Wie lange noch?
Kairo , IS. August.(Eigenb«richt.) Die Schwierigkeiten für einen reibungslosen Abschluß des englisch -Sgyptischen Vertrages und damit für eine endliche Konsolidierung der ägyptischen Innenpolitik erweisen sich g r ö h e r als es in den Tagen noch der Entlassung Lord Lloyds den Anschein hatte. Mohammed Mahmud macht verzweifelte Anstrengungen zur Be< hauptung seiner schwer erschütterten Position und wird in seinen Bemühungen durch seine Freunde aus dem Lager der unentwegten Tories unterstützt. Sie bedienen sich hierbei de» altbswährten Mittels der Sachverständigen. Zwar haben sie bei dieser Methode nur teilweisen Erfolg. Di« Auskünfte der militärischen Experten geben dem Standpunkt des englischen Auswärtigen Amtes durchaus recht. Sie lauten dahin, daß die Besetzung der Kanalzone und engsische Flieger auf der Ost- seile völlig ausreichen. um den britischen Verkehrsweg nach Indien auch im Ernstfalle zu sichern. Als Ausgleich für diesen Versager werden jetzt die wirt- scha stlichen Interessen Englands in Aegypten als gefährdet bezeichnet. Mit einem Mol ist- ein konzentrischer Angriff gegen die Abschaffung der Kapitulationen eröffnet worden, obwohl dies« Kon. Zession bereits von Lord Lloyd an Aegypten gemocht worden ist. Ein P e t i t i v n s st u r m der europäischen Kolonien in Aegypten prophezeit ihren Untergang, da die Ausländer in Zukunft schranken- los der Willkür der ägyptischen Beamtenschaft ausgeliefert fein werden. Man geht sogar soweit, eine Sonderakkion Mussolinis zum Schutze der bedrohte« europäischen Interessen anzukündigen. Lord Lloyd , dessen Beziehungen zu den Engländern Aegyptens niemals die herzlichsten gewesen sind, wird in diesem Zusammenhang plötzlich als der Bater und die Mutter des Angel. sachsentums in Aegypten gefeiert. Gleichzeitig werden Gerüchte aus- gestreut, daß ein«nglifch-ägyptischss Abkonnnen keine Aus- sichten aus Annahm« im englischen Parlament Hot, obwohl die Regierung der Ilnlerstützung der Liberalen sicher ist. Än Erwartung der Wirkungen dieses Vorstoßes stellt sich Mohammed Mahmud gegen die Forderung de» englischen Kabinetts taub, eine oer- handlungsfähige ägyptische Regierung zu schaffen. Das Zögern des Labourkabinetts seinen Verfchleppungsverfuchen gegenüber ist darauf zurückzuführen, daß die unglückselige ägyptische Erbschaft Lord Lloyds so reibungslos wie möglich liquidiert werden soll. Dom Auswärtigen Amt in London nah«stehend« Persönlichkeiten haben dein ägyptischen Ministerpräsidenten privatim bedeu» det, nach Aegypten zurückzukehren, um gemeinsam mit dem Wasd eine Koalitionsregierung zu bilden, die als Vertretung des ägyptischen Volkes in der Loge wäre, verbindliche Verhandlungen zu führen. Das englische Kabinett will auf diese Weis« die positiven Ergebnisse seiner bisherigen Berechnungen mit Mohammed Mahmud
anerkcnnen. aber andererseits nur mit einer wirtlicheil Dolksregierung verhandeln. Die zu diesem Zweck unternommenen Verständigungsoersuche Mohammed Mahmud» mit seinen bisherigen Gegnern haben, wie der Orientkorrefpondent des„S o z. Pressedienst" von gut unterrichteter Seile erfährt, nicht die geringste Aussicht auf Erfolg. Alle auch nur einigermaßen in Frage kommenden ägyptischen Poli- tikcr rechne» mit Bestimmtheit aus einen überwältigenden Wahlsieg der Z a g h l u l i st e n. Es ist symptomatisch, daß selbst diejenigen Persönlichkeiten im Lag«,- des Wofd, die während des Regimes von Lord Lloyd im Begriff waren, zu Mohammed Mahinud hinüberzuschwenken, jetzt eine abwartende Stellung ein- nehmen und den Gang der Ereignisse abwarten. Die Erwartungen für die Umwandlung der latenten Minister- trise in eine offen« verstärken sich unter diesen Umständen immer mehr, obwohl mit einer wirklichen Klärung der Lage, auch nach einem Sturze Mohammed Mahmuds, erst