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Hugenbergs Adelsbegehren.

Soviel Blasebälge- und doch keine Glut zu erzielen!

Tardieu macht in Panik. Bourgeoisie und Kommunisten in Schrecken gejagt.

pari», 36. Juli. (Eigenbericht.) Jnnenminster Tardieu, an dessen Person Briands Bestre- Hungen, die Linke in sein Kabinett aufzunehmen, gescheitert sind, hat in dem Bestreben, seine Unentbehrlichleit als Verteidiger der bürgerlichen Weltordnung dem kommunistischen Bouernschreck gegenüber darzulegen, die Pariser Bevölkerung in eine wahre Panik oersetzt. In dem bürgerlichen Blätterwold ist im Zusammenhang mit dem 1. August nur noch von Truppenbewegungen, strategisch bezeichneten Punkten, Patrouillen, Massenaufgeboten und Massen- Verhaftungen die Rede. Der Innenminister und der Polizeipräsident halten immer neue Kriegsberatungen ab, verfassen Der- teidigungspläne für Paris und machen in Zeitungsaufrufen die Bürger daraus aufmerksam, daß derjenige, der sich am t. August

auch nur zu mucksen traut, verhastet werden wird. Zu einem regel» rechten Krieg fehlt nur eines: der Gegner; denn die französische» Kommunisten haben ob des Kriegsgetöses anscheinend den Mut oer« loren und sind so st i l l, daß der Innenminister kaum Gelegenheit haben wird, sich vor seinen rechtsstehenden Gönnern als Feldherr zu produzieren. Die Kolgen hysterischen Geschreis. Das weltrevolutionäre Geschrei der Komintern Hot dazu geführt, daß in vielen Ländern die Polizei gegen die Kundgebungen der Kommunisten am l. August umfassende Lorbereitungen trifft. In Paris sind umfangreich« Verhaftungen und tzaussuchungen vor« genomnien worden, ebenso in Warschau , Sofia , Prag , Riga und Athen .

