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Morgenausgabe

Nr. 367

A 185

46. Jahrgang

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Vorwärts

Berliner Bolksblatt

Donnerstag

8. August 1929

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Die Anfangskrise der Konferenz

Beginn schwieriger Ausschußkämpfe, voraussichtlich mehrwöchige Dauer

V. Sch. Haag, 7. Auguft.( Eigenbericht.)

Mit dem Abschluß der Generaldebatte läßt sich wenigstens über bie finanzielle Seite der Haager Konferenz die allgemeine Lage bereits übersehen; sie ist feineswegs ermutigend. Es haben sich unter den Gläubigern zwei Parteien gebildet, die sich schroff gegenüber stehen: die Briten , die den Young- Plan scharf kritisieren, von den Sachverständigen einschließlich der eigenen rücksichtslos abrücken, den neuen Berteilungsschlüssel für unannehmbar erflären, ebenso die

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Zweiteilung der Annuitäten der transfer geschützten und ungeschützten Teile verwerfen, an der Reparationsbank und an den Sachleistungen Teile verwerfen, an der Reparationsbank und an den Sachleistungen nieles auszusehen haben 30sen, Belgier und Italiener, die erklären, daß zwar der Young- Blan feineswegs ein Ideal sei, daß sie ihn aber trotzdem annehmen wollen, jedoch nur unter der Bedingung, daß er von allen als ein unteilbares Ganzes geschluckt wird.

und auf der anderen Seite die Fran­

Die fleinen Gläubiger- Rumänien , Jugoslawien , Portugal stehen in dieser Frage auf der Seite der Briten , weil ihre An­teile tatsächlich ohne ihre Mitwirkung in Paris gekürzt wurden und fie daher noch Menderungen zu erreichen bestrebt sind.

Nur Japan verhält sich in diesem Streit neutral. Natüre lich gilt das gleiche für Deutschland , das als Schuldner nur soweit att dieser finanziellen Auseinandersetzung beteiligt ist, als es einmal

konferenz aufs neue beraten oder gar umgestoßen werden. Alle diese Vereinbarungen der großen Sechs" wurden glatt angenommen; nur

werden sich vor allem jene Kämpfe abspielen, an denen Deutschland | einer Kommission einmal gefaßt sind, sicher nicht mehr in der Plenar­direft teilnehmen wird, während die Finanzkommission vorläufig vor allem der Schauplatz von Auseinandersetzungen zwischen Gläubigern sein dürfte. In der politischen Kommission wird man besonders um die Ausführung des Genfer Septemberbeschlusses bezüglich der so­genannten

Feststellungs- und Berföhnungskommiffion für das Rheinland ringen. Der deutsche Standpunkt ist bekannt: eine Kommission kommt für uns mir bis 1935 in Frage. Die französischen Absichten find noch nicht ganz flar. 3weifellos hält Briand innerlich herzlich wenig von dem Nuzen einer solchen Kommission. Aber das ist gerade der Punft, wer den sogenannten moralischen Erfolg nach Hause zu bringen hofft. Dagegen dürfte das Saarproblem zwar nicht als Bestandteil der Haager- Konferenz, wohl aber im Haag selbst Gegenstand direkter Verhandlungen zwischen den Franzosen und den

Deutschen sein.

Zu der Rede Chérons am Mittwochvormittag sei noch nach getragen, daß der französische Finanzminister, der natürlich bei dem beliebten Thema der neuen schweren Opfer", die der Young- Plan für das eigene Land bringt, nicht hinter den anderen zurückbleiben wollte gegenüber Snowden, der mit dem Argument operierte, daß forgsam darüber machen muß, daß nicht etwa versucht werde, eine eigentlich Frankreich nach dem Dawes- Plan aus dem Wohl Einigung der Gläubiger auf seinem Rüden zu schließen, und als es außerdem unmittelbar daran intereffiert ist, daß die Haager Kon- fahrtsindeg( dem sogenannten Besserungsschein) so große ferenz, die den Dames Plan beseitigen und die Rhein - das Berschwinden dieses Besserungsscheines aus dem Young­Summen in den fünftigen Jahren zu erwarten gehabt hätte, daß landräumung bringen soll, nicht Schiffbruch erleide. Plan allein schon für Frankreich ein großes Opfer bedeutet.

Das besondere Merkmal dieses Konferenzbeginns ist, wie von deutscher Seite heute bemerkt wurde, daß krisenhafte Zuspizungen auf solchen internationalen Konferenzen sonst nur im Laufe der Zeit einzutreten pflegen, während diesmal

die Konferenz jeht schon mit einer Krise eingeleitet worden ist.

