Aus zum fröhlichen Volksbegehr!
Die Mobilmachung der LA- Säger.
Ilew Dort. 13. September. Die Washingtoner Regierung gibt amtlich bekannt, dah eine englisch -amerikanische Flotlenverständi- gung erreicht sei. Rem V o r k. 13. September. Die amtliche Bekanntgabe über die Kloltenverständigung zwischen England und Amerika erfolgte durch Staatssekretär S t i m s o n mit der Bemerkung:»wir sind nun fürdiekonserenzderwächte bereit." Diese Erklärung Stimson » wird in ollen Washingtoner Meldungen stark unterstrichen. Auch wird berichtet, dah die Klottenverständigung aus der Grundlage erfolgt sei, dah die Beschränkung der Rüstungen nach Schisssklassen erfolgen müsse. Das bedeutet, daß sie sich nicht nur aus die Sreuzersrage bezieht. 3a der Behandlung einiger Einzelfragen sollen aber noch kleinere Differenzen zwischen England und Amerika bestehen. doch kann die Einigung als vollzogen betrachtet werden, nachdem die Verständigung in der kreuzerfrage herbeigeführt wurde. Die Grundlagen der Einigung. London , 13. September. Die englisch « Admiralität hat, wie oerlautet, ein« Mindesttonnage festgelegt, die als die unterste Grenze der Reichssicherheit bezeichnet wird. Diese Ziffer beträgt 339 990 Tonnen und bezieht sich n u r aus Kreuzer, die den�strittigen Punkt bei
den Verhandlungen mit Amerika darstellen. Auf dieser Grundlage würde die englische Flott« ein Mehr von 49999 Tonnen ver- glichen mit der amerikanischen Kreuzertonnage erhalten. Dieses Mehr von 49 999 Tonnen stellt denn auch den„kleinen Unter- schied" in den beideiseitigen Auffassungen dar und gleichzeitig den zukünftigen Berhandlungsgegenstand Macdonolds in Amerika . Osfentsichtlich ist man in London bereit, in diesem Punkte zu einem Vergleich zu kommen. Schon seit längerer Zeit wird daraus hingewiesen, dah England den Hauptwert nicht so sehr auf die Größe, sondern auf die Zahl der Kreuzer leg'. In London betont man immer wieder das Interesse Amerikas an der Bermel - dung eines großen Neubauprogrammss. Auch rechnet man heute damit, daß man sich auf halbem Wege einigen wird, das heißt, die Vereinigten Staaten würden mehr 19 999-Tomien-Kreuzer erhalten als England, was auch bereits in dem englischen Vorschlag 18: 15 zum Ausdruck kam. Der Besuch Macdonalds in Washington soll nicht länger als eine Woche dauern. Er wird einige Tage Gast des omerika- nischen Präsidenten im Weihen Hause sein. Heute am Spätnachmittag fand in der Downingstreet«ine Kabinettssitzung unter der Leitung von Ministerpräsident Macdonald statt. Man geht wohl in der'Annahme nicht fehl, daß es sich hauptsächlich um die Besprechungen in der Flotten- abrüstungsfrage gehandelt hat.
