Zuzug zum Schuhbund. Mahnung zur Besonnenheit. Wien . 30. August. lCigeubericht.) 3n ein« erweiterten Sitzung de» Bundesvorstandes des Re. puklikonischen Schuhbundes referierte Dr. Deutsch über die poNtifche Loge und die nächsten Ausgaben. Deutsch gedachte zunächst der Toten von St. Lorenzen und mies dann daraus hin, daß die Putschisten im Lager der fjeimwehren einen immer grötzcren Einfluß gewonnen hätten.?m Augenblick wären sie vielleicht etwas«nüchtert, ab« man müsse damit rechnen, daß sie schon in den nächsten Wochen wied« zu neuen Streichen ausholen. So wenig d« Schuhbund Zusammenstöße suche, bleibe ihm in d« gegenwärtigen SituaNon nichts übrig. als aus jede Eventualität vorbereitet zu sein. Dem Schutzbund seien seit St. Lorenzeo viele Tausende neuer Mitglieder zugeströmt. Zetzt gelte es vor allem kaltes Blut zu bewahren und besoud«? darauf zu achten, daß nicht durch 21 n. befonnenheiten einzeln« den Gegn«n ein Vorwand zu ..Aktionen" g-geben w«de. Sozialdemokratischer Parteisekretär verhastet. Wien . 30. August.(Eigenbericht.) In K a p s e n b« r g bei Graz wurde der sozialdemokratische Parteisekretär Tösch unter dem Verdacht der schweren Körperverletzung verhaftet. Er wird von fünf Heimat- schützlern beschuldigt, in St Lorenzen geschossen zu haben. Ein Heimwehrmann behauptet sogar, Tösch habe den Schuß abgegeben, der einen Schutzbündler zu Tode getroffen hat. Diese Beschuldigungen sind absolut erlogen. Tösch hatte keinen Revolver bei sich und stand in der Nähe des sozioldetnokratifchen Landtagsabgeordneten Walisch, der bestätigt, daß Tösch keinen Schuß abgefeuert hat. Die Verhaftung ist um so merkwürdig«, als die Heimatbündler, die den Hebers all auf die sozialdemokratisch« Versammlung unternommen und geschossen haben, bisher nicht unter Anklag« stehen.
Hintermänner des Nombenkampses. Oer Krieg um Neumünster . Aus Neumünster (Holstein) wird uns geschrieben: Inmitten einer bestellten Demonstration zu Ehren des ans dem Gefängnis entlassenen H a m p k« n s- Tetenbüll führten die völkischen„Candoolk'-Leute ihre Sensenfahne mit. Bei dem Versuch, die Demonstration aufzulösen und die Fahne zu beschlagnahmen, kam es zu Tätlichkeiten mit der Polizei, in deren Verlaus der Sensenfahnenträger verletzt wurde. Mit der verunglückten Demonstration war aber noch nicht die Reklamesucht der Landvolkfllhrer erledigt. Sie proklamierten den Boykott der Stadt und schlugen schließlich Friedensbedingungen vor, die die.Kriegsentschädigung" zur Abwechslung einmal von dem Sieger forderten: die B c- seitigung des sozialdemokratischen Bürger- meisters, Rente für den Fahnenträger, bore 10 000 Mark, weitere Reparationen und die Erfüllung ähnlicher Scherze und mehr wurden verlangt. Der Regierungspräsident, der die beteiligten Feinde zu einer Besprechung einlud, erhielt eine Absage, in der er,„der bochoerehrte tapsere Volksgenosse" als der hervorragendste Vertreter des„jüdischen Aussaugungssystems" bezeichnet wurde, dessen ..Diener dem wertschosfenden Steuerzahler mit dem Gummiknüppel den. bläuen Orden der Republik oerleih«". In dem Brief heißt es weiter, daß der„Regierungspräsident samt seiner Nlique überhaupt nicht für das Landvolk existiere" und„nicht mit Verhandeln, sondern mit seinem Verschwinden am besten diene". Di« unt«zeichn«ten Landvolksührer nannten sich unter- schriftlich„Die Ritter des Gummiknüppelordens zum blauen Fleck". Dieser.