Proteft der chriftlichsozialen Arbeiter.
Wien , 14. September. Der chriftlichsoziale Gewerkschaftsführer Abg. Leopold unichat hat einen Borstoß gegen die Heimwehren unternommen. Auf der von ihm geleiteten Reichstagung der chriftlichen Gewerkschaften wurde eine Entschließung angenommen, die fich formell allerdings nicht so sehr gegen die Heimwehren als gegen die mit den Heimwehren zusammenhängenden unabhängigen Gewerkschaften"( Gelben) richtet. Die betreffende Stelle der Entschließung lautet:
„ Die Reichstagung erblidt in der vom Großunternehmertum gegründeten und von einzelnen Heimwehrgruppen, besonders von der steiermärkischen Richtung, geförderten fogenannten unabhängigen Gewerkschaft eine Berfäl schung des von den chriftlichen Arbeitern und Angestellten vertretenen Gewerkschaftsideals, eine Gefährdung des Wesens und der Ziele der Gewerkschaftsbewegung."
Die chriftlichen Gewerkschaften nehmen hier den bisher nur von den Sozialdemokraten erhobenen Vorwurf auf. der die unabhängigen Gewerkschaften" als Gelbe fennzeichnet. Die chrifflichen Gewerkschaften haben durch die Preffung von etwa 2000 obersteierischen Arbeitern der Böhlerwerke und der Alpinen Montangesellschaft, deren Herr der reichsdeutsche Stahlwertsverband ist, in die Heimwehr und den gelben Verband verloren.
Man wollte die deutschen Ronfuln gar nicht angreifen... Offiziös wird folgende Mitteilung herausgegeben:
Das Außentommissariat der Sowjetregierung hat eine weitere Berbalnote über den Schuß der Sowjetbürger in China am 13. dieses Monats an die deutsche Botschaft in Mostau gerichtet. Die Note ist eine Erwiderung auf die deutsche Verbalnote vom 9. dieses Monats, die ihrerseits eine Antwort auf die russische Note vom 6. dieses Monats darstellt. In der Berbalnote dom 13. dieses Monats wird die Note vom 6. dieses Monats dahin ausgelegt, daß sie nicht Angriffe gegen die deutschen Ronsulate in China enthalten sollte, sondern lediglich den 3wed verfolgte, die Aufmerksamkeit der deutschen Regierung auf die äußerst schwierige Lage der Sowjetbürger in China und die ungenügenden tatsächlichen Ergebnisse der Interventionstätigkeit des deutschen Konsulats in Charbin hinzulenten. Mit der Verbalnote überreicht die Sowjetregierung eine Lifte von Gewalttätig. feiten und Grausamteiten der Chinesen, erklärt, daß die Repressalien gegen bestimmte Kategorien chinesischer Bürger in Rußland schon vor dem Eintreffen der deutschen Verbalnote beschlossen waren und bittet am Schluß um Nachrichten über die Ursachen der Berhaftungen und Verfolgungen Tausender von Sowjetbürgern.
Eine Fortsegung des Notenwechsels mit der ruffi schen Regierung ist deutscherseits nicht beabsichtigt.
Die deutsche Regierung hat in der Tat teinen Anlaß, diese Bolemit fortzusehen, nachdem die Sowjetregierung einen förm= lichen Rückzug angetreten hat. Daß die Sowjet presse fortfahren wird, im Auftrage und mit Billigung der amtlichen Stellen, gegen die deutschen Konsuln zu heben, ist selbstverständlich, aber dagegen läßt sich nichts machen: man hat es eben mit einer Regierung zu tun, die andere Begriffe von diplomatischer Loyalität und Anstand schlechthin huldigt als die übrigen Menschen, und das muß man nun einmal in den Rauf nehmen, wenn man mit Bolschewisten internationalen Berkehr pflegt.
Interessant wäre die Veröffentlichung der uns übersandten Greuelliste. Die deutsche Verbalnote enthält verschiedene Feststellungen, qus denen sich ergab, daß diese Meldungen, wenigstens zum Teil, frei erfunden sein mußten, da die als Quelle angegebenen Taß- Korrespondenten in der Mandschurei gar nicht existieren. Bemerkenswert ist jedenfalls, daß Sowjetrußland bereits zu Repressalien gegriffen hat und an ihnen fe ft zu halten gedenkt, obwohl die Reichsregierung, die auch den Schutz der Chinesen in der Sowjetunion übernommen hat, gebeten hatte, davon abzusehen, um die Spannung nicht zu verschärfen. Es fragt sich unter solchen Umständen immer mehr, ob es für Deutschland einen 3wed hat, eine Schußmission weiter zu übernehmen, bei der es sich auf die Dauer nur mit beiden Teilen verderben kann.
Rußland lehnt die chinesischen Vorschläge ab.
Wie aus Moskau gemeldet wird, fand am Sonnabend unter dem Borfiz von Rytow eine Sigung des Rates der Volkskommissare statt, in der der stellvertretende Außenfommissar Litwino w über die Beziehungen zu China berichtete. Er erklärte, daß die Sowjetregierung nicht im stande sei, die letzten chinesischen Borschläge, die am 11. September durch die deutsche Botschaft übermittelt wurden, anzunehmen. Die Sowjetregierung verlange fofortige Wiederherstellung des status quo an der chinesischen Ostbahn. Die Antwortnote Rußlands werde am Sonntag durch die deutsche Botschaft der chinesischen Regierung übermittelt werden. Die militärischen Maßnahmen, die die Sowjetregierung gegen China ergriffen habe, blieben bis auf weiteres in Kraft.
Der Oberbefehlshaber der sowjetrussischen Truppen, Blücher , meldet, daß in den letzten 24 Stunden die chinesischen Truppen an der russisch- chinesischen Grenze sehr start zusammengezogen worden seien, und daß die Chinesen den Bandenkampf der weiß russischen Verbände gegen die Sowjetunion unterstützen.
Muffolini redet.
Du sollst nur einen Gößen anbeten