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Karl Henckell

In Lindau im Bodensee , wo er heilung von einem schweren Leiden gesucht hatte, ist am Dienstag karl Hendell im 66. Lebensjahre gestorben. Die Leiche wird am Freitag in Konstanz eingeäschert werden.

Der Dichter Karl Hendell tot! Wieviele fennen, außer der sozialistischen Jugend und den Alten, noch seinen Namen? Und doch war er ein lebendiges Stüd Zeitgeschichte, war er ein geistiger Kämpfer in den Reihen des Proletariats, als es am stärksten vom Sozialistengeset bedrängt wurde.

Er gehörte zu den tämpferischen Dichtern, denen Unrecht feurig in der Seele brannte, die soziales Bers antwortlichkeitsgefühl in sich trugen.

Die Welt der Matartsträuße und Buzenscheibenlyrik überließ er den bürgerlichen Dichtern, die aus ihrem Goldfisch­glas nicht heraustamen.

Karl Hendell, Arno Holz , Richard Dehmel , Leopold Jacoby , Madan, fie alle stellten sich in die Rampfreihen des Proletariats oder gingen ihnen reveille­fchlagend voran. Die Zeit der 90er Jahre brachte die Geburt der modernen sozialen Dichtung. Der Arbeiter, die Miets­fasernen, die Fabriken, wurden in den Bannfreis der Dich­tung gezogen.

Der 24jährige Hendell wurde zum Fahnenträger der jungen rebellischen Dichtung, die an die Tradition der 48er Jahre anknüpfte und zugleich den heroischen Kampf der deutschen Arbeiterklasse dichterisch zu fassen suchte. Er be fannte sich als einer der ersten offen zur Sozialdemokratie und das bedeutete damals Verfemung. Seine Liedersammlung ,, Amselrufe" wurde verboten und natürlich um so fleißiger gelesen.

Es steht ein Blatt beschrieben

Im Buch der deutschen Schmad, Das muß der Teufel lieben

Bis an den jüngsten Tag.

So schreibt er im Anfangsvers 1888 über das Sozialisten­gesez. Wie höhnt er über die Lockspizzel in seinem Lod spizellied:

Dreitausend Mart, heidi, pro Jahr,

Bon seiner Erzellenz-

Wie schirmt der Himmel wunderbar

Lockspißels Existenz!

Rein Gentlemen, tein Gentlemen,

Als wär das ein Malheur,

So bin ich denn und bleib ich bem Agent provocateur.

Doch Hendell war nicht nur aggreffiner Dichter, sondern der Dichter starten, gefühlsmäßigen Einlebens. Da non zeugt seine starke Liebes- und Naturlyrit, noch mehr aber feine sozialen Gedichte.

Sein Steinklopferlied, sein Weltmai und viele andere Gedichte werden lebendig bleiben wie die sozialen Gedichte Richard Dehmels.

Es ist bezeichnend für Hendell, daß er als einer der ersten Die Welt der Technik dichterisch in der Dampfwalze" und im ,, Biadukt" gestaltete.

Hendell hat manche Gedichtmorte geschrieben, aber er mar auch einer det erften, die eine Anthologie freiheitlicher Lyrik ,, Buch der Freiheit" im Vormärts- Berlag heraus gab, die mehr als eine wüste 3enfurlude aufmies. Franz Diederich , der vor ihm gestorbene Dichter und Schöpfer der Anthologie Bon unten auf" danft es ihm in diesem seinem Sammelwert freiheitlicher und sozialer Dichtung. Der Freiheitsdicher Hendell war ein Hannoveraner, er wurde 1864 geboren. Bis in die letzten Jahre hinein nahm er noch dichterisch regen Anteil am Zeitgeschehen. Eine letzte Freude mar ihm die Herausgabe einer tieinen Sammlung feiner Gedichte im Arbeiterjugend- Verlag, denn hier mußte er, daß er wieder zur fämpfenden Jugend sprechen fonnte, der sein Herz gehörte.

