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Morgenausgabe jitiloqasd sdon

Nr. 363

A 183

46.Jahrgang

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Vorwärts

Berliner   Boltsblatt

Dienstag

6. August 1929 Groß- Berlin 10 Pf. Auswärts 15 Pt.

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Bentralorgan der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands  

Redaktion und Verlag: Berlin   SW 68, Lindenstraße 3 Fernsprecher: Dönhoff 292-297. Zelegramm- Abr.: Sozialdemokrat Berlin  

Vorwärts- Verlag G. m. b. H.

Die Diftatur zittert.

Maffenverhaftungen in Südflawien.

Belgrad  , 5. Auguft.( Eigenbericht.)

Die über Wien   ins Ausland gelangten Nachrichten von schmeren Zwischenfällen in Sarajevo   bestätigen sich. Nach diesen Me! dungen sollten Kommunisten versucht haben, das Bahnhofs­gebäude zu zerstören. Es ist der Trick der südslawischen Militär­diktatur, je de Opposition der Deffentlichkeit als bolsche­wistisch" vorzuführen und abzutun. Nach unseren Informationen handelte es sich in Sarajevo   weniger um einen Anschlag gegen den Bahnhof als gegen militärische Depots in der Nähe des Bahnhofes. Angesteckt und in die Luft geflogen sind einige dort untergebrachte Militärvorräte, wie Maschinen und Munition. Wenn man die Tat als Ausfluß der unter der Asche glimmenden Un= zufriedenheit mit dem Regime betrachtet, so kommt dies zweifellos der Wahrheit näher als der mit der Etikette Kommu­niftenaufruhr" versehene amtliche Beschwichtigungsversuch.

Die Berichte der Zagreber   Zeitungen über den Kampf gegen die Kommunisten beweisen, daß die Vorgänge in Sarajevo   nicht leichter Art gewesen sein können. In der Hauptstadt Kroatiens  waren am Tage nach dem Zwischenfall von Sarajevo   alle Polizei fräfte mobilisiert und in der Stadt verteilt. Aufklärungs- und Rad fahrerabteilungen durchstreiften Tag und Nacht Zagreb  . In dem

offiziellen Polizeibericht heißt es, daß zahlreiches, teils vergrabenes Agitationsmaterial der Kommunisten" aufgestöbert und 102 Ber sonen, natürlich alles kommunisten", in das Polizeigefängnis eingeliefert wurden.

Das Gefängnis ist zurzeit derart überfüllt, daß verhaftete Diebe und andere wegen fleiner Bergehen eingesperrte Personen ent­laffen werden mußten, um Platz für die politischen Häftlinge zu schaffen.

In dem Polizeibericht heißt es zum Schluß: Gleichzeitig mit der Aktion der Zagreber   Polizei wurden auch in allen anderen größeren Städten des Staates, so in Sarajevo  , Skoplje  , Beograd und Kumanowo   zahlreiche Haussuchungen und Verhaftungen vor­genommen!"

Es scheint, als wüchsen unter der Diktatur des Militärkabinetts die Kommunisten" wie Pilze aus der Erde. In Wahrheit sind diese Kommunistenverhaftungen" nur ein Ausdruck der Stimmung der Bevölkerung und der Nervosität und Unsicherheit der Diftatoren. Wieviel von den Diktaturspikeln haltlos verdächtigte Personen ein­gesperrt worden sind und wie es den Verhafteten in den Gefäng­nissen ergeht, darüber gibt es teine Kontrolle.

Buruf an die Konferenz.

Mahnung der Kriegsopfer.

Warschau  , 5. Auguft.

