Versicherungsmarken fleben!
Der Unternehmer haftet für Schäden.
Bei dem Gutsbesizer Sch. in Kämmersdorf, Kreis Elbing , war die Klägerin Frau D. seit 10 Jahren als Arbeiterin beschäftigt und neben ihr regelmäßig noch mehrere Leute. Für sämtliche Arbeitnehmer hatte der Beklagte das Kleben der Versicherungsmarken vorgenommen. Die Arbeitnehmer besorgten sich selbst die Versicherungskarten und übergaben sie dann dem Beklagten zum Einkleben der Versicherungsmarken. Regelmäßig wurde den Arbeitnehmern gegen Hergabe der neuen Karte die alte Karte wieder ausgehändigt.
So war es auch bei der Klägerin. Im Februar 1928 wurde die Klägerin infolge Invalidität erwerbsunfähig. Sie stellte darauf bei der Landesversicherungsanstalt in Königsberg einen Antrag auf 3 ahlung von Invalidenrente. Sie wurde jedoch vom Oberversicherungsamt in Marienwerder mit ihrem Anspruch abgewiesen, da sie die vorgeschriebene Wartezeit Don 200 Beitragswochen nicht erfüllt habe.
Die Klägerin verlangt nunmehr Schadenersag von dem Beklagten. Dieser habe seine Verpflichtungen, für sie Inva lidenmarken zu kleben, schuldhaft verletzt. Der Beklagte jei von der Klägerin wegen des Klebens der Marten öfters befragt und erinnert worden. Er habe ihr jedesmal versichert, daß alles in Ordnung sei. Hätte der Beklagte seine Verpflichtung zur Verwendung der Versicherungsmarken erfüllt, so wäre der Klägerin für die Zeit vom 2. Februar 1928 ab eine Rente von mindestens 21 M. monatlich zugesprochen worden.
Die Klägerin verlangt von dem Beklagten vorläufig 210 m. Gleichzeitig verlangt sie auf Lebenszeit eine monatlich e Rente von 21 M.
Der Beklagte hat geltend gemacht, daß die Schuld an dem Nichtkleben der Marken in der Hauptsache die Klägerin treffe, da es ihre Sache gewesen sei, sich um die ordnungsgemäße Verwendung der Versicherungsmarken zu kümmern. Das Landesarbeitsgericht in Elbing hat der Klägerin eine Entschädigung von 150 M. zugesprochen und hat ihr gleichzeitig eine monatliche Rente von 15 M. auf Lebenszeit zugesichert. Aus den Entschei dungsgründen des Landesarbeitsgerichts ist folgendes zu entnehmen:
Unstreitig habe der Beklagte bei allen seinen Arbeitnehmern die Verwendung der Versicherungsmarken übernommen. Die Klägerin konnte sich darauf verlassen, daß der Beklagte das Kleben der Marten ordnungsmäßig vornehme. Der Betlagte mußte für die Verwendung der erforderlichen Anzahl von Versicherungs
G
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Ein Schlußlicht
marken rechtzeitig forgen. War es ihm nicht möglich, die Marten Amerifas sozialistischer Pionier
zu fleben, so wäre es seine Pflicht gewesen, der Klägerin die Ver= ficherungsmarken auszuhändigen und ihr selbst das Einkleben zu überlassen. Er hat jedoch durch sein Verhalten die Klägerin in den Glauben versetzt, daß die Verwendung der Versicherungsmarken ordnungsgemäß erfolgte. Er hat deshalb fahrlässig gegen die Obliegenheiten aus dem Arbeitsvertrage verstoßen und ist für den durch sein schuldhaftes Verhalten entstandenen Schaden nach§ 276 und§ 242 BGB. erjaypflichtig.
