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Ar 373 46. Jahrgang

1. Beilage des Vorwärts

Sonntag, 11. Auguft 1929

Am Vorabend des Nationaltages.

Tausende auf den Straßen. Schwarzrotgold beherrscht das Bild.

Berlin   begann gestern nachmittag schon feftlich zu werden. Mitten hinein in das nüchterne Gerassel, Geklingel und Gehämmer der Riesenmaschinerie schallt vielstimmiger Gesang. Gäste aus dem Reich, Gäste von außerhalb werden mit Musik von den Bahnhöfen abgeholt und nach dem Quartier gebracht. Das wimmelt auf den Straßen und Plähen von Kameraden, die Schwarzgekleideten, mit dem Rucksack auf dem Buckel und dem forschen Tambour voran, das sind die Oesterreicher  . Alles kennt sich, alles be grüßt sich. Freundschaft" lautet der Gruß des Tages. Von den Dächern wehen die schwarzrotgoldenen Fahnen, Unter den Linden  , am Potsdamer Platz   und an allen anderen großen Verkehrszentren prangen große Transparente mit der Parole des Tages: Es lebe die Republik  ! Die Verfassung ist der Hort der Freiheit! Ueberall, in der Millionenstadt, in den Außenbezirken und der Umgebung, herrschte Festes. stimmung.

Empfang am Potsdamer Bahnhof.

Die Bundesleitung des Reichsbanners in Berlin  .

Die büftere Halle des Botsdamer Fernbahnhofs bietet ein Jeffam buntes, farbenfrohes Bilb. Männer in den Schmuden Uniformen des Reichsbanners, zum Teil mit fdymarzrot goldenen Schärpen, erwarten ihren erwählten Führer, den Kameraden Hörfing, der aus Magdeburg   fommt, um an der großen Berliner  Berfaffungsfeier teilzunehmen, und die anderen Mitglieder der sverften Reichsbannerleitung, Reichstagspräsident Genoffe 2öbe ift ba, und mit ihm tommen die Führer des Berliner   Gauvorstandes, Reichstagsabgeordneter Genosse Stelling, Reichstagsabgeordneter Ramerad 2emmer, Ramerad Nomad und die anderen alle. Der Zug läuft ein, die Fahnengruppe marschiert auf, eine furze Begrüßung folgt. Bier frische Jungen vom Repubitanischen Pfadfinderbund überreichen dem Kameraden Hörsing einen Strauß roter Relten mit einer Schleife in den Farben der Repablit Bor dem Blah auf dem Bahnhof find mehrere Ab­tellungen des Berfiner Reichsbanners aufmarschiert, deren Front Hörfing abfchreitet. Der Reichsbannermarsch ertönt:

Jegt haben wir fie doch befreit, Befreit aus ihren Särgen.

Saber ber Rette der Schupobeamben, die fich auch diesmal wieder außerordentlich zuvortommend und rüdsichtsvoll zeigten, jubeln ble Maffen dem Reichsbanner zu und minten mit schwarzrot

goldenen Fähnchen. Der Zug feßt sich in Bewegung. An der Spiße marcheren, ein Symbol bes Boltsstaates, der Präsident bes deutschen   Boltshauses, Paul 25 be, der Führer des Reichs. banners, Hörfing, ein früherer hoher Beamter, und der Führer der Berliner   Reichsbannerfameraben, Stelling, ein früherer Ministerpräsident. Führer und Bolt sind eins geworben...

Die Eisenbahner im Zirkus Busch. Genoffe Deutsch   vom Schuhbund speicht.

Die Kameraben des Defterreichischen Schuh­bundes und die deutschen   Eisenbahner trafen fich gestern nachmittag um 4 Uhr im 3irtus Busch, um eine 3usammenarbeit beider Organisationen vorzu­bereiten.

Trotzdem die Defterreicher zum großen Tell erft im Laufe des geftrigen Bormittags eintrafen, waren fie schon wieder um 14 Uhr marschbereit. In gefchloffenem Zuge marschierten fie von der zum Zirkus Busch. Fontanepromenade und von Kliems Ueberall wurde der Zug der Eisenbahner lebhaft begrüßt. Die blauen und grauen Uniformen zeigen den Berlinern schon von meitem, daß Deft erreicher anrüden. Die Kapellen des Schutz­bundes waren recht fleißig; ein Marsch nach dem anderen wurde gespielt.