Karl Hendell ist gestorben, aber die Arbeiterchaft wird sein Wer in ihrem Herzen tragen, denn er war einer ihrer thewesten und besten Dichter. Er durfte das Werden einer neuen Zeit noch miterleben, von der er schon vor vier Jahr zehnten farig:

Es hat ein Hammer aufgeschlagen Im menschlichen Maschinensaal, der Amboß flang, und fortgetragen wird sein Getön von Tal zu Tal Die Berge zittern seinem Dröhnen, die Meere malzen seinen Ruf;

Es bebt ans Ohr der Erde Söhnen Und lebt im Schönen, das er schuf!

Bruno Schönlank .

Gorgen der Landwirtschaft.

Wer flaggt und wer flaggt nicht? Die deutsche Landwirtschaft hat so ihre Sorgen. Sept, nor der Ernte, muß die Chriftlichnationale Bauern und Banboolfpartei, die fich so gern als die Bertreterin her Landwirtschaft bezeichnet, die Frage erörtern, wer am 11. Auguft flaggt und mer nicht flaggt. Der Bressedienst der genannten Bartei bringt dazu eine sehr aus. führliche Darstellung, in der es u. a. heißt:

Die Flaggenverordnung hat folche Räume, die regelmäßig dem Privatgebrauch dienen, in denen aber gleichzeitig Dienst geschäfte verrichtet werden, von dem Flaggenzwang freigestellt. Das wurde bei den Berhandlungen im Staatsrat noch ausdrüdlich Don den Bertretern der Arbeitsgemeinschaft festgestellt."

So, nun wiffen mir es! Daß nur nicht ein Fähnchen mehr geflaggt wird. Die Republit, die sonst nicht laut genug angerufen merden fann, wenn sie der Landwirtschaft helfen foll, tönnte zuviel geehrt werden. Die Vertreter der Landwirtschaft scheinen nicht zu merken, wie lächerlich sie sich machen.

Graf Zeppelin " geftartet. Unterwegs nach Amerifa.

Friedrichshafen , 1. Auguft. ..Graf Zeppelin " ist heute nacht zu feiner Amerifa. fahrt von Friedrichshafen aufgeftiegen.

Der Präsident des Bayerischen Landtages . Dr. Roenigbauer, ift im Nymphenburger Rrantenhaus feinem meren Beiben erlegen,

- Uns wird geschrieben:

Zum Antifriegstag.

Der Versucher.

Any info

Zeichnung von Karl Solk.

Reichslügenverband.

Gie melden sich wieder!

Die Beröffentlichung einiger Namen von Unterzeichnern des Hugenbergschen Boltsbegehrens im bend", Nr. 346 vom 26. Juli 1929, unter denen sich auch der Reichsverbandsgeneral v. Biebert, der Empfänger des berüchtigten Bülowschen Silvesterbriefes von 1906, befindet, lenkt die Aufmertfamfeit auf bie Tatsache, daß fich in legter Zeit zahlreiche ehemalige Führer des Reichsverbandes zur Befämpfung der Sozialdemokratie" wieder fehr lebhaft in den Bordergrund drängen.

Der Reichslügenverband ist bekanntlich in ber ersten Zeit der Revolutionsmirren auffällig ftill und unter bisher noch nicht ge lärten Umständen zu Grabe getragen worden. Sein Generalsekretär Dr. Bovenschen war schon norher abgetreten; und die übrigen Säuptlinge verschwanden turz nach dem seltsamen Begräbnis, ohne daß felbft die intimsten Gesinnungsgenoffen zunächst zu sagen mußten, wohin die Reife gegangen mar. Der legte Hauptgeschäfts führer Dr. Ruhnau, ehemals, Ritimeister der Totentopfhurfaren, hing die Politik für immer an den Nagel, während Dr. Ludwig abseits vom Weltgetriebe sich dem politischen Sohlbau" durch nationalistische Bauernaufflärung midmet und Liebert ein höchst bescheidenes Dasein in München fristet, und zwar burch Flugblatt: fabrikation und verbreitung nach den alten Reichsverbands methoden. Diese und die übrigen letzten Getreuen, unter ihnen auch Graf Carl zu Dohna Botsdam, wußten genau, warum sie fich freiwillig in die politische Verbanmung begaben: zwischen einst und jest liegt nicht nur die Revolution, sondern vor allem das feltfame Reichsverbandsjahr 1918/1919"!

