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Donnerstag 29. Auguff 1929

Unterhaltung und Wissen

Beilage

des Borwärts

Bei deutschen   Juden in Palästina

Von Lola Landau  

Das Tal des Jordan  , dort wo er den Tiberiassee verläßt, zwei-| eines verfaffenen arabischen Dorfes. Eines Tages im vorigen| Ich sah, wie einige Männer und Frauen in das Kinderheim hafteten, hundert Meter unter dem Meeresspiegel, wie die Mulde einer Riesen hand tief in das glühende Erdinnere eingepreßt, dieses Tal, siedend von Sonne, wuchernd von Fruchtbarkeit und Fiebern, war noch vor zwanzig Jahren eine Wildnis.

Im Jahre 1908 wanderte ein Häuflein jüdischer Pioniere aus Rußland   in Palästina ein und wühlten sich mit der ungestümen Kraft von Goldgräbern in diese Erdsenke. Das Unternehmen dieser Männer, die für ihr Volk die uralte Heimat wieder erwecken wollten, glich in diesem Landstrich, der nur von wilden Beduinen bewohnt war, einem phantastischen Abenteuer. Obwohl Sonne und Fieber ihre Leber verbrannten, einige im Kampf gegen räuberische Araber fielen und andere vor Krankheit und Erschöpfung starben, ent­sumpften sie das Land, machten es urbar und wandelten es all­mählich in eine tropische Pflanzung mit Weingärten, Bananen­feldern und Palmenhainen um.

So wuchs Daganiah, die erste jüdische Kommune, die, zunächst aus der Gemeinschaft einer losen Freundesgruppe entstanden, streng diesen Gemeinschaftsgeist in allen ihren Lebensformen durchführte. So wurde diese Kolonie zur Keimzelle der vielen landwirtschaftlichen Siedlungen in Palästina, die nach dem gleichen Brinzip gemeinsamen Besizes und Ertrages bewirtschaftet wurden. Inmitten des mittel­alterlichen Feudalsystems der arabischen   Grundbesizer mit ihrer Fronarbeit der ausgesogenen Fellachen bildeten diese jüdischen Kolonien die jüngsten Versuche einer neuen sozialen Ordnung ohne Herren und Knechte, ohne Unternehmer und Angestellte, die den Gedanken der Selbstarbeit als oberstes Gesetz für sich auf ſtellten.

Der Siedler, der mich durch die Pflanzungen und Ställe Daganiahs führte, hatte den schweren Schritt des Bauern. In seinem breiten Gesicht mit den großen blauen Augen stand ein zähes Lächeln.

,, Wenn wir mir nach Palästina gekommen mären," sagte er

fangsam, um einen neuen fleinen Nationalismus zu gründen, wären wir überflüssig in der Welt. Aber damals dachten wir, wir wollten ganz von vorne anfangen, ein gerechtes Leben aufbauen. Bielleicht in diesem Erbwinkel ein verrückter Messiasgedante. Aber

oft ift Idealismus gleichzeitig das Praktischste. Denn niemals hätte ein einzelner ohne die Gemeinschaft die ersten Jahre hier aus­gehalten."

Boll Staunen betrachtete ich diesen sonderbaren Bauern, der in hie Scholle zugleich den Samen einer Idee pflanzen wollte. Er war ben Stall heruntergegangen, dessen helle Kacheln von Sauberkeit bligten, und fopfte einer Ruh den breiten Raden.

Markenhof.

Der Anfang nämlich, das ist bas Wichtigste," fagte er. Darüber find wir bereits hinaus. Aber diesen Anfang finden Sie fegt wieber eine Shmbe weiter, in der jungen Kolonie Markenhof." Martenhof?" rief rich. ,, Dort bin ich ja heute als Gaft ange­meldet. Woher stammt eigentlich dieser deutsche Name?"

Martenhof hieß das Gut in Deutschland  ," antwortete der Siedler, wo die Kerngruppe der Kolonie ihre landwirtschaftliche Ausbildung erhielt. Natürlich hat die Kolonie auch einen hebräischen Namen. Beth Sera, d. h. Haus der Saat. Aber Sie werden dort viel Deutsches finden. Man sagt, es ist die sauberste und ordentlichste Siedlung in Palästina. Und sie verstehen zu organisieren. Biel  : leicht," fügte er mit einem verfdymißten Lächeln hinzu, organisieren fie sogar etwas zu gründlich. Aber es find alles prächtige Burschen und Mädel, Sie werden ja sehen."

