Zwei Frauen vor dem Richter.
Vom Ende und Anfang zweier Schicksalsbahnen.
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Zwei Frauen vor dem Schnellrichter... Die eine in, als über das der ersten der Nähe der 60, hochgewachsen, schlank, mit seingeschnittenen harten Zügen, die von großem Leid und schwerem Kampf sprechen; die andere klein, blond, ein Stumpfnäschen in dem fragenden Gesicht, das zugleich Sorgen wie Leichtsinn einer erst 23jährigen widerspiegelt. Die Sachen der beiden haben miteinander nichts zu tun. Während aber der Fall der einen erledigt wird, wartet die andere, bis die Reihe an sie tommt. Was für Gedanken mögen das Köpfchen der Jungen, die erst am Anfang ihres Schicksals steht, erfüllen, als sie das Ende des Schicksals der Alten mit anhört?
Wer weiß, wie oft die eine bereits vorbestraft ist. Schon im Jahre 1921 mar es ein Rückfalldiebstahl. Und erst im März dieses Jahres erhielt sie nach eineinhalbjähriger Zuchthaus strafe die Freiheit wieder. Ueber ihrer ganzen Erscheinung liegt so etwas wie trostlose Resignation. Ihre Stimme ist flanglos, ihr Gesicht farblos, ihre Augen und Bewegungen sind unfagbar müde. Es ist so, als hätte sie nur einen Wunsch, so schnell wie möglich von hier fortzukommen. Es ist ihr alles ganz egal, sie hat mit dem Leben abgeschlossen. Ihr Verbrechen? Sie lernte auf der Straße einen Mann kennen. Trotz ihrer 56 Jahre ging sie mit ihm in ein Lokal. Er war angetrunken. Sie stah! ihm aus der Hosentasche Geld, 51 Mart. Er hat das Geld wiederbekommen. Der Staatsanwalt beantragt die Mindeststrafe: 1 Jahr Zuchthaus. Was sagen Sie dazu, fragt der Richter. Ich kann nichts dazu sagen." Der Richter verurteilt sie zu einem Jahr Zuchthaus und 3 Jahren Ehrverlust mit der Begründung: die Tat war ziemlich unverfroren, sie hat einen Menschen bestohlen, den sie eben erst fennengelernt cs find ihr aber mildernde Umstände zuzubilligen, ihre Berhältnisse scheinen eben nicht rosig gewesen zu sein. Das waren sie bestimmt nicht! Die Verurteilte nimmt die Strafe an. Nur weg von hier scheint ihre letzte Bewegung zu sagen Dann kommt die Junge ran. Auch die andere hat gestohlen. Sie ist aus angestellte und unbestraft. Ueber ihr Vorleben erfährt man noch viel weniger
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sie hat ja teine Vorstrafen. Sie ließ nachts ihren Freund in die Wohnung, der nahm Rad und Schuhe der Herrschaft an sich und so mußte sie vor den Richter. Das verschüchterte junge Mädchen kann kaum den hervorsprudelnden Fragen des Richters folgen, noch weniger sie beantworten. Dem Bräutigam gehört die Idee des Diebstahls. Er hat sie gefragt, ob ein Rad da sei. Wo er jetzt steckt, weiß sie nicht; auch seinen Namen tennt sie nicht. Auf ihrer neuen Stellung war sie erst acht Tage. Der Richter bemüht sich, Klarheit zu schaffen: was sie sich eigent lich bei all dem gedacht habe und zeigt sich dabei vollkommen hilflos. Der Staatsanwalt will mit Rücksicht auf die Jugend der Angeklagten und auf die offenbare Verführung durch den„ Bräutigam" sich mit einer Woche Gefängnis begnügen. Haben Sie was zu sagen?" fragt der Vorsitzende.„ Wieviel?" erhält er zur Antwort. Eine Woche Gefängnis..."„ Ja," sagt sie. Was wollen Sie nun machen?". nun machen?". Wieder in Stellung gehen." ,, Na schön.. Also ergeht das Urteil: Die Angeklagte wird zu einer Woche fosten pflichtig verurteilt; es war besonders schlimm, daß sie ihre Herrschaft bestohlen hat." Das mit dem ,, fostenpflichtig" wird die Angeklagte wohl wieder nicht verstanden haben. Ob sie das Urteil annehme. Sie weiß nicht, was zu sagen. Natürlich, bleiben Sie lieber gleich da," meint der Richter. Also keine Bewährungsfrist für die noch nicht Vorbestrafte? Stattdessen ein unerlaubter Drud, damit sie die Strafe annehme!? Da tritt im letzten Augenblick die Für forgerin vom Pflegeamt in Erscheinung. Sie erklärt sich bereit, für das junge Mädchen zu sorgen. Das ist etwas anderes. Jezt ordnet der Richter Haftenlaffung an. Wahrscheinlich wird auch eine Bewährungsfrist zugebilligt werden.
