Nachtstück.
Klingende Titel und Würden. Ein Rachd. 198
Bon Ricardo.
Ein schönes, rundes, flangvolles Titelchen ist immer noch der| Traum mancher schlaflosen Nacht im Leben der Unentwegten. Be sonders die komplizierten Titel, unter denen sich der gewöhnliche Sterbliche nichts vorstellen tann, stärken dem Träger das Rückgrat, machen den Stehfragen steif und die Gesichtszüge erhaben.
Der Titelinhaber bekommt den Nimbus des Geheimnisvollen, Rätselhaften.
Man grüßt ihn tiefer, und er dankt nachlässiger. Ein neuer Titel wirkt auf beffere Menschen wie ein frisches Hemd auf den Lauje
wenzel.
-
-
glaube ich rät, mas er rechnet), oder den Konsistorialrat, darunter fann ich mir gar nichts vorstellen, außer einem ernsten Mann im Gehrod. Auch Präsidialrat ist ganz schön; sicher eine Art Bereins. vorstand, Präses beim Kommentsaufen oder so... Doch genug der Beispiele. Was zu erzählen war, ist die Tatsache, daß neue Titel tatsächlich auch verheerend auf den Geisteszustand der Ausgezeichneten wirken fönnen.
Sie bewirken manchmal eine Art Manie, die sich peinlich auf die Umwelt überträgt und zu organischen Störungen führen fann.
Da ist dieser Tage ein Lehrer in Pension geschickt worden und bekommt als letztes Pflaster den Titel Studienrat. ( Ratet mal, was für Studien er treibt?) Der Titel hat sich dem Mann glatt aufs Gehirn geschlagen. Er leibet an einer Schreibmanie. Setzt sich täglich hin und schreibt Briefe, Briefe, Briefe und nochmals
sm
Er tritt mit ihr aus der Bar, der einzigen in der nicht allzu großen, nicht allzu lebendigen Stadt. Aus dem Dunkel rollt langsam eine Droschte heran, kein Autotari, sondern eine gute alte Pferdedroschke. Er ruft. Man steigt ein. Man lehnt sich weit in den Polstern zurüd. Laternenschimmer fällt von Zeit zu Zelt zum Fenster herein. Er ergreift ihre Hand. Er füßt diese kleine, warmblütige Hand. Sie sagt:
,, Oh.
Er nähert sich ihrem Gesicht und verschiebt den Hut ein wenig. Er ist ihr ganz nah. Er füßt ihren Mund. Plößlich ruft sie: O Gott, das Pferd!"
Das Pferd hat sich in Trab, dann in einen wilden, holperigen Galopp gesetzt und geht mit der Droschke durch. Die Dame zittert, und ihr Herz, das eben noch in Liebe schlug, schlägt in wilber, ver. zweifelter Angst. Er aber, der Herrliche, ist auch dieser Situation gewachsen. Er sagt:
Es gibt verzwidte, veriraďte Titel, die uralt und festeingefeffen im Borstellungsleben der Allgemeinheit anfern, aber bei jedem Menschen eine andere Borstellung auslösen. Was ist beispiels. weise. ein Geheimrat? Und was ist im Gegensatz dazu ein wirt licher Geheimrat? Tut der erste nur geheimnisvoll, und ist der andere es wirklich? Sind beide geheime Schleicher? So eine Art Detettive. Keine Spurl Sie sind meist ältere, harmlose beutsche Biertrinker, die zu ihrem pompösen Titel gekommen sind wie Tante fchönerungsverein, Bereine zu irgendwelchen hebungen, Statflub, schnaufenden Nüstern, am ganzen Leibe start zitternd, da. Die
Lenchen zum Sofatiffen! Was ist ein Sanitätsrat? Ein Mann, der sanitäre Preisrätsel macht? Häufig ja, aber allgemeinverbindlich ist er ein Arzt der älteren Schule, der ebenso doktort, sei es im Wald und sei es auf der Wiese, wie seine Kollegen mit dem bescheidenen„ Dr. med." Er hat seinen Kopf wie andere Menschen,
nur meift am Kin einen Bollbart.
Was meint der Bersicherungsagent Emil Krawuschke, wenn er auf seine Besuchstarten bruden läßt: Leutnant im ehemaligen 5. Grenadierregiment zu Fuß? Nichts! Daß ein Versicherungs agent sich fein Auto leisten kann, sondern zu Fuß geht, weiß man; daß er mal Leutnant war du lieber Himmel! Andere Menschen sind mit Erfolg geimpft, jahrelang perheiratet und Haushaltungs vorstand ohne mit ber Wimper zu zuden, aber sie lassen nicht druden: Anton Krause, Ehemann und Haushaltungsvorstand. Nein, das tut man nicht. Warum also Leutnant? Oder gar Oberleutnant, Hauptmann?