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Der

reichischen Eisenbahner lieben ihren Führer, und überall, wo fie| Iung, uns hinter den republikanischen Staat und seine Berfassung ihn sehen, ist er Gegenstand begeisterter Ovationen. Im Auftrage zu stellen und sie mit allen Kräften zu feftigen und zu fördern. Die des Bundesvorsißenden Otto Hörfing begrüßte Kamerad Krohn Mitglieder der deutschen   Eisenbahnerverbände sind heute schon in die Rundgebung. Er ruft den Desterreichern ein herzliches Will ihrer überwiegenden Mehrzahl Anhänger der Demokratie. tommen" zu und entbietet den Führern des Schutzbundes, Führer der österreichischen Eisenbahner, Genosse Johann Bogt, Dr. Deutsch und Vogt, sowie den Führern der deutschen   sprach seine Freude darüber aus, baß auch in Deutschland   die Eisenbahner fest zusammengeschlossen sind; die Eisenbahner haben innerhalb der republikanischen Schuzarbeit besondere Aufgaben. Darum müssen sie auch fest zusammengeschlossen sein und mit aller Macht die reattionären Berbände, die einen Bürgerkrieg provozieren wollen, in Schach   halten. Der zweite Borsigende des Allgemeinen Eisenbahnerverbandes, Genoffe Offo Hoffmann, er­flärte, baß es tein Bufall sei, daß sich gerade in den Eisenbahner­Der betrieben teine gelben Gewerkschaften entwickeln tönnten. Borsitzende des Lokomotivführerverbandes, Genoffe Otto Scharf­ schwerdt  , sprach als letzter Redner und appellierte an alle Bolts­genossen, im Kampf für Recht und Freiheit nicht zu erfahmen.

Das geschmückte Vorwärts"-Haus. Eisenbahnerverbände ein fräftiges Frei heit". In Defterreich ist ein starter Schutzbund innerhalb der Eisenbahner gegründet worden. Auch die deutschen   Eisenbahner haben sich in ihren Organisationen mustergültige Verbände geschaffen. Aber nicht nur bei der Eisenbahn, auch bei der Reichs post und Reichswehr  müssen wir derartige Organisationen haben, um auch bei diesen Behördenapparaten durchbringen zu können. Als zweiter Redner sprach der Führer der Desterreicher,

Nationalrat Dr. Deutsch,

der ftürmisch gefeiert wurde. Er führte aus: Als wir die Staats­grenzen passierten und die ersten Republikaner uns zujubelten, da wußten mir, daß es feine Grenzen zwischen Deutsch­ land   und Desterreich gibt, wir wußten: Wir fehren zurüc in die Heimat. Wir tommen zum deutschen   Volke und zur deutschen  Arbeiterschaft, deren Teil wir sind. Gemeinsam mit der Arbeiterschaft, der treuesten Stüße der Republik  , wollen wir Aufbauarbeit für die Menschheit leisten. Wir wollen gemein­fam weiter arbeiten für das große Ziel: Einheitsstaat mit Deutsch  österreich  ! Stürmisches Frei Heil", das immer wieder beantwortet wird durch den Ruf der Desterreicher Freundschaft", war Dant

für die herzlichen Worte. Dann sprachen nach weiteren Mufit porträgen die Führer der deutschen   Eisenbahnerver­bände, zuerst der Vorsitzende des Einheitsverbandes der Eisen­bahner Deutschlands  ,

Genoffe Franz Scheffel  .

Vor dem Zirkus Busch warteten bereits Tausende auf den Zug der Eisenbahner. Sofort nach Eintreffen des Zuges war auch der Zirkus überfüllt. Die Musikkapellen des Reichsbanners und die Schutzbundkapelle spielten abwechselnd. Als der Führer des Er betonte, daß sich die deutschen   Eisenbahner die Organisation Schutzbundes  , Nationalrat Dr. Deutsch, den Zirkus betrat, be- der Desterreicher zum Vorbild nehmen. Auch wir halten es für grüßte ihn ein träftiges Freundschaft. Die deutschöfter- ein unerläßliches Gebot republitanischer Pflichterful.

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Berfassungstag im Gefängnis.

Der Leuchturm" zum 11. Auguft.

Die im Zuchthaus Wohlau erscheinende Gefangenen­zeitung Der Leuchtturm" widmet ihre Nummer vom 11. Auguft dem Verfassungstag.

Auf der ersten Seite des Blattes, bas Bilder von Friedrich Ebert   und Hindenburg   schmüden, spricht Justizminister Dr. Schmidt zu den Gefangenen. Er sagt ihnen. daß der Strafvollzug nicht dazu da sei, Menschen zu erschlagen; er fenne nur Menschen, die ihr Lebensschicksal in Irrtum und Not verstrickte, das fie schuldig werden ließ gegen die Gesetze der Gesellschaft, ihnen wolle der Strafvollzug helfen, nicht in Willfür, fondern in Ge­rechtigkeit. Prof. Dr. Radbruch schreibt über Einigkeit und Recht und Freiheit; über Heimatgefühl, Gemeinfmn, Tatbewußtsein, Sozialfinn, Völkerversöhnung und Schonung der Gesinnung Anders. denkender und schließt mit den Worten: Wenn wir in stillen Stunden Einkehr in uns selbst halten oder in hohen Stunden immer­lichst mit der Gemeinschaft verschmelzen, in allen ergriffenen Stunden des Einzel- und Boltslebens werden wir uns zuversichtlich bewußt, daß unter allem Bellengang der Oberfläche unbeweglich und unzerstörbar der Fels unseres gemeinsamen Bolts­tums ruht, und wir fassen dieses Bewußtsein in die Borte des Liedes zusammen, das der unvergeßliche erste Reichspräsident wieder zum Liede aller Deutschen   in der deutschen Republik gemacht hat: Einigkeit und Recht und Freiheit!"

"

Einem Artikel Severings: Die Republik   steht fest", folgt ein weiterer über Friedrich Ebert  . Lobe erzählt von den Ge­fängnissen, die er als verantwortlicher Redakteur der Kaiserzeit über

sich hat ergehen lassen. Prof. Dr. Eugen Rosen stod hüssys, Breslau  , vorjährige Rede vom 11. August im Breslauer Ge­fängnis über die Gefangenschaft des Boltes, in der er die Welt als Gefängnis schildert und den Weg aus diesem Gefängnis zeigt, fügt sich eine Darstellung der Nationalfeiertage in den verschiedenen Ländern an. In diesem Geiste ist das ganze 12 Seiten starte Blatt gehalten, belebt von Gedichten Brögers, Freiligraths und Jürgen

Brandts.

Die Gefangenen werden vom Berfassungstage das Bewußtsein mit in ihre 3elle nehmen, daß die Republit gewillt ist, auch ihr Los, so gut es eben geht, zu erleichtern.

Schwarzrotgold auf dem Waffer.

einem zwar idyllisch gelegenen, aber von der rupublikanischen Man schreibt uns: In Spigmühle bei Strausberg  ,

Kultur noch reichlich unberührten Dertchen, wohnt in einem am See gelegenen Häuschen ein alter Herr, der am grünen Gestade 16 Ruderboote gegen angemessene Bezahlung zu Luftfahrten auf dem See bereit hält. Der Mann hält es noch mit seinem Kaiser, erklärt die Republik   für eine neumodische Erfindung, schimpft auf den neuen Staat, die Juden, die Beamten, die Steuern und was es

sonst noch für Niederträchtigkeiten gibt. Sonst ist der gute Mann

aber nicht so; er läßt sich recht gern einen ordentlichen Schnaps gefallen, selbst wenn Republikaner ihn bezahlen, und das tommt sehr oft vor. Es dürfen dann sogar zwei oder drei oder vier Zwei­stöckige sein. Einige republikanische Gäste Spizmühles gönnten dem Alten wohl seinen Gratisschnaps, aber die Schimpfereien, nein, die wollten sie ihm doch einmal abgewöhnen. Anlaß bot ihnen da ein lauer Sommerabend in dieser Woche. Der alte Seebär hatte wieder einmal feinen Durst von den andern löschen lassen, er fand schließlich

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