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Wie aber, wenn es nur diesen Richter gäbe und tein Pflegeamt? Ja, dann läge im Anfang des Schicksals dieses jungen Dinges bestimmt der Keim zu einem Ende, ähnlich dem Schicksal der Alten. Jetzt wird diesem Stumpfnäschen vielleicht doch noch geholfen | trotz Richter und Paragraph..
Sowjetrussischer Alltag.
Kleine Züge aus dem Leben.
Das beste Studium des sowjetrussischen Lebens ist die Lektüre von Sowjetzeitungen. Selbst die Feder des genialsten Satirikers verbleicht vor der schmucklosen Wiedergabe des sowjetrussischen Alltags, wie ihn die Sowjetblätter und das soll ihnen hoch angerechnet werden dem russischen Leser vorsetzen. Wir geben einige dieser schmucklosen Schilderungen wieder.
Die Zwangsvorführung von Zeugen. In der Stadt Lystow ist ein Termin gegen die Bordellwirtin Borissowa anberaumt. Das Gericht ordnet an: Neun Zeugen, darunter auch das Mitglied des Moskauer Vollzugsrats Lawrentjem, sind zwangsweise vorzuführen. Acht von den Zeugen werden verhaftet und ins Polizeirevier gebracht; hier sizzen sie in Haft bis zum Anfang des Prozesses und werden dann unter Bewachung in den Gerichtssaal geführt. Der neunte Zeuge, das Mitglied des russischen Bollzugsrats, liegt gerade an der Grippe frank darnieder. In seiner Wohnung erscheinen sechs Polizisten, binden ihn mit Stricken an Händen und Füßen, wickeln ihn, wie er ist in der Unterwäsche in die Decke, sezen ihn in einen Wagen und schaffen ihn ins Gericht. Also geschehen laut ,, Moskauer Abendblatt" vom 7. Februar im sowjetrussischen Musterländle, im 12. Jahre der bolschewistischen Revolution.
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Erotik
( An der
Die Mutter des Sowjetgesandten.
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Owpess
diensten behalten?"- ,, Towarisch Vorsitzender-- ,, Nein, ich tann nicht, unter feinen Umständen kann ich es. Sie sind eine schädliche Bürgerin. Nur wegen Ihres Alters tele phoniere ich nicht an die in Frage kommenden Stellen."
Die alte Lehrerin wurde gereinigt. Und Ihr Sohn? Ihr Sohn ist Gesandter der USSR. in einem der west. europäischen Staaten. Alter Bolschewit!... So zu lesen in der Arbeiterzeitung vom 22. Juni 1929. Alles wegen eines Zimmers.
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Und das tam so: Ein gewisser Kiriloff das heißt, man könnte fast sagen der berühmte Kiriloff, denn er hat eine äußerst wertvolle Erfindung auf dem Gebiete der Glasindustrie gemacht traf in Moskau ein und begab sich hier auf Zimmerfuche. Ungefähr anderthalb Jaher dauerte sie. Er fand zwar fein Zimmer, dafür sammelten sich aber bei ihm 400 Schriftfäße an Reso lutionen, Erklärungen, Protokolle, Beschlüsse usw. usw., alle in bezug auf das von ihm noch immer zu findende Zimmer. Und nachts träumte er von den gewaltigen siebenstelligen Zahlen, die als Eingangs- und Ausgangsnummern auf den Schriftstücken standen und gleich einem Albdruck auf ihm lasteten. Da war z. B. die Bescheinigung eines Zentralbureaus unter der Nummer 2 171 475, die Betanntmachung eines anderen Zentralbureaus unter der Nummer 271 474; ein Gesuch des Zentralkomitees des Chemikerverbandes unter der Nummer 623( 010) 98; dann wieder ein Gesuch unter der Nummer 2 716 404 usw. usw. Da gab es einen Schriftsatz des Arztes des Wohnungsamts, ein Gesuch der Moskauer Bauern- und Arbeiterinstitution, ein Gesuch der„ Prawda" für ihn, ein zweites derartiges Gesuch, einen Schriftsatz des Vollzugsrats des Bezirks Presna mit einem Wort, eine Unzahl von Institutionen und Privatpersonen hatten sich für den armen Erfinder eingesetzt, und er konnte anderthalb Jahre lang, trotz seiner größten Erfindergaben, tein Zimmer finden. Glaubt man dem ,, Moskauer Abendblatt", so sucht er es noch heute.
Was ein richtiger Kommunist ist!