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Nach einer Stunde Wanderung durch glühende Getreidefelder tauchten die braunen Baraden Markenhofs auf, wie breite Schild kröten, die sich an die Erde flammerten. Dahinter schimmerten zwei meiße Steinhäuser mit Flachdächern.

,, Schalom!" Mit diesem Willkommensgruß trat mir eine junge Frau im ärmellojen Arbeitstittel entgegen. Mit ihrem blühenden fräftigen Geficht unter dem dunkelblonden Haar, ihren festen Hän­ben und der ruhigen Sicherheit ihrer Bewegung erinnerte sie an cine Gutsfrau.

,, Sie werden durchig sein," sagte sie mit einfacher Freundlich feit und führte mich in den Eßjaai der Barade, mo lange Reihen blanfgescheuerter Holztische und Bänke die Kargheit und Nüchtern heit des Lebens verrieten. An der weißgetünchten Wand hing, wie eine fremde Erinnerung, ein glühendes Landschaftsbild, eine Repro­buftion von Van Gogh  . Gegenüber in einem Bücherschrank las ich bie Namen: Goethe, Gottfried Keller  , Schopenhauer  , Nietzsche, Thomas Mann  , Hermann Heffe, daneben viele hebräische Büchertitel.

Das Kinderheim.

Que arbeiten jetzt auf dem Felde," sagte 3eporah, meine junge Birtin. Ich muß in den Hühnerstall zurüd. Vielleicht sehen Sie fich inzwischen unser Kinderheim an. Da die Mütter den ganzen Tag arbeiten, werden unsere Kinder in einem Gemeinschaftshause gepflegt und erzogen. Wir haben erst acht fleine Kinder," fügte fie hinzu, mährend eine mütterliche Freude in ihren Zügen aufbrach. ,, Und wieviel gehören Ihnen davon?", fragte ich.

,, Alle und feins," antwortete sie furz. Ich bin nicht verheiratet." Als wir aus der Barade heraustraten, schlug uns die Hize wie fengendes Feuer entgegen. Ueberall auf den Feldern bewegten sich Männer und Frauen in der fochenden Glut. Wir gingen auf das große leuchtende Haus zu.

Natürlich war es dieses Kinderheim, das zuerst gebaut wurde," erzählte Zeporah. Nun sind die Kleinen und ein Teil unserer Leute menigstens unter festem Dach. Denn, Sie müffen wissen, das ist unser vierter Platz, seitdem wir vor sieben Jahren nach Palästina gefommen find. Zuerst nahmen wir Lohnarbeit in den Orangen. gärten an. Wir wohnten in Zelten. Von den mancherlei Plagen maren die Fliegen wohl die ärgsten. Dann wurden wir in Afuleh in der Ebene angesiedelt. Nun begann die böseste Zeit. Denn wir hatten fein Wasser für den Boden, die Erde war störrisch, gab nichts her, wir quälten uns und famen nicht vorwärts. Damals waren wir fo arm, daß wir oft nicht zuder für den Tee hatten. Endlich er hielten mir dieses Land in Pacht. Aber während die Häufer gebaut wurden, wohnten wir auf einem noben gel in ben Behenhlitten

Sommer. ich hatte gerade Bertretungsdienst bei den Kindern und badete die Kleinen fängt der Boden unter mir an zu schau­feln. Ich pace die Kinder, wie sie sind, und stürze heraus. Eine Sefunde später frachte die Hütte unter einem furchtbaren Erdbeben zusammen. Wie durch ein Wunder war feiner von uns verlegt. In diesem Sommer schliefen und wohnten wir unter freiem Himmel." Sie schwieg. Auch ich fonnte kein Wort hervorbringen. Wir traten in das Haus ein. Doppeltüren, ein Borflur und mit Drahinezen vergitterte Fenster sperrten dieses Heim der Zukunft gegen Tod und Krankheit, gegen die heimtückische Malariamüde ab. ,, Uriel! Miriam!" rief meine Begleiterin.

