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Nr. 38.

Erscheint täglich außer Montags. Preis pränumerando: Viertel­jährlich 3,30 Mart, monatlich 1,10 Mt., wöchentlich 28 Pfg. frei in's Haus. Einzelne Nummer 5 Pfg. Sonntags- Nummer mit illustr. Sonntags- Beilage Neue Welt" 10 Pfg. Post- Abonnement: 3,30 Mt. pro Quartal. Unter Kreuz­ band : Deutschland u. Desterreich­Ungarn 2 M., für das übrige Ausland 3 Mt. pr. Monat. Eingetr. in der Post Zeitungs- Preisliste für 1896 unter Nr. 7277.

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Vorwärts

13. Jahrg.

Insertions- Gebühr beträgt für die fünfgespaltene Petzeile oder deren Naum 40 Pf., für Vereins- und Bersammlungs- Anzeigen 20 Bfg. Inserate für die nächste Nummer müssen bis 4 Uhr nachmittags in der Expedition abgegeben werden. Die Expedition ist an Wochen­tagen bis 7 Uhr abends, an Sonn­und Festtagen bis 9 Uhr vormittags geöffnet.

Fernsprecher: Amt 1, Nr. 1508. Telegramm- Adresse: " Sozialdemokrat Berlin".

Berliner Bolksblatt.

Zentralorgan der sozialdemokratischen Partei Deutschlands .

Redaktion: SW. 19, Beuth- Straße 2.

Die

Konsumvereins- Chikanirung.

Freitag, den 14. Februar 1896.

Expedition: SW. 19, Beuth- Straße 3.

den Konsumenten, auch wenn sie Beamte oder maligen Lobpreisern verfolgt, weil die Arbeiter sich Offiziere find, verboten oder erschwert wird, sich zwar das Gute zu nutze machten, das eine Konsum­in Konsumvereinen zu organisiren. Und Erschwerungen organisation zu bieten vermag, feineswegs aber für dieses Unsere Gesetzgebung soll, nach dem Wunsche der chikanösester Art waren in der Kommission vorgeschlagen, Linsengericht ihr Erstgeburtsrecht der freien Meinung und reaktionären Parteien, in eine neue Aera eintreten, deren und es bedurfte großer Mühe seitens der Opposition, die des Strebens, die Gesellschaftsordnung von Grund aus Umrisse von Friedrichsruh aus vorgezeichnet wurden: die sich in der Minorität befand, um diese Ausnahmegeseze in etwas umzugestalten, aufgaben.

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Arbeiter sollen zur Strafe dafür, daß sie Sozialdemokraten wenigstens zu mildern. Ursprünglich wollte die Mehrheit Und weil nicht unbedeutende Massen sozialdemokratischer find, chikanirt werden, jegliche Berücksichtigung ihrer der Kommission ganz uneingeschränkt gelten lassen, daß nicht Arbeiter nicht von Partei wegen, sondern aus privaten berechtigten Interessen soll schwinden. Neben den großen nur der Verkäufer bestraft wird, der in einem Interessen sich in Konsumvereinen organisirten, deshalb Mitteln wie Wahlentrechtung, werden eine Reihe kleiner Konsumverein Waaren an Nicht mitglieder wissentlich ver- bekämpfen die Arbeiterfeinde diese Organisationen erst vorgeschlagen, deren Erfolg sich mit den Friedrichsruher kauft, sondern auch dasjenige Mitglied, das aus recht. Vorschlägen deckt. Dabei soll denjenigen Bevölkerungs- dem Konsumverein oder von einem mit diesem wegen Ab- Jm Königreich Sachsen, wo man ja die Vergewaltigungs­freisen, welche die großkapitalistische Entwickelung gabe von Waaren in Verbindung stehenden Gewerbe- politik zur Staatsraison erheben will, geht man noch bru zermalmt und zerstört, eine Scheinhilfe gewährt treibenden auf grund seiner Mitgliedschaft bezogene Waaren taler vor, als in der Reichstags- Kommission. und ihnen vorgeredet werden, nicht der Groß gegen Entgelt gewohnheitsmäßig oder gewerbsmäßig an Am 30. Januar d. J. kam in der zweiten sächsischen tapitalist, sondern der Arbeiter ist ihr Feind. Damit Nichtmitglieder veräußert. Kammer ein Antrag Rüder( f.) zur Verhandlung, der glauben die sich für sehr schlau haltenden Füchse der Durch diese Bestimmung würde bei jeder Arbeiter- nicht mehr und nicht weniger wünscht, als eine Umsatz­Ordnungsparteien zweierlei erreichen zu können: erstens, oder Beamtenfamilie, welche Kostgänger, Pensionäre n. dergl. ste u er für Konsumvereine, die bis auf 3 pt. gesteigert daß die Mißstimmung, welche der kleine Besitzende infolge besitzt, der widerlichsten Denunziationspest Thür und Thor werden soll. Unsere Genossen Poste It, Stolle und des wirthschaftlichen Bersehungsprozesses empfindet, sich zu- geöffnet worden sein. Die Butter wie der Käse, die Seife, Seifert wiesen sehr treffend nach, welche Ungerechtigkeit nächst gegen die Arbeiter und deren klaffenbewußte Ver- das Licht wie das Petroleum hätten für die Kostgänger in dieser Steuer liegen würde, die nicht den privaten Ge tretung, die Sozialdemokratie kehrt, und zweitens, daß das nicht von den Waaren genommen werden dürfen, die aus werbetreibenden, sondern nur die Konsumvereine belasten durch diese mit Hilfe der Kleingewerbetreibenden besser ge- dem Konsumverein stammen! Bis 150 M. Geldstrafe sollte soll. Bostelt rechnete vor, daß der von ihm geleitete Konsum­fnebelt werden können. man solche furchtbare Verbrechen bestrafen! verein Vorwärts" in Dresden dann jährlich etwa 67 500 M. Abgaben zu zahlen hätte und so den Mit­gliedern 50 pCt. der Dividenden geraubt würden!

