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Rr. 405 46. Jahrgang

3. Beilage des Vorwärts Treffen 30. Auguſt 192

Berlin   als Weltstadt

Anregung und Kritik

Warum hal Berlin   keine Rosenausstellung?| gewöhne man daran, nach der Heimkehr aus der Schule ihre Brot­

Daß der Berliner   ein Blumenfreund ist, beweisen die an fast jedem Hause sich vorfindenden Balkongärten, beweisen die liebe­voll gepflegten Laubenbeete und beweist auch die große Zahl voll gepflegten Laubenbeete und beweist auch die große Zahl der Blumengeschäfte und Blumenverkaufsstände auf Straßen und Bläzen. Und an Blumenpracht der öffentlichen Anlagen steht Berlin   zweifellos an der Spiße der deutschen   Städte. Wenig Wert wird aber auf Blumenausstellungen gelegt und gerade fie wären gleichfalls außerordentlich geeignet, den Ruf Berlins   als Weltstadt in alle Welt zu tragen. Wie schön wäre im Sommer eine Rosenausstellung, die nicht nur Prachteremplare, son­dern auch Neuheiten zeigen könnte. Jede Jahreszeit hat ihre Blumen, die den übrigen den Rang ablaufen; Alpenveilchen, Tulpen, Dahlien, Chrysanthemen: die verschiedenen Variationen in Farbe und Form sind zahlreich genug, um jeweilig eine in fich geschlossene und doch abwechslungsreiche Ausstellung zu sichern. Körperschaften, die vor der Arbeit der Vorbereitung solcher Ausstellungen nicht zurückschreden, hat Berlin   genügend aufzuweisen. Wäre es nicht möglich, daß die Berliner   noch im Herbst dieses Jahres außer der traditionellen Rathausausstellung einige andere wertvolle Blumen­ausstellungen begrüßen tönnten?

Achlel auf die Brotbehälter der Schulkinder. Oft kommen jetzt die Schulkinder heim, ohne ihr Frühstü& gegeffen zu haben. Die Mutter sollte dann nicht sofort schelten, son­dern nach der Ursache forschen. Sie wird bemerken, daß der Aluminiumbrotbüchse oft ein säuerlicher Geruch entströmt, auch das Einschlagpapier riecht vielfach dumpfig. Jeder Brotrest, der am Papier oder am Innern des Behälters haften bleibt, entwickelt während der warmen Jahreszeit eine Säure, die fich in unappetitlichster Weise dem Inhalt mitteilt und so den Kindern das Essen der Schnitten verübelt. Wenn es dann aus Hunger doch gegeffen wird, treten oft Berdauungsstörun gen ein. Die Blech- und Aluminiumdosen müssen daher pein light sauber gehalten werden. Das Papier muß öfters erneuert werden, hier ist Sparsamkeit am falschen Plage. Allwochentlich einmal müssen die Behälter mit Sodawasser aus­gewaschen und gut ausgetrocknet werden. Die Frühstücksförbchen

behälter in der Küche abzugeben, damit sie dort entleert heißen Tage, den Kindern leicht säuernde Sachen mitzugeben. und gesäubert werden. Die Mutter vermeide auch während der Wurst und Butter zwischen den Brotscheiben säuern jetzt sehr leicht; lieber nur ein Butterbrot ohne Belag, dafür etwas Obst. Hoffentlich erleben wir bald annehmbare Preise auf dem Dbft markt, so daß wir unseren Kindern statt Burstbelag Obst mit

geben können.

Eine Forderung der Hygiene.

Im südlichen Teil Berlins  , insbesondere in der Umgegend des Flughafens sind Bedürfnisanstalten eine große Seltenheit, obgleich gerade dort eine dringende Notwendigkeit vorliegt. Be­sonders an den Sonntagen mit flugsportlichen Beranstal: tungen macht sich das Fehlen der kleinen Häuschen" oft sehr unangenehm bemerkbar. Die einzige Toilette, die den vielen Taufen­den von Zaungästen des Flughafens zur Verfügung steht, ist ein im südlichen Teil des Voltsparts Hasenheide gelegene, die aber nicht einmal eine Kanalisation aufzuweisen hat. Bei dem zeitweise starken Andrang herrschen dort oft unerträgliche zu stände. Es wäre sehr gut, wenn sich der Magistrat bzw. das Bezirksamt mit diesem Dertchen beschäftigten und für baldige Aende rungen forgen würden. Dabei dürften sie daran denken, daß die zahl. lofen 3 aung äfte des Flughafens die Aufstellung einiger neuer Häuschen durchaus rechtfertigen.

Mehr Naturschutz.