Ein Schwarm Meiner Kinder stürzte uns entgegen, pausbädige Geschöpfe von strogender Gesundheit und Lieblichkeit. Ja, Kinder und Hühner gedeihen am besten in Palästina," lachte Zeporah.

Die hellen Räume mit den fleinen Betten unter schneeweißen Moskitoneßen, mit ben buntbemalten Kindermöbeln, dem Blumen fries an der Wand mitten in der Unwirtlichkeit eines halbzivilifier ten Landes wirkten wie ein verzaubertes Paradies. Ich begriff, das war Europa  , die Kultur des Westens, die diese Menschen unter un­fäglichen Mühen nach Asien   verpflanzen wollten.

,, Alle diese Möbel hat Gabriel, unser junger Philosoph und Tischler, selbst gezimmert und gemalt." unterbrach Zeporah meine Gedanken.

Hinter den Kindern war eine zierliche Frau im weißen Rittel der Kinderpflegerin eingetreten. Ihre schwarzen schönen Augen blickten unruhig.

Was soll ich tun, Zeporah? Der eine Säugling hat Ausschlag." Beunruhige dich nicht, Heita! Ich laffe heute Salbe aus der Stadt bringen.'

Wieder strahlte Ruhe und Sicherheit von der Aesteren aus. Nachdem sie uns bald darauf verloffen hatte, erzählte mir heita, daß Zeporah die Seele der Kolonie sei. Obwohl kinderlos, wäre sie für alle eine Art Mutter.

Ste leitet die Hühnerzucht, besorgt Einkauf und Berkauf, führt die Rechnungsbücher. Und immer ist sie heiter." Nachdenklich sah

Heita zu Boden..

Ich habe vorigen Sommer mein erstes Kind an Malaria ver. loren. Wenn ich nur mein zweites behalten darf!" Sie hob einen Säugling aus dem Bett und preßte ihn an sich. Jetzt im Frühling sehen die Kinder prächtig aus. Aber gegen die Hitze im Sommer mit den erstidenden Wüstenwinden find wir ohnmächtig. Die Rinder find wie welte Blumen. Sie effen nicht, fchlafen nicht, fiebern. Man will felber gerne leiden; aber die Kinder leiden sehen, ist schwer."

"

Aber marum haben Sie sich in Palästina gerade in dem heißesten Klima niedergelassen?"

Heita blidte mich erstaunt an. Bei vierzig Grad Hige gebeihen Bananen. Das ist für uns das Wichtigste. Haben Sie schon die Stauden gesehen?"

Stürmisch zogen uns die Kinder in das Freie, um mir die Bananenfelder zu zeigen. Hohe Strohwände zu beiden Seiten schüßten die tropischen Pflanzen vor jedem Lufthauch. Goeben waren ein Bursche und ein Mädchen beschäftigt, die Pflöde zu befestigen. Das Mädchen wickelte den Draht auf und reichte ihn dem Manne, deffen Hals und Gesicht von Schweiß glänzten. Sie arbeiteten stumm nebeneinander mit schnellen, fast rhythmischen Bewegungen.

,, Das ist Michael," erklärte mir heita. Der einzige Junge aus einem reichen Hamburger Hause. Er sollte in das Exportgeschäft seines Baters eintreten. Eines Tages war er auf und davon. Er hatte sich auf einem Frachtdampfer nach Alexandria   eingeschifft, um nach Palästina zu fahren."

Benjamin und Jehuda.

Wir traten in das Diddicht der Bananensträucher ein. Blutrot, ein breiter Kolben, schoß die Blüte aus den fleischigen Blättern her vor. Hier und dort sah man schon, wie sich unter den Blütenblättern Schicht an Schicht die giftgrüne Fruchtdolde aufrollte, ein Wachstum, das fast etwas Gewalttätiges hatte. Ein Mann mit offenem Hemd, die nackten Füße in der schlammigen Erde, ließ Wasser in die Gräben stürzen, das sofort gierig aufgefogen wurde. Als er näher fam, bemerkte ich die scharfen Gelehrtenaugen unter der Brille, Er grüßte kurz und kehrte um.