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Dffenbar nimmt man an, daß über die Borgänge des fegten Reichsverbandsjahres Gras gewachsen und es fein großes Wagnis mehr ist, wieder aftio am politischen Beben teilzunehmen. In der Nähe Hugenbergs sind bereits mehrere ehemalige Reichs verbandsführer aufgetaucht, nicht nur General von Liebert durch Interzeichmung des Aufrufs zum Hugenbergischen Adelsbegehren Auch Rirdorf gehörte ja einft zu den Hauptgeldgebern derer im

Labour Wahlfieg.

Sir William Jowitt als Arbeiterkandidat wiedergewählt. Condon, 31. Juli. ( Eigenbericht.)

Die Nachwohl in Preston, wo sich der als Liberaler gewählte, fpäter zur Arbeiterpartei übergetretene Sir William Jomitt als offizieller Randidat der Arbeiterpartei zur Wiebermahl gestellt hatte, endete mit einem bollen Sieg der Arbeiterpartei. Das Babiresultat ift um so bemerkenswerter, als Sir William Jomitt, der gegenwärtig ben Boften eines Generalstaats­anmalts in der Arbeiterregierung befleidet, megen seines Heber. tritts zur Arbeiterpartei Gegenstand widerlichster persönlicher An­griffe von feiten der Konservativen gemorben mar. Trog dieser Angriffe vermochte Jowitt seine, als Liberaler erzielte Mehrheit von 2161 bei ben letzten Wahlen auf 6440 zu erhöhen. Die Anzahl der abgegebenen Stimmen betrug:

Jowift( Sozialift) 4 *: 35 808 Howitt( Konservativ)= 29 10s.

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Der unabhängige Kandidat Holden, der bei hen legien Bahlen immerhin über 2000 Stimmen erzielt hatte, erhielt diesmal ledig. lich 440 Stimmen und verliert damit seinen Wahleinsas. Es stehen noch zwei weitere als Stimmungsmeffer wichtige Nahwahlen in den nächsten Tagen bevor.

Waldenburg.

Ber trägt die Schulb?-Anfrage der Sozialdemokratischen Landtagsfraktion.

Die Sozialdemokratische Fraktion hat im Breußis schen Landtag anfäßlich der Waldenburger Ratastrophe folgende Große Anfrage" eingebracht:

Die grauenerregende Schlagmettertatastrophe auf der Friedens. hoffmangsgrube in Rieberherinsborf bei Bofbenburg in Schlesien

Liebert. Doch noch bemerkenswerter dürfte sein, daß von den so­genannten 12 Männern" des Hugenberg- Konzerns, also der ,, Birt schaftlichen Bereinigung", die Mehrzahl auch dem ehemaligen Reichs. verband zur Bekämpfung der Sozialdemokratie als maßgebende Geldgeber angehörten. Unter diesen 12 Hugenberg- Männern be­findet sich der deutschnationale Senator a. D. Rette Danzig, gu gleich Raiffeisengewaltiger, unter dessen finanzieller Dbhut in Danzig die früheren Reichsverbändler, an der Spize der deutschnationale Senator a. D. Senfileben, feines Zeichens Generaldirektor ber Baltisch- Amerikanischen Petroleum- Gesellschaft, eine äußerst rührige Tätigteit entfalten.