Gegen dieses Urteil hatte der Angeklagte Revision beim Reichsarbeitsgericht eingelegt, um in dieser wichtigen Frage eine grundsägliche Entscheidung herbeizuführen. Das Reichsarbeitsgericht wies die Revision als unbegründet zurück. Der Beklagte habe fahrlässig ge handelt, es sei ihm von der Klägerin das Kleben der Versiche rungsmarten überlassen worden, jedoch sei er diesen Verpflichtungen nicht nachgekommen. Für die daraus entstandenen Schäden hafte der Beklagte. Im übrigen habe sich das Reichsarbeitsgericht den Entscheidungsgründen der Vorinstanz angeschlossen. Auch hat der Beklagte die Kosten des Rechtsstreites zu tragen.
PROGRAMM
für die Zeit vom
13. bis 15. August
BTL
Sündig und süß mit Anny Ondra Der rasende Ritt( 5 spannende Akte)
Bittor Berger als Kämpfer und Kommunalpolitiker.
,, Sozialist sein" ist die schlechteste Bisitenkarte. die man sich im prosperierenden Kapitalamerita ausstellen fann Jeder hat die Borstellung dabei von etwas Lichtscheuem, Untüchtigem, von dunklem, gefährlichen Wollen und Planen. Sozialismus wird dem Kommunismus zur Seite, ja fast gleich gestellt. Sogar Arbeiter, mitsamt ihren umfassenden Organisationen haben mit Sozialismus in unserem Sinne nichts zu tun, sie lehnen ausdrücklich verwandte Bestrebungen ab. Klassenbewußtsein als ideelle Voraus fetzung für reale Forderungen ist nicht vorhanden und soll wie einem von allen Seiten versichert wird auch gar nicht erforder: lich sein. Nur wenige waren anderer Ansicht, unter ihnen Bictor L. Berger. Bis 1910 gab es nicht einen sozialistischen Abgeordneten im Kongreßhause zu Washington. Berger befand sich alsdann einsam, mehr gemieden als aufgenommen, im Kreise der Parlamen tarier. Wenige Jahre später setzte der Weltkrieg ein. Was er Berger an Prüfungen, Leiden und Seelenqualen brachte, genügt, um ihn heute nach seinem Tode den brüderlichsten der
Brüber zu nennen. Er widersetzte sich dem Kriege und wurde
wegen Hochoerraf zu 20 Jahren Kerfer verurteilt.
Er wurde weiterhin fünfmal angeflagt, jedesmal wurde die Bürg Ichaft erhöht, so daß seine Freunde schließlich taum noch die geforderten 145 000 Dollar aufbringen konnten. Er wanderte von Gefängnis zu Gefängnis, wieder in Freiheit und wieder in die Zelle. Und immer wieder trat er fordernd und anklagend vor das Forum. Als Herausgeber der englischsprachigen sozialistischen Tageszeitung ,, The Milwaukeer Leader" warb er durch dies Sprachrohr immer nicht neue Anhänger. Man jammelte alles Material gegen ihn weniger als 82 Fälle bildeten endlich die Anklageschrift. In jahrelangen Prozessen, die bis zur höchsten Gerichtsinstanz liefen, fämpfte er für seine Gesinnung und Freiheit. So widerfuhr ihm endlich die Genugtuung, daß 81 Anflagepunkte zurückgenommen wurden. Volle 6 Jahre, von 1917 bis 1923, hatte der Rampf gedauert.
Das Parlament schloß ihn zweimal aus;
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da aber Milwaukee ihn immer wieder präsentierte, mußte ihm 1923 der Sitz zurückgegeben werden. Doch dieser Plaz ist nun leer. Es dürfte sich so leicht fein zweiter finden, der wie Berger alles mitbringt, und trotz der Ungeheuerlichkeit seiner Anklagen und Ansprachen offenen Ohren predigt. Wenn das Klingelsignal zu seinen Reden aufforderte er hielt etwa 12 im Jahr füllte sich der Saal und lauschte. Der Beifall war kläglich, die Zwischenrufe forsch und seine Ermiderungen heiter- gewandt- aber
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man ließ sich von ihm alles jagen und hielt still. Deutschland hatte feinen besseren Anwalt, feinen unentmegiteren Freund als Berger, der nicht müde wurde, den Amerikanern die Wahrheit zu sagen und ihr Gewissen zu schütteln.