Man erfährt es aus der„ Prawda" vom 11. Juni. Der Mann hat den schwierigen Namen Solochmatnikow. Das Leben nahm er aber leicht. Seit 1920 ist er Mitglied der russischen Kommunistischen Partei, und zwar kein simples Mitglied. Eine Zeitlang befleidete er sogar den Posten des Kommandeurs einer Artillerie division . In Parteidingen kannte er kein Abrutschen, weder nach links noch nach rechts.
Solochmatnikow galt als gutes Parteimitglied. Privathandel und Spekulation ist für ihn ein Greuel. Seine Frau treibt aber so ganz nebenbei Handel. Und als guter Ehemann instruiert er sie, wie man am vorteilhaftesten Fleisch, Aepfel, Handschuhe, Manufatturwaren usw. verkaufen kann. Und wenn er vom Urlaub nach Hause kommt, dann legt auch er selbst freudig Hand an. Auf den Bersammlungen schleudert er Donner und Blige gegen Bourgeoisie und Religion. Seiner Frau schreibt er: Meine liebe Musja, ich gratuliere zum neuen Jahr und zum neuen Glüd. Ich hoffe dich in diesem Jahr im Amte eines Bourgeois zu sehen. Ich gratuliere Dir auch zum heiligen Weihnachtsfest und wünsche Dir, daß Du es in bester Gesundheit begehst."
Genosse Solochmatnitom ist Mönchen spinnefeind; seiner Frau schreibt er aber: Meine teure Musja, die Aebtissin gibt mir alles, was ich will, selbst Kissen hat sie mir versprochen. Das Kloster ist mir gewissermaßen untergeordnet, und da bekomme ich alles, da ich auch für die Mönche verschiedenes tue." Auch sein Lebensideal vertraute er schriftlich seiner teuren Musia an: Ich wünsche mir einen traulichen Winkel, ich glücklich leben und auf gutem weichen Pfühl genießen fönnte."
Ort der Handlung: ein sowjetrussisches Dorf. Die Epidemie des Parteireinigens hat auch diesen weltentlegenen Winkel er. griffen. Vor den Allgewaltigen der Reinigungskommission steht eine ehrwürdige Greisin. Zwischen ihr und dem Vorsitzenden entwickelt fich folgende Unterhaltung: Also, Sie, Mutter, erklären, daß sie 28 Jahre makellos zum Besten des analphabetischen Boltes wirken? Sie fäen sozusagen das Bernünftige, Gute, Edle und agieren trogdem gegen die Sowjetgewalt? Es ist schlimm, Mutter! Wundert uns sogar sehr." Aber Towarisch Vorsitzender, wie können Sie sowas sagen? Ich bin doch gar nicht gegen die Gewalt, behüte Gott !" ,, Na, sehen Sie, Sie stehen immer noch im Banne religiöser Vorurteile Sie sagen ,, behüte Gott ". Und Geld haben Sie aus dem Auslande bekommen?" ,, habe ich bekommen." ,, Vom Sohne haben Sie es bekommen! Wir haben davon Aus dem weichen Pfühl wurde aber nichts. Eines schönen gehört. Und forrespondiert haben Sie auch?"- ,, Aber Tages verkrachte sich der Kommunist Solochnatnikom mit seiner selten." Zwei bis dreimal im Monat_doch!" 3wei bis ,, teuren" Ehefrau Musja, und diese hatte nichts Eiligeres zu tun, dreimal wird es schon gewesen sein." ,, Da haben wir's: Geld haben Sie aus dem Ausland bekommen; mit dem Ausland haben Sie Beziehungen unterhalten; Ihr Sohn ist nicht irgendein Arbeitslofer, sondern aktiver Funktionär. Wie soll man Sie noch in Sowjet
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als den gesamten ehelichen Briefwechsel der vorgesezten Parteibehörde vorzulegen. So erfuhr von dem Sündenfall dieses vorbildlichen Kommunisten die„ Prawda", und aus ihr auch der deutsche Leser.
KINO- TAFEL
Nordwesten
Welt- Kino
Alt- Moabit 99
( An der Schlüter- Theater
Rheinstraße 14 Kais- Eiche)
Rosenmontag
Das gute Belprogramm
Alexanderstr. 39-40
( Passage)
Turmstraße 12
Der Geiger von Florenz mit Elisabeth Bergner
Mädchenschen mit Harold Lloyd Jugendliche haben Zutritt
Schöneberg
S. ab 3 Uhr
Hauptstraße 49
Rosenmontag
Beginn ab 6.30 Uhr
Ele Jagd nach der Erbschaft
Süden
Th. am Moritzplatz
Osten
Beginn: W. ab 6.15 Uhr, Stg. ab 4.30 Uhr Frankfurter Allee 314
Verdun
Filmeck
Südosten
Beginn: W. 6.30 Uhr S. 3 Uhr
Schlüterstr. 17 W. 7 u. 9.15 U., S. ab 4 U. Skalitzer Straße, am Görlitzer Bahnhof
Das Galeerenschiff
Unter falschem Namen
mit Monte Blue
Uraufführung:
Die Arche Noah
Hi- Li
Lichterfelde- West
Wochentags 6.30, 9 Uhr Stg. 5, 7, 90. Stg. 3U. J.-V.