-Humor" ist zwar etwas eckig, aber drastisch. Solange er indessen getrocknete Tinte blieb, mochte es noch hingehen, weimgleich cz besser gewesen wäre, von vornherein ebenso ruhig und ziel- bewußt wie energisch dem doch immerhin kleinen Häuflein der Völkischen den nötigen Respekt vor dem Staatsganzen beizubringen. So richtig es ist, daß allzu scharf schartig macht, so richtig ist«s. daß Verhandlungswille dort als Schwäche ausgelegt wird, wo die Feit zum Verhandeln längst vorüber ist. Die eigentliche Antwort Oer Völkischen auf den Vorschlag des Re- gierungspräsidenten war jedoch nicht die Absage der„Ritter des Gummiknüppels", sondern die Höllenmaschine im Hause des Regierungsviz« Präsidenten Grimpe in Schleswig . Rur durch einen Aufall blieb diesesmeil ein Unglück vermieden. Als Urheber kommen zweifellos dieselben Kreis« und Personen in Frage, die hinter den bisherigen Attentatsversuchen in Schleswig-Holstein stehen. Parteipolitisch gesehen ist die Landvolkbewegung nicht stark. Sie hat einige Rester an der abgelegenen Westküste, wa sich die Hitler-Iünger sestgesetzt haben und van wo a>is«sse dann und mann ibr« Streiszüg« unternehmen. Ihre Herrschaft nersuehen sie mit allen Mitteln festzuhalten und der Bauer und Kleinstädter, auch wenn er nicht völkisch denkt, ist in der Regel viel zu phlegmatisch, als daß«r den Versammlungslöwen mit der nötigen Entschlossenheit ent- gegentritt. Wie wenig die nölkische Bewegung in Schleswig-Holstein in Wahrheit bedeutet, werden die kommenden Provinzial- und Gememdewahlen im November am besten zeigen. Indessen befreit diese Tatsach« die behördlichen Organ« nicht von der Pflicht, auch von sich aus jene Maßnahmen zu treffen, die den festen Willen zur Energie verspüren lassen. Maßregelungen der P o l i z« i o r g a n e, wie jetzt in Neumünster , erreichen das Ziel nicht, sondern verstärken die Auffassung der Hitler» Leute, daß sie einen schwachen Gegner ungestraft verhöhnen dürsen. Admiral Tipliii. Das Nevowt'onsschiff.»Forte4'. Port os Spam, im August.(E'genhericht.) Wenn es nicht wieder einmal um den deutschen Nomen ginge, könnt« dos Abenteuer des Dampfers Falke, der nach seiner revolutionäen Irrfahrt noch Venezuela endlich in den hiesigen Hasen eingelaufen ist, als lächerlich und im gewissen Sinne operettenhaft betrachtet werden. Die Vernehmung des Kapitäns und der Mannschaft durch die britischen Hafenbehörden baben Tatsaehen ergeben, über die man in- mitten des 20. Jahrhunderts nur verwundert den Kops schütteln kann. Kapitän T i p l i t t, ein Mann, aus dem man nicht recht klug werden kann, ob«r zum Narren geholten worden ist oder die venezulanischen Revolutionäre zum Narren gehalten hat, erklärte, daß sein Schiff die Farben der neuen revolutionären Regierung (die noch keine» Fuß in ihr Land gesetzt hatte und nur aus '22 an Bord befindlichen Revolutionären bestand) geführt hätte. Westert Erklärungen brachten die erstaunliche Tatsache zutage, daß der Kapttän, al»« der neuen revolutionären Regierukig den Treueid geleistet hast«, zum ersten und gleichzeitig einzigen Admiral
Geieilie Keile- doppelte Keile. (Stahlhelm und Hakenkreuz sitzen zusammen im Vorstand des Hugenbcrgschen Volksbegehren«.)