Die Fememorde. Sine zusammenfassende Darstellung. Von Felix Fechenbacb. DieRationale Rothilfe" bemüht sich mit lärmender Agitation die Fememörder als weiße Unschuldsenzel undnationale Retter" darzustellen. Da erscheint gerade zur rechten Zeit von dem bekannten Der- iosser vonBier Jahre politischer Mord", Dr. E. I. G u m b e l, unter Mitarbeit von Bertbold Jakob und Ernst F a l ck ein ousgezeich- netes Buch über die politischen Morde in Deutschland : ..Verräter verfallen der Feme"(Malik-Verlag ). Das Buch will vor allem die Fememorde darstellen. Aber der Feme - mord, der nach Gumbel nur eine besondere Form des Klassen- kampfes der Herrschenden ist, laßt sich nicht streng vom allgemeinen politischen Mord trennen. Deshalb mußten der Vollständigkeck wegen auch eine Reihe anderer politischer Morde in die Schilderung aufgenommen werden. Von 1919 bis zur Ermordung Rathenaus stellt Gumbel 334 politische Morde von Rechts fest, wovon nur einer der Rathenau -Mord gesühnt ist, während von den bis dahin von Links begangenen 22 politischen Mordtaten 17 gesühnt wurden. Auf Vollständigkeit können diese Zahlen keinen Anspruch erheben, weil sich ja nicht alle politischen Morde einwandfrei feststellen ließen. Die zent-rale Ursache der politischen Morde von rechts sieht Gumbel im Schutzbedürfnis des Großkapitals, dessen Herrschaft während kurzer Zeit aussetzte und aus längere Zeit er- schüttelt schien.Die psychischen Voraussetzungen für die Anwendung dieser politischen Waffe lieferten Krieg und In, flation: die Garantie dafür, daß die Methode ge- f a h r l o s angewandt werden konnte, bot die deutsche I u st i z." In systematischer Darstellung, bei der man Gumbel allerdings nicht kritiklos folgen kann, wird die Entwicklung aufgezeigt, die aus den politischen und sozialen Erschüterungen des Jahres 1919 von den Freikorps über die Wehrverbände zu den Geheim- b ü n d e n führt. Die Wehrverbänd« bilden als aktiv« Klassen- kämpfer des Kapitals eine politische Macht. Dienationale" Presse besorgt die Verdunkelung der Klassenstruktur der politischen Morde. Und da die psychologischen Wirkungen bestimmter Machiverhältnisse (Monarchie) nicht mit deren Sturz aufhören, sondern noch lange nachwirken, sind sozialreattionäre Kräfte in Verwal» tu n g und Justiz wirtsam, denen Verdunkelung politischer Ver- brechen wichtiger sind als Ausklärung. Bei Durchführung der politischen Morde tritt immer wieder die gleich«Technik" in Erscheinung: illegale Standgerichte, willkürliche Ueberschreitung von Dienstvorschristen, Erschießenauf der Flucht" und illegale oderfassch aufgefaßte" Befehle(Schwarze Reichswehr ). So muhte die Denkschrift des Reichsjustizministeriums vom Novem- ber 1923 zugestehen, daß die bayerischen Standgerichte von 1919, die auf Grund leichtfertiger Denunziationen 186 Menschen zum Tod«verurteilten", in den bestehenden Gesetzen keine Grundlage hatten, also ungesetzlich waren. Das deswegen gegen General Haß eingeleitete Verfahren wurde eingestellt. Diese Denk- schrist zeigt Meisterstücke der Verschleppung, Verdunkelung, des bösen Willens, von Unterlassungen, Begünstigungen und Fehlurteilen zugunsten der Mörder auf. Die Darstellung der großen politischen Attentate und der Mordorganisation Eonsul lassen Bilder aus Deutschlands schwärzester Zeit lebendig werden. Namen wie Eisner. Auer, Liebknecht. Luxemburg . Erzber« ger. Scheidemann, Harden und R a t h e n a u bezeichnen den Weg. Eine geschichtliche Darstellung des Gegensatzes Bayerns zum Reich, gffifelnd in den H e i m s ch e n Plänen zu einer Douaumonarchie leitet über zur Fem« der bayerischen E i nw ohnerwehr. Der erste bekannt gewordene Fememord an Marie Sandmeyer, die geheime Wafsenlager den Behörden bekanntgeben wollte, andere bayerische Fememorde und die Waffen- schiebungen der bayerischen Einwohnerwehr werden geschildert. Am 9. Juni 1921 wird der erste Enthüller der Feme , Genosse Karl G a r« i s, in München ermordet. Das Verfahren gegen den mutmaßlichen Mörder wird eingestellt. Kein Wunder, bei den engen Beziehungen zwischen Einwohnerwehr und Münchener Polizei. Ein umfangreiches Kapitel ist die Geschichte des Freikorps Roßbach und den 32 oberschlesischen Morden gewidmet. Di« List« dieser Morde muß naturgemäß unvollständig sein, weil nur«in Teil der Mordtaten nachweisbar ist. Auf 120 Seiten sind dieSchwarze Reichswehr ", ihre zahlreichen Fememorde und die Beziehungen der schwarzen zur legalen Reichswehr geschildert. Der Versuch, im Rahmen eines Zei- tungsartikels auf Einzelheiten eingehen zu wollen, scheitert an der ungeheuren Fülle des gewissenhaft zusammengetragenen Materials. Heut« gehören diese dunklen Vorkommnisse glücklicherweise der Ver- gangenheit an. Aber es gab«ine Zeit, in der jeder, der von der Cxisten derSchwarzen Reichswehr " sprach oder schrieb, sich mit Sicherheit«inen Landesverratsprozcß zuzog. Di- Doppel« züngigkeit gewisser Reichswehrstcllen täuschte lange Zeit die Oeffent- lichkeit, und die Justiz hinderte durch Begrenzung des Umfangs der Beweisaufnahme, durch Einschüchterung der Belastungszeugen und nicht zuletzt durch Auseinanderreißung zusammengehöriger Pro- zesse die restlose Aufdeckung des Charakters derSchwarzen Reichs- wehr" und der politischen Hintergründe ihrer Fememord«. Auch bei den Kommunisten sind politisch« Mord« vorgekommen. Es war in der Zeit, da die KPD. ein illegales Dasein führt«. Dem drohenden Rechtsputsch wollten die Kommu- nisten, nach Gumbel, die Revolution von links entgegensetzen. Der individuelle Terror blüht« auf dem Papier. Es kommt zu Rundschreiben, Verabredungen. Vorbereitungen, aber es bleibt Papier . Gumbel meint, die leitenden Köpfe der KPD. hätten die Methode vielleicht nicht wohrhaben wollen, sie hüllen sie wohl inner- lich sogar verneint. Aber sie haben und darin bestehe ihre Schuld_ mit solchen Methoden gespielt. Denn sie scheuten den Vorwurf, sie seien nicht radikal genug. Aus innerer Feigheit ließen sie die Pläne gehen; einzeln« Gruppen haben sich bewaffnet, wohl sicher mit Wissen der Partei. Gumbel stellt ausdrücklich fest:Es ist wahr, daß Attentatspläne existierten. Es ist wahr, daß eine Terrorgruppe existierte, allerdings auch nur eine, und ihr« Besetzung war höchst verdächtig. Aber die Taten «igen die Bsdeutungslosigkeit. Denn aus all den hochflieqenden Plänen ist nichts herausgekommen als der Mord an einem Friseur und einem Kutscher." Die Erfassung des reellen Kerns der kommunistischen Terrorgruppe scheint Gumbel sehr schwierig, weil nicht feststell- bar sei, wo der Revolutionär endet und wo der Pro- vokateu: beginnt. Kommt ein Plan auf, dann muß die Partei die Erwischten desavouieren. Sie kann nicht offiziell zugeben, daß diese(Terror-) Methoden in ihren Rechen existieren, unter ihrem Schatten groß wurden, daß sie die Leute mit falschen Pässen zu jeder Reise, mit Geld, mit Versprechungen versehen hat. Die eben noch ehrlichen

