Hugenberg der Cherusker . Er redet am Sedantage im Teutoburger Walde. Der Reichsousschuß für das Volksbegehren zur Verewigung des Dawes-Plans hat am Mittwoch in Nürnberg eine Dorstandssttzung abgehalten. Hilgenberg selbst will am nächsten Sonntag, der als Jahrestag der Schlacht von Sedan gewählt worden ist, die Kampagne gegen den Joung-Plan mit einer Red« eröfsnen. Di« Kundgebung findet am Denkmal Hermanns des Cherus» k e r s im Teutoburger Walds statt. Wer jemals das Glükk gehabt hat, Herrn Hugenberg zu sehen, dem ist seine frappante Aehnlichkeit mit Hermann dem Cherusker ohnehin schon aufgefallen. Daß Hugenberg die Schlacht von Sedan gewonnen hat, ist ebenso bekannt. Es kanu also keinen Würdigeren geben als ihn, am Sedantage im Teutoburger Wald « zu sprechen. Weniger bekannt ist, wo sich Herr Hugenberg heut« vor fünf I a h r e n befunden hat, nämlich an dem Tage, an dem die deutsch« nationale Reichstagsfraktion mit der Hälfte ihrer Mitglieder dem Dowes-Plon zur Annahm« verhalf. Gewiß war er doch in den Reichstag geeilt, mn diese„nationale Schmach' zu verhindern, gewiß hat er gegen die„Versklavung und Auszehrung Deutschlands ' wie ein Löwe gekämpft? Die Akten des Reichstages melden freilich etwa» andere«. Herr Hugenberg war, wie gewöhnlich, auch am 29. August 1924 nicht i m R« i ch s t a g. Er war nicht da und sagte weder Ja noch Nein. Es ist bequem, in den Teutoburger Wald zu gehen, wenn kein« Römer mehr da sind und sich am Sedantage zu begeistern, wenn nicht mehr geschossen wird. Aber, wenn es gilt, im Reichstag seinen Mann zu stehen, ist Herr Hugenberg grundsätzlich nicht da! Die Helden des 29. August. Am 20. August 1924 haben in der entscheidenden Abstimmung über de» Dawes-Plan 49 deutschnational« Reichstagsabgeortmetc mit Ja gestimmt, S<1 mit Nein. C haben gefehlt. Hier die Liste! Die Zotfager: Lachmann, Baecker , Barth, Lazille, Lehren», Liener, Fürst Bismarck , Ehrist. Döbrich, Donsch, Dorsch, Dryander, Fietcher, Dr. Gericke, Glaser, Dr. Hanemann, Hänse, Hartwig, Hartz, Hoetzsch, Hülser, Iusier, v. Chemnitz , o. Keudell, Klönne, Koch, Krüger, Lam- bach, Lejeune-Jung, Leopold, Lrndner, Maretzky, Graf v. Merveldt , Mumm, Neuhaus, Paul, Reichert, v. Richthofen , Rippel, Sachs, Schröter, Siller, Spahn, v. Etauffenberg, Strachmann, v. Tirpitz, Aeidt, Logt, Wallraf. Die Aeinsager: Lernidt, Lrttetbamn. Bruhn, Ludjuhn. v. Dewitz, Dietrich, Graf Eulenburg , Everling, v. Freytogh-Loringhoven, Geisler, Gok, v. Goldacker, Graef-Thüringen, Haag, Hartmann. Hemeter, Hensel, Hergt, Iandrey, Laoerrenz, Logcmann, Lohmann, Malkewitz, Manske, Martin, Müller-Otfried, Oberfohren, Ohler, Philipp, Quaatz , Rieseberg, Roth, Schlange-Schöningen, Schmidt-Hannrwer, Schmidt-Stettin, Schott, Schultz-Bromberg, Schulze, v. Sperber, Steiniger, Stubbendorff, Thomson. Treviranus , Wege, Dr. Wer« der, Westarp, Wienbeck, Wischnövski, Wolf-Stettin, Wormit. Gefehlt haben sechs Abgeordnete, nämlich Frau Lehm, Hugenberg , Körner, Lind, Schiele, Weilnböck. Der Vorstand des Vorstands des Ausschusses. Hugenberg » Telegraphen-Union weiß zu berichten: Der Vor- stand des Reichsousschufses für das deutsch« Volksbegehren ti-ot am 28. August in Nürnberg zusammen. Es wurden die für die Einbringung und Durchführung eines Dollsbegehrens gegen die Bcr- inäoung Deutschland» vorbereiteten Maßnahmen beraten und