Hier begann im Rathaus der 5. 3nternationale Kongreß der Kriegsbeschädigten. Im Namen der Regierung wurde der Kon­greß vom Arbeitsminister. Oberst Prystor   begrüßt. Für die deutsche Delegation hielt Reichstagsabg. Roßmann( S03.) eine Begrüßungsanfprache. Der Kongres nahm eine Entschließung an, in der es heißt, daß die Vertreter von drei Millionen Kriegs­beschädigten aus zehn Ländern den Delegierten der Regierungen, die an der Konferenz im Haag teilnehmen, die heißesten Wünsche für das Gelingen ihrer Arbeiten übermitteln. Die ehemaligen Kriegsteilnehmer rechnen damit, daß die Mitglieder der Haager Kon­ferenz während ihrer Beratungen die unerträglichen Leiden der Kriegsbeschädigten und der Familien der Gefallenen vor Augen haben werden, und daß sie mit der ganzen Kraft ihres Willens be­strebt sein werden, jene Leiden zu mildern, ihre wiederholung zu verhüten und durch die Ueberwindung aller Schwierigkeiten der Welt zehn Jahre nach Beendigung des Weltkrieges den dauern­den Frieden zu sichern.

Die Vorsitzenden der Konferenz.

Paris  , 5. August.( Eigenbericht.)

Es verlautet, daß den Vorsitz im Finanzkomitee der Haager Konferenz der japanische   Delegationschef, den Vorfiz im politischen Komitee( Rheinlandproblem!) der italienische   Dele gierte führen dürfte. Den Gesamtvorsitz wird der Belgier I as per ausüben; seinen Verzicht zugunsten des französischen   Ministerpräfi­denten hat Briand   nicht angenommen.

Dr. Hilferding erschienen. Wie verlautet, stand die Frage der Wahl des Konferenzoorsigenden und die eventuelle Er­nennung eines Generalfetretärs für die Konferenz sowie nennung eines Generalfetretärs für die Konferenz sowie auch die Aufstellung eines vorläufigen Arbeitsprogramms im Mittelpunkt dieser Besprechung. Folgendes Kommuniqué wurde ausgegeben: Die Delegierten der Mächte, die die Konferenz ein­berufen haben, haben sich heute abend in den Räumen der franzö­fischen Delegation versammelt, um die Bedingungen zu prüfen, unter denen sich die Arbeiten der Konferenz abspielen werden. Sie haben beschlossen, daß

morgen vormiffag um 11 Uhr die Konferenz mit einer öffent­lichen Sigung eröffnet

werden soll. Herr Briand   ist von seinen Kollegen gebeten worden, die Eröffnungsrede des Herrn Beelaerts van Blotland zu beantworten. Die ersten fachlichen Beratungen werden morgen nach mittag um 4 Uhr mit einer geschlossenen Sigung beginnen.

Rasche Arbeit gewünscht.

Paris  , 5. Auguft.

In einer Havasmeldung aus dem Haag wird angedeutet, daß man die Hauptarbeit der Konferenz gegen den 12. bis 25. August beendet haben möchte, und daß die Delegierten der auf der Konfe beendet haben möchte, und daß die Delegierten der auf der Konfe­renz veriretenen Staaten beschlossen hätten, bereits heute abend mit einander Fühlung zu nehmen.

Bostschedkonto: Berlin   37 536. Bankkonto: Bant der Arbeiter, Angestellten und Beamten Wallstr. 65. Diskonto- Gesellschaft, Depofitentasse Lindenstr.

Schwerarbeit im Haag.

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Schwierigkeiten der Konferenz. der Ueberwindung.

Notwendigkeit

Die Haager Konferenz, die heute beginnt, soll die endgültige Regelung der Reparationen brin­gen und zugleich mit ihr eine Vereinbarung über die als= baldige Räumung des bejezten Gebietes. Dazu gehört, genau gesehen, auch die Räumung des Saar­gebiets, das zurzeit noch vom Völkerbund verwaltet und von Frankreich   exploitiert wird. Indes sind die Rollen, die der Versailler Vertrag dem Rheinland   und dem Saargebiet zuteilt und die Bedingungen ihrer Befreiung verschieden, so daß über beide getrennt, und zwar erst über den Rhein  , dann über die Saar   verhandelt werden muß. Die zweite Frage endgültig zu regeln, ist die Haager Konferenz vielleicht auch nicht ganz kompetent.

