1929
Der Abend
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Spalausgabe des„ Vorwärts"
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Nr. 416
B 207
46. Jahrgang.
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Auf Veranlassung der Staatsanwaltschaft wurde heute früh in seiner Villa in der Annastraße 4 zu Lichterfelde Ost der 55 Jahre alte Kapitän zur See a. D. und spätere Bankier von Sack zusam. men mit seinem 25 Jahre alten in Hamburg geborenen Adoptivsohn Hans- Dietrich Höpfner von Ead festgenommen. Beide wurden in einem Auto nach dem Polizeipräsidium und von dort nach einem kurzen Verhör nach Moabit gebracht. Von Sack war früher Kommandant der Hohenzollern " und hat den Exkaiser auf seinen sämtlichen Reisen begleitet und seine Schiffe geführt. Während des Krieges war er Komman bant eines Unterseebootes. Ihm werden Vergehen gegen das Bank- und Depotgefeh zum Vorwurf gemacht. Der von ihm und seinem Sohne angerichtete Schaden beläuft sich auf 305000 Mart. Ins Rollen Tam die Angelegenheit durch den Gläubigerausschuß, der die Verfehlungen bei einer Bank feststellte.
Im Jahre 1926 gründete von Sad in der Taubenstr. 10 die Privatbant, pon Sad und Sohn", die Spekulationsund Effektengeschäfte nicht tätigen durfte, weil sie kein Depotrecht besaß. Um dieses Gesetz zu umgehen, hatten von Sack und sein Sohn einen alten abgebauten Bankbeamten Adolf Crug angewor ben, der in Berlin - Südende in der Brandenburgischen Str. 2 wohnte. Er firmierte als alleiniger Inhaber und die Uebertragung aller Geschäfte erfolgte treuhänderisch auf Crug. Von verschiedenen Kunden wurden der Privatbank Effekten ins Depot gegeben.
v. Sack hat diese Effekten zum Teil bei anderen Banken beleihen laffen, zum Teil hat er sie verkauft.
Das Geld investierte er in einer Aktiengesellschaft Fihag" in Baduz im Fürstentum Liechtenstein , also im Ausland. Einige der Banffunden haben über die in Depot gegebenen Effekten auch ordnungsmäßig ein Nummernverzeichnis erhalten, anderen wurde es nicht ausgefolgt.
Staatsanwaltschaftsrat 3immermann ist mit der Vernehmung der Beschuldigten beschäftigt. Es wird festzustellen sein, inwieweit Die erhobenen Beschuldigungen zutreffen.
Die Heide brennt!
1500 Morgen bereits verwüstet.
In den Kreisen Harburg und Rofenburg wütet ein gewaltiger Moor- und Heidebrand, der zurzeit noch andauert. Bon dem Brand ist besonders die Strede zwischen Königsmoor und Lauenbrüd im Kreise Harburg und anschließend die Strecke nach Stemmen im Kreise Rotenburg betroffen. Die Bewohner des gefährdeten Gebiets sehen der weiteren Entwicklung des Brandes mit Sorge entgegen. Die Kreisfeuerwehren arbeiten Tag und Nacht, doch sind bereits über 1500 Morgen den Flammen zum Opfer gefallen. Der Brandmeister des Kreises Harburg hat eine eingehende Besichtigung der Brandstätte vorgenommen. In einer Besprechung mit der städtischen Verwaltung in Rotenburg wurde die Cage beraten und die erforderlichen Maßnahmen zur Bekämpfung des Heide- und Waldbrandes getroffen. Ein Löschen des Moorbrandes durch Menschenhand ist jedoch so gut wie ausgeschlossen. Hier können nur ausgiebige Regenfälle helfen.
In der Nacht zum Donnerstag spielte sich in Hamm ein blutiges Drama ab. Ein Peter Rünz, der am Mittwoch von Köln aus nach Hamm gereist war, gab aus Wut darüber, daß er über Nacht nicht in dem Hause in der Königstraße, wo feine Braut bei einer Familie Salzmann wohnte, aufgenommen wurde, durch die verschlossene Tür etwa zehn Schüsse ab. Der 54jährige Arbeiter Hermann Salzmann wurde dabei durch einen Schuß in den Hinterkopf tödlich getroffen, während die 47jährige Ehefrau schwer verlegt wurde. Als der Täfer jah, was er angerichtet hatte, richtete er die Waffe gegen sich selbst und verletzte sich so schwer, daß er in den Morgenstunden im städtischen Krankenhaus verstarb.