Wien in Bewegung. Wenn die Arbeiterpartei ruft... Zur Vorbereitung der etwa notwendigen Abwehr eines Faschistenputsches— denn Wien ist nicht Rom — veranstaltet die weit über 499 999 Mitglieder starke sozialdemokratische Organisation Wien in dieser Woche 499 Mitgliederversammlungen der Partei- sektionen. Sie sind alle massenhaft besucht, sehr oft müsien Parallel- Versammlungen auf der Straße, in anderen Lokalen usw. abgehalten werden. Kommende Woche versammeln sich bezirksweise die sozial- demokratischen Frauen, und in der übernächsten Woche folgen allgemein zugänglich« Volksversammlungen. Ueber die Weiter- s ü h r u n g der Aktion, die auch auf dem Lande und in den Pro- vinzstädten betrieben wird, ist noch nicht beschlossen. Der R e p u- blikanische Schutzbund hat bereits tausend Reubei- tritt e, einzelne und körperschaftliche, zu verzeichnen. Die Untersuchung von St. Lorenzen. Infolge der Schlacht von St. Lorenzen sind zwei Schutz- bündler gestorben, aber kein Heimwehrler. Verhastet sind bis jetzt zwei Sozialdemokraten, der Parteisekretär T ö s ch und der Kljährige M o sa u e r— beide nur auf Beschuldigung durch die Heimwehr : gegen auch nicht einen Faschisten ist bisher eine Unter- suchung eingeleitet. Zu einem Lokaltermin in St. Lorenzen waren "ur die B e s chu l di ge r zugezogen, die Beschuldigten nicht, und ihr Verteidiger wurde ausdrücklich ausgeschlossen— nachdem der faschistische Direktor der Böhlerwerke mit dem Untersuchungsrichter „gesprochen" hatte. Dieser Untersuchungsrichter, eigens aus Graz hingeschickt, leidet an dem Gebrechen des Stotterns und ist vielleicht dadurch gebieterischen Einflüssen leichter zugänglich. Von den R i ch- t e r n des Kreisgerichts Leoben trägt einer stets dos H e i m w e h r- a b z e i ch e n, ein anderer führt den Wehrturnerzug der Heimwehr und marschiert ihm bei Aufmärschen voran. Da soll man Vertrauen zu dieser Justiz haben!
Cs kriseli in polen . PPS. für Einberufung des Parlaments. Warschau , 13. September. Der Vollzugsausschuß der sozialistischen Partei Polens hat die Entscheidung über die Beteiligung an der vom Ministerpräsidenten Switalski angeregten Kon serenz zwischen Sejmvertretern und Regierung der parlamentarischen Fraktion übertragen. Immerhin hat sich der Vollzugsausschuß prinzipiell für die Einberufung einer Sejmsession, jedoch gegen die Be- tdligung an dieser Konferenz ausgesprochen, sofern diese nicht im Sejm stattfinden sollte. Im Lause des heutigen Tages wird die sozialistische Sejmsraktion eine Beratung abhalten, um zu dieser Frage Stellung zu nehmen. Morgen werden die Vertreter der pol- nischen Linken und des Zentrums eine Besprechung abhalten, wobei, wenn mpglich,«ine gemeinsame Stellungnahme beschlossen werden soll. Man erwartet, daß bis zu diesem Zeitpunkt Sejmmarschall D a s zy n j k i irgendwelche näheren Informationen erteilen kann über den Charakter der von der Regierung bzw. Mar- schall P i l s u d s k i geplanten Beratung. Es wird nämlich für heute oder morgen die Rückkehr Marschall Pilsudskis aus Druskieniki er- wartet.
Genfer Kommissionsbeschlüsse. Gens, 13. September. (Eigenbericht.) Der französische Arbeitsminister L o u ch e u r begründete und begrüßte am Freitgvormittag die englisch -sranzösiscy- belgische Einigung in dem im Vordergrund nicht nur des Wirtschaftsressorts, sondern der diesjährigen Völkerbundsversamm- lung überhaupt stehenden Zoll- und Kohlenfrage. Die drei Mächte gehen vollständig gemeinsam vor in dem Bestreben, so bald wie möglich einen zo ll p o li t is ch e n Waffenstill. stand herbeizuführen. England und Frankreich lassen ihre bis- herigen Anträge zur Kohlenfrage fallen zugunsten einer gemein- samen Förderung der europäischen Kohlenregelung, die in weitem Umfang« die Vorschläge der Vergarbelter-Inlernallonale, die von Deutschland vollständig übernommen worden