,, Das ist Benjamin," sagte Heita. ,, Unser fleißigster Arbeiter. Er hatte schon in Berlin   das Staatsegamen für Medizin gemacht und ein Jahr praktiziert. Da warf er plöklich alles hin und fam zu uns." Auf dem Rückweg fahen wir auf dem Trattor einen stattlichen jungen Arbeiter, der sich auf der holprigen Maschine so stolz und schön hielt, als führe er zu einem Fest über die schweren Schollen. Seine übermütigen strahlenden Augen blickten Heita an. Auch sie lachte.

,, Das ist Jehuda, mein Junge." Ihr Junge?"

Nun ja, mein Mann. Wir Berheirateten sagen hier so. Es flingt tameradschaftlicher, Wollen Sie sich jetzt bis zum Abendbrot in meinem Zimmer ausruhen?"

Erholungszeit.

Sie führte mich in das kleinere Steinhaus, wo die Ehepaare, fedes in einem gesonderten Raum, und auch einige der älteren Arbeitsgenoffen wohnten. Hier verbrachten die überanstrengten Menschen die knappen Stunden ihres persönlichen Lebens, die nicht der Gemeinschaft gehörten. Ein Bett, ein Sofa, ein fleines un gestrichenes Bücherregal, das von einer orientalischen Decke verkleidet wurde, das war die Einrichtung des Zimmers, in dem Heita und Jehuda lebten. Aber in einem blauen Runstglafe leuchteten purpur­rote Granatapfelblüten. Und daneben lag das Buch von Remarque  : Im Westen nichts Neues  ." Bei aller mönchischen Kargheit und Strenge wehte ein Duft von Schönheit und geistiger Kultur durch den Raum.

Der Gong ertönte. Bon den Feldern llefen Arbeiter und Arbei. terinnen in die Duschräume, um sich waschen und zufleiben,

um noch ihre Kleinen vor dem Schlafengehen zu umarmen. Einige Minuten später waren alle im Eßfaal versammelt. Zwei Mädchen, die den Küchendienst versahen eine Arbeit, die der Reihe nach alle Siedlerinnen drei Monate übernehmen müssen - trugen in einfachen Blechschüsseln die Suppe auf. Selbstgebackenes Schwarz­brot und Tomaten standen auf den ungedeckten Tischen, dazu Kannen voll Tee. Butter war für jeden auf dem Teller abgemessen, da die Wirtschaft den Ertrag der verkauften Butter notwendig brauchte. Ich mußte daran denten, daß mir Zeporah gesagt hatte: Wir sind noch im ersten Aufbau. Wir müssen an allem sparen, auch an unserem Essen. Die Kinder natürlich bekommen besondere gute Er­nährung."

Aber vor diesem schmucklosen Mahl saßen in hellen Kleidern, mit gelösten machen Gesichtern die seltsam verwandelten Menschen, die mit der Arbeitstracht auch alle Schwere des Alltags abgeworfen zu haben schienen. Man glaubte sich in eine Wandergruppe der deutschen Jugendbewegung versetzt, von der ja auch diese kleine Ge­meinschaft einmal ihren Ursprung genommen hatte; man fühlte sich in diesen Holzwänden wie in einer Schutzhütte bei einem fröhlichen Ausflug, aber nicht bei Bauern, die von der Mühsal des Tages mit dumpfen Gliedern und Röpfen ausruhten. Mein Blick fuchte Heita, von dunklem Reiz in ihrer buntgestickten Bluse. Jehuda be­merfte ich am anderen Tisch. Denn mit Absicht setzten sich die Ehe­paare nicht zusammen, um das Gefühl der großen einheitlichen Freundesfamilie nicht zu stören.

Gelächter und Nedereien folgen um den Tisch. Zeporah erzählte von ihren Erlebnissen auf dem arabischen Markt, und Jehuda, frech und lustig wie ein Schuljunge, begann nicht ohne schauspielerische Begabung die Szene eines Beduinenhandels nachzuspielen.