Zu Ihrem Artikel im Abend" vom 9. Juli: ,, Naturschutz nötiger denn je" möchte ich noch das Parzellierunwesen brand­marten. Es ist heute bald so weit, daß alle schönen Gebiete in der Umgebung Berlins   umzäunt find. In allen Bor­orten tanzen die Grundstücksmatler um Käufer herum und preisen Barzellen in schönster Gegend an. Es wird höchste Zeit, daß man diese Naturverschandelungen nicht nur nicht genehmigt, sondern ver. muß das den Ausflügler, der sozial eingestellt ist, auch noch erbittern, bietet. Abgesehen von der Beeinträchtigung der schönen Landschaft. weil durch diese Barzellierungen der breiten Masse die schönsten

15 Freitag,

Großes Baumsterben in Johannisthal  . Siedler flagen gegen die Charlottenburger Wasserwerke.

Uns wird geschrieben:

In Johannisthal   befindet sich direkt an der Königsheide eine Zweigstation der Charlottenburger Industrie- und Wassermerke A.-G. Diese haben nun neben den seit Jahren in der Nähe der Späthschen Baumschulen befindlichen Tiefbrunnen im Jahre 1926 auf dem Breiten Fenn an der Kaiserstraße neue Tief­brunnen von 28 bis 30 Meter Tiefe angelegt, deren Brunnenfilter bereits 10 bis 16 Meter unter der Erdoberfläche beginnen. Bevor sich bis nach Rudow   hinzog und vom Kannegraben durchflossen wurde, die Wasserwerke angelegt wurden, war das Breite Fenn, welches den Bau des Teltowfanals wurde der Wasserspiegel um 1,80 Meter abgesenkt und das Breite Fenn trod en gelegt. Nach Fertig­stellung der neuen Tiefbrunnen an der Kaiserstraße senkte sich der Grundwasserspiegel auf dem Gelände der Ostbahnsiedlung zwischen der Kaiserstraße und Görlizer Bahn um weitere 4 bis 5 Meter. Zunächst wirkte sich die Absenkung auf die in der Siedlung längert werden mußten. Bald aber verloren die auf dem Gelände befindlichen Pumpen aus, deren Saugrohre dementsprechend ver­befindlichen Laub- und Obstbäume ihr Laub und starben ab, troß­dem man durch reichliches Wassergeben ein Absterben zu verhindern fuchte. Die Ostbahnersiedlung strengte gegen die Wasser­werte einen Schadenersagprozeß an, der in der ersten In­

stanz gewonnen wurde.

Seit einem halben Jahre macht sich nun auch das Absterben der Bäume auf dem Gelände der Sterndamm- und Holzhaus­lieblung zwischen dem Sterndamm und dem Breiten Fenn be­merkbar. In der fürzlich abgehaltenen Generalversammlung der Siedlungsgemeinschaft( Wirtschaftsgenossenschaft) der Sterndamm­Siedlung, Johannisthal  , E. G. m. b. 5., bei der die Bertreter des Bezirksamts Treptow  , der Parteien der umliegenden Siedlungs­gesellschaften und als fachmännischer Begutachter der Gartenbau­direktor Poenide Karlshorst zugegen waren, wurde beschlossen, gleichfalls gegen die Wasserwerte auf dem Klagewege vorzu­gehen.

Der großen Allgemeinheit tönnte nun die Sache ziemlich gleich­gültig bleiben, wenn nicht durch die Tiefbrunnen der letzte kleine Rest eines sonst so herrlichen Waldes, der Rönigsheibe, be­droht wäre. Auch hier machen sich Spuren der Bernichtung bemerkbar und noch ein Sommer, dann werden auch hier die Bäume dahinsterben. Noch kann der Wald gereffet werden, wenn man schnellstens eingreift. Sonst wird auch der letzte Wald im südöst­lichen Berlin   verloren fein.

Naturgebiete entriffen werden. Es iſt unbedingte Pflicht des Staates, Die Typhuserkrankungen in Lichtenberg  

müssen geöffnet, täglich an der Luft hängen. Die Kinder selbst gegen diesen Unfug einzuschreiten.

Die Deutsche   Funtausstellung.

Heute Eröffnung am Raiserdaum.

In den Tagen vom 30. Auguft bis zum 8. September beher bergen die Ausstellungshallen am Raiserdamm wieder die Große Deutsche Funtausstellung. Es ist die sechste ihrer Art, und, entsprechend der Verbreitung des Rundfunks und der gewachsenen Industrie, ist sie gegenüber der ersten Ausstellung vor sechs Jahren ungleich größer und umfangreicher. Bei der gestrigen Pressebesichtigung präsentierte sich die Ausstellung nicht nur in der traditionellen Funthalle, sondern auch in den neugebauten Hallen, so daß jezt zweieinhalbmal soviel Ausstellungsfläche vor­handen ist wie früher.