ge> billigt. Der enger« Vorstand wurde zur Durchführung der Ausgaben des Reichsausschusses durch Auwahl ergänzt. Er setzt sich wie folgt zusammen: General der Infanterie Otto v. B e l o w, Dr. Hugenberg, Franz Seldte, Minister a. D. Schiele, Adolf Hitler . Gutsbesitzer Schwecht(Rheinland ). Neben Hugenberg auch Schiele? Dir beiden, die am 29. August gefehlt haben? Veriagung des Gozialausschuffes. Sozialdemokratie gibt nicht nach. In der Fortsetzung der Beratung des Sozialen Ausschusse» des Reichstag» über die Arbeitslosenversicherung forderte Abg. Schneider(Dem.) vom Ministerium Berechnung der Er- sparmsse, die infolg« der Beschlüsse des Ausschusses eintreten. Er erklärt, daß er mit der Tendenz der Anträge, die«ine Relation der Unterstützungssätze fordern, übereinstimme. Die Saisonarbeiter würden nicht in dem Unrfang« durch die Neuregelung erfaßt, wie es angesichts des Risikos, das sie für die Ardeitslosenoerficherung be- beuten, notwendig sind: Di« Demokraten behielten sich vor. einen Antrag auf Kürzung der Unterstützungssätze für die Saisonarbeiter einzubringen. Schwarzer(Bayr. Vp.) verlangt, daß weitere Ersparnisse durch Verlängerung der Wartezeit und Anrechnung von Pensionen und Wartegeldern erzielt werden. Ohne eine Beitragserhöhung fei eine völlig« Sanierung der Reichsanstalt nicht zu erzielen. Litk«(Soz.) lehnt die von Schneider(Dem.), Hucck(D. Vp) und Dr. Haßlacher(Dnat.) gebilligte Verlängerung der Wartezeit für die Ledigen und Saisonarbeiter entschieden ab. Diese Lerlänge- rung der Wartezeit hat gesteigert« Inanspruchnahme der Krankenkassen zur Folge. Im letzten Winter haben 806 Krankenkassen mit 6!4 Millionen Versicherten rund 39 Millionen Mark mehr Unterstützung zahlen müssen, wie in der gleichen Zeit des vergangenen Jahres. Die Folgen waren teilweise Beitrags- erhöhungen. Di« Verlängerung der Wartezeit bsdeutet also nicht nur «ine Verschlechterung der Lage der Arbeitslosen, sondern auch«ine neue Belastung der trankennersicherten Bevölkerung. Tremmel(Z.) lehnt eine Sonderregelung für die Saisonarbeiter ab. Gerlach (Soz.) betont gegenüber den voltsparteilichen und den deutsch - nationalen Rednern, daß man auch im Einzelfall« nicht von zu hohen Sätzen in der Wohlfohrtspflege reden kann. Die Gemeinden gewährten nur das Existenzminimum. Wir mehren uns dagegen, daß durch«ine Senkung der Arbeitslosenunterstützung eine Senkung der Sätze der Wohlsohrtspslege vorbereitet werden soll. Die Ber- längerung der Wartezeit bedeutet eine neue Belastung der Ge- meinden. Gerlach fragt das Finanzministerium, ob es daraus beim Finauzausgleich Rücksicht nehmen will. Von ein«? Belastung der Mrtschoift kann kein« Rede sein. Ein Unternehmer mit 10 Beschäftigten zahlt bei einem Wochenlohn von je 50 Mark und Proz. Beitragserhöhung wöchentlich 1,25 Mark mehr. Dos ist die von den Rechtsparteien bezeichnete unerträgliche Belastung der Wirtschaft. Bei den Arbeitslosen hat man keine Bedenken, sogar die Unterstützungssätze von 2,50'bis zu 7 Mark zu senken. De? Ausschuß vertagt sich sodann gegen den Widerspruch der Deeitschnationoleu aas Donnerstag nächster Wachs.
�Demonstriert habe« wir, agitiert haben wir, Flugblätter find verteilt-- aber niemand hat sich darum gekümmert. Wir sind direkt gezwungen, uns anständig zu befragen.' Bekenntnis eines Bekehrten. Was ein Kommunist in Rußland sah.