W a r s ch a n. 30. August. Zm polnischen Regi«ungsanzelg« werden zwei sogenannte 3. Liqnldalionsbeschlüsse veröffentlicht, wonach das Eigentum in den Besitz des polnischen Staate» übergeht. Es handelt sich l. um das der Familie von Oerhen gehörige Rittergut Pempowo (3066 Hektar) und 2. um den klein grundbesitzsr Paul Fritz. Marlschen. kr. wirsih. Die Räumungssrist beträgt im ersten Fall einen Monat, im zweiten vierzehn Tage. Im Falle des Ritterguts: Pernpowo im Kreise Gostyn, das einen Umfang von 3066 Hektar hat, Besitz des Herrn v. Oertzen ist und mit seinem gesamten lebenden und toten Inwentar in dos Eigentum des polnischen Staates übergeht, ist die Höbe der Eist- schädigung auf 6 969 000 Zloty festgesetzt. Einen Monat nach Uebergabe des Gutes an den neuen Besitzer muß der bisherige Eigentümer feinen Besitz verlassen. Für das Hausgrundstllck des Paul Fritz in Mratfchen, be- trögt die Entschädigung 1000 Zloty. Gegen diese Entschädigung werden jedoch 1176,65 Zloty Liquidotionskosten aufgerechnet, so daß das Grundstück tatsächlich ohne jede Gegenleistung in den Besitz des polnischen Staates übergeht. Die Schuld von l76,65 Zloty wird dem Enteigneten erlassen. Die nächste Nunun« des Gesetzblattes veröffentlicht obermol? sechs Beschlüsse des Liquidationskomitees in Posen vom 23. August. Es handelt sich hi« um sechs kleinere städtische Objekt« im Werte zwischen 3000 und 6000 Zloty. Es sind dies: ein Objekt in Usch, eines in Teinpelburg, in Wollstein , Podgorz, Schweiz und Ezyzyhow. Zehn Tage nach Uebernohme der betreffenden Bc-
sitze durch die Neuerwerber müssen die alten Besitzer die Grundstücke verlassen. 360 Liquidationen als widerrechtlich anerkannt! Gens, 30. August.(Eigenbericht.) Im Dölkerbundssekretariat wurde am Freitag abend zwischen Polen und Deutschland ein Abkommen über die Regelung der oberschlesischen Enteignungen unterzeichnet. Polen hatte rund 40 000 Hektar Boden von Personen enteignet, die als deutschgesnnt bekannt waren, aber auf Grund des Wiener deutsch -polnischen Abkommens 1924 Anspruch aus die polnische Staatsangehörigkeit machten, lieber 365 besonders krasse Fälle ist unter der Leitung des Präsidenten des gemischten ober- schlesischen Schiedsgerichtes in Paris verhandelt worden: In 154 Fällen wurde den Enteigneten die polnischen Stoatsbürgerrecht« zuerkannt und dies« Liquidationen für unzulässig erklärt. 40 Fälle betrajen juristische Personen, wie Genossenschaften usw: sie werden laut dem Abkommen dem Haager Gerichtshof überwiesen. Die rechlichen Fälle, z. B. alle die. bei denen Frau und Mann in Gütergemeinschaft leben, aber nur einer von ihnen die polnische Staatsangehörigkeit fordern kann, müssen ab 1. Dezember d. I. von einer deistsch-polnischen Kammission geprüft werden. Dieser Kommission kayn Deutschland bis zum 1. Oktober noch weitere Fälle melden. Die bis zum j. April 1030 ftrsttig bleibenden Fäll« werden dem Haoger Gerichtshof überwiesen. Fast alle Liquidationen, deren kostenlose Rückgängigmachung Polen bisher zugestehen mußte, waren Ansang 1926 von Polen Deutsehland gemeldet worden mit dem Anerbieten, die Liquidation gegen Entschädigung durch Deutschland rückgängig zu machen.
Venezuelas «rnanut worden war und davon in feierlichster Weise Kenntnis vor seiner Mannschaft genommen hatte. Mit fliegenden Revolutionsflaggen fuhr dos Schiff in den Hosen von C u m a n a ein und begann seine Revolutionäre mit Munition und Waffen auszuladen. So weit war olles programmäßig und ganz der Tradition lateinamerikanischer Revolutionen angepaßt. Aber im Handumdrehen wurde die Geschichte ernsthaft, als die Regieryngs- truppen den Kampf aufnahmen und auch das Schift beschossen, wobei der dritte Ofsizier des„Falke" getötet wurde. Nach zweistündigem Kampfe zog„Admiral" Tiplitt vor, den Hafen mit großer Eile zu verlassen und nach Grenada zu fahren, wo er den Rest seiner Munitionsladung und seiner revolutionären Ueberbleibsel an Land setzte. Unter anderem Nomen kam das Schiff dann hierher. wo ober die Behörden dank der Radiowarnungen der venezulanischen Regierung rasch herausfanden, wer sich hinter dem Namen„Anzo Ategui" versteckte. Jeder Verkehr zwischen Schiff und Hafen wurde sofort verboten, Lieferung von Vorröten und Kohle an dos Schiff streng untersagt, und augenblicklich kann kein Mensch sagen, was aus dem Schiffe werden wird. Der deutsche Generalkonsul hat in längeren Vernehmungen d« Schisfsossiziere und der Mannschaft feststellen können, daß der Kapitän die Leute mit der Pistole in der Hand gezwungen hatte, seine Befehle ouszuführen. Die Leute er- klärten, mit dem Kapitän nicht mehr auszufahren.