Briefe. 161
Als alter Deutscher ist er nämlich selbstverständilch in sehr bielen Bereinen. Gefangverein, Regelverein, Kriegerverein, Ber. Sporiflub, Freundschaftsklub; Bereinigungen der verschiedensten Kategorien, Verbänden, vaterländischen Organisationen und so weiter. Allen diesen Vereinen teilt der auf neu gebackene alte Herr burch Handschreiben mit, daß er mit dem und dem Datum zum Studienrat ernannt sei. Er bitte, daß man in Zukunft bei Schreiben an ihn ja nicht vergesse, sonst...( im Hintergrund steht drohend Der Vereinsaustritt)!
Doch damit nicht genug! Soweit tönnte die medizinische Diagnose noch auf harmlose Geisteserkrankung lauten. Bedenklicher stimmt folgender Passus der studienräflichen Handschreiben: ... und ersuche ich, in Zukunft auch auf den Briefumschlägen die mir gebührende Anrede Studienrat nicht außer acht lassen zu wollen. Hochachtungsvoll..."
Tja, da kann man bloß sagen: Armer Mann, nach so viel Jahren treuer Pflichterfüllung mußt du so schwer erfranken! Gibt es denn feine ungetrübte Lebensfreude? Einer wird sicherlich mal auf dem Briefumschlag die dem alten Herrn nunmehr gebührende vielleicht ich! und dann ist die Kata
Gewiß, einst lukrative Titel, bar flingende Titel. Aber jetzt? Anrede vergessen Da lobe ich mir denn schon lieber die Räte, den Rechnungsrat( der- strophe da...
Wilhelm, der Theaterheld.
Bemerkungen zu Mar Grubes„ Erinnerungen".
Man tann nicht sagen, daß das Charakterbild Wilhelms II.| an einen Herrn des Gefolges und sprach von etwas ganz anderem. noch in der Geschichte schwankt. Immerhin ist es vielleicht nicht uninteressant, noch einzelne fleine Züge fennenzulernen, die den ehemaligen Beherrscher von fünfzig Millionen deutscher Männer und Frauen im vollen Glanze seiner Größe strahlen lassen.
es
Es find Schlaglichter auf den Charakter Wilhelms II., die sich an einer für den Politiker etwas abgelegenen Stelle finden: in cinem Buche Mar Grubes, der lange Jahre hindurch Oberregisseur am damaligen Königlichen Schauspielhaus in Berlin und ein Schüßling Wilhelms II. war. Das Buch Mag Grubes handelt sich um den zweiten Teil seiner Lebenserinnerungen, sehr spiegelt eine lebendig geschrieben und sehr amüsant zu lesen spiegelt eine warme Berehrung für den Kaiser. Das kann bei einem Mann wie Mar Grube auch nicht wunder nehmen. Zumal, wenn man bedenkt, daß sein Buch noch vor dem großen Kladderabatsch, in den legten Kriegsjahren, erschien.
Daß Wilhelm II. feinem" Theater ein lebhaftes Interesse entgegenbrachte, ist bei einem Mann von seiner Art nicht verwunderlich. Das Intereſſe ging, wie man durch Grube erfährt, so weit, daß er sich bei den Broben unmittelbar in die Regieführung ein mischte und etwa Anweisungen gab, mie sich ein fürstlicher Herr auf der Bühne zu bewegen habe. Ja, Wilhelm LI. spielte auch selbst gern Theater. Natürlich nicht auf der Bühne seines Schauspielhauses und vor irgendeiner Deffentlichkeit; das hätte der Herrscherwürde doch gar zu sehr Abbruch getan. Außerdem hätte sich Wilhelm II. natürlich nie einem Ensemble einfügen können. Aber er hatte eine findliche Freude daran, auf Hoffeften in einer Uniform vergangener Zeiten zu erscheinen, um dann als Höchsttommandierender die Parade über eine Kompagnie braver Grenadiere abzunehmen, die cbenfalls in die Uniform einer früheren Epoche gesteckt waren. Oder er arrangierte für den alten Menzel, dem der Hof aus be stimmten Gründen eine Genugtuung schuldig mar, ein Fest in Sanssouci , bei dem alle Teilnehmer in friderizianischen Trachten erscheinen mußten; das Flötentonzert nach dem Bilde Adolf Menzels wurde dargestellt, und er selbst, Wilhelm der Große, bewillkomm nete den berühmten Mater mit dem Vortrag eines Gedichtes. Dieses Gedicht hatte Grube fabrizieren müffen, was ihm Kopfzerbrechen genug bereitete, da er sich um die Lernluft Wilhelms, wenn auch unnötigerweise, Sorgen machte. Das Gedicht, das Wilhelm damals vortrug, wurde dann den Teilnehmern an der Festlichkeit in einem fostbaren Sonderdrud zugestellt. Bezeichnend aber war, daß mit feiner Stibe Mar Grube als Berfaffer angegeben wurde, so daß der Eindruck erweckt werden mußte, es sei der poetischen Ader des Kaisers entströmt.