nach der Rückkehr König Fuads aus Europa zu rechnen ist. Z>er Landesverrat des Putschministers erwiesen. fiainu 1«. August. �Eigenbericht) Zn Aegypten »rregt«in Geheimabkommen zwischen Lord Lloyd und dem Ministerpräsidenten Mohammed Mahmud großes Aussehen, dqs den Retter Aegyptens als Agenten der vnn Winston Churchill inspirierten und von Lord Lloyd ausgeführ- ten Politik der faschistisch eingestellten Diehards auf das schwerst« kompromittiert. Der Vertrag datiert von dem Tage, an dem Mohammed Mahmud sein Mandat als Abgeordneter des Wasd angeblich aus Gesundheitsrücksichten niederlegt«, um den Tag darauf im Vertrauen auf die von Lord Lloyd zugesagte Rückendeckung sein Attentat auf die ägyptisch« Volksvertretung zu machen. Es ist ein förmliches.Handelsgeschäft, in dem da» Diktatur- Programm Mohammed Mahimids genau seftgelegt wird und in dem auch die Konzessionen genau stipuliert sind, mit denen der ägyptische Ministerpräsident die Zustimmung des verflossenen eng- tischen Vertreters zu seinem Verrat erkaust Hot. Durch die Veröffentlichung des Dokuments wird die Behauptung Lord Lloyds schlagend widerlegt, daß er es stets vermieden habe, in di« Inneren Verhältnisse Aegyptens aktiv einzugreifen. Es erweist auch di« Schuld des ehemaligen englischen Oberkommissar» an der gefähr- lichen Richtung, in der sich die Erregung des ägyptischen Volk«, auszuwirken drohte. In engem Zusammenhang mit dem Intrigenspiel der beiden Kotastrophenpolitiker steht die Feststellung der neuerdings trotz aller Zensur wieder sehr angrissslustig gewordenen Presse des Wafd, daß der zur Diskreditierung des wofdistischen Ehefs Na ha» Pascha angestrengt« Karruptionsprozeh in dqs gleich« Kapitel fällt und hl« zur Stützung der Anklage verwandten Dokumente Fälscher st ühk« ähnlicher Art und ähnlichen Ursprungs gewesen sind wie der zum Sturz des ersten Kabinetts Macdonald von den Konservative» benutzte Sinowsewbrief.
Deutschnationale Hintergründe Die Geldgeber vnd Geldnehmer. Uns wird geschrieben: Der im„Vorwärts" in Verbindung mit dem Konkurs der G e- trsidekreditbank A-G. in Magdeburg mehrfach er- wähnte Großagrarier Major o. D. von Gaza in Möfer und der Rame des durch Selbstmord geendeten Großhändlers G o t t I ch a l k b?weis«n zweifelsfrei, daß mindestens in der Provinz Sachsen intimste Zusammenhänge mit organisierten rechtsradikalen Kreisen, nämlich mit dem Landdund und der Deutsnchationolen Volkspartei, bestehen. G o t t s ch a l k war nämlich einer der Hauptgeldgeber und Gaza führendes Vorstandsmitglied des„Verbandes nationaler Grundbesitzer und Pächter" für Sachsen-Anhalt mit dem Sitze in Magdeburg , ins Leben gerufen im Gründungsiahr der Gstreidekreditbankon mit der umfassenden Aufgabe, olles das zu organisieren, finanzieren und auszubeuten, was den Rechtsputschisten irgendwie nützlich zu werden versprach. Also«in„politisches Mädchen für alles". Der Gründer und Akteur diese» Verbandes ist von A l v e n»» leben, Neugattersleben , der zwar auch die gesamte Agitation über- nahm, aber ohne bestechendes Aushängeschild kaum imstande gewesen wäre, größer« Erfolge zu erzielen, da man ihm. dem seinerzeit noch Amerika Verschickten, zunächst nicht recht traut«. So gab sich der ehe- malige Oberpräsident in Potsdam , von der Schulenburg- Schritte, als nomineller Vorsitzender her: und auch Reichsminister a. D. Schiel«, damals noch nicht in Amt und Würden, wurde sofort gewonnen. In wenigen Monaten war fast der gesamte Adel von Sachsen und Anhalt im„Verband nationaler Grundbesitzer und Pächter" zusammengeschlossen, da nur einige nationalsozialistische Außenseiter der Adelsclique damals noch nicht genehm waren. Auch die Getreidchändler und Großfirmen, die zu der Landwirtschaft in irgendwelchem Lieferverhältnis standen(wie z. D. G o t t s ch o l k, Bennccke