Nr. 375 46. Jahrgang
2. Beilage des Vorwärts
Dienstag, 13. August 1929
Reflamefongreß und Arbeiterschaft
3ft Reklame der Schlüffel zum Wohlstand der Welt?
Erhöhung des Masseneinkommens, das heißt allgemein höhere Löhne wünschen. Aber die Lehre vom wachsenden Wohlstand der Völker durch Reklame hat doch ein Loch, und dieses Loch hat theoretische und praktische Ursachen. Wann hat denn praktisch die Reklame die idealste Wirkung erreicht?
Der Internationale Reflamefongreß( International Advertising| Reklameleute, daß die hinter ihnen stehenden großen Firmen eine Association) hat seine Verhandlungen begonnen, die Internationale Reflameschau ist eröffnet. Es geht hoch her. 3war veranstalten auch die Reklameleute recht zahlreiche Festlichkeiten, aber es wird auch sehr fachliche Arbeit geleistet. Es sind große Geschäfts- und Reflameleute, Konjunkturwissenschaftler, Professoren, Werbetechniker der ganzen Welt, die sich mit viel Elan und selbst mit einer gewissen religiösen Inbrunst über das gewiß sehr wichtige Thema der Reklame unterhalten. An sich erfordert die Beurteilung der Reklame in ihren sozialen und wirtschaftlichen Wirkungen schon mehr Distanz als andere Dinge. Wenn aber die Manager der Reklame für die Reklame Reklame machen, dann muß diese Distanz noch größer, die
Nüchternheit noch bewußter sein
als gegenüber der Reklame als Tageserscheinung. Das gilt besonders für die Arbeiterschaft, nicht nur Deutschlands , sondern auch der ganzen Welt, die von der kapitalistischen Reklame sehr viel lernen kann, da innerhalb des kapitalistischen Systems, wenn die Interessen der Arbeiterklasse gefördert werden sollen, auch mit fapitalistischen Mitteln gearbeitet werden muß.
Die Methoden nun, mit denen die internationalen Reflamefachmänner Reflame machen, sind keineswegs durchweg erfreulich, und besonders die am stärksten propagierten Leitsätze dürfen nicht unfritisch hingenommen werden. Dafür einige Beispiele. Die Parole des ersten Internationalen Reflamefongresses, der in Wembley bei London stattgefunden hat, hieß Truth in advertising", zu Deutsch ,, Wahrheit in der Reklame". Das ist eine sehr schöne Parole, die zweifellos auch, richtig in der Welt propagiert, den Moralgehalt der Reklame heben tann. Aber uns scheint, daß, wenn der Wille zur Wahrheit bei der Werbung zunimmt, das weniger das Ergebnis dieser sittlichen Forderung ist, sondern einfach ein Erfolg erfolgreicher Reklame selbst. Erfolgreiche Reflame hat die Tendenz, das Kapital bei der Produktion einer bestimmten Ware in wenigen Händen oder in einer Hand zu konzentrieren und die Konkurrenz auszuschalten und schließlich ein Monopol herzustellen. Ist das Monopol da, sind die Kapitalmengen für die Errichtung einer neuen Konkurrenz unerschwinglich groß geworden, fehlt mit anderen Worten die Kon furrenz, dann nüßt die sittliche Aufforderung zur Wahrheit in der Reklame für dieses bestimmte Produkt nichts. Man weiß ja, daß in solchen Fällen oft die allerschönsten Erfindungen einfach aufgekauft und zu den Aften gelegt werden, weil man sich das so lohnend gewordene Geschäft nicht verderben lassen will. Man muß sich also doch gerade die erfolgreichsten Reklamechefs und Reklameparolen im einzelnen ansehen, denn es ist gar nicht bedeutungslos, woher die Männer und die Parolen fommen.
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der
Die Parole des Berliner Reflamefongresses und der Berliner Reflameschau heißt ,, Reklame Schlüssel zum Wohlstand der Welt", und zu diesem Thema sind besonders von Herrn Filene aus Boston ganz ause gezeichnete Worte gesprochen und auch schon seit langem geschrieben worden. Der Gedankengang ist folgender: Wirtjame Reklame erhöht den Absatz. Erhöhter Absatz schafft niedrigere Kosten, es tann billiger produziert werden. Reklame ist nur mirt sam, wenn man bei den zu empfehlenden Waren auf die Kauftraft der Käufer achtef. Folgedessen kann der Absatz auch nur gesteigert werden, wenn der Preis der Waren der Kaufkraft der Käufer angepaßt ist; und eine generelle Absazsteigerung ist nur möglich, wenn die Massenkauftraft insgesamt steigt. Daraus ergibt sich auch die Zweckmäßigkeit hoher Löhne. Endlich werden die Käufer um so mehr zufriedengestellt, je besser die Ware ist, und je besser die Ware ist, desto mehr wächst bei steigen der Kaufkraft der Absatz. Daraus folgt der Schluß: Gute Reflame ist der Schlüssel zum Wohlstand der Welt.