Das flingt heute, wo die Zeiten sich beruhigt, vielleicht als nichts Besonderes. Wer sich aber der Stimmung um 1923 erinnert, der meiß, melche Leistung Berger vollbracht hat. Bor mir liegen Bergers Parlamentsreden aus den Jahren 1923 bis 1928. Jede einzelne ließ er in 30 000 Exemplaren drucken und seinen Anhängern zugehen. So machte er sozialistische Propaganda.
Die gesammelten Reden Victor L. Bergers geben eine Ueberficht über Ameritas Entwidlung) und Stellungnahme während und nach dem Kriege, fie sind gleichzeitig ein Beweisstück deutscher, fämpfender Rechtschaffenheit, ein Dokument fozialen Werbemutes. Wie weit hat Amerita noch zum Sozialismus? Auf diese Frage antwortet Berger:
,, 30 Jahre, dann ist es vollreif dafür."
Ich habe die ganze Entwicklung des Landes beobachtet. Schon heute bietet es seinem Bürger nicht mehr dieselben Aufstiegs- und Reich tumsmöglichkeiten wie ehemals. Damit ändert sich die Grundeinstellung, damit erst mächst das Verständnis für das, was der Sozialismus will. Der kommenden Generation martet die Ere füllungsaufgabe ich war ihr Pionier!"
Was er seiner zweiten Heimatstadt Milwaukee für Dienste geleistet, beweist ein Rundblid. Der Aufstieg Bergers fällt mit dem feines Genossen Hoan zusammen, der bereits das drittemal ( je für 4 Jahre) als Bürgermeister gewählt wurde. Sie haben aus ihrer Stadt eine Musterstadt gemacht. Milwaukee hat die wenigsten Arbeitslosen( nur 7 bis 10 Pro3. gégen 46 Proz. in Cleveland und Detroit ), billige Mieten und Lebensbedingungen. Bolle 20 Millionen Dollar wurden in neuen Gebäuden, Anlagen, Armengeld usw. investiert. Fast jeder Arbeiter hat sein schmückes Eigenhaus, Streits tommen faum vor. Die wenigsten Verbrechen geschehen in Milwaukee. Das Stadtbild ist überaus jauber, ein Straßenpflaster, wie es meder in New York noch Chicago zu finden ist. Das ist Milwaukee die sozialistische. 3entrale das ist das Werk deutschstämmiger Männer, deren Besten einer nun dahingefchieden ist. Betrauert von seiner Bitive und seinen beiden Töchtern die eine ist Aerziin, die andere Rechtsanwältin bleibt den amerikanischen Sozialisten sein Werk zu hüten und zu erfüllen überlassen. Louise Diel.
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KINO- TAFEL
Nordwesten
Welt- Kino
Alt- Moabit 99
Tonfilm: Husarenfieber Das gute Beiprogramm
Charlottenburg
Rheinstraße 14 Kahe Schlüter- Theater
( An der Kais.- Eiche)
Riff und Raff, die Frauenhelden
Odeon, Potsdamer Str.75
Verlängert:
Der sensationelle amerik. Tonfilm Submarine
Alexanderstr. 39-40
( Passage)
Schöneberg
S. ab 3 Uhr
Die Großfürstin und ihr Kellner Riff und Raff die Frauenhelden Bühnenschau
Süden
Th. am Moritzplatz
Germania- Palast
Begierde mit Lissi Arna
Paf und Patachon auf der Weltreise
Filmeck
Südosten
Beginn: W. 6.30 Uhr S. 3 Uhr
Verdun
Steglitz
Titania- Palast
Steglitz, Schloßstr. 5, Ecke Gutsmuthsstr.
Vierte Woche:
Die Arche Noah
Hi- Li
Lichterfelde- West
Wochentags 6.30, 9 Uhr Stg, 5, 7, 90. Stg. 3 U. J.-V.
Bühnenschau
Südwesten
Film- Palast Kammersäle
Teltower Str. 1-4
Indizienbeweis
Urania- Theater
Wrangelstr. 11, Köpenicker Brücke
Woch. 6.45, 8.45 Uhr. Stg. 2.45, 5, 7, 9 Uhr Anschluß um Mitternacht
Dürfen wir schweigen?( Sittenb.) Bühnenschau
Neukölln
Submarine
Auf der Bühne: Eugen Rex, Grete Reinwaldt, Wilh.