Kämpfer werden desavouiert: Du bist ein Spitzel, so steht in der Zeitung. So wird er ein Spitzel. Da die Partei sich von ihm lossagt, sagt er sich von der Partei los und spricht. Nicht immer die Wahrheit. Nie: n u r die Wahrheit. So wird der Angeklagt« zum Ankläger. Cr liefert das Material zur Begründung der schauerlichen Anträge des Staatsanwalts." Was die Kommunisten bisher stets eisern geleugnet hatten, wird hier von einem Manne bestätigt, dem man gewiß keinen Kommu- nistenhaß nachsagen kann: Di« kommunistische Zentrale hat zahl- reiche ihrer eigenen Genossen in abenteuerlich« Terror- Unternehmungen hineingehetzt und sie dann, wenn sie gesaßt, also polllisch unbequem wurden, einfach abgeschüttelt, als Spitzel und Provokateure bezeichnet. Der Mohr hat feine Schul- digkeit getan, der Mohr kam, gehen. Das paßt zu den ganzen korrupten Methoden der KPD . Di« Darstellung des großen Tscheko-Prozesses und anderer kommunistischer Terrorprozesse be- stätigen, was hier von Gumbel gesagt ist. Sie zeigen aber auch, wie die Justiz zweierlei Recht übt: Das scharfe Schwert gegen die konmurnsstischen, das stumpfe gegen die nationalistischen Terroristen. Das Gumbclsch« Buch ist ein« außerordentlich verdieiistvolle Arbeit. Gestützt auf politisch« Prozesse, Denkschriften und parla- inentorische Untenuchungsausschüsse. gibt es eine gewissenhafte, systematische Darstellung der politischen Mord« in Deutschland und Einblick in das Milieu aus dem sie erwuchsen. Nicht überall kann man Gumbel folgen in seinen politischen Darlegungen und Schluß- folgerungen, so insbesondere, wenn er Deillschlond einreiht in die Front derimperialistischen Großmächte". An Stell« derSchwär- zen Reichswehr" und der Fememorde sieht Gumbel als deren würdig« Trvditionskompognie" die Landesverratspara- g r a p h e n. die mit legalsten Mitteln heut« die alten Aweckc ver- mirklichen. Die Fem « als Methode des Klassenkampfes ist ihm kein einmaliges historisches Ereignis, sondern typisch für jeden Zeitpunkt, in den, die heute herrschend« Klasse bedroht ist. Sie würden wieder- kehren, sobald es notwendig sei, womit Gumbel den Zeitpunkt meint, m dem die Demokratie den Kopitalismus, bedroht. Dazu ist nur zu sagen: Di« deutsche Arbeiterklosse kämpst m i t den gesetzlichen Mitteln der Demokratie um die Durchsetzung Ihrer Ziele. Einen gewaltsamen Angriff auf die Demokratie wird die Arbeiterschaft mit gleichen Mitteln abzuwehren wissen.