Wie Grube dann am anderen Tage vom Grafen Dohna erfuhr, war die abschließende Aeußerung Wilhelms über Grube nach dieser Szene: Das ist ja ein verflucht gescheuter Herr!"
Wilhelm bestand nicht darauf, daß der Prinz von Homburg" ohne den Auftritt gespielt mürbe, in der ein Hohenzollernprinz bei dem Gedanken an den Tod feige zusammenschrift, aber er verzichtete auch darauf, sich sein Lieblingsstüd" mit dieser Szene vorspielen zu laffen.
Das bezeichnendste für Wilhelm II. ist aber wohl eine Unter. fchrift, die er auf eine seiner Photographien fegte. Diese Photo graphie erhielt nicht mag Grube selbst zum Geschent; er fah sie nur bei dem alten Karl Werder, der einst dem jungen Wilhelm und Der heranfeinen Brüdern Literaturunterricht erteilt hatte. gewachsene Prinz Wilhelm hatte dem ehemaligen Mentor sein Bild verehrt, und dieses Bild trug mit großen Buchstaben die Aufschrift: ,, Oderint, dum metuant!" Man mag mich hassen, wenn man mich nur fürchtet", dieses römische Cäsarenwort, fennzeichnend für die Ueberheblichkeit und Berbohrtheit neronischer Charaktere, schien dem jungen Wilhelm ein geeigneter Wahlspruch. Er mag auch die Haltung des späteren Raisers noch stark beeinflußt haben, obgleich Wilhelm II. kaum den Mut der Konsequenz besaß. Er war eben doch stets mehr Theaterheld als Held der Wirklichkeit ein Mann der Bose, nicht der Tat.
"
N.
" Der, Fliegende Teufel' von Texas." Ulfa - Pavillon, Nollendorfplatz.
Ruth Elder tam fliegend als erste Frau über den Ozean, als das Publikum fo ozeanflugmüde war, wie die Flieger es nach vollbrachter Reforbleistung sind. Man feierte darum Ruth Elder taum, doch brachte der Dzeanflug ihr immerhin eine Filmrolle ein. taum, doch brachte der Dzeanflug ihr immerhin eine Filmrolle ein. Ja, sie darf sogar als Hoot Gibsons Partnerin parabieren.
Und da Hoot Gibson nun einmal erklärter und beliebter Sensationsdarsteller ist, wird auch diesmal wieder das Publikum durch alle Schauer der Kintoppromantit und Herzklopfaffären wildester Rintopp- Combon- Taten gejagt. Damit der gute Gibson die Bösewichter faßt, gibt er sich selbst als Trottel allerschlimmster Sorte aus. Aber was dieser Trottel vollbringt, das ist fast unglaublich und nur möglich bei der fabelhaften Kapitalkraft der amerikanischen Filmindustrie. Um das liebe Bublifum recht turzweilig zu unter halten, spielen Flugzeuge und galoppierende Pferde, ein Motorrad und Fallschirmabsprünge, Automobiljagden und Revolver ihre Rollen.
Bei dem atemberaubenden Tempo und den sich überschlagenden Einfällen bleibt Arthur Rosson ein liebenswürdiger, sehr humorvoller Regiffeur. Wie oft bedient sich doch das Publikum eines wohlwollenden Lächelns, um zu verschnaufen. Der Regisseur stellt Hoot Gibson gut heraus und Ruth Elder , die nicht nur einen sehr gelentigen Körper, sondern auch ein nettes Gefichtchen hat, desgleichen. Aber er versteht sich auf Flugzeuge und läßt ein Flugzeug durch Bewegung einzelner Teile sogar als Mimiter fungieren. Harry Neumann, der Photograph, verschönt seine klaren Auf. nahmen durch malerische Bilder. Alles in allem ist der Film ein urechter Amerikaner, Inhalt nichts, Mache alles.
c. b.