Bendow, H. Picha, P. Westermeler
in dem Sensationsspiel: Zeppelin 1000 auf dem Mars ge landet
Luna- Filmpalast
Gr. Frankfurter Str. 121
Mein Herz ist eine Jazzband mit Lya Mara
Lockruf des Goldes mit Sills. Große Bühnenschau
Concordia- Palast
Andreasstraße 64
Submarine( Amerik. Tonfilm) Beiprogramm Bühnenschau
Primus- Palast Kosmos- Lichtspiele
Auf der Bühne:
Viola Estrella, Xylophonvirtuosin M. u. P. Bood, Tanzpaar
Niederschöneweide
Beginn 6 U. Elysium( Film- Palast)
Der Kampf um die Goldfelder
Lichtspiele
Mariendorf
Ma- Li Mariendorfer
Beginn ab 6.30 Uhr
Achtung, Mädchenhändler
Die Geliebte des Königs
mit Lya Mara
trüher
Titania( ut ther
Hauptstraße 49
Schöneberg)
Es war Erster Preis ein Kuß
Weißensee
Lichtenberg, Lückstraße 70 Der König des Bernina Der Dieb von Bagdad mit Fairbanks Bühnenschau
Friedrichsfelde
Kino Busch Beg. W. 6.15, 8,45,
Alt- Friedrichsfelde 3
Stg. 5 Uhr
und abends ins Maxim Dr. Monnier und die Frauen mit Alb. Paulig
Nordosten
„ Elysium"
Norden
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Der größte Gauner d. Jahrhunderts Bühne: Familie auf Bestellung ( 25 Minuten Lachen)
Collosseum'
Film- und
3.3
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Gesundbrunnen
Alhambra
Badstraße 58
Allee 123 Begierde mit Lissi Arna Küsse, die man nie vergist Bühne: Atlant. Comp.
Alhambra
Müllerstraße, Ecke Seestraße
Submarine Belprogramm
Badstraße 16
Tragödie der Liebe mit E. Jannings
Rosenmontag- Gr. Bühnenschan
Humboldt- Theater
Gr. Bühnenschau Badstraße 16
Fortuna- Tageskino
Müllerstraße 12c
Beg. 10 U. vorm. Das führende Tageskino ab 10 Uhr spielt nur Spitzenfilme der Weltproduktion
Metro- Palast
Chausseestraße 30
Das Recht der Ungeboren Hoppla, Vater sicht's fa nicht
Noack's Lichtspiele
Brunnenstraße 16 Wtg. 6 U., Stg. 5 U. Stg. 3 U. Jugendv.
Kristall- Palast
Prinzenallee 1-6
Das Schloß der Liebe Die Kreuzersonate Große Bühnenschau
Pankow
Tempo, Tempo mit L. Albertini Palast- Theater Flucht in die Fremdenlegion
Rialto" Film u. Bühne
Reinickendorfer Str. 14 ( am Wedding) Madame Dubarry mit Pola Negri Spuk im Schloß mit la Plante Bühnenschau
Vineta- Kino
Vinetaplatz 3. Ecke Wolliner Straße Geheimnisse aus Fürstenhöfen Revolvergeschichten Belprogramm
Reinickendorf- Ost
Breite Straße 21 a
Niederschönhausen
Film- Palast
Chausseestraße 305 Stg. 3 Uhr Jug- Schloßpark Film- Bühne Prenzlauer Allee 58- Film und Bühne Bürgergarten- Lichtsp. Blankenburger Straße 4
Bühnenschan
Berliner Allee 205-210
Ein Traum vom Gold
Hotel Potemkin
Varietéschau
Hauptstraße 51
Erotik
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Meineid ( Ein Paragraph der Menschen tötet) Babnenschau
Die keusche Kokotte mit O. Gebühr Moderne Piráten mit Siegfried Arne