Es fällt auf, wie unerhört start sich die beiden Parteien fest­gelegt haben. Snowden, indem er feierlich erklärte, daß niemals irgendeine englische Regierung oder ein englisches Parlament neue Opfer afzeptieren würde, wie sie der Young- Plan in der vorliegenden Fassung für England mit sich bringt, während Cheron, Mosconi und Hymanns sich mit nicht geringerer Emphase die Parole der Bariser Sachverständigen zu eigen machten: unteilbares Ganzes, fein Stück darf aus dem Sachverständigenentwurf herausgenommen werden. Das sind so schroff entgegengesetzte Thesen und sie wurden bewußt so scharf formuliert, daß man

einstweilen überhaupt nicht sieht, wie diese Gegensätze überbrüdt werden können.

Benn man trozdem nicht allzu peffimistisch sein darf, so doch nur deshalb, weil die Erfahrungen aller früheren Ronferenzen für eine Schlußeinigung sprechen und weil in der Debatte alle den zweifellos ehrlichen Wunsch ausgesprochen haben, zu einem be­friedigenden Ergebnis zu gelangen.

Aber in einem ist schon jetzt äußerster Bessimismus am Blaze:

nämlid; bezüglich der Dauer der Konferenz. Man sieht

schwere, sehr langwierige Kämpfe in den Kommiffionen voraus und man ist in der deutschen Delegation auf eine Konferenz

bauer von vielen Wochen, unbeschadet der Genfer Völkerbunds­tagung im September, gefaßt.

Bom deutschen Standpunkt ist es jedenfalls erforderlich, daß die durch den Young- Plan vorgesehene Organisationsfomiteès die ebenfalls eine langwierige technische Arbeit zu leisten haben wer den, unverzüglich zusammentreten: das gilt besonders für das Komitee, betreffs des zukünftigen Organisationsstatuts der Reichsbahn, wobei Deutschland verschiedene Forderungen haben wird, an denen nicht zuletzt die Arbeiterschaft der Reichsbahn start interessiert ist. In Frankreich war bis in die jüngsten Tage Stimmung dafür ge­macht worden, daß die politische Kommission erst dann zusammen trete, wenn die Finanztommiffion ihre Arbeiten beendet haben würde. Selbst offiziös flingende Berichte ließen erkennen, daß sogar die französische Regierung mit diesem Gedanken spielte, offenbar um nor allem auf die Engländer einen Drud auszuüben. Diese Gefahr ist jedoch schon abgewehrt, da die politische Kommission ihre Arbeiten gleichzeitig mit der Finanzkommission, d. h. bereits am Don­nerstagnachmittag beginnen wird. In dieser politischen Kommission

In einer Pressebesprechung vor den englischen Journalisten, in der er die Argumente feiner Dienstagrede im wesentlichen und in feineswegs abgeschwächter Form wiederholte, antwortete Snowden auf dieses Argument, daß er dies nicht als ein Opfer anerkennen fönne: denn es sei kein Opfer auf etwas zu ver­zichten, von dem man genau wisse, daß man es niemals erhalten hätte.

Die Generaldebatte geschlossen.

V. Sch. Haag, 7. August. ( Eigenbericht.) Nachdem in der Vormittagssigung der Konferenz noch in der Vormittagssigung der Konferenz noch Venizelos - Griechenland und Marinkowitsch- Jugoslawien Don den Opfern ihrer Länder gesprochen hatten, ist die Generaldebatte am Nachmittag zu Ende geführt worden, so daß die vielfach geäußerten Befürchtungen, die Einsetzung der Kommissionen und damit die Erörterung der politischen Fragen werde eine wesent­liche Verzögerung erleiden, sich nicht verwirklicht haben. Es sprach nur noch Hymans- Belgien , um ähnlich wie der Franzose und

in einem Punkt gab es einen kleinen Zwischenfall. Die große Sechs" hatte beantragt, daß die Finanzkommission solche Probleme, die nur die einladenden Mächte berührten, lediglich von diesen in besonderen Sizungen behandelt werden sollten, ohne

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Teilnahme der Delegierten der übrigen kleinen Mächte. Hier hafte nun Jugoslawien , ein und fragte, ob es denn eine oder zwei verschiedene Titulescu Rumänien , unterstützt von Marintowitsch= Finanzkommissionen geben würde. Der Vorsitzende Jaspar war nicht ganz leicht, folche finanziellen Punkte du benennen, die nur die um die Beantwortung dieser Frage etwas verlegen; denn es war einladenden Mächte berühren. Dennoch erklärte Jaspar, es gäbe selbstverständlich nur eine Finanztommission, aber man werde eine ,, Teilung der Interessen" ins Auge fassen müssen für den Fall, daß gewisse Fragen nur eine bestimmte Gruppe von Konferenzteilneh­mern berühren sollten.

Die deutsche Abordnung wird als ihre Vertreter in die

als

Finanzkommission den Reichsfinanzminister Hilferding und den ihre Bertreter in die politische Kommission den Reichsaußenminister Stresemann und den Reichsminister für die besetzten Gebiete Birth.

Snowden hat England hinter sich.

London , 7. August.( Eigenbericht.)

Die Rede des Schahtanzlers Snowden auf der Haager Kon­ferenz ist in London auf allen Seiten mit großem Beifall auf­

genommen worden.