Auch dramaturgische Fähigkeiten besaß Wilhelm II. Beinahe fönnte man ihn hier als Vorläufer Piscators betrachten. Denn auch ihm fam es weniger auf die Wahrung der dichterischen Vorlage und viel mehr auf die richtige Herausstellung einer Gesinnung" an; nur daß ihm natürlich eine andere Gesinnung vorschwebte als dem Berfechter eines proletarischen Zeittheaters"... Als Mar Grube das erstemal die Ehre hatte, sich mit Seiner Majestät unterhalten zu dürfen, kam das Gespräch auch auf Kleist und seinen Brinz von Homburg ". Das ist ein Lieblingsstück von mir", sagte der Kaiser, bas müssen Sie uns bald bringen." Wenn nur die fatale Feigheitsszene nicht wäre", äußerte der anwesende Generaladjutant. Der Raiser pflichtete bei und fügte hinzu:„ Aber dieser Auftritt Freier Eintritt in die italienischen Museen. tann doch einfach gestrichen werden." Solch geniale Aeußerung fuhr Mar Grube schwer in die Glieder; denn ihm als Die italienische Regierung hat den Beschluß gefaßt, alle Eineinem flugen und feinfühlenden Menschen war es natürlich flar, trittsgelber für staatliche Galerien und Museen abzuschaffen. Diese daß bei einer Entfernung dieser für das Stück geradezu entscheiden. Entscheidung wird um so mehr begrüßt werden, als die Klage über ben Szene eine unmögliche Berbalhornung zustande tommen die außerordentlich. hohen Eintrittsgelder, die die Besucher in ber mußte. Er faßte also Mut und erklärte mit einigen Salten zu fegten Zeit zahlen mußten, allgemein waren. Schon vor einiger Gnaden, daß eine solche Dramaturgie das Stück zerstören und Beit hatte der Unterrichtsminister Belluzzo angekündigt, daß Mussoihm seinen Angelpuntt ausbrechen" würde. Der Kaiser fragte höchft lini eine Herabsetzung beabsichtige, aber die Entscheidung des Duce erstaunt und turz: Wieso?" Grube erläuterte seine Auffassung, ist jetzt dafür gefallen, fie ganz aufzuheben. Nach der Berechnung die der Kaifer angeblich mit sichtlicher Aufmerksamkeit an einer römischen Zeitung wird dieser Entschluß die italienische Re hörte. Aber er erwiderte nichts barauf, sondern wandte fich turz| gierung zwischen acht und zehn Millionen Lire im Jahre toften.
-
,, Nur Ruhe... Ruhe... Und festhalten... Gut festhalten." Es gibt einen gewaltigen Stoß- Geflirr, Gepolter. Der Wagen steht. Der Herr öffnet vorsichtig den Schlag. Das Pferd ist, wie alle Durchgehenden Pferde, in eine Schaufensterscheibe gelaufen, liegt mut
und Porzellan, liegt auf der Straße. Deichfeln der Droschke sind abgebrochen. Zerschlagenes Geschirr, Glas In ein Borzellangeschäft ist es gelaufen!" sagt der Herr. Die Dame:
,, Das arme Tier!"
Der Kutscher bemüht sich feuchend, das Pferd aufzurichten. Die Liebenden verlassen das Gefährt. Der Herr zahlt. Er fühlt sich zu einem größeren Trinkgelde verpflichtet.
,, Ist das nicht eigentlich eine schlechte Borbedeutung?" fragt sie. Er aber::
,, Scherben bringen Glüd."
Sie entfernen sich rasch.
Aus den nächtlichen Straßen sind Bassanten zusammengelaufen und nehmen Anteil. Man richtet das Pferd auf, schafft die Droschre beiseite. Schußleute kommen, Tatbestand aufzunehmen, den( auf so brüste Weise geöffneten) Laden zu bewachen. Feuerwehr wird alarmiert. Das Pferd steht leise schwankend und aus Maul und Hinterleib blutend. Man hört das Blut rauschen wie einen fernen traurigen Wasserfall. Meinungen werden ausgetauscht:
Ob das Pferd wohl verblute.