Als Mindestergebnis muß erwartet werden, daß die Räumung der zweiten und der dritten Zone baldigst erfolgt und daß die Befreiung der Saar zu einem viel früheren Zeit­punkt als dem des Vertrags- dem Januar 1935 in An­griff genommen wird.

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Voraussetzung für die Erzielung dieses Ergebnisses ist Die Annahme des Young- Planes durch die Gläubigerstaaten auf der einen Seite, an Deutschland   auf der anderen. In Deutschland   hat man allerdings mit guten Gründen die These verfochten, daß auch ohne Young- Plan ein juristisches, zum mindesten aber, seit Locarno  , ein moralisches Recht auf die Räumung gegeben ist. So aber, wie sich die Dinge politisch entwickelt haben, ist zu befürchten, daß die längst notwendige Räumung auch weiter verschleppt werden würde, wenn der Young- Plan nicht zur Annahme fäme. In diesem Sinne ist Annahme des Young- Planes Voraussetzung für die Räumung.

Indes war und ist die französische   Rechte, auf die Briand notgedrungen seine Regierung ftüßt, bestrebt, den Weg zur Räumung durch neue Hindernisse zu verrammeln, Hindernisse wirtschaftlicher wie politischer Natur. Zu den ersten gehört die Forderung, daß die deutsche Schuld teil­weiſe tommerzialisiert" werden müsse, bevor ge­räumt werde, zu den zweiten das Verlangen nach der be­rühmten Feststellungs- und Versöhnungskommission", die auch nach Abmarsch der Truppen im Rheinland   verbleiben soll. Briand   hat in den Erklärungen, die er als neu­ernannter Ministerpräsident abgab, nicht erkennen lassen, ob und inwieweit er bei den Verhandlungen jenen Forderungen Rechnung tragen will. Es fann aber jetzt schon gesagt wer den, daß ein Bersuch, den Fortschritt der Räumung von der Gunst des Kapitalmarkts abhängig zu machen oder Deutsch­ land   über 1935 hinaus eine im Friedensvertrag gar nicht vorgesehene Kontrollkommission aufzuhalsen, zu einer fri­tischen Zuspigung der Konferenz und zu einer führen müßte. Briands Wille, diese Beziehungen freundlich schweren Belastung der deutsch  - französischen Beziehungen zu gestalten, ist nicht zu bezweifeln, von seinem Mut, das Notwendige dazu zu tun, hängt unendlich viel ab.

Das Ergebnis der Haager Konferenz wird jedoch nicht nur durch den Druck gefährdet, den die französische   Rechte auf ihren Ministerpräsidenten ausübt, sondern auch durch die Uneinigkeit der Gläubngerstaaten unter­einander. Man erinnert sich noch, daß die Verteilung der deutschen   Zahlungen unter fie für die Pariser   Sachverstän­digenkonferenz unsägliche Schwierigkeiten bot. Ein Versuch, allen Wünschen gerecht zu werden, führte zur Errechnung

Rheinlanddiskussion später, gestattet". einer Summe, die Deutschland   aufzuerlegen fein ernſter

Die Dauer der Konferenz wird von den meisten französischen   Rheinlanddiskussion später, gestattet".

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Blättern selbst den rechtsstehenden verhältnismäßig turz ver­anfchlagt: bis zum Beginn der Septembertagung des Bölkerbundes foll bereits eine prinzipielle Einigung erzielt fein und die Räumung des Rheinlandes noch in diesem Jahre durchgeführt werden. Nur Sauerwein prophezeit im Matin", daß die Konferenz sich bis in das nächste Jahr ausdehnen werde- falls die deutsche Dele gation an ihren übertriebenen Forderungen" festhalte. Welches diese übertriebenen Forderungen" find, sagt der Pessimist nicht. Die deutsche Delegation traf am Montagvormittag furz nach 11 Uhr im Haag ein und wurde von dem niederländischen Außen minister empfangen..