So wie die Margarine- Chikanirung die Bauern zu Es gelang der Opposition schließlich, die Mehrheit dem Glauben bringen soll, sie hätten keine besseren Freunde zu bewegen, den Chikaneparagraphen dahin abzu als die Margarinefeinde, so wird im Reich wie im schwächen:" Die Abgabe von Gegenständen, welche Mit­Probirländel der Reaktion, im Königreich Sachsen, glieder von Konsumvereinen aus solchen beziehen, in ihrer ein Feldzug gegen die Konsumvereine eröffnet, der Speise- Anstalt oder ant ihre Kost gånger dieselben mit Chikanen aller Art der Vernichtung entgegen zum als baldigen persönlichen Verbrauch, führen soll. fällt nicht unter vorstehende Strafbestimmung."

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Das half nichts! Die Majorität des sächsischen Land­tages tritt für diese schreiende Ungerechtigkeit ein; sie er­klärt, daß sie die selbständigen Existenzen der Kaufleute schüßen wolle und nimmt auf die Interessen der wirthschaft­lich noch Schwächeren, der Arbeiter und Kleinbürger, gar Im Reich ist aus der beinahe unschuldig aussehenden Immerhin bleibt das freie Verfügungsrecht keine Rückficht. Natürlich ist die antisemitische Demagogie Regierungs- Vorlage von der Kommission ein Aus- beschränkt, das sonst jeder Käufer über seine rechtmäßig dabei einig mit der konservativen. nahmegesetz gegen Konsumvereine geschaffen erworbene Waare besitzt; mit jeder anderen Waare Der Antrag ist der Beschwerde- und Petitionsdeputation worden, wie es bisher in der ganzen deutschen Gesetzgebung können ihre Besitzer thun und lassen, was sie wollen die überwiesen worden, der bereits ähnliche Petitionen von seines gleichen nicht findet. Was jedem Privathändler er- Konsum vereins- Waare dürfen sie aber nicht nach Seiten der Kaufleute vorliegen. Mit welcher Eile und Un­laubt ist, wird dem Konsumverein verboten. Um dem Vor- freiem Ermessen weiter veräußern, nur zum alsbaldigen geschicklichkeit übrigens dieser Antrag ausgearbeitet wurde, wurf einseitiger Ungerechtigkeit zu entgehen, erstrecken persönlichen Verbrauch in ihrer Speise Anstalt oder an offenbar um nach Außen hin bei den Kleingewerbe­fich die Beschlüsse der Konsumvereins Kommission ihre Kostgänger ist ihnen dies gnädigst gestattet worden! treibenden, denen das Wahlrecht geraubt werden nicht uur auf die die Konsumvereine welche Ers Db aber nicht diejenigen Parteien, welche mit Hilfe soll gute Stimmung für die Reaktionäre zu machen, werbs und Wirthschafts genossenschaften sind, der Kleingewerbetreibenden Siege gegen die Arbeiter erringen beweist der Unistand, daß der. Wortlaut des sondern auch auf Konsumanstalten, welche von Arbeit wollen, bei den Plenarberathungen diesen Gnadenerlaß zu Autrages juristisch unhaltbar und nicht einmal gebern für ihre Arbeiter oder Beamten betrieben Falle bringen werden, bleibt noch abzuwarten. Die eng- richtiges Deutsch ist, wie ein nationalliberales Mitglied der werden, sowie auf alle Gesellschaften, Korpo- herzigste