Wie lange ein Pferd brauche, um zu verbluten. Wieniel Liter Blut ein Pferd habe.
Db man das Pferd werde erschießen müssen.
Bekanntschaften werden gemacht. Zwischen Herren und Mädchen.. Zwischen lauten, gut aufgelegten Männern. Betrunkene beschäftigen fich damit, die Schutzleute anzuulten. Die Feuerwehr fommt. Das Pferd wird unter lauten zurufen auf einen Abdeckerwagen geschoben. Der Kutscher ringt die Hände. Die Feuerwehr fährt davon, den Abdederwagen angehängt. Die Zuschauer zerstreuen sich und ver schwinden. Der fleine Blaß ist leer wie zuvor.
Irgendwo steht eine Droschte mit abgebrochenen Deichseln. Irgendwo sit still der Kutscher und betrinkt sich. Irgendwo ruhen die Liebenden. Er schläft schon( und sieht, wie die meisten Schlafenden, nicht mehr geistreich aus). Sie denft noch immer:
,, Das' arme Tier..."
Lautlos über den Bildern schließt sich die Racht.
Das Drama, Josef".
Leffing- Theater.
0
Der gestrige Abend im Lessing Theater gestaltete sich zu einer Ovation für die Autorin Eleonora Raitowsta, für den Itäger ber Hauptrolle Ernst Karchow , für das Ensemble der Gruppe junger Schauspieler", die sich für das Stüd eingelegt hat und gegen das widermärtige Leberbleibsel einer barbarischen mittelalterlichen Kultur gegen die Todesstrafe.
"
Als das Jakubomsti- Drama vor einigen Monaten in der Boltsbühne seine Uraufführung erlebte, war die Stimmung aller Be teiligten wesentlich geringer. Denn der Prozeß um die Unschuld des armen Jakubowski stand vor der Tür. Zu der erregten Spannung tam das fenfationelle Auftreten der Autorin, die zu allseitigem Erstaunen feierlich Verwahrung gegen die Form der Aufführung einlegte. Man hatte ihr den Schluß des Dramas gestrichen. Es fam zu einem offenen Theaterstandal. Diese Vorgänge trübten damals ben Blick für die Beurteilung der Dichtung. Die zeitliche Distanz schafft ein ruhigeres und flareres Urteil. Unbestritten bleibt das Verdienst der Kaltowska, gegen die Todesstrafe eine neue Waffe geliefert zu haben. Der Versuch einer dichterischen Re portage" erscheint aber heute mißglückt. Die unverbunden aneinander gereihten Bilder stellen einfach in primitiv- dramatisierter Form Zeitungs- und Attenberichte zusammen, langatmig, einseitig, findlich- tendenziös Jakubowski, der reine Unschuldsengel, bie übrigen ausgemachte Schurten. Was die Autorin über das Tatfachenmaterial hinaus hinzugedichtet hat, ist unlogisch und wenig überzeugend. Der heilige Funte fehlt, der die hohle Zusammen. ftellung befeelt.
In sonderbarem Licht erscheint das persönliche Verhalten der Kalkowska. Auch in der Aufführung des Leffingtheaters sind die letzten Bilder des Dramas gestrichen. Mehr aufgeführt sind lediglich einige wenige Zeilen, die aber den Gesamteindruck nicht verbessern. Gie ftellen eine Geschmadlosigkeit von Wirkung dar.
geradezu peinlicher
Noch eine fonderbare Tatsache ist zu verzeichnen: Die geftrige Aufführung( Regie Hans Depp e) glich auf ein Saar der Ur. aufführung in der Volksbühne, die Alfred Trostler besorgt hatte. Das stimmt um so bedenklicher, als außer Ernst Karchom nicht eine einzige Rolle gleich besetzt war.
Die Personen reden alle ein einwandfreies Bapierbeutsch. Wenn das Publitum dennoch den Vorgängen in innerer Anteilnahme folgt, so liegt bas por allem an der wunderbaren Gestaltung des Josef durch Ernst Karchow , der der Figur edhytes menschliches Leben und rührende Kindlichkeit verleiht. Bon den übrigen Darstellern, bie sämtlich ihr Bestes geben, fällt Franz Stein auf, ber einen Gabisten mit beängstigenden Zügen malt.
Das Publikum war trop der ermüdenden Länge des Abends er. griffen. Der rauschende Beifall galt wohl mehr ber bee als ihrer griffen. Der rauschende Beifall galt wohl mehr ber bee als ihrer
Durchführung.
Ernft Degner.