waren, berücksichtigen. Die endgültige Formulierung des gemein- samen Kohlenantrages der beiden führenden Kohlenländer ergibt das folgende Bild: Die Regelung der Arbeitsbedingungen des Bergbaues soll dem Internationalen Arbeitsamt übertragen werden, das auf einer 1939 zu veranstaltenden Arbeits- konferenz internationale Abkommen über Arbeitszeit, Löhne und sonstig« Arbeitsbedingungen abschließen soll. Diese Regelung soll durch eine, sobald als möglich vom Berwaltungsrat des Arbeitsamtes einberufene technische Konferenz der interessierten Regierungen, Arbeitnehmer und Arbeitgeber vor- bereitet werden. Der Völkerbundsrat soll aus Grund des Ergeb- nisses der gemeinsamen Beratungen der Kohlenarbeiter und Kohlenarbeitgeber eine Konferenz der interessierten Regie- ru n g e n zum Studium einer internationalen Kohlenregelung ein- berufen. Die Teilnahm« der Arbeitnehmer an dieser dritten Konferenz ist o f f e n g e la s s e n. Aber der englische Staatssekretär D a l t o n betonte, daß sich seine Regierung die internationale Kohlenrcgelung in engstem Einvernehmen mit den Bergarbeiter-verbänden denke. Es gelte, durch Mitarbeit im Völkerbund den Arbeitern Europas und der ganzen Welt zu zeigen, daß Genf eine Werkstatt für den politischen, wirtschaftlichen und sozialen Frieden sei. Die englisch -französische Kohlenverständigung ist unter Mitarbeit von Albert Thomas und Jouhaux zu- stände gekommen. Deutschland bemitzte di« Möglichkeit, sofort in eine Linie mst den beiden anderen Kohlenländern zu kommen. nicht. Die englisch -sranzösisch-helgische Entschließung icher den Zoll- frieden trägt den deutschen Bedenken.Rechnung, indem nicht nur die direkte, sondern auch jede indirekte zolltechnische Erhöhung der Zölle während zwei Jahre verboten werden soll.
Siaaissekretär Staudinger. Ministerialdirektor Staudinger vom Preußischen Handels- Ministerium ist zum S t a a t s f e k r e t ä r in demselben Ministerium ernannt worden. Er tritt sein Amt am 1. Oktober als Nachfolger des Staatssekretärs von Leefeld an, der die Altersgrenze erreicht hat. Staatssekretär Staudinger war zunächst im Kriegsernährungs- amt, später im Reichswirtschaftsministerium tätig. Im Herbst 1927 schied er als Ministerialrat aus und wurde als Ministerialdirektor ins Preußisch« Handelsministerium berufen. Staudinger ist Sozial- demokrat.
Paris , 13. September. (Eigenbericht.) Das Interview, das Macdonald dem Chefredakteur des„Petit Parisien" in Genf gewährte und besten Veröffentlichung das Pariser Blatt auffallenderweise um mehrere Tage verzögert hat, stellt eine progranimatische Erklärung von außerordentlicher pvliti- scher Tragweite dar. Der Ches der englischen Arbeiterregicrung hat darin nicht nur eine klare und eindeutige Erklärung für die Haltung Snowdens im Haag und seine eigene in Genf gegeben, sondern er hat darüber hinaus kein Hehl daraus gemacht, daß die englische Arbeiterpartei die Regierung übernommen hat mit der festen Absicht, der englischen Außenpolitik, die bis dahin ausschließlich imSchlepptauFrankreichs gesegelt war, eine neue Richtung zu geben. Die Kritik, die Macdonald bei dieser Gelegenheit an seinen Vorgängern geübt hat, war scharf, aber sicher nicht unbegründet. „Die Politik des konservativen Kabinetts gegenüber Frankreich konnte nicht mehr eine Zusammenarbeit genannt wer- den. Sie war Subordination geworden und in volle Ab- h ä n g i g k e i t vom Quai d'Orsay geraten." Macdonald will an ihre Stelle keineswegs eine gegen Frankreich gerichtete Politik setzen, im Gegenteil, er hat ausdrücklich betont, daß er die freundschastliche, auf die Gemeinsamkeit der Interessen und die gegenseitige Sympathie begründete Zusammenarbeit fortzusetzen beabsichtigt, und er hat diese Erklärung unterstrichen durch die Feststellung, daß die politischen Ziele beider Länder und beider Völker nach wie vor gleich seien. Es