es, daß in Tschangtschung, dem füdlichen Endpunkt der chinesischen Offbahn, vorbereitende chinesisch- russische Ausgleichsverhandlungen zwischen dem Abgesandten der Mutdener Regierung, General Tichanghfueliang, und dem bisherigen ruffischen Generalfonful in Charbin , Melnikow, begonnen haben. Die Entfendung von Tschanghfueliang durch die
Havas ineldet aus Mutden: Entgegen anderslautenden Ge= rüchten ist die Lage in Charbin sehr ruhig. Urteilsfähige Beobachter glauben, daß eine beträchtliche Entspannung eingetreten sei. Das Zusammentreffen des Gouverneurs von Kirin und des Oberkommandierenden der an der mandschurischen Grenze mobilisierten Armeen mit dem Sowjetkonsul in Charbin scheint die Hoffnung auf Wiederaufnahme der Berhandlungen zu rechtfertigen.