Der Daily Herald" läßt feinen Zweifel darüber, daß Snowden mit seinen Ausführungen auch die Auffassung der Arbeiter­partei verdolmetscht hat. Die Verhandlungen mögen sich, so stellt das Organ der Arbeiterpartei fest, zeitweilig schwierig gestalten, es werde schon möglich werden, praktische Resultate zu erzielen, wenn alle Delegierten dem Beispiel Snowdens folgen und ebenso offen zur Sache sprechen. Man dürfe darauf vertrauen, daß die Staats­männer der anderen Staaten in der britischen Feststellung, daß die äußerste Grenze für England erreicht sei, keinen Tadel gegen sich sehen. Der Daily Herald" spricht schließlich die Hoffnung aus, daß es nicht schwer fallen werde, die von den britischen Delegierten geforderte Abänderung des Young- Planes und damit ein As­kommen zustande zu bringen, das eine Lösung der Reparationsfrage und die Liquidterung der Rheinlandbesetzung mög lich machen werde.

der Italiener zu erklären, daß der Young- Blan ein unteilbares Ganzes Einigung England- Aegypten.

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bilde und daß kein Stück aus ihm herausgenommen werden dürfe. Sonst müßte man eine neue Sachverständigenkonferenz einberufen. Hymans Erklärung war turz und in energischem Tone vorgetragen. Adatschi Japan fonnte nicht unterlassen, nachdem alle übri­gen Gläubigervertreter von den schweren Opfern" gesprochen hatten, die sie bisher gebracht hätten, ebenfalls diese Wendung zu gebrauchen, die besonders im Falle Japan in der Welt allgemeines Kopfschütteln erregen dürfte; er erkennt aber den Young- Plan als Grundlage für eine endgültige Regelung an. Nach einigen belanglosen Borten des amerikanischen Be­obachters Wilson wurde die Disfuffion geschlossen und der Bor fizende Jasper machte einige Prozedurvorschläge, die allerdings in einer vorangegangenen furzen Besprechung der sogenannten ein­

ladenden Mächte vereinbart worden waren.

Es wurden demnach zwei Kommissionen eingesetzt: eine Finanz­tommission und eine politische Kommission. Jede der 12 Länder ent­fendet zwei Delegierte in die Finanzkommission, die aus 24 Dele­gierten plus dem Borsitzenden bestehen wird.

Die politische Kommission dagegen wird nur aus je zwei Mitgliedern der sechs. einladenden Mächte bestehen und einem Vorsitzenden, zusammen 13 Personen, so daß z. B.

Polen bei der Beratung des Komplexes der Rheinlandräumung nicht mitzureden

haben wird. Die Vorsitzenden werden nicht als Delegierte ihres Landes gerechnet. Zum Borsigenden der Finanzlommission wurde der belgische Finanzminister outart gewählt, zum Vorsitzenden der politischen Kammiffion der englische Außenminister Hender son.

Die Kommissionen werden das Recht haben, Unterkomitees zu bilden und Sachverständige zu vernehmen. Die Kom­missionen werden ihre Beschlüsse der Plenarkonferenz übermitteln, aber das dürfte wohl nur eine Formalität sein, da Beschlüsse, die in

Die Arbeiterregierung für die Wiederherstellung des Parlaments.

Von Dr. Artasches Abeghian.

Lösung steht. Die Bildung der Arbeiterregierung in Eng­Alles spricht dafür, daß das ägyptische Problem vor seiner land war das günstigste Moment dafür. Die vor kurzem er­folgte Suspendierung des Oberkommissars Lord Lloyd stellte schon den Auftakt in dieser Richtung dar. Sie hatte ein doppeltes Ziel. Erstens wollte damit das Kabinett Mac= donald mit der ägyptischen Politik des bisherigen englischen Profonfuls in Kairo radikal Schluß machen, zum zweiten aber den Posten des Oberkommissars selbst abschaffen. Die englisch - ägyptischen Beziehungen sollten eben auf einer neuen Grundlage aufgebaut werden, so daß für fommandierende englische Beamte an den Nilufern kein Platz mehr war.

Die Arbeiterregierung hat jetzt ihren Willen zu einer neuen ägyptischen Politik in einem Vertragsentwurf niedergelegt, der das Resultat der Verhandlungen darstellt, die in den letzten Wochen zwischen dem englischen Außen­minister Henderson und dem ägyptischen Ministerpräsi­denten Mahmut Pascha in London geführt wurden. Die englischen Vorschläge lauten: 1. Beendigung britischer Okkupationsmacht in Aegypten ; die in Kairo , Alexandrien und überhaupt in ganz Aegypten befindlichen ägyptischen Truppenabteilungen müssen also das Land räumen. Einzige Ausnahme bildet die Zone des Suezkanals, wo die britischen Besatzungskräfte konzentriert werden sollen. 2. Wiederherstellung der britisch- ägyptischen Gemeinsamkeits­herrschaft über den Sudan , die Ende 1924 den Aegyptern in­folge der Ermordung des britischen Oberbefehlshabers der