Hindenburgdamm 58 a
Mutter und Kind m. Henny Porten Die Kaiserjäger
mit Werner Pitischau
Bühnenschau
Südwesten
Film- Palast Kammersäle
Teltower Str. 1-4
Der Adjutant des Zaren mit Mosfukin
Urania- Theater
Wrangelstr. 11, Köpenicker Brücke Woch. 6.45, 8.45 Uhr. Stg. 2.45, 5, 7, 9 Uhr Geschminkte Jugend
Kontetti
Internationale Bühnenschau
Neukölln
Primus- Palast
Hermannplatz
Indizienbeweis
Auf der Bühne:
Jonny Bing, Tanzkomödiant Martinet und sein Rabe
Atlantic Comp., Schleuderbrettakrobaten
Niederschönewelde
früher
Beginn 6 U. Elysium( Film- Palast)
Ma- Li Mariendorfer
Lichtspiele Chausseestraße 305
Stg. 3 Uhr Jug.-V. Lux, der König der Verbrecher
mit Carl Auen
Drei Tage Karneval
Bühnenschau
Hasselwerderstraße 17
Abschiedswalzer( Chopins letzte Revue: Lachende Liebe
Liebe)
Weißensee
Schloßpark Film- Bühne
Berliner Allee 205-210
Wenn der weiße Flieder wieder blüht
Das verschwundene Testament Varieté
Auf der Bühne:
Hier herrscht Ordnung! mit Bruno Kastner , Luise Tirsch
Luna- Filmpalast
Gr. Frankfurter Str. 121
Vater, ich klage dich an! mit M. Jacobini Irrwege der Leidenschaft Internationale Bühnenschau
Kosmos- Lichtspiele
Wenn der weiße Flieder wieder blüht
2 Buster- Keaton- Grotesken Bühne: Singspiel
Jugendliche haben Zutritt
Norden
Skala- Lichtspiele
Heiratsfieber mit Maria Paudler , Fritz Kampers
Vagabundenliebchen m. R. Denny Bühnenschau
Collosseum
Film- und
Russus.
PROGRAMM
für die Zeit vom 26. bis 29. Juli
Gesundbrunnen
Alhambra"
Badstraße 58
Der König von Soho mit Emil Jannings
Revue: Einmal- aber richtig
Bühnenschau Ballschmieder- Lichtsp.
Aufruhr im Junggesellenheim Bühne: Mireffe- Ballet
Müllerstraße, Ecke Seestraße
Ja, ja, die Frau'a sind meine schwache Seite
Revue: Alles lacht
Fortuna- Tageskino
Müllerstraße 12 c
Beg. 10 U. vorm. Das führende Tageskino ab 10 Uhr spielt nur Spizenfilme der Weltproduktion
Metro- Palast
Chausseestraße 30
Die Liebe der Brüder Rott mit Olga Tschechowa
Das verschwundene Testament mit Carlo Aldini
Noack's Lichtspiele
Brunnenstraße 16 Wtg. 6 U., Stg. 5 U.
Badstraße 16
Uraufführung:
Humboldt- Theater
Badstraße 16
Der weiße Harem Reichhaltiges Beiprogramm Große Bühnenschau
Kristall- Palast
Prinzenallee 1-6
Das Weib des Gardisten Der tanzende Tor Große Bühnenschau
Pankow
Stg. 3 U. Jugendv. Palast- Theater
Aufruhr im Junggesellenheim Der fliegende Cowboy m. H.Gibson Breite Straße 21 a
Kino Busch Beg. W. 6.15, 8.45, Rialto" Film u. Bühne
Alt- Friedrichsfelde 3
Stg. 5 Uhr
Die Räuberbande mit P. Hörbiger Vineta- Kino
Nordosten
„ Elysium"
Prenzlauer Allee 58- Film und Bühne
Der König von Soho mit Emil Jannings Sündig und süß mit Anny Ondra Bühne: Otto Fassel, Rundfunksänger!
Vinetaplatz 3, Ecke Wolliner Straße Der gefesselte Polo m. Eddie Polo Ferner: Der tesche Erzherzog Reinickendorf - Ost
Bürgergarten- Lichtsp.
Hauptstraße 51
Verdun( Heldentum zweier Völker) Schmeling schlägt Paolino
Berliner Straße 27 Dr. Mabuse der Spieler
1. u. 2. Teil in einer Vorstellung
Film- Palast Blankenburger Straße 4 Die Hölle der Heimatlosen Hoppla. Vater sichts ja nicht