Die tonstituierende Sigung mird Dienstagvormittag 11 Uhr beginnen und vermutlich eine halbe Stunde dauern.

Borbesprechung.

Haag, 5. August.

Heute abend um 8 Uhr tamen die Hauptdelegierten der sechs als Einberufer der Haager Konferenz geltenden Mächte, nämlich Deutschlands  , Frankreichs  , Englands, Belgiens  , Italiens   und Japans  , bei dem französischen   Ministerpräsidenten Briand   im Hotel des Indes zu einer ersten formellen Vorbesprechung zusammen. Briand  war mit dem Hauptteil der französischen   Delegation erst um 6% Uhr abends im Haag angekommen, so daß die meisten der zur Be­sprechung erschienenen Delegierten sich bei dieser Gelegenheit zum erstenmal seit längerer Zeit wiederfahen. Von den Deutschen   waren Reichsaußenminister Dr. Strefemann und Reichsfinanzminister

Schreckschüsse der nationalistischen Rechten Frankreichs  . Paris  , 5. Auguft.( Eigenbericht.)

Vor Eröffnung der Haager Konferenz gibt die franzöfifche Rechtspreffe noch einige Schre dschüsse ab. Man lieft am Sonntag übereinstimmend in den meisten rechtsftehenden Blättern, daß das Programm der französischen   Delegation bei der Haager Konferenz sei: erstens die Annahme des in allen Punkten un­veränderten Young- Planes, und zweitens, nachdem die Frage der Sicherheitsgarantien und der Kontrollkommission geflärt sein werde, die Inaussichtnahme einer Diskussion über die Rheinland­räumung".

Es ist auffallend, mit wie übereinstimmendem Wort­laut die einzelnen Zeitungen diese Formel als einen allgemein be­fannten Gemeinplaß darzustellen bemüht find, zumal der fran­ zösische   Ministerpräsident und Chef der französischen   Delegation feinerlei Erklärung abgegeben hat, die als Stoff für den obigen als offiziös dargestellten Standpunkt dienen könnte. Was diefes feltsame Manöver zu bedeuten hat, geht aus einem Artikel des sozialistischen   Abgeordneten Frochard im Paris Sour" hervor. Der Abgeordnete glaubt, mitteilen zu können, daß im Schoße des neuen Kabinetts große Meinungsverschiedenheiten über die Rheinlandfrage herrschten. Man verlange von Briand  , er folle die Oftupation nur dann aufgeben, wenn er dafür als Gegenpfand von Deutschland   die Kommerzialisierung eines Teiles der Youngschen Annuitäten erhalte.

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Mensch auch nur erwägen fonnte. Die Herabdrückung dieser - ,, idealen" Dom Gläubigerstandpunkt aus gesehen Summe auf ein einigermaßen reales Maß fonnte nur er­folgen, indem auf verschiedenen Seiten Abstriche vorge­nommen wurden. So entstand die jetzt so heftig umstrittene Anlage zum Young- Plan, die die von Deutschland   zu zahlen­den Annuitäten im Jahresdurchschnitt der Jahre 1929 bis 1965 in folgender Weise verteilt:

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Frankreich  Britisches Reich Italien  Belgien  

Rumänien  Serbien  Griechenland  Portugal  . Japan  ..

Polen  USA  .

..

1046,5 mill. M. 409,0" 213,7"

115,5 20,1

D

84,0" 7,0

"

13,2

13,2"

0,5

66,1

Insgesamt Jahresdurchschnitt. 1988,8 Mill. M. Gegen diesen Verteilungsplan haben nicht nur die kleine­ren Gläubiger, sondern auch das Britische   Reich unter seiner gegenwärtigen Arbeiterregierung Beschwerde erhoben. Die englische Regierung sieht sich auch dadurch benachteiligt, daß sie an dem besonders gesicherten Anteil der deutschen  Zahlungen, der unmittelbar und ungeschützt aus den Ein­