Am anderen Ende des Tisches hatte sich zwischen Gabriel, dem einer ehemaligen Philosophieſtudentin, ein heftiges Gespräch über jungen Tischer, der die Kindermöbel gezimmert hatte, und Esther, religiöse Erziehung entwickelt. Neben mir saß Benjamin, schweigsam,

in Gedanken.

lieber als Arzt in Palästina niedergelassen hätte. Da fragte ich ihn unvermittelt, warum er sich nicht eigentlich

Er fuhr heftig auf. Geistige Arbeit ist heute noch Luxus. Jeder, der nicht Krüppel ist, muß die Erde anpacken. Nur die Erde gibt neue Kraft. Und glauben Sie etwa, es gehört feine Wissenschaft dazu, das Land zu bebauen? Jest sind Bananen meine Patienten. heute entdeckte ich einen Schädling," und er begann, mährend alle am Zifch aufmerksam zuhörten, einen Bortrag über das Mefen dieser Insektenart zu halten.

Biöglich tam Michael, der Sohn der reichen Hamburger   Familie, zu mir heran. ,, Sie fommen aus Deutschland  ? Waren Sie fürzlich in

Hamburg  ?"

Erst diesen Winter."

,, Waren Sie auch im Theater? In den Kammerspielen? Was murde gegeben? Ich habe damals feine Premiere versäumt." Aus feinen gebräunten, verarbeiteten Zügen fprach Europa  heimweh.

Fahren Sie nicht einmal auf Urlaub?" fragte ich.

Ich war fürzlich dort. Aber ich bin diesem Leben entfrembet. Geld, Chrgeiz, Gesellschaft, das sind schattenhafte Begriffe für uns

alle geworden."

Arbeitsberatung.

Das Geschirr wurde abgetragen. Die Gespräche verstummten, man rückte an einem Tisch zusammen, ja sogar Jehuda brach mitten in einem Wig ab.

,, Was geschieht denn jetzt?" fragte ich verwundert Zeporah. 3ft denn immer noch nicht Feierabend?"

,, Arbeitsberatung für morgen. Jeden Abend besprechen wir ge­meinsam den Wirtschaftsplan des nächsten Tages und teilen die Arbeit ein."

Schon horchten alle gespannt auf.

Benjamin forderte, daß zwei Pflegerinnen des Kinderheims bei der Arbeit auf den Bananenfeldern mithelfen sollten.

,, Wir haben zuviel unproduttive Arbeit. Warum jeden Tag Spaziergänge und Beschäftigung mit den Kindern?"

Einige widersprachen heftig. Die Kinderpflege darf aber nicht vernachlässigt werden."

,, So. Aber die Wirtschaft soll warten? Wir müssen dieses Jahr alle Kräfte anstrengen. Und werden unsere Kinder etwa wie Bauern­Pinder erzogen? Man verwöhnt sie"

Da sprang Heita mit flammenden Augen auf. Die Aufzucht der Kinder, ihre forgfamfte Erziehung zur Fortseßung unserer Gemein­fchaftsidee gehört zu unserer wichtigsten Arbeit. Wir sind teine private Bauernwirtschaft."

Plößlich nannte 3eporah einige nüchterne Zahlen, und ihrer ruhigen, sicheren Art gelang es fofort, Einigung zu schaffen. Es murde beschlossen, daß eine Kinderpflegerin die nächsten Tage auf dem Felde arbeiten sollte.

Mit einem Sprung war Jehuda aus der Tür und im Freien. Er faßte Michael und Heita an den Schultern. Kommt! Wir wellen uns diese schäbigen Zahlen aus dem Kopfe tanzen."

Und schon schwangen die drei sich in dem Rundtanz der Horra, dem neuen Gemeinschaftstanz des verjüngten Landes. Andere sprangen in den Kreis, der sich weitete; ein Arm auf der Schulter des Nächsten, wurden sie voneinander gehoben, geschleudert, mit­geriffen. Und während alle das Pionierlied fangen: Wenn nicht heute, wann dann?" stampften die Tanzenden immer wilder, immer ertatischer die nackte Erde, die verzückt unter ihren Füßen mitzu­freisen schien. Diese uralte Heimaterde, die sie liebten, für die fic fich aufopferten, die täglich ihren Schweiß und ihr Blut fog, fie ichien gleichzeitig eine wunderbare übermenschliche Kraft in ihre Glieder auszuströmen.

,, Wenn nicht heute, wann dann?"

-

Lebenstrog, fanatischer Wille band diese Menschentette zu einem unlöslichen Reigen der Gemeinschaft. Immer lauter scholl der Gesang unter bem schweigenben Gligern bes füdlichen Himmels.