Interessenpolitik mancher Krämer will eine völlige sächsischen Kammer rügte. Als darauf unser Genosse Stolle rationen, Vereinigungen, namentlich auf Vernichtung oder strengste Einschränkung der Konsum im Landtage die Konservativen fragte: Hat sich jemals Beamten und Offiziersvereine, deren wesent- vereine; sie betrachten diese als eine unberechtigte Er- eine Partei mehr blamirt als die Ihrige?" erhielt er dafür licher Geschäftszweck es ist, ihren Mitgliedern oder für be scheinung, durch die ihr, wie sie meinen, privilegirtes An- vom Präsidenten Ackermann einen Ordnungsruf. Aber stimmte Berufstreise in dem Bezug von Waaren Vortheile recht auf die Geldbeutel der Konsumenten eingeschränkt recht hatte Stolle deshalb doch, wenn auch freilich vorläufig zu verschaffen". wird! Als ob die Konsumenten der Händler wegen da in Sachsen der Unfinu Sieger bleiben wird. Es sollen So wenig es zu billigen und zu dulden ist, wenn wären oder nicht vielmehr die Händler um der Kon- eben auch noch die letzten Schlafmützen von den Ohren des Beamte während ihrer von den Steuerzahlern bezahlten sumenten willen! deutschen Michel gezogen werden das ist die kultur­Dienstzeit in irgend einer anderen Geschäftsthätigkeit, Dieselben Konsumvereine, welche vor jetzt drei Jahr historische Mission der Rückwärtsler, die sie auch mit der also auch in einer Konsumanstalt, thätig sind, so wenig zehnten als unfehlbares Mittel zur Vertilgung der Sozial- modernen Chikanegesetzgebung erfüllen. entspricht es dem gleichen Recht für alle, sobald demokratie angepriesen wurden, werden jetzt von ihren ehe­

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Clotilde.

( Nachdruck verboten.)

Hätte ich mein Geld sonst wieder bekommen?" fuhr die Gräfin auf, er war ein Spieler."

" Ich habe Ihnen heute gezeigt," sprach Benno weiter, ,, wie leicht man durch Verführung zum leichtsinnigen Spieler werden kann, Sie haben genug verspielt."

" Ja, wahrlich," stöhnte die Gräfin, so viel, daß ich faum von hier fort kann."

" Ich war damals als Freund des Lieutenant v. Scheven an der Ehrenschuld betheiligt, und schwur: Ihnen einmal eine Lektion zu geben. Sie können genug haben.

Ich, mein Freund und seine Frau, wir sind gerächt, ich will zeigen, wie man böse Weiber düpirt und zahm macht. Sie ließen damals ein zartes Mädchen oft ein­geschlossen im Zimmer sigen, jetzt lasse ich Ihre Tochter, die Sie mir zur Frau anbieten, sitzen, denn ich bin längst verheirathet."

Ein gellender Schrei ertönte und Elly fiel wie ohn­mächtig in ihren Stuhl.

Die Gräfin und Elly erhoben sich mit zustimmenden dankbaren Blicken und fenkten dann verschämt die Augen vor Benno und Theodor, die sich als vornehme Kavaliere verabschiedeten und sie verließen.

33.

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Was in aller Welt konnte der Grund hierzu sein? Um so größer war seine Freude; er lachte einmal über das andere schadenfroh auf, daß er drei Uebel zugleich so schnell losgeworden.