wäre also ein großer Irrtum, aus den Erklärungen Macdonalds die Absicht eines englischen Abrückens von Frank- reich folgern zu können, wovon der englische Premierminister ab- gerückt ist. ist die vorkriegs-Konzeption der europäischen Politik, die glaubte, durch Koalition den Gegner im Schach hallen zu können. „Das englisch -französische Bündnis," erklärte er wärt- lich,„war ausgesprochen gegen Dritte gerichtet. Die Auffassung der Arbeiterpartei aber geht dahin, daß die frenndschastlichen Beziehungen zweier Völker unter keinen Umständen eine Spitze gegen einen Dritten haben darf." Unzweideutiger kann man seine politischen Absichten kaum auslegen. Die englische Arbeiterregierung, die sich die Festigung des Friedens und die Förderung der internationalen Verständigung zum Pro- gramm gesetzt hat, will zunächst einmal Unabhängigkeit und Völker- sreiheit sicherstellen. Daß sie entschlossen ist, dieses Programm ener- gisch in Angriff zu nehmen, hat sie bereits in Genf gezeigt, wo ihre verschiedenen Initiativen einen erfrischenden Luftzug in die internationale Diskussion gebracht haben, die mehr und mehr in allzu großer Passivität zu erstarren drobt«. Der Antrag, die Völkerbundssatzungen im Sinne des Kcllogg-Paktes abzuändern, und ihr Versuch, die A b r ü st u n g s- d e b a t t e n endlich aus dem Stadium unfruchtbarer Phrasen- drescherei herauszuführen, hat im nationalistischen Frankreich W u t
ausgelöst. Macdonald aber scheint nicht gesonnen, sich durch ihr« Polemik in irgendeiner Weise beirren zu lassen. So hat am Freitag die englische Regierung durch Lord Robert C e c i l in Genf den Antrag gestellt, die von der Abrüstungskommission im vergangenen Jahre ausgearbeiteten Entwürfe gründlich zu revidieren, was diese Kontroverse in den nächsten Tagen wahrscheinlich noch weiter verschärfen wird. Englands Abrüstungsvorstoß. Paris , 13. September. (Eigenbericht.) Der Genfer Korrespondent des„Temps" glaubt die R e s o« l u t i o n, die Lord Robert Cecil am Freitag abend oder am Sonn- abend im Namen der englischen Regierung in der A b r ü st u n g s- k o m m i s s i o n abgeben wird, wie folgt resümieren zu können. Der englische Antrag zerfalle in zwei Teile. Er verlange im ersten Teil die Beschleunigung der vorbereitenden Arbeiten derart, daß die immer und immer vertagte groß« Abrüstungskonfe- r e n z endlich zusammengerufen werden kann. In ihrem zweiten Teil verlangt die englische Resolution Aufklärung über folgende Punkte: 1. ob di« Abrüstung allgemein sei und in gleicher Weise die Armee und das Kriegsmaterial zu Wasser, zu Lande und in der Luft umfassen soll,.;,, 2. ob die Besprechungen der Abrüstungskommission sich lediglich auf die Effektivstärken der Armeen oder auf die Dauer ihrer Ausbildung richten oder beides zusammen«rfasien sollen, 3. ob nach Abschluß einer Vereinbarung die vertragschließenden Parteien bereit seien, sich einer internationalen Kontrolle zu unterwerfen. In dem zweiten dieser Punkte erblickt man in Frankreich einen englischen Vorstoß in der Frag« der ausgebildeten Reserven, in der Frankreich dank der Unterstützung Chamber- lains im oergangen Jahre sich mit seinem Standpunkt durchzusetzen oermochte und in der die gesamte französische Rechtspresse schon jetzt etwaige Konzessionen Frankreichs für unannehmbar erklärt. Kriegsliquidierungskonferenz aller Donau - staaten und polen ? Paris , 13. September. Der Genfer Berichterstatter des„Journal des Döbats" spricht von Schritten, die anscheinend gegenwärtig in Genf zum Zweck« der baldigen Einberufung einer Konferenz aller Donau '- st a a t e n unter Hinzuziehung von Polen unternommen würden. Als Zweck dieser Konferenz werde angegeben, daß sämtliche aus dem Krieg sich ergebenden strittigen Fragen, Grundeigentum, Eisen- bahnen, Transportwesen, Bankwesen, Staatsangehörigkeit usw.-- örtert werden sollen.