Der Gedanke scheint ganz einleuchtend, und auch die Arbeiterschaft der Welt wird sich in keinem Falle dagegen mehren, daß die
Diese idealste Wirkung der Reklame
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ist dann erreicht, wenn für die bestimmte Ware einer bestimmten Firma die Marke dieser Firma den Käufern der Welt so geläufig wird, daß die Marke des betreffenden Produkts an die Stelle jenes Sachbegriffes tritt, für den eine Marte oder eine bestimmte Ware bis dahin nur ein Einzelfall tonfurrierender Waren war. Beispiels: weise also, wenn alle Käufer für den Begriff der Waschmittel nur noch die Marke Perfil" kennen, für die Zahnpflege nur noch Odol ", für Kaugummi nur noch Wrighley", für Schokolade nur noch Trumpf". für Glühbirnen nur noch Osram", für Kunstseidenstrümpfe nur noch Bemberg", für elektrische Apparate nur noch ,, Protos", für Photoapparate nur noch Rodal" usw. usw. Die fomplizierten psychologischen und sozialen Borgänge, die mit der Herbeiführung dieses idealen Zustandes zusammenhängen fie sind interessant und bedeutsam, wollen wir hier nicht be handeln. Jedenfalls aber ist für jeden privaten Unternehmer das Ideal der Werbung erst dann erreicht, wenn der Sachbegriff durch die Marte ersetzt ist. Wenn dann das Bankkonto immer stärker wächst, dann machen die Erfolgreichen schließlich, das ist gar nichts Neues unter der kapitalistischen Sonne, daraus auch eine Moral, und gerade diese Moral haben wir in der Parole vor uns ,, Reflame der Schlüssel zum Wohlstand der Welt". Das ist ein bißchen hart gesagt wie es zu einem Reklamefongreß paßt, aber es ist wahr.
Wo find die Garantien?
Run find wir gern bereit, das noch etwas weiter auszuführen. Denn von dem Loch, das in dieser Parole steckt, haben wir noch zu wenig gesprochen. Es ist nämlich durchaus nicht zwingend, daß Massenabsatz und Massenproduktion auch dann, wenn die Produktionskosten tatsächlich gesenkt werden, auch den Wohlstand der Welt erhöhen. Die nächste Wirkung einer erfolgreichen Reklame ist zweifellos der Zusammenbruch zahlreicher anderer industrieller Unternehmungen, und damit eine große Kapital vernichtung. Die dabei betroffene Arbeiterschaft muß eine vollständige. berufliche Umstellung vornehmen, denn wenn Reklame auch Bedürfnisse erweckt, so hat das doch seine Grenzen. Nun aber ist das Ideal der Reklame erst dann erreicht, wenn die Wirkung der Retlame ein Produktionsmonopol ist. Nun, selbst. angenommen, daß der monopolistische Produzent sich nicht auf seinen Lorbeeren ausruhen will, sondern mehr und mehr produzieren und absezen will und deshalb auch die Preise in einem gewissen Umfang ermäßigt, hat man denn dann irgendeine Garantie dafür, daß, wenn seine Außenseitertonfurrenz mehr aufkommen kann, das errichtete Monopol nicht viel mehr Schaden stiftet als in jenem Fall, wo die Reklamne nicht so wirtsam gewesen wäre? Sat man eine Garantie dafür, daß die Preise in a usreichendem Maße gesenkt werden, wenn sie überhaupt gesenkt werden?
Gewiß hat man die Erfahrung gemacht, daß in Industriebetrieben mit Massenproduktion gelegentlich auch die Löhne erhöht werden, weil der eine oder andere Unternehmer, der selbst die Kaufkraft der Massen für sich ausnutzen will, flug genug dazu ist, feinen Kollegen ein Beispiel zu geben, das ihm selber viel nutzt. Aber man muß doch sehr ernsthaft fragen, wo denn von den Unternehmern jene Organisation geschaffen ist, die auch dafür Sorge trägt, erftens, daß die Preise gesenkt werden, um die Kaufkraft der Maffen zu erhöhen, zweitens, daß die Löhne erhöht werden, wenn die Preise nicht gesenkt werden! Und das scheint uns ein recht beträchtliches Loch in der sehr schönen und sehr menschenfreundlichen Theorie des Internationalen Reflamefongresses zu sein, und
dieses Loch in der Theorie der Reflame geht die Arbeiterschaft Deutschlands und auch der Welt sehr an.