Aber, Herr prasideni! Wie steht es mit der Toleranz? I. Aus dein Freiburger Katholikentag sprach Reichskanzler o. D. Marx am Donnerstag unter heftigen Angriffen auf die welt- liche Schule über„Neuzeitliche Schulfragen". Marx bedauerte unter anderem, daß es bisher nicht gelungen sei, die Bestimmungen der Reichsversassung über das Schulwesen in vollem Umfange zur Durchführung zu bringen. In Preußen habe man neuerdings die Kinder, die auf Grund der Weimarer Berfas sung noch der Erklärung ihrer Eltern am Religionsunterricht nicht teilnehmen sollen, in sogenannten Sa m m e l s ch u l e n vereinigt. Diese Regelung hkoe im Laufe der Zeit zu immer größer werdenden Trianon-Theater. „Das kommt doch alle Tage vor.4' Eine Schriststellerehe geht infolge mehrerer Seitensprünge des Mannes auseinander und im dritten Akt auf unwahrscheinliche Weis« wieder zusammen. Dos bemerkenswert nichtssagend« und alt- modische Lustspiel(von Sven N««rgard) führt Johannes Rieman« zu«tnem freundlichen Erfolg. Dgr.
Schwierigkeiten geführt. Infolgedessen könnten die deutschen kalho- liken vielleicht schon in nah« Zukunft vor die schwersten Entscheidungen gestellt werden. Dann ab er geHees umsGanze und dann werde die Kampfparole lauten: Hi« christliche und konfessionelle Schule, hie weltliche und religionslose Schule. II. Am Freitag sprach der Präsident des Katholiken- i a g e s in der ersten öffentlichen Versammlung nach der üblichen Huldigung des Papstes der preußischen Stoatsregierun g Donk aus doftir, daß sie durch Abschluß des Kirchenvertroges„sür Preußen auf weitem Gebiete die Gefahr st ö r e n d e r Kon-' s l i k te mit der kätholisehen Kirche«ich damit auch den katholischen Staatsangehörigen auf absehbare Zeit ausgeschlossen" habe. Dann beschwerte er sich über gehässig« konfessionelle Angriffe gegen die Katholiken und fügte hinzu:„Es sind noch niemals lan-' fessionelle Angriffe auf Katholikentagen erfolgt!" III. Der Präsident, der diese Rede hielt und diese Toleranz predigte, war derselbe Dr. Wilhelm Marx , der tags Zstvar so heftige Angriffe auf die weltliche Schule richtet« und„schwerste Entscheidungen der Katholiken" schon für die nächste Zeit ankündigt«. Aber, Herr Präsident! Wie verträgt sich das eine mit dem andern? Soll die Duldsamkeit nur gegen Katholiken gelten, nicht ober für solche, die anderer Weltanschauung sind?
Siecherei in Weißensee. Halenkreuzler die Täter. Inder Parkstraße in Meißensce iste» gesi«n abend nach Schluß ciner kommunistischen Versammlung zu schweren Zu- sammenslößen zwischen Kommunisien und hakenkreuzlern gekommen. Diese, zum größten Teil schwer bewaffnet, drangen aus ihre Gegner ein und zwei Kommunisten«litten schwere Stichver- lchungen; sie wurden von der Polizei ins HJeißense« Kranken- hau» gebracht. V« Täter, von dem festgestellt werden konnte, daß er d« Hitler-Partei angehört, konnte s e st g c n o m m en werden. Ein Rationalsozialist soll leichte Verletzungen erlitten haben. Bei der gestrigen Vemonstrotion d« Kommunisten am Molken- markt wurde ein Kommunist, der aus einen Passanten ein zu- schlagen versuchte, festgenommen.
Genosse Paul Löbe befindet sich seit einigen Tagen in Mergentheim wegen seines Gallenleidens zur Kur. Beunruhigende G-rückite. die von der Notwendigkeit einer Operation sprachen, haben sich«rsreulicherweise als unbegründet herausgestellt. vle Interparlamentarisch« Union wird auf Einladimg der Arbettevportei 19S0\n London tagen.