Die Funkgeräteindustrie ist natürlich wieder restlos mit ihren Erzeugnissen vertreten. Auffällig ist die starke Abkehr von 2ttu mulator und Anodenbatterie und die technische Ausge­staltung des Netzanschlußgerätes. Der Rundfunkempfänger soll seinen Apparat so einfach in Betrieb fegen fönnen, wie er etwa eine elettrische Lampe einschaltet; das ist das Prinzip der Die Bielröhrenapparate find Herstellerfirmen. schwunden, die neue Schirmgitterröhre gestattet, mit viel weniger Röhren auszukommen. Großes Interesse wird bei allen Besuchern eine Bildfunksendeanlage der Reichspoſt, die in Betrieb ist, finden. Die neue Halle V gibt die früher vermißte Gelegenheit, Sendedarbietungen der Funkstunde vor etwa 2000 Zuhörern zu bringen,

ver=

Die Eröffnung der Ausstellung findet heute, Freitag vormittag, in Gegenwart des Reichspoftministers Schätzel und des Ober­bürgermeisters Böß statt.

Kinderfest des Jugendamtes Neukölln.

Das Bezirksjugendamt hatte wie vor zwei Jahren alle Waisenpflegtinge aus Stortom und Umgegend mit ihren Pflegeeltern und den betreffenden Waisenpflegern sowie Mit­glieder des Verwaltungsausschusses des Jugendamts nach Stortow ins Schüßenhaus zu einem Kinderfest eingeladen. Der Ge­dante, der seinerzeit beim ersten Kinderfest die Grundlage bildete: Persönliche Beziehungen und Verbundenheit zwischen allen Kindern, den Pflegeeltern, ben ermeistern, en Baiſenpflegern, dem Jugendamt und allen sonst beteiligten Stellen herzustellen und zu vertiefen, hat überall Berständnis und Unterstüßung ge­funden. Fast alle Pfleglinge und Schulentlaffenen waren er schienen, und die zahlreiche Beteiligung der Pflegeeltern war besonders erfreulich und bedeutungsvoll. Auch Kinder aus dem Neuköllner Kinderpflegeheim hatten sich eingefunden, um das Fest mitzuerleben und ein Wiedersehen mit denen zu feiern, die in Familienpflege gekommen waren.

Der Dezernent des Bezirks- Wohlfahrts- und Jugendamtes Neukölln, Stadtrat Schneider, begrüßte die Erschienenen und dankte allen, die die Arbeit und Fürsorge des Jugendamtes so tat­

fräftig unterstützen. Mufit, Wettkämpfe und Spiele ließen die Stunden nur zu schnell vorübereilen. Bei der Verlosung gab es nur Gewinne, und jeder Pflegling fonnte ein schönes An denten mit nach Hause nehmen.

Verkehrsunglück in Köpenick  .

Eine Person getötet, zwei weitere schwer verletzt.

Gestern nachmiffag ereignete fich in Köpenid an der Ede Friedrichshagener und Bahnhofstraße ein schweres Berkehrs­unglüd.

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Kurz nach 16 Uhr wollten mehrere Passanten, darunter zwei Frauen und ein Kind, an der Straßenkreuzung der Fahrdamm überschreiten. In diesem Augenblick bog ein in schneller Fahrt da­herkommendes Privatauto in die Bahnhofstraße ein und raste in die Menschengruppe.

murden ü 6 erfahren und schwer verletzt. Die Verunglückten, eine 71jährige Frau Helma Moses aus der Levezomstraße 17, eine 35jährige Frau Erna Habian aus der Weserstraße 15 und ihr Feuerwehr ins Röpenider Kreistrantenhaus gebracht. Die greise neunjähriger Sohn Günther, wurden durch Rettungswagen der Frau Moses   ist dort bald nach der Einlieferung an den Folgen innerer Verlegungen gestorben; das Befinden der Frau Habian

Die beiden Frauen und das Kind

ist ernst.

Schüler Heinz Groella aus der Schyivelbeiner Straße 44 beim Vor dem Hause Wichertstraße 7 wurde gestern der 15jährige lleberschreiten des Fahrdammes von einem Last auto zu Boden geworfen und überfahren. Der Junge wurde zur naheliegenden Rettungsstelle 6 gebracht, wo der Arzt jedoch nur noch den Tod feststellen konnte.

Neue Kunstwerte in den Bezirken.