Dann brachen beide förmlich zusammen. ,, O Blanka, rief Kurt, Du ahnst nicht, welch ein be Die Gräfin war ihr Geld, Elly ihren Mann los, ohne seligendes Gefühl es ist, dem Bereiche einer stets nörgeluden, einen andern erobert zu haben. zänkischen Frau und einer biffigen, bösen Schwiegermutter fern zu sein. Wie athme ich auf, befreit von einer jahre­langen Qual! Wie bin ich beglückt nach einem liebeleeren Dahinleben, voll liebloser Behandlung, in Dir meine erste, wahre Liebe wieder zu finden! Wie bin ich Dir dankbar, daß Du mich nicht vergessen und mir Trene bewahrt." Er umarmte Blanka und sie tauschten einen langen, heißen Kuß.

Zur Linken des Kurhauses führt ein etwas steil auf steigender Weg nach dem freundlichen Dörfchen Steinbach, dem Geburtsorte des großen Baumeisters Erwin, der den Straßburger Münster . erbaute.

Dort hatte ein uns bekanntes Paar Zuflucht und Wohnung gefunden und verlebte in stiller Burückgezogenheit recht glückliche Stunden.

Es waren Kurt und Blanka.

" Ja, die treue Liebe ist eine niebesiegte Macht!" rief Blauka, sie hat mich aufrecht erhalten in Hoffnung, sie hat In Baden- Baden und im dortigen Kursaal waren mir den Muth und die Kraft gegeben, das zu vollbringen, fie zwar schon einige Male gewesen, aber sie hatten sich was ich mir selbst nicht zugetraut hätte: mit Dir zu ents nur verstohlen gezeigt, denn es war ihnen nicht umbes fliehen. Nur noch einmal wollte ich die schönen Stunden kannt, daß die Gräfin und Elly unter den Badegästen erleben, die das erste Lieben mir geboten, nur noch weilten. einmal dem einzig geliebten Manne an der Brust ruhen und dann sterben. Doch nun Du frei bist, möge kommen was da wolle, ich juble auf, ich will Dich fest halten in meinen Armen und ganz Dir leben."

Die Gräfin war vor Bestürzung keines Wortes mächtig. " Ich denke, auch wir sind nun hier zu Ende," nahm Heute gingen sie mit großer Freude den Waldweg, der Theodor von Rürdorf jetzt das Wort. Möge uns das nach Baden- Baden führte. Schicksal nicht wieder feindlich zusammenführen. Damit Sie fühlten sich freier, denn sie brauchten sich nicht Sie aber sehen, daß ich es nicht eilig mit dem Geld habe, mehr zu fürchten, gesehen zu werden. und Ihnen nur zeigen wollte, wie wehe das Mißtrauen Kurt von Bergkuhn hatte das Dokument in der Tasche, thut, so lege ich fünfhundert Gulden hier nieder, damit worin seine Frau durch ihre eigenhändige Unterschrift be­es Ihnen ermöglicht wird, bald hier fortzukommen." fräftigte, daß sie einverstanden sei mit der Scheidung, daß Benno fügte dem hinzu: Ich reise morgen zu meiner Frau sie ihre Ghe als gelöst betrachte. und meinen Kindern nach Frankreich zurück. Wir ver- Er konnte sich nicht erklären, wie es gekommen, daß sprechen Stillschweigen." seine Frau so schnell eingewilligt.

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Damit fein Gerede entsteht, will ich die Damen, mit Noch mehr aber wunderte er sich, daß seine sonst so denen ich hier oft gesehen wurde, zur Bahn bringen und hartnäckige, ja geizige Schwiegermutter es ihr erlaubt habe, Sie können mit demselben Zuge abreisen. Für heute-zu unterschreiben, denn damit übernahm sie ja seine Schulden gute Nacht." zu bezahlen.

Meine süße Blanka! Welches Leid, welche trübe Zeit wäre mir und Dir erspart worden, wenn das Schicksal uns nicht auseinander gerissen hätte."

,, Lieber Kurt! Du ahnst nicht, welche fummervollen Stunden eine Braut durchlebt, die den Geliebten, den sie einzig und wahrhaft liebt, verliert. Ein immer währender Schmerz nagt an ihrem Herzen, keine Freude lächelt ihr vollkommen, immer muß sie des Einen gedenken, den sie liebt, überall wird sie ihn vermissen, für den ihr Herz in Liebe glüht, von dem sie nun für immer getrennt ist. ( Fortsetzung folgt.)