Wirtschaftsfrieden und Kriegsächtung.
W. S. Genf , 5. September. ( Eigenbericht.)
Die Debatte in der Vollversammlung begann heute mit der Rede des belgischen Außenministers y mans, der ebenso wie Macdonald die fortschreitende Besserung der internationalen Beziehungen seit 1920 fonstatierte und die Anregung Macdonalds aufnahm, daß die nicht übereinstimmung zwischen dem absoluten Kriegsverzicht und der Völkerbundsfagung, die den Krieg erlaubt, geprüft werden müsse. Zur Durchführung des Kriegs besonders den Beitritt zum Vertrage über finanzielle Unterstützung. perzichtsvertrages forderte er die Ausarbeitung von Sagungen, Er wandte sich, wie alle bisherigen Redner der Tagung, gegen die hohen Zollmauern und sprach sich für die Festlegung der gegenwärtigen Zollfäße als eines Marimums aus.
folgte mit einer Rede, die scharfe Spitzen gegen die neue englische Regierung brachte und nachzuweisen versuchte, daß die ersten zehn Jahre des Völkerbundes nicht verlorene Zeit gewesen seien. Der Bölkerbund müsse in weiser Vorsicht handeln, immer auf die Einstimmigkeit seiner Mitglieder bedacht. Locarno , Kellogg = Patt und Haag seien vom Völkerbund inspiriert gewesen und deshalb zu den. Erfolgen des Bölkerbundes zuzuzählen. Aber eine ernste Lücke bestehe noch: zwar sei der Krieg durch den KelloggBatt verurteilt, aber solange der Völkerbund feine materielle Macht habe, um Kriege zu verhindern und die Friedensbrecher zu be= strafen, habe er seine Aufgabe nicht erfüllt. Nur das Genfer
Protokoll hätte diese Macht gegeben. Die EntwaffnungsbeStimmungen seien zwar eine heilige Pflicht der Völkerbundsmitglieder, aber sie blieben unerfüllt ohne Sicherheit. Briand ging dann zu einer Verteidigung der Mehrheit der Abrüstungskommission über, deren letzte Beschlüsse er„ reale Fortschritte" nannte.
Zu den wirtschaftlichen Fragen übergehend, betonte Briand , daß man Sachverständige zu Rate ziehen müsse. um die wirklichen Schwierigkeiten zu überwinden. Es scheine einem allgemeinen Bedürfnis zu entsprechen, daß man in Beziehung zum Völkerbund, aber außerhalb des Bundes ein allgemeines Band zwischen den europäischen Bölkern schaffe, um gemeinsame Entschließungen zu faffen und wirtschaftliche Sonderaufgaben zu studieren. Er schlage vor, diese Fragen dem Studium der Regierungen zu überweisen, um der nächsten Bölkerbundsversammlung darüber zu berichten.
Was die allgemeine Friedenspolitik anlangt, fuhr Briand fort, reits unterzeichnet. Seine Unterschrift sei damals noch nicht so hat Frankreich 1924 die Schiedspflicht der Fakultativklausel be= Tagung ebenfalls annehmen. Die französische Regierung werde die in Kraft getreten. Frankreich wird die Fakultativklausel in dieser Generalakte dem Parlament zur Ratifizierung vorlegen. Diese beiden Ankündigungen wurden mit lebhaftem Beifall aufgenommen. Briand schloß mit dem Hinweis darauf, daß
der Frieden nicht aufrechterhalten werden fann in dem Augenblic, wenn die Kanonen schon aufgefahren sind.
Es gilt, den Krieg im Reim zu erstiden und die zu vernichten, die ihn im Herzen der Menschen aufrechterhalten wollen.
Abstimmungen ohne Mehrheit!
Der Kampf um die Arbeitslosen.
Berfügung stellen werden.