Die Deputation für Kunst und Bildungswesen   hat im Einvernehmen mit den zuständigen Bezirksämtern die Aufstellung der folgenden für die Stadt Berlin   erworbenen Kunstwerke zur Ausschmückung städtischer Plätze und Parkanlagen beschlossen:

Im Bezirk Reinidendorf soll auf einem Vorsprung im Bafferbecken des Staudengartens ber Schäferfeeanlage die die vom Prof. Ernst Seger   erworbene Bronzeplastik Ba dende" auf­gestellt werden. Die Wafferfrugträgerin" von Bildhauer Ernst Freese, ebnfalls eine Bronzeplaftit, wird im Sportpart Neukölln ihren ständigen Blaz erhalten. Die Jagende Nymphe" von Prof. Walter Schott  , die eine Zeitlang auf dem Bariser Blaz aufgestellt war, wird nunmehr ihren Platz auf einer freien Rasenfläche im Humboldthain in der Nähe der Gustav­Meyer- Allee finden.

Der Magistrat hat der Stadtverordnetenversammlung eine Bor­lage zugeleitet, in der die Bersammlung gebeten wird, dem Beschluß der Kunstdeputation beizutreten.

Der Krankheitsherd nicht ermittelt

Die Typhusertranfungen in der Frankfurter Allee  haben glücklicherweise teine weitere Ausbreitung erfahren. Leider ist es troß zahlreicher Untersuchungen bisher nicht gelungen, den Krankheitserreger zu entdecken. Bon dem Inhaber der Molkerei Frankfurter Allee 320 wird uns hierzu noch folgendes geschrieben:

,, Die Typhusfälle in der Frankfurter Allee   haben auf meine Molkerei den schwerwiegenden Verdacht gelenkt, daß hier der Krankheitsherd zu suchen fei. Dazu möchte ich erflären, daß. diese Verdächtigungen grundlos und bisher durch nichts bewiesen sind. Das Meltpersonal und meine Familie find genau untersucht worden. Außer der regelmäßigen vorgeschriebenen Prüfungen der Milch sind erneut Proben entnommen worden, doch steht das Ergebnis der Untersuchung noch aus. Es tann meines Erachtens aber nur negativ ausfallen, denn ich habe einen täglichen Umfag von 150 Litern Milch, so daß täglich, wie mit Bestimmtheit anzunehmen ist, mindestens ebensoviele Menschen daven genießen. Die Krankheitsfälle müßten demnach einen viel größeren Umfang haben. Außerdem befindet sich unter den Erkrankten ein Kind, das, wie mir von der Mutter versichert wurde, überhaupt keine Milch trinkt, und aus diesem Grunde gelangt auch selten Milch in diesen Haushalt."

schlechte Beschaffenheit des Trinkwassers. Durch den U- Bahn­Wie wir weiter erfahren, beflagen sich die Bewohner über die bau sollen angeblich wiederholt Abstellungen des Wasserleitungs­

netzes vorgenommen werden. Jedesmal nach dem Wiedereinsehen der Wasserzufuhren läuft aus den Hähnen zuerst start bräunlich wird. Die Bewohner haben darum den Verdacht, daß der Krank­gefärbtes Wasser, das erst nach und nach wieder flar heitserreger vielleicht im Trinkwasser enthalten war.

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Von der Berliner   Milchlieferungsgesellschaft m. b. 5. wird uns mitgeteilt, daß sie etwa 4000 Milchhandelsgeschäfte versorgt. Dauernde Anfragen der Kundschaft, aus denen die Beunruhigung der Bevölkerung über die Typhusfälle spricht, veranlaßt die Gesell­schaft, darauf hinzuweisen, daß sämtliche durch die Meierei- Zentrale in den Berkehr gebrachte Mild der Kontrolle des Haupt­gesundheitsamtes der Stadt Berlin   untersteht und nur in pasteurifiertem 3ustande in den Handel gebracht wird. Freiballon- Aufstieg in Tempelhof.  

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perb

15.30 Uhr Füllung und Aufstieg der Freiballone des Berliner  Am Sonntag, dem 1. September, findet in Tempelhof   um Bereins für Luftschiffahrt, Leipziger Meffe" Graf 3eppelin" und Stradola" statt. Die Ballone werden durch 40 Automobile verfolgt. Die Ballone müften innerhalb drei Stunden gelandet sein und dürfen in dieser Zeit nur eine Strecke von 75 Kilometer zurückgelegt haben. Um 17 Uhr findet der Aufstieg einer Mongolfiere( Halbballon) mit anschließendem Fall­schirmabsprung statt. In den Pausen werden Passagier ausgeführt. Um 20.30 Uhr wird ein großes Höhenfeuerwert rundflüge über Berlin   zum ermäßigten Preise von je 6 M. abgebrannt.

,, doppelt so gut"