Zu denen, die von den Methoden des Bolschewismus Abschied nehmen, da sie den wahren Eharakter der Kommunistischen Inter - national« erkannt haben, ist jetzt ein hervor agender Führer der Kommunisten in Frankreich gekommen. Paul M a- r i o n, der bis vor kurzem Mitglied des Zentralkomi- tee» der ZkPF. war, als Chef der Agitations- und Propagandasek- tio» dieser Partei vorstand, vom November 1927 bis Februar 1929 die KPF. in der Komintern in Moskau vertrat, hat jetzt fein« De- Mission als kommunistischer Führer gegeben. Zu diesem Schritt wurde er getrieben, weil er in den 15 Monaten, die er in Rußland weilte, Dinge gesehen hat, die ihn erschütterten und weil die Politik, die seit dem sechsten Kongreß der Kommunist!- schen Internationole überall von den Kommunisten eingeschlagen werden muß, ihn überzeugt hat, daß der Kommunismus dos Prole- tariat mir noch in Niederlagen hineinführen kann. Er hat seinen Entschluß ausführlich begründet und da» kom- vnmistische Zentralorgan in Frankreich , die' Pariser.Fstunanitö* gebeten, von dieser Begründung den kommunistischen Arbeitern Kennt- ni» zu geben. Die„Ijumanite' Hot das natürlich nicht getan, so daß Paul Marion die Begründung nach einigen Tagen dem Organ der Sozialistischen Partei Frankreich », dem„Populaire', übersandte, der sie veröffentlicht Hot. Das Schreiben lautet in Uebersetzung: An die Mitglieder des Sekretariats der Kommunistischen Partei! Di« Politik, die die Partei unter Ihrer„Leitung' seit fast zwei Iahren„durchführt' und die, nach einer Reih« wiederholter Miß. erfolge, zu dem jSmmerllcheu Zusammenbruch de» 1. August führte, macht es mir zur moralischen und politischen Pflicht, ossen mit der Kommunistischen Internationale zu brechen. Wenn ich der Ansicht wäre, wie ich dies in der Vergangenheit war. daß es sich nur einfach um taktische Irrtümer handelte, hätte ich niemals einen derart ernsten Entschluß gefaßt. Aber«in Aufenthalt von fünf- zehn Monaten(November 1927 bis Februar 1929) in Rußland und «in Zohr Zusammenarbeit in der„kaminlern' geben mir die Gewißheil, daß Ihre demagogische und verderbliche Tätigkeit nicht vorübergehenden Irrtümern entspringt. Sie hat ihren Ursprung in der unweigerlich falschen Ausfassung, welche sich die Führer der Sowjetunion und der International« non der wirtschaftlichen und politischen Entwicklung der Welt, von der Arbeiterbewegimg und der Lage in ihrem Lande selbst machen. In Wirklichkeit erkannte ich nach mehreren Monaten Aufenthalt in Rußland , als ich mich direkt mU den Arbeilern»nd den kleinen Leuten von dort vnlerhalleu konnte.— und stets klarer in dem Maße, in dem ich meine Untersuchung in allen Schichten der somjetistischen Gesellschaft durchführte—, daß hinter der Fassade der Diktatur de» Proletariats und de« Auf- baue» de» Sozialismus, daß hinter dieser wunderbar ausgebauten Fassade(Ich gestehe, daß ich mich zu Reginn genau so wie die andern sangen ließ), sich die grmiiomsie und trostloseste Wirklichkeit verbirgt: die Herrschaft einer Kaste von einigen Millionen Bureau- traten von jeder Art und jeder Sorte— van Stolin bis zum letzten Dorfkorrejpondenten— über ein Land, das durch sie, durch ihre sinnlose Politik und ihr« beunruhigende, inquisitorische absolute Diktatur, die sich mit den Jahren verschlimmert, in seinem wirtschaftlichen und moralischen Elend gehalten wird. Ich sah Arbeiter, die frühere Parteimitglieder waren, einstige revolutionäre Kämpfer des Ottober 1917, die«s elf Jahre später als die größte Dummheit ihres Lebens be- trachteten, getämpjt zu haben,„um die Macht zu ergreifen". Ich sah Techniker, die beauftragt waren, den berühmten„Wirt- schaftsplan für jünf Jahre" aufzustellen, und die sich der Statistiken und dce Prognostiken schämten, die zu verfassen man sie gezwungen hatte, und die mir nun bekannten:„Mit der wachsenden Scheidung. die sich bei uns zwischen Industrie und Landwirtschaft, zwischen Stadt und Dorf vollzieht, marschieren wir nicht dem Sozia- l i s m u s, sondern dem Varkapitalismus entgegen." Es besagt dies alles: Zn Rußland gibt es weder Diktator de» Proletariats, noch Ausbau des Sozioli»mus. sondern Diktatur einer Kaste und Regräbni» de» Sozialismus. Anderseits begriff ich im Eitz der Internationale und weit besser noch im Augenblick de» 6. Weltkongresses, wie schädlich für hie Arbeiterschaft d« Dünkel ift. sie z» leiten, dfeser Dinkel, de»