Die alten Reichsverbandsmethoden leben also durchaus noch, mur haben ihre Träger die Arbeit anders eingeteilt und als Arbeits.

gebiete die verschiedenen Hugenbergschen Unternehmungen gewählt. Auch Dr. Bovenschen versucht erneut, an die Oberfläche au tommen. Nach einigen, aber wenig einträglichen rhetorischen Goft. tollen bei den Deutschnationalen verfuchte er es, mit der monarchi stischen Abelszeitung finanziell wieder auf die Beine zu tommen. Doch da dieser Bersuch ebenso ergebnislos verlief wie die An­biederung an den Ostbund" mit Hilfe feines alten Gömers v. Tilly, fo ist er mun endlich zu seiner alten Liebe, den Hatatisten, zurückgefehrt, denen er seinerzeit als Geschäftsführer in Ostpreußen diente. Dr. Bovenschen hat neuerdings die Schriftleitung der hatatistischen Ost mart" übernommen und nach bewährter" Reichsverbandsmethode in der Juli- August- Ausgabe 1929 ben Ber fuch gemacht, fich bei seinen alten Gönnern von neuem in empfehlende Erinnerung zu bringen ,, indem er einen ebenso flobigen wie geistlofen ,, Dffenen Brief" an den preußischen Ministerpräsidenten Dito Braun veröffentlicht, um die preußische Polenpolitik und damit die Sozialdemokratie anzugreifen. Es verlohnt sich nicht, ouf dieses Geschreibsel näher einzugehen, doch ist es im Zusammenhange mit den vorstehenden Feststellungen ein beachtenswertes Anzeichen für die Tatsache, daß die ehemaligen Reichsverbändler von ver. schiedenen Stellen aus fich wieder zu regen beginnen.

vom 29. Jufi, die annähernd 30 Todesopfer unb 7 Schmerperfekte erforderte, zwingt zur behördlichen Klarstellung einer Reihe port Fragen über die Ursache der Katastrophe und über die Schuldfrage. Es ist auffallend, daß ein offensichtlich großer Schlagwetter­herd ohne die notwendige Beobachtung blieb und daß nicht rechtzeitig Maßnahmen in der Bewetterung getroffen wurden, um evtl. unter 3urüdziehung des in der Strede arbeitenden Teiles der Belegschaft die anstehenden Schlagmetter abzuleiten. Wenn aber an dem Unglüdsort Schlagwetter plöglich in so großen Mengen auf­traten, entsteht die zu flärende Frage, ob diefes öfter geschehen ist und ob als natürliche Folge verstärkte Abwehrmaßnahmen angeord­net und durchgeführt worden sind?

Der Amtliche Breffedienst meldet, daß ein meiteres Umfió wurde. Es muß sich also, da die Explosion im Kohlenstaub feine greifen der Explosion durch das Gesteinstaubnerfahren verhindert Nahrung fand, um eine Schlagwettererplosion gräs. ten Ausmaß es gehandelt haben, gegen die rechtzeitige und umfassende Borbeugungsmaßnahmen mög lich und erforderlich gewesen wären, wenn Umfang ober Beriodizität des Schlagwetterherbes bekannt und unter befondere Beobachtung gestellt worden wäre.

Nach Angabe des Berliner Tageblatts" in Nr. 356 foll cheer Der Verletzten dem Kriminalfommiffar gegenüber ausgefagt baben, man hätte etwa 2 Stunden vor dem Eintritt der Katastrophe in dem betreffenden Grubenabschnitt Sprengschüsse abgegeben."

Die Richtigkeit dieser Angaben vorausgefeßt, fragen mir die Staatsregierung, ob es sich um Gesteinstaubfprengungen bei Muf fchließungsarbeiten oder etwa um Schüsse in der Kohle gehanbelt bat, mas geradezu frivol und strafbar wäre. Liegen über diese n gaben pofitive Untersuchungsergebnisse vor und welcher Art? Bir fragen die Staatsregierung ferner: Hat sich die Unfalluntersudning eingehend mit diesen primären Ursachen der Katastrophe beschäftigt und nicht etwa auf die sekundären Ursachen( Durchbrennen der Benzinlampe, Funkenschlagen usw.) beschränkt? Was war has objektive Ergebnis eingehender Untersuchung? Welche Folgerungen merden durch die Bergbehörden aus dem Untersuchungsergebnis ge zogen?"