Tun wird tein Mensch die tulturelle, wirtschaftliche und soziale Bedeutung der Reflame bestreiten. Bei allen anzuerkennenden Lichtseiten der Reflame muß man aber
verhüten, daß aus der Reklame eine Wohlfahrtsreligion der Menschheit
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gemacht wird, um durch sie alle Schatterseiten der Reklame in lauter Licht umzuretuschieren. Es besteht durchaus die Gefahr, daß gerade die erfolgreichste Reklame denn der größte Erfolg besteht ja in der Schaffung von Monopolen sehr gefährliche Wirkungen hervorbringt. Es scheint uns durchaus nötig, darauf hinzuweisen, daß die Reklame eine volfs wirtschaftlich einwandfreie Wirkung nur haben tann unter den Berhältnissen der freien wirtschaftlichen Konkurrenz. Da wir aber von dieser freien Wirtschaftskonkurrenz, je älter mir im tapitalistischen System werden, um so weiter entfernt sind, so müssen sich sowohl die Käufer und die. öffentliche Meinung als auch die Regierungen und alle politischen Faktoren der Arbeiterschaft davor bewahren, den von Reklamefachleuten bgreiflicherweise gern entzündeten Reflamerausch mitzumachen. Das ist gar nicht unfreundlich gemeint, aber unsere Reflameleute müssen die Wahrheit nach Wembley auch für sich gelten lassen.
Wir leben heute in einer zunehmend gebundenen fapitalistischen Wirtschaft. Das ist feine Reklamefest stellung der Arbeiterklasse, sondern das ist die einwandfreie Fest stellung der Wissenschaft. Wir leben in einem Zeitalter der zu= nehmenden internationalen Monopolisierung und Kartellierung, und wo diese Monopolisierung und Kartellierung am wirksamsten und vollkommensten geworden ist, da hört im großen und ganzen jede Reklame auf, und das muß doch zu denken geben. Für die Arbeiterschaft ergeben sich daraus einige sehr wichtige Folgerungen.
In Deutschland brauchen wir uns darum feine Sorge zu machen, daß die Arbeiterschaft dem Internationalen Reflamefongreß oder den Reklamefachleuten der großen Firmen die Sorge um die Löhne und die Erhöhung des Masseneinkommens allein überlassen wird. Es ist ja selbstverständlich, und die schönste Wohlfahrts religion der Reklame hilft darüber nicht hinweg, daß die Arbeiterschaft um ihren Anteil am Sozialprodukt tämpfen muß. Und das muß sie in der ganzen Welt. Erschütternd, was ja fürzlich uns aus den Vereinigten Staaten über den Kampf in den ameri= fanischen Bemberg- Fabriken und nicht lange vorher über den Kampf in den Kohlenbergwerken berichtet worden ist. Nirgends ist das Elend in der Welt größer als gerade in einigen ameri und tanischen Industriebezirken Gewerbezweigen, demselben Amerika , aus dem die neue Wohlfahrsreligion zu uns herüberfommt.
Auf der anderen Seite hat die Arbeiterschaft gerade von der privatfapitalistischen Reklame unendlich viel zu lernen. Innerhalb des fapitalistischen Systems fann gegen die Schäden des Kapitalismus und zur Ueberwindung des Kapitalismus zunächst nur mit fapitalistischen Mitteln gekämpft werden, und deshalb muß die Arbeiterschaft auch für die Durch fegung ihrer eigenen 3wede zur Reflame und zu allen Mitteln der Reflame ganz entschieden Ja" sagen. Es ist durchaus selbstverständlich, daß beispielsweise die Großeinkaufsgenossenschaft Deutscher Konjumvereine ihre Marte ,, GEG" genau so zum Siege führen soll, wie irgendein privatfapitalistischer Monopolist. Aber hier entstehen die Gefahren des Monopols nicht, denn bei der Produktion der Konsumvereine verschwindet der Gegensatz, der im fapitalistischen System unauslöschlich, mindestens bis zu einem be stimmten Punkte, zwischen Produzenten und Käufern, zwischen Unternehmern und Arbeitern herrscht. Darüber hinaus muß in der Tat die Reklame auch viel mehr, als es bisher geschehen ist, ein Mittel zur Propaganda für die Ziele der Arbeiterklasse Das Lebenstempo ist heute in der Welt so schnell geworden, daß die herkömmlichen Mittel der Aufklärung, das Buch, In der Zeitungsartikel und die Rede, nicht mehr ausreichen. größtem Stile muß das psychologische Mittel der Reklame für die Propaganda hinzugenommen und in der Zukunft ausgebaut werden. Nur dann ist es absolut sicher, daß auch die jetzt verkündete Wohlfahrtsreligion der Reklame der Menschheit über
werden.
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