«ine kleine Gruppe Allmächtiger an den Tag legt. denen gegenüber die„Führer" der verschiedenen kommunistischen Parteien nur von ihrer Gnade abhängende absetz- bare Angestellt« sind, diese Gruppe, die den Eindruck er- weckt, in einer irrealen Welt zu leben, in der die Kriege und die Revolutionen stets vor der Türe stehen. Wozu im übrigen näher hierauf eingehen: genügen die mahn- sinnigen Beschlüsse und Thesen des 6. Kongresses der Kommunistischen Inlernationole nicht selbst? So war es mir auch unmöglich, als ich aus Moskau zurückkehrte, nachdem ich all diese Erschütterungen erlitten hatte, mein Leben als einstiger Mit- kämpfer wieder aufzunehmen. Indessen war ich damals allzu be- drückt, um einen sofortigen Entschluß zu jossen, und allzu viel« Bande, allzu viele Freundschaften, allzu viele Gewnbnheiten verknüpften mich noch mit der Partei, als daß ich mich allzu brutal von ihr hätte trennen können. Diskutieren? Die traurigen „Debatten" des Kongresses non St. Denis waren derart, daß sie auch den Naivsten der Kongressisten die Lust hieran nahmen. In diskreter Weife jede politische Tätigkeit einzustellen, erschien mir damals als die einzig mögliche Lösung. Aus diesem Grund« auch
verrichtete ich keine Arbeit mehr in der Parteizentrale, stellt« ich jede Propaganda ein und nahm in der Folge ein« private Beschäfti- gung an. Das Schauspiel aber, das Sie mir seit meiner Rückkehr zü geben nicht aufhörten: Ihre maßlose Propaganda für den l. August, die über olle Maßen übertriebenen Streiks zum«in- zigen Beweis der Radikalisterunq der Massen, die Hysterie der Verteidigung der russischen Sowjetunion , des„Krieges, der kommt, der vor der Tür« steht" und des„Marsches der Me- galität entgegen", die Provokationen und der Einfloß von Polizei und Regierung, die zugunsten ihrer Politik sich überoll geltend mache«, und die in der Zentrale der Partei sowohl wie in der EGTU. zn finden sind, all diese Tatsachen haben mir gezeigt, daß der Kommunismus in Zukunft selbst die idealistischste, die kampsbereiteste und aber auch die genasführteste Partei des Proletariats nur Abenteuern, entgegenführen kann, die heute entmutigend und lächerlich sind, nur Niederlagen«nt- aegenführen kann, die morgen äußerst schwer und vielleicht«nt- scheidend sein können. Unter diesen Bedingungen war ich der Ansicht, daß ich nicht mehr schweigen könne, daß ich bei meinem Austritt aus der Partei dos sogen müsse, was ich über Ihr« Politik und Ihre Tätigkeit denke. Seit acht Iahren habe ich unaufhörlich gekämpft mit keinem andern Lebensziel, als dem des Triumphs einer Sache, die ich für jene der Zlrbeiterklasse, der Kleinen und der Unter- drückten hielt. was ich ln Sowjetrußlcmd und in der letzten Zeil in Frank. reich sah, studiert« und begriff/ zeigt mlr, daß ich mich läoschle. Ich halte daran, daß all« jene es wissen, auf die ich. dyrch meine Worte und meine Artikel, einen gewissen Einfluß auszuüben vermochte: all die Schüler der Lenin -Schulen wie jener von Bobigny , oll die Arbeiter und Bauern, die in Paris und der Provinz mein« Zuhörer waren, all die Leser meiner Artikel und Broschüren. Deshalb auch ersuche ich Sie, dieses Demissionsschreiben rn der.Hmnanite" zu veröffentlichen. Im übrigen erkläre ich. daß die tiefgehenden Gründe, die mich nach dem Kriege in die kommunistischen Reihen führten, für mich Immer noch als Regeln und Grundsätze meiner Tätigkeit Geltung haben. Ich bleib« der Idee des Kampfes für die Befreiung der Arbeiterschaft und der Schaffung einer besseren Gesellschaft treu, dieser Gesellschaft, in der die Ausbeutung und die Kriege nicht mehr bestehen, aber ich bin ouck überzeugt, daß man dazu nicht mit der k n rn»> u« n i st i s ch e n Doktrin und ihren Mitteln gelangen wird, sondern weit«her mit den Metboden, von denen uns die englische Arbeiter- bewegung in ihrer Gesamtheit ein so machtvolles Beispiel liefert. Paul Marion , früheres Mitglied des Zentralkomitees, früherer Ehef der Agitation»- und Propagnndasektion der Kommunistischen Partei.
Die Zweimann-Fraktion bescheidel sich. Der Parteioorstond der altsozialistiscken Partei in Dresden Hot nahezu«in st immig beschlossen, den Stoatsgerichtshof über die Gültigkeit der Wahl des fach si schen Ministerpräsidenten nicht onzurusen. Für diesen Beschluß war die Zlussassima maßgebend, daß für die Emjchcidung dieser parlamentorijch-politijchen Frage nur hos Parlament selbst und allein zuständig ist.— Der gewesene„altsozia- listische" Ministerpräsident Heidt hatte bekanntlich die Güttigkeit der Wahl seines Nachfolger» angezweifelt. Jetzt hat sein eigener Partei- vorstand ihn„nahezu einstimmig" im Stich gelassen.