u. a. m.), traten der Organisation ebenso geschlossen bei wie die Klein- und Mittelbauern, die der dauernd redende Alvens- leben teils mit rücksichtslosem Koalitionszwang, teils mit dem Versprechen gewann, ihre Söhne in der Reichswehr unterzubringen und von Sachsen aus ganz Preußen zu erobern. Von dem Ehrgeiz getrieben, Abgeordneter und einmal Minister zu werden, versuchte Aloensleben, der als deutschnationaler Reichs- tagskandidat bereits zweimal durchgefallen ist, seine Unentbehrlichkeit stets durch ungewöhnliche Projekte zu demonstrieren. Darum widmete er sich zunächst nicht vorwiegend den Getreidekreditbanken, sondern der Gründung einer Arbeiter-Kaiscrpartei, die jedoch jämmerlich vorbeigelang bei dem ersten Versuch, für diesen Wahnwitz wenigstens c.nige Arbeiter aufzutreiben. Am feurigsten aber betrieb er Kon- spirationen mit der Reichswehr , wofür ihm und seinem Verband« ein Herr von Krosigk, der Hauptgeld n e h m e r des Verbandes, als Mittelsmann mit fester Anstellung in Stendal zur Verfügung stand. Der Hauptwunsch Alvenslebens und der im„Verband nationaler Grundbesitzer und Pächter" zusammengeschlossenen sächsischen Adels- clique aber war es, den damaligen Oberpräsidenten Hörsing zu beseingen. Diesem Plane wurde zeitweise alles andere untergeordnet und jede Summe geopfert. Der„Verband nationale? Grundbesitzer und Pächter' hatte übrigens sein Bureau im Londbundhaus in Magdeburg , Landbund- engestellte besorgten den größten Teil der Arbeit für den Verband, dessen Redner verpflichtet waren, auch für den Landbund und die Deutschnationale Voltspartei Vorträge zu halten, die beide hin- wiederum dem Verband ihre Redner abgaben. Später fand Aloensleben mehr und mehr Zeit, sich auch den Angelegenheiten der verschiedensten ländlichen Kreditbanken zu widmen. deren Hauptschuldige am Zusammenbruch mühelos in den Listen des Aloenslebenschen Verbandes und vermutlich auch in denen des Stahlhelms zu finden sein werden. Denn beide lasten sich in Sachsen nicht mehr trennen, seitdem Aloensleben auch noch die Führung des Stahlhelms übernommen hat. Oer Reichsiag in der Schule. Ein braunschweigisches Verfassvngsbuch. Der braunschweigische Minister für Volksbildung S i e v e r s bat der braunschweigijchen Schuljugend aus Anlaß der zehnten Wiederkehr des Vertastungstages ein« Schrift überreichen lasten, die unter dem Titel„Der Reichstag , wie er entsteht vnd wie er arbeitet" den Kindern das politisch« Leben in der Deutschen Republik in leichtverständlicher Weis« vor Augen führt. Die beiden Sätze der Reichsoerfastung„Das Deutsche Reich ist eine Republik . Die Staotsgcwalt geht vom Volke aus.' sind in der Schrift sinnfällig erläutert. Vom Wahlgang bis zur Arbeit des Reichstages selbst ist dem Schüler dos parlamentarisch« Leben des deutschen Volkes in dem durch ein anschauliches Bildermaterial wir- kungsvoll unterstützten Text verstandlich gemacht. Das schmucke Heft dient dem Gedanken einer republikanischen Staotsbürgererziehung in der Schul«. Di« Rechtspresse Braunschweigs ist natürlich über die Festgabe empört. Sie behauptet, daß die Schuljugend Braunschweigs durch diese Schrist im sozialislilchen Sinn« beeinflußt würde. Alz Erwide- rung auf diese Presteangriff« Hot der Minister für Volksbildung dem Verfasser der Festgabe folgendes Schreiben zugehen lassen:„Nachdem Ihre schöne Schrift„Der Reichstag ' in einigen Zeitungen«in- so üble und ungerecht« Beurteilung erfahren hat, ist es mir ein Bedürfnis, Ihnen einige anerkennende Wort« über Ihre Arbeit zu sagen. Trösten Sie ssch damit, daß neben den wenigen engherzigen und unwissenden Kritikern eine große Zahl sach- kundiger Männer steht, die freudig berührt war von ltew Geschick, mit dem Sie diesen spröden Stoff behandelt haben. Ihr« prächtig« Schrift wird über den Verfassungstag hinaus als Unter» richtsmittcl gute- Dienste tun und unseren Schulkindern Verstand- nis und Achtung für die großen Aufgaben des Reichstages vermitteln.'_ Gegen Kommunistenbank. Sin französisches Lustizverfahren. Pari«. IS. August.(Eigenbericht.)- Die französisch« Regierung Hot sich in ihrem Fcld.zug gegen die kommunistische Partei jetzt deren Geldbeutel als Angriffsobjekt ausgesucht. Gegen die kommunistische Arbeiter- und Bauer?.- dank, die sowohl di«„humanite" wie auch zahlreiche Konsumge- schäfte finanziert, ist formell Anklage wegen unlauterer Sc- schäftssührung erhaben worden. Es heißt darin, das Kapital der Bank, da» nominell 8 Mllionen betragen soll, sei in Wahrheit nur mit 3 Millionen eingezahlt worden. Die übrigen Aktien sei«» nur fiktiv gezeichnet, außerdem habe di« Bank in den vier Jahren' ihre» Bestehens gefälschte Bilanzen veröffentlicht und fiktive Dividenden verteilt. Ihre Berbindlichkeiten beziffern sich heute auf 24 Millionen, denen an Aktiven nur 3,5 Millionen gegenüber stünden. I
Verschärfung des<5hina«Konflikis. japanische Pläne in der Mandschurei . . Moskau , 15. August. In den beiden letzten Tagen hat sich die chinesisch.russisch « Spannung offensichtlich verschärft. Die offiziösen.Iswestija" bringen zum erstenmal eine Mitteilung über klein« Scharmützel an der russisch-chinesischen Grenze, wobei daraus hingewiesen wird, daß di« russisch «»„Weißgardisten' sofort nach dem Ausbruch des Konflikts schon begonnen hatten, die Sowjetgrenzposten zu b e> schießen und zu beunruhigen, daß aber«rst in den letzten Tagen infolge dieser Plänkeleien mehrere Tote und Verwundet« zu verzeichnen waren. Diese Meldung und. di« sehr kurz« amtliche Mitteilung über die B i l d u n g« i n e r b e s o n d e r e n A r m«« in Ostsibirien haben die Stimmung in Moskau wieder nervöser gemacht. Di« Sowjet» blätter verschörsen diese noch durch die täglichen Meldungen über Brutalitäten der chinesischen Behörden gegenüber den Sow. jctstaatsangehörigcn. di« sich noch auf mandschurischem Gebiet be> finden. Nach tclcgraphischen Meldungen aus Tschlta befinden sich in Charbin noch etwa 40 russisch« Familien. In Mandschuria 60. Die Männer, Angestellte der ostchinesischen Bahn, sind ausgewiesen worden und di« Familien befinden sich in hilfloser Lage. In Charbin sind alle Kontore, die vor dem Beginn des Konflikts mit sowjet- I russischer Steinkohle handelten, geschlossen worde».
Die man in Moskau erfährt, sind in Charbin die ZNllilöraktoche» der englischen und der amerikanische « Gesandtschast eingetroffen. Besonders der Amerikaner soll sich sehr„aktiv" zeigen. die leitenden Männer der chinesischen Behörden besuchen und große» Interesse jür alle Fragen der Ostchinssischen Bahn zeigen. In Ehar- bin Hot sich unter Führung eines gewissen Maschkow«in„A kt> o« s» k om i t ee" der russischen Emigranten gebildet, dem auch der ehe- molige Bischof Methodius angehört. Die Japaner enlwickeln in der Mandschurei ebensall » eine eifrige Tätigkeit. Der Wzedirektor der südmandschnrischen Eisen. bahn(über die bekanntlich di« Japaner verfügen) verhandelt mit der chinesischen Regierung in Mukden über dieErbouungchiner Bahnlinie von Girin zur Küste des japanischen Meeres. Da- durch würde die südmondschurische Bahn ein« neue Zweiglinic erhallen, die zur Erweiterung des japanischen Ein. f l u s s e s in der östlichen Mandschurei dienstbar gemacht ipeoden könnte. Bon Girin bis Duchua ist sie tatsächlich schon syst fertig- gestellt. Ueber dies« japanischen Pläne berichtet die Sowjetpresse nach Tokioter Quellen, ohne indessen in irgendeiner Weis« dqzu Stellung zu nehmen. Die südmandschurisch« Bahnlinie Hot übrigens. nach der Behauptung japanischer Blätter nqch Ausbruch des chinesisch-russischen Konflikts eine erheblich« Zunahm« ihrer Wa r«»tra ns p o rt« zu verzelchnen.