3m Sozialen Ausschuß des Reichstags wurde die ent-| men für feinen der Anträge der Regierungsparteien zur fcheidende Sihung zum Abschluß der ersten Lesung der Arbeitslofenversicherungsreform um 10 Uhr morgens vom Abg. Esser eröffnet. Die inzwischen eingegangenen Anträge der einzelnen Fraktionen wurden bekanntgegeben. Alsdann gab der Reichsarbeitsminister Auskunft über die finanziellen Wirkungen der einzelnen Anträge.
Hierauf vertagte sich der Ausschuß auf eine Stunde, damit die Fraktionen sich endgültig über die Stellungnahme zu den Anträgen schlüssig werden konnten.
Bei Wiedereröffnung um 11% Uhr gab zunächst Frau Abg. Teusch( 3.) namens des Zentrums eine sehr lange Ertlaung ab, in der das Zentrum versichert, mit seinem Antrag auf Kürzung der Unterstützungssätze für Abeitslose mit weniger als 52 Beitragswochen keinen Abbau der Versicherung zu bezwecken.
Es wird weiter erklärt, daß diefe Neuregelung bis zum 31. März 1931 befristet werden soll.
Die Kommunisten beantragen bezüglich der Unterstützung der Saisonarbeiter, die bisherige Faffung des Gesetzes wieder herzustellen.
Abg. Graßmann( S03.) erklärt, die Sozialdemokratie werde für diesen kommunistischen Antrag stimmen und nach wie vor die Einführung einer Relation zwischen Beitragswochen und
Bei den Abstimmungen, die bei Redaktionsschluß noch vor fich gehen, dürften voraussichtlich die entscheidenden Abbauanträge mit wechselnden Mehrheiten abgelehnt
Bis nachmittags 2 Uhr sind feine Anträge von entscheidender prinzipieller Bedeutung angenommen.
Wer waren die beiden Fahrgäste? Untersuchung des Bombenanschlags schreitet vorwärts.
Die Untersuchung in der Sache des Bombenanschlages auf den Reichstag wird von der Polizei weiter mit größter Energie betrieben.
Im Laufe des gestrigen Abends haben sich im Polizeipräsidium wieder einige Zeugen gemeldet, die wichtige Bekundungen machten, läufig noch nichts gesagt werden kann. Langsam schließt sich der über die von der Polizei im Interèsse der Untersuchung jedoch vorKreis nach einer gewissen Richtung hin, aber noch viel vorliegendes material ist zu sichten und genau zu prüfen.
Unterstübungshöhe ablehnen, wie sie in den Anträgen mysteriöse Fahrt von der Nürnberger Straße zum Reichstagsgebäude
des Zentrums und der Deutschen Bolkspartei, wenn auch befristet, verlangt wird.
Bei dem demokratischen Antrag, der für die Saisonarbeiter die Unterstützungsfähe nach der Krisenfürsorge bemessen will, wird sich die Sozialdemokratie bei der Abstimmung der Stimme enthalten, da diese Neuregelung mit den übrigen für die Saisonarbeiter gestellten Anträgen im Zusammenhang fteht.
In der folgenden Debatte befunden nochmals die Vertreter der einzelnen Fraktionen ihren bekannten Standpunkt. Die Deutschnationalen erklären insbesondere, daß sie ihre Stim
Trotz der Veröffentlichung in sämtlichen Berliner Blättern haben sich die beiden Männer, die in der Nacht zum Sonntag die in der Autodroschte gemacht haben, bis zur Stunde nicht gemeldet. Leider ist auch die von dem Droschkenjührer gegebene Beschreibung der beiden Männer so dürftig, daß es schwer sein wird, sie bald zu ermitteln. Jedenfalls ist die Suche nach ihnen bisher ergebnislos verlaufen. Eine besondere Rolle spielt hierbei bekanntlich die Aktentasche, die nach den Aussagen des Chauffeurs, einer der Fahrgäste erst aus einem Hause in der Nürnberger Straße abgeholt hat. Nach der Ansicht des Droschkenchauffeurs muß sie einen größeren Gegenstand enthalten haben; auffällig war, daß die Tasche sehr sorgfältig behandelt wurde.
Der Chauffeur hat weiter bekundet, daß er auf Wunsch feiner