Münchener Polizeiangst. Ein französischer Sozialist verhostet. München . 30. Juli. (Eigenbericht.) Am Sonnlag wurde der französtfche Sozialist Barel an» Lyon , der auf der Durchreise noch Budapest bei einer Münchener Familie übernachtete, mit Frau und Sohn in aller Frühe aus dem Bett heraus verhaftet und ohne Angabe von Gründen zur Polizeiwache gebracht. Der Vorsitzende der Münchener Arbeiter-Efperontisten, der sofort alle Hebel in Bewegung setzt«, um die Haftentlassvng von Barel zu erwirken, erfuhr erst auf Umwegen, worum die Der- Haftung erfolgt war. Barel und feine Familie sind Esperantisten und beabsichtigen, den Internationalen Esperantskongreh in Budapest zu besuchen. Als Abzeichen tragen sie den fünszackigcn grünen Esperantostern. Die Münchener Polizei erblickt« in dem Esperantoabzeichen in ihrer übertriebenen Kommunistenongst den Sowjetstern und kombiniert«, daß Barel ein bolschewistischer Ge-

Heimagent sei Alle Bemühungen, dos Mißverständnis aufzuklären. wurden brüsk abgelehnt. Erst als noch drei Stunden ei» be» amteter Dolmaffcher herbeigeholt wurde, tonnt« Barel die Arrest. zelle wieder verlassen. Eine Entschuldigung hielt die Polizei nicht sür notwendig'. So wird in München der Fremdenverkehr gefördert. Arbeiter spenden Gold und Silber. patriotische Legenden in der Sowjetunion. Notfront« kämpfer als Kanonenfutter. Riga , 30. Juli. (Eigenbericht.) I Der Kriegstaumel in Sowjetrußland dauert an. In den kleinsten Dörfern werden Protcstversammlungen gegen die chinesischen Banditen" abgehalten. In den Entschließungen geloben die Bauern und Arbeiter,mit dem Gewehr im Arm im nötigen Fall« die Grenze des sozialistischen Vaterlandes zu ver- teidigen". Auch die Frauen werden in diese Kriegspsychose hinein- gezogen. So haben z. B. die Arbeiterinnen der Ischorwerke(Kolpino bei Leningrad ) eine Protestoersammlung veranstallet. in der u. a. verkündet wurde, daßdie Frauen zwar keinen Krieg wollen, aber nach dem ersten Ruf der Regierung zur Verteidigung des Sowjet- landes bereit find". Außerdem werden überall Sammlungen für die Errichtung von Tanks, Flugzeugen usw. veranstaltet. Die Arbeiter und Beamten des Snifchki haben 2 Proz. ihres Lahnes für die Errichtung van Flugzeugen abgegeben und beschlossen: Alle Gold- und Kilbersachcn für die Landesverteidigung zu spenden". Charakteristisch für die von der Regierung entfachte Kriegspsychose ist die Betonung der Roll- der GPU.(Tscheka ). In derPrawda" vom 27. Juli heißt«s darüber z. B.» daß die Werk» tätigen van Leningrad stch on die GPU. und dl« Rote Armee mit der Aufforderung wandten,den Schutz der Sowjetgrenzen zu verstärken". Diese Aufforderung kann anläßlich der jüngsten Massen- Hinrichtung von angeblichen Weißgardisten in Chabarowsk on d« mandschurischen Grenze mtr«inen Sinn haben: Ei« fft als Auf» munterung zum Terror mifzufassen. Die Rotmatrosen de« PanzerkreuzersDie Oktoberrevolution" und de» Minenträger» Rr....." hoben die Maßnahmen der GPU. gegen die Weiß- gardisten inzwischen gebilligt. Die Arbeiter der größten Werk« Roller Putilowetz" und anderer Leningroder Fabriken forderten die GPU. auf,ihre Wachsamkeit zu verstärken". E» fehlt schließlich auch nicht an Versuchen, Atjslandslegionen der Freiwillige« zu schassen. In derPrawda" erhebt z. B.«in« Gruppe vo» Deutschen , Franzosen . Belgiern, Chinesen. Esten, Türken, Polen , Bulgaren u. o. der Leningrader Elektrowerk« in einem Ausruf an die Sowjetrcgierung schärfsten Protest gegen die Provokation der chinesischen Banditen" und fordert die Regierung auf, ihre Kräfte und Mittel für«in« gebührende Bestrafung der Räuber des Kapito- lismus auszunutzen. Eine andere Gruppe verlangt von der Regie- rung die Genehmigung zur Bildung einer bewaffneten Feld» a b t e i l u n g aus ausländischen Arbeitern. Die Anwesenhell von T h ä l m a n n und anderen Vertretern des aufgelösten Roten Frontkämpferbundes steht nach den hier vorliegenden Mel- düngen ebenfall» mll der eventuellen Bildung ausländischer Freiwilligensormationen in Verbindung. Moskau braucht Kanonenfutter l