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BERLIN Sonnabend 17. Auguft

1929

Der Abend

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Nr. 384

B 191 46. Jahrgang.

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Gewerkschaft und Weltwirtschaft

Leipart über die neuen Wirtschaftsformen.

Dortmund , 17. Auguft.( Eigenbericht.)

Im Rahmen seiner hier abgehaltenen Reichskonferenz hat der Verband der Bergbauindustriearbeiter Deutschlands anläßlich seines 40jährigen Bestehens heute cine öffentliche Gewert. fchaftstundgebung im Silberfaal der Dortmunder West­falenhalle veranstaltet. Der Borsigende des ADGB. , Theodor Leipart , sprach heute vormittag über die

Aufgaben der Gewerkschaften in der internationalen Wirtschaft.

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Genosse Leipart führte hierzu aus: Die Aufgaben der Ge­mertschaften greifen von den ursprünglichen Gebieten der Sozial­politik und Sozialversicherung über auf das große Gebiet der Wirt­schaftspolitik. Der Gedanke der Wirtschaftsdemokratie der im Bergbau am weitestgehenden verwirklicht ist- war die Frucht des Eindringens der Gewerkschaften in die Wirtschaft. Er mußte an Kraft gewinnen, je mehr sich die Wirtschaft veränderte, je mehr der Hochkapitalismus in eine gebundene Wirtschaft übergeht, je größer die Macht der Kartelle, Synditate, Trusts wird. 44 Riesen= betriebe, jeder mit einem Betriebsfapital von über 50 Millionen Marf, vereinigen in sich ein Fünftel des gesamten industriellen Betriebskapitals. In der Industrie der Grundstoffe find 89 Pro3. des Aktienkapitals fonzernmäßig gebunden, in der verarbeitenden Industrie bereits 57 Proz. Die Zusammenschlußbewegung greift über die Staatsgrenzen hinaus, wird international.

Die von den deutschen Gewerkschaften aller Richtungen ge= forderte

Kartell- und Monopolfontrolle

muß daher auch international werden. Sie wud eine ge­meinsame Forderung der Gewerkschaften aller Länder. Nationale und internationale Kontrolle sind daher in die neuen mirt­schaftspolitischen Richtlinien des Internationalen Ge­mertschaftsbundes( Amsterdam ) aufgenommen worden. Eines be­dingt das andere, wie überhaupt die internationale Tätigkeit mis­bestimmt wird von der gewerkschaftlichen Tätigkeit im eigenen Lande. Deshalb zerfallen die Richtlinien des JGB. notwendiger­weise in zwei Teile: die internationalen Anweisungen an den JGB. und die nationalen Empfehlungen an die Landeszentralen. Die Gewerkschaften fordern die Zusammen­fassung der bisher ungenügenden wirtschaftspolitischen Tätig keit des Völkerbundes in einem

besonderen Internationalen Wirtschaftsamt,

das einerseits eng mit dem bereits bestehenden internationalen Arbeitsamt zusammenarbeiten soll, andererseits von nationalen Wirtschaftsräten unterstützt sein muß, die in allen Ländern ähnlich dem deutschen Reichswirtschaftsrat zu bilden sind. Dies wird eine Hauptaufgabe der einzelnen Landeszentralen sein müssen.

Aus den vielen Punkten der internationalen Richtlinien griff Leipart schließlich noch eins heraus: Die Förderung der öffentlichen Wirtschaft, die ein Gegengewicht gegen die Monopolisierung der Wirtschaft durch das private Kapital dar stellt. Die wachsende Macht der öffentlichen Hand gegenüber der Wirtschaft ist der Ausdruck der wirtschaftlichen Entwicklung, der Ausdruck dafür, daß die private Wirtschaft ihre geschichtlichen Aufgaben erfüllt hat, und neue Wirtschaftsanschau= ungen sowie neue Wirtschaftsformen im Begriff sind, sie zu ersetzen. Die ungeheuerlich gesteigerten Ansprüche, die das gesellschaftliche Leben an die wirtschaftliche Tätigkeit stellt, tönnen nicht mehr von einem einzelnen Unternehmer befriedigt werden." Auf der Frankfurter Tagung des Reichsverbandes der Deut­schen Industrie( 1927) hat Geheimrat Bücher auf die Wand­lungen des Unterne mertyps hingewiesen. Was für ein Unterschied besteht noch zwischen dem beamteten Generaldirektor einer Privatgesellschaft und dem beamteten Generaldirektor eines Wirtschaftsbetriebs der öffentlichen Hand? Die vielgerühmte Privatinitiative des alten Unternehmertums ist ver­schwunden, seitdem der einzelne Unternehmer seine wirtschaft liche Freiheit an die sich immer mehr ausbreitenden Kartelle, Syndikate, Trusts usw. verliert. Auf der anderen Seite nehmen die Berwaltungen öffentlicher Wirtschaftsbetriebe gern die zwed. mäßigen Formen der privaten Wirtschaft an, mit dem Unterschiede allerdings, daß die Privatwirtschaft der Allgemeinheit nicht verant­wortlich ist, der Wirtschaftsbetrieb in öffentlicher Hand Dagegen trotz des privatwirtschaftlichen Gewandes gemeinheit dennoch verantwortlich bleibt.

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der A11

Mit einem warmherzigen Gruß an die Veteranen des Berg arbeitefberbandes hatte Leipart seinen Vortrag eingeleitet; mit einem Glüd auf" für das weitere gewerkschaftliche Ringen ums Endziel schloß er ihn.

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Unfere Bilder sind vom Sturmvogel " aus rährend der Verfassungsfeier auf­genommen worden. Sie zeigen oben die Gegend um den Lunapark mit dem neuen Bahnhof Ausstellung", unlen den Flughafen Tempelhof mit der freithin fichtbaren Stationsbezeichnung Berlin.

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Sturmvogel " über Berlin .

Im Anschluß an die mit großem Beifall aufgenommenen Aus-| Orte entdeckt wurde, erhalten die zuerst ausgesetzte Belohnung führungen von Leipart sprach der Bolkswirt des Bergbauindustrie - von 500 m. ausgezahlt. Für die Ermittlung des Mörders ist jetzt arbeiterverbandes, Dr. Berger( Bochum ), über die bevorstehende Genfer Kohlenkonferenz, die der Bölkerbund zum 30. September einberufen hat.

Bochum , 17. Auguft.( Eigenbericht.) Der Vorsitzende der Bergarbeiter- 3nternationale hat dem Bergbau- Industriearbeiterverband zu deffen 40jährigem Jubiläum feinen Glückwunsch übermittelt. Das Prinzip der Bergarbeiter- Internationale erklärt Smith muß sein: Friede und Abschaffung aller kriege zwischen den Nationen. Alle Streitigkeiten sollen durch Schiedsgerichte beigelegt werden. Wir müssen uns immer daran erinnern, daß im vergangenen Kriege 9 750 000 Menschen getötet, 21 Millionen verwundet und 3 Mil­lionen vermißt worden sind. Der Krieg tötet immer den Un­schuldigen."

eine weitere Belohnung von 1000 mart ausgelobt. Alle Mitteilungen, mögen sie noch so belanglos erscheinen, fönnen für die Aufklärung des schrecklichen Verbrechens von größter Be­deutung sein. Sie werden an die Kommission im Zimmer 64 des Polizeipräsidiums erbeten.

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Auf einem Spaziergang durch den Grunewald wurde gestern abend in der Nähe der Försterei eine 27 Jahre alte Haus­angestellte von einem jungen Burschen plöblich ange fallen. Er schleppte das Mädchen in eine Schonung, riß sie zu Boden und versuchte, sie zu vergewaltigen. Als die Ueber­fallene sich verzweifelt zur Wehr setzte, ließ er von ihr ab, riß ihre Handtasche an sich und flüchtete. Unterwegs entnahm er der Tasche das Geld und warf sie geleert wieder von sich. Er ist leider in der Dunkelheit entkommen.

Der Kindesmord in Westend . Das Grubenunglück in Oftoberschlesien.

Bergebliche Suche nach dem Täter./ Noch 1000 Mart Belohnung.

Gestern sind bis in die späten Nachistunden hinein die Bernehmungen der Zeugen fortgesetzt worden. Es hat sich da­bei herausgestellt, daß das Verschwinden der Hilde 3 e per­nic schon am Montagabend um 7 Uhr aufgefallen war. Junge Leute aus der Nachbarschaft jezten sich auf ihre Räder und fuhren die ganze Geggend suchend ab, während die älteren den Part durchstreiften. Gegen 11 Uhr besann man sich darauf, daß das Kind in dem Neubau vielleicht verunglückt sein könne. 3usammen mit dem einen Wächter, der seinen Abendkollegen bereits abgelöst hatte, forschte man, mit Lampen ausgerüstet, überall nach, fand aber nichts. Das ist auch erklärlich, denn, wie schon gesagt, ist der Keller, in dem die kleine Leiche Tage später entdeckt wurde, ganz abgelegen und für den Ortsunkundigen schwer zu finden. Durch neuerliche Bekundungen von Zeugen aus der An­wohnerschaft und der Arbeiterbelegschaft erscheint der zunächst ver

dächtigte Bächter Schulz erheblich entlastet. Die Vernehmungen werden aber noch ständig fortgesetzt.

Die beiden Arbeiter Bahnemann und Riech, deren Aufmerksamkeit es zu danken ist, daß die Leiche an dem verborgenen

Die Rettungsarbeiten sind sehr schwierig.

aftowi, 17. August.

Zu dem schweren Grubenunglüd, das sich am Freitag vor­mittag auf dem Hildebrandt- Schacht auf Antonienhütte ereignet hat, wird noch folgendes bekannt: Das Unglüd ereignete sich auf dem Gerhardt- Flöh der 600- meter- Sole. Bisher werden 16 Tote und 6 Verwundete gezählt. Bis 20 Uhr sind sieben Tote geborgen worden.

ftalten sich jedoch sehr schwierig, da die Reffungsmannschaften Die Reifungsarbeiten sind noch in vollem Gange, ge­ftalten sich jedoch sehr schwierig, da die Reffungsmannschaften wegen des von der Explosion aufgewühlten Steingerölls nur lang­am vordringen können.

Bon den Belegschaften ist niemand eingefahren.

Nachfur des Reichskanzlers. Wie die Telegraphen- Union er fährt, wird Reichskanzler Müller am kommenden Mittwoch die

Heidelberger Klinik verlassen. Eine zweite Operation hat sich nicht

als notwendig erwiesen. Zur Nachfur wird sich der Kanzler in ein Schwarzmaldsanatorium begeben. Er ist fast völlig wie der= hergestellt und verfolgt die politischen Vorgänge wieder mit größtem Interesse.