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Stoberl Sfreuer:

Qehorf am dem Wer rf eher

Jede Verfassung ist das Diktat bestehender und sich auswirkender Machtverhältnisse. Die Machtverhältnisse sind das Primäre, die Verfassung ist das in Paragraphen gegliederte Spiegelbild. Fallen die Machtverhältnisse, fällt die Verfassung. Sie stirbt nicht durch Willkür; sie stirbt urud wird geboren durch Wirklichkeit. Sa ist auch die durch Bismarck geschaffene Reichsverfassung nicht aus Uebermut beiseite geschoben worden: sie zerbrach, als das alte Reich, als Kaiser- tum und Heer, als Adel und Beamtenschaft in Trümmern lagen. 1919, hätte nicht zustande kommen könne, wenn sich nicht neue 1919, hätte nicht Zustandekommen können, wenn sich nicht neue Macht gebildet hätte. Der Artikel 1 kennzeichnet diese Macht:.Die Staatsgeroalt geht vom Volke aus/ Das Volk war der neue Macht- tröger. Der Kaiser, die König?, die Fürsten waren geflohen, so kannten sie in der Verfassung nicht mehr wirksam werden. Das Volk war in die Bresche gesprungen und hatte seine gesamte Kraft daran gesetzt, den Zusammenbruch aufzuhalten und das Kriegs» schicksal zu meistern. So muhte der Wille des Volkes auch in der Verfassung, die es sich gab, zum Ausdruck kommen. Gegen solchen ehernen Geschichtszusammenhang anrennen zu wollen, ist Torheit. Solange das Volk Kraft genug besitzt, den Staat nach außen zu verteidigen und im Innern in Ordnung zu halten, bleibt die Ver- fasiung, die nur eine Bestätigung des neuen Machtverhältnisies ist, bestehen. Da die Geschichte selten sich zurückreoidicrt, ist nicht anzu- nehmen, daß das deutsche Volk seine Souveränität wieder an eine ihm nicht innewohnende Macht abgeben wird. Nachdem das Volk einmal erfahren hat, daß es nicht mehr Objekt des Staates zu sein braucht, daß es vielmehr selbst Staat zu sein vermag, dürfte es sich schwerlich wieder in die primitive Rolle des Untertanen zurückdrücken lassen. Der Bestand der republikanischen Bersasiung, der Bolls» staat, ist gesichert. Aus unerhörtem Elend ist etwas Neues geboren worden: wie sollte das Boll, dem solches gelang, nicht den Drang fühlen, den Geburtstag seiner Macht feierlich zu begehen. In dem Feste der Verfassung will das Volk sich selber ehren. > Die Verfassung des alten Reiches war auf die Dynastien ge> grüydet. Bismarck glaubte, daß die deutschen Völker für alle Zeil in Ehrfurcht zu ihrem augestammten Fürsten beharren würden. Cr schätzte das Nationalgefühl der Deutschen niedrig ein: er glaubte, das Reich in der Liebe des Untertanen zum angestammten Herrscher gesichert. Bismarck hat sich geirrt. Die Throne zerbrachen wie Glas! in wenigen Stunden hatten die deutschen Völker nicht nur aufgehört, ihre Fürsten zu lieben, sie hatten ihrer vergessen. Start und mächtig aber war das Nationalgefühl in ihnen erwacht, be» hauptete sich und rettete die Einheit des Reiches. Durch solchen schöpferischen Willen war das deutsche Volk neu erstanden, war es im vollen Sinne erst zu sich selbst gekommen. Erst durch solchen schöpferischen Akt wurde das deutsche Nationalbewußtsein eine poli- tische Tatsächlichkeit. Und auch die», diese Gründung des Reiche» auf den Fels eines vom Volk getrogenen Nationalgefühls, ehren und feiern wir, wenn die Wiederkehr des Verfassungstages all- jährlich das deutsche Volk an sein Mündigwerden erinnert. Das mag manchem sentimental erscheinen: das birgt aber, wenn es richtig geschieht, eine Quelle großer Kraft in sich. Solche Kraft soll für das ganze Volk von einer rechten Verf-issungsfeier ausgehen. » Wenn nun auch die Verfassung da» Werk einer anonymen Macht ist, so bedarf si« doch einer Persönlichkeit, die sie niederschreibt, die sie aus den Machtträgern heraushorcht. Der Geburtshelfer der neuen Verfassung war Hugo Preuß . Er hat sich nie als Erfinder ausgegeben: er wußte, daß ihm diktiert wurde. Er schrieb das Diktat des Volkswillens. So sprach er:Eine Regierung von oben ohne Auftrag von unten läßt sich nicht in die leer« Luft hinein- konstruieren: jede neu« Ordnung kann nur von unten herauf errichtet werden im Auftrag des Gemeinwillens. Di« letzten Rudimente des Obrigkcitsstaates haben dem Volksstaate endgültig den Platz geräumt." Und an einer anderen Stell«:Durch die Identität von Staat und Volk vollzieht sich erst die tatsächlich« Politisierung des Volkes: erst die Ueberwindung des Obrigkeits- systeins schafft Raum für den politisierten Staat." Von unten her kommt die Lebenskraft des neuen Staates. Das Volk hat erkannt, daß es für sich verantwortlich ist. daß Ihm von nirgend sonst als nur von sich selbst Hilfe kommen kann. Das Volk hat sein« Majestät erkannt. Am Tage der Verfassung sieht es sich in der Hoheit seiner Macht, seiner Pflicht und seiner Leistung. Im Lause des Jahres erfährt das Volk manche Kränkung und manche Beschämung, erlebt es oft genug seinen Mangel an politischer Erfahning: der Der- sassungstag soll ihn, immer wieder in die Erinnerung rufen: daß es mutig und gewiß die Bahn, die es beschritten hat, weitergehen muß. Der Verfassungstag spricht: Es gibt kein Zurück, es gibt nur ein Vorwärts. Wie der einzelne Mensch, so braucht auch ein Volk

Stenniiis Siudersladl

Derfasstmgslag Mr gehen in den Garken. Kamerad! Der Ahorn rauscht mik seinen grünen Blättern. Die Aaller tanzen und die Amseln schmettern. Der Sommer glüht, wenn auch der Abend naht. Und denkst du noch an manchen heißen Tag? Der Tod ging um in unser« Schützengräben, Aushalten! hieß es hinten bei den Stäben, Und die Granaten heulten Schlag um Schlag. Bier bange, lange Zahre währte so Der Widersinn in unbegrenztem Morden. Und war unfaßbar auch dos Leid geworden. Vir hielten aus. doch unser Kriegsherr... floh. Da stürzte jäh ein prunkender Valast, Und letzter Glaube schwand an Sönigvtreue. Doch, keuchend unter fürchterlicher Last. Schrie Mund um Mund: Kommt, Brüder, schafft auss neue! Ein Beltelvolk von gleicher Bot umschlungen. hat mühsam. Stein um Stein, das Haus erbaut, Buc auf die Arbeit haben wir geschaut, 3a. selbst das Chaos ward von uns bezwungen. Und dies war Weimars segensvollste Tat: Das Licht der Freiheit strahlte nach den Wettern. ...Der Ahorn rauscht mit seinen grünen Blättern. Es sproßt ein Zukunfksgarten, Kamerad!

solche Tag« der Besinnung, der Einkehr und der seelischen Auf» richtung. Der Verfassungstag ist zugleich Denkmal und Leuchtturm. Ein weises Wort Spinozas sagt:Daß er Gehorsam findet, das macht den Herrscher aus." Nicht der An- spruch, herrschen zu wollen, entscheidet. Entscheidend ist die Tatsache, daß gehorcht wird. Es war leicht, dein König zu gehorchen. Di« Autorität des Königs war eine niedrige Stufe der Ordnung: die Autorität des Volksstaates verlangt«ine höhere Form der politischen und sozialen Gesittung. Niemand darf sich darüber wundern, daß die Verfassung der Deutschen Republik auch heute noch auf Wider- stand stößt. Das beweist nichts gegen die Verfassung: das beweist nur, daß die politische Erziehung des Volkes noch der Vollendung bedarf. Der Volksstaat aber sollte in jedem Augenblick des Wortes Spinozas gedenken: er muß sich Gehorsam verschaffen, weil er sich Herrscher weiß, weil er der einzig vorstellbare Herrscher ist. In solchem Sinne soll der Verfassungstag dem Volksstaat und dem Volke im Rhythmus der Jahre neu« und junge Entschlußkraft spenden. « Am 16. April 186Z hielt Ferdinand Lassall « den berühmt ge- wordenen VortragUeber Derfafsungswesen". Darin sagte er:Ein König, dem das Heer gehorcht und die Kanonen das ist ein Stück Verfassung. Ein Adel, der Einfluß bei Hof und König hat das ist ein Stück Verfassung. Herr Borsig und Egels, di« großen Industriellen überhaupt die sind«in Stück Verfassung. Die Bankier» Mendelssohn, Schickler, die Börse überhaupt das ist ein Stück Verfassung." Von dem, was Lassall« als reale Stücke der Ver-

fassung nannte, sind zwei erhalten geblieben: die Herren Borpg und Mendelssohn . Si« sind in Wirklichkeit eins: das Kapital. Die Ver- fassung des Deutschen Reiches ist die Verfassung eines kapitalistischen Staates. Sie ist nicht di« Verfassung eines Staates, wie ihn der Sozialismus meint. Da sie aber den Volkekräften freie Entfaltung gewährt, sichert sie die Entwicklung von der politischen zur win- schaftlichen Freiheit, von der politischen zur wirtschaftlichen Selbst- Herrschaft des Volkes. Insofern ist der Verfassungstag auch ein Aus- blick in die Zukunft des Staates, nicht di« Verheißung eines Wunders, das irgendwann einmal den Sozialismus hervorzaubern wird, wohl aber die Geschichtsverheißung: daß erkämpft werden wird, was reif wurde und wofür Opfer zu bringen da» Volk den Willen hat. Zehn Jahr« Weimarer Verfassung . Aber der Weg. der dahrn führte, ging durch die Jahrhunderte. Vor vierhundert Jahren flammten über Deusschlond die Artikel der Bauern:Zum dritten, ist es bisher Brauch gewesen, daß sie uns für Eigenleutc geholten haben, was zum Erbarmen ist, zumal Christus uns all mit seinem kostbaren Blutvergießen erlöset hat. Darum, gemäß der Schrift, wollen wir frei fein." Und nochinals 1500 Jahre zuvor stand auf dem Gipfel des Vesuvs Spartakus :Er erklärte sich öffentlich für einen Feind Roms und forderte alle Sklaven und Bedrückten auf, sich ihm anzuschließen und in den Befreiungskampf einzutreten." Zehn Jahr« Weimarer Verfassung : ober tausendjähriger Kampf um die Freiheit des Volkes, das gibt Gewähr dafür, daß di- Demokratie dem Ziel« nahekommt, Gehorsam findet und herrschen wird.

S£am Steimann:

O du gute alte Zeit! Erinnerungen durchrieseln dos Gemäuer meiner zarten Seele, und Tränen der Wehmut entträufeln meinen fieberheißen geröteten Lidern, dofern ich deiner gedenke, o du gute alte Zeit! Ich sage nichts: Darde-Ulanen, Garde-Ulanen, Garde-Ulanen. Wer erinnerte sich ihrer nicht? Exzellenz von der Marwitz war ihr Kommandeur und Potsdam ihre Garnison. Und sie hatten Stil. Wie denn überhaupt unser Militär Stil hatte: insbesondere jedoch die Garde-Ulanen. Ich meine das Wort.Stil" in nichtübertrogenem Sinne. Stil auf sprachlichem Gebiet. Wenn man krank war und Gelegenheit zu einer saftigen Fieberkurve bot, mußte man sich auf der Schreibstube einfinden und um die Erlaubnis bitten, sich trank melden zu dürfen, und dann wurde man auf der Revierstube mit Chinin oder Rhizinus be» handelt.Gefreiter Soundso bittet, sich krank melden zu dürfen." Oder wenn man seinem Hauptmann zum Geburtstag zu grahx- lieren die Keckheit besaß, mußte man dies mit der berauschenden Wendung tun:.Ich bitte Herrn Hauptmann. Herrn Hauptmann zu Herrn Hauptmanns Geburtstag gratulieren zu dürfen." Die Garde-Ulanen besaßen den Stil in besonders stilvoller Weise, und der Freiherr von Dembschen diente als Leutnant bei den Garde-Ulanen und liebte den Stil. Aus Jux. Und parodierte den Stil und machte sich dadurch mißliebig. Denn niemand wußte mit Bestimmtheit anzugeben, ob der Freiherr von Dembschen Jux oder Ernst machte. Und solcher Zwiespalt ruft peinliche Empfindung» hervor."

Da wurde eines Tages eine neue Bandsäge ausgeknobelt und das Garde-Ulanen-Reginient sollte die neue Bandsäge probieren. Man überreichte dos Instrument dem Leutnant von Dembschen mit dem Bemerken, daß er bis zum 13. eine detaillierte Meldung, die Säge betreffend, einzureichen habe. Dembschen wurde just um die nämlich« Zeil zur Schießschule abkommandiert und kümmerte sich den Teufel um Regiment und Bandsäge. Wochen verstrichen. Dembschen rührte sich nicht. Die Neugier Deutschlands , was denn nun eigentlich mit der neuen Bandsäge los fei, stieg auf den Siedepunkt. Dembschen wurde dienstlich zur Abfassung seines Gutachtens gezwungen. Sein Gutachten lautete:Laut Exerzierreglement Anhang II Ziffer Vb ist der direkte Schriftverkehr zwischen Truppenteil und den zur Schießschule abkommandierten Offizieren verboten, wodurch sich alle weiteren Anfragen, di« Bandsäge betreffend, ergebenst er- übrigen, von Dembschen." Der Kommandant tobte. Noch heute spricht man von der Auf- regung, die in jenen Tagen das Kasino der Garde-Ulanen durch- zitterte. Dembschen wurde unter rabulistischen Reizmitteln von der Schießschule abgelöst und zwecks Begutachtung der Bandsäge dem Regiment zugeteilt. Achtundoierzig Stunden beschäfttgt« er sich mit der Bandsäge. Dann schrieb er die Meldung. Und dann ging er in ewigen Urlaub. Er hatte den Stil oerletzt. Durch seine Meldung. Die lautete:.Die Säge ist nicht schlecht.">

Wart möller:

Ton liationalfeieria

In der Monarchie feierte man an den zufälligen Geburtstagen der Herrscher Tage, an denen dem Volke vorgeschrieben wurde, in Hochachtung vor seiner Majestät aufzugehen. Heute gibt es würdigere Nationalfeiertag«: der 14. Juli in Frank­ reich , der 4. Juli in Amerika und der 11. August in Deutschland sind Crinnerungsdaten, mit denen die überwiegend« Mehrheit des Volkes sich verbunden fichlt. So ist es nicht zu verwundern, daß überall die jährlich« Wiederkehr dieser Tage mit großem Aufwand und jubelnder Freude gefeiert wird. Auch in der Schweiz , deren Gründungstag der 1. August ist, und selbst in dem englischen Dominion Kanada finden am Nationalfeiertage große Festlichkeiten statt. Wenn in Deusschland in den letzten Jahren die Feier des Verfassungstages noch nicht in solchem Maße zu einem allgemeinen Volksfest wurde, so mag das zum Teil vielleicht daran liegen, daß die neue Entwicklung des deutschen Volksstaates noch allzusehr Gegenstand des politischen Tageskampfes ist. Vor allem aber steckt wohl noch zu viel alter Geist in den Köpfen und Herzen der deutschen Staatsbürger. Wie stark ein Nationalfeiertag im Herzen eines Volkes ver- wurzelt fein kann, habe ich an charakteristischen Beispielen erlebt. Am eindruckreichsten war mir der 1. August des vorigen Jahres in der Schweiz . Zluf einem großen Platz in der Herrlichen Stadt Genf waren Tausend« von Menschen versammelt. Straßen und Häuser wurden festlich illuminiert, und in den klaren Well«n des Genfer Sees spiegelten sich die unzähligen Lichter dieser Pracht, während von den Bergen ringsum lodernde Flammen leuchteten. Der Schweizer Bundespräsident sprach kurz« Worte über die Einheit der freien Republik und den europäischen Frieden, und olle stimmten freudig in den Hochruf mif die Demokratie ein. Dazu spielte die Kapelle di« Schweizer Nationalhymne, und«in riesiges Feuerwerk mit den Symbolen von Wilhelm Zell erleuchtete di« Nacht. Eine ernste, aber doch freudig bewegte Feier. Ganz anders wird der 14. Juli in Frankreich begangen. Dort herrscht Uebermyt und fröhliche Ausgelassenheit. An diesem Tage ist wohl Paris tatsächlich die Stadt der überschwänglichcn Be- geisterung, und selbst in der Proviix; nimmt der Tanz vor der Bürgermeisterei kein End«. Uuch in Amerika ist die Unabhängig- keitsfeier ein willkommener Anlaß, öffentliche Umzüge, Karnevals- tänze und alle möglichen anderen Volksbelustigungen zu veran- stalten. Die Zeitungen geben dicke Sondernummern heraus, und der Präsident hält wohl auch eine Rede, aber sonst ist von der Manifestation eines politischen Willens an diesem Tage nur wenig zu spüren. In diesem Jahre hotte ich am 1. Juli Gelegenheit, den Jahres- tag der Gründung des englischen Dominions Kanada zu erleben, und zwar im äußersten Westen des Landes: in Brittsch-Columbien.

Hier in dem kleinen Städtchen eine» Gebirgstal«» der Rocky Mountains bildeten Pferderennen und Schaubuden den Haupt- aryiehungspunkt. Die Indianer aus der Reservation hatten sich bunt geschmückt: sie trugen gelbe Hemden und rote Halstücher, dazu den breitrandigen Towboyhut und gespornte Reitstiefel. Von den Frauen waren leider nur noch wenige in den allen Trachten erschienen, während die Mehrzahl kurze Röcke und Bubikopf vorzog. Es mutet innerlich seltsam an, wenn solche Rochäut«, die wir uns auf feurige!, Rossen mit langen Federreihcrn vorstellen, aus einem hochmodernen Auto steigen und ihr« alten Reiterkunststücke nur noch zu Sport- und Belustigungszwecken zum besten geben. Trotzdem jedoch die Anpassung an die Zivilisation der Weißen zwangsläufig fast voll- kommen ist, merkt man immer noch eine leichte Trennung und Ab- sonderuirg. Auf den Tribünen sitzen die Jndianerweiber mit un- beweglicher Miene, stundenlang den Rennen zusehend, aber man sieht keinen Weißen in der Nähe. Abends beim Tanz ist kaum«in Indianerpaar zu sehen, obwohl di« Gemeinde das Tanzvergnügen öffentlich vevanstaltet hat. An einem solchen Abend steht di« ganze Hauptstraße tMaiustreet) voll eleganter Autos(Cars). Ileberall ist«in buntes Farbengewimmel. lebhafte Musik und fröhliches Treiben, denn so steff wie bei uns in Deutschland geht es hier nicht zu. Die Männer tanzen alle in Hemds- ärmeln, während das zarte Geschlecht nicht prächtig genug an- gezogen sein kann. Das ergibt sich aus der Zusammensetzung der Bevölkerung dieses männsr- und arbeitsreichen Landes. Der Man» steckt selbst an diesem Tag« in seinen schmutzigen Arbeitskleidern, die zu den eleganten Autos wie sie bei uns höchstens von Finanz- größen nick» Fitmdioen gesahren merden. und zu der nach der neuesten Pariser Made gekleideten Frau in starkem Kontrast stehen. In diesem eheinatigenwilden Westen" versuchen alle, städttsch zu leben: in modernen Häusern mit Telephon, Radio und Tennisplatz. Tatsächlich gibt es hier auch klein« Dörfer. Di« Farmen liegen oerstreut im Land«, und die Ortschaften bestehen aus der Bahn- station und ein paar Warenhäusern und Bankgeschästen nebst Hotels und Cafes. Meist sind ja auch die Farmer Leute aus den über- füllten Städten der alten Well, die in äußerst schwerer Arbell mög- lichst viel Geld verdienen suchen, um womöglich später in die Stadt zurückzukehren. Eine Verbindung mit der Scholle und ein« Lebens­gemeinschaft der Farmer tonn es deshalb gar nicht geben. Di« Landwirtschaft«ntwickell sich ja auch hler immer mehr zur indu- striellen Arbeitsweise hin. Jeder baut fast nur ein Spczialprodukt an und bearbeitet das Land mit den neuesten Maschinen, denn Ar- beiteiräft« sind teuer. Doch das gehört eigenttich nicht mehr zur Feier des vereinten Dominions, das für feine eigene Freiheit kämpft und dabei aus allen Nationen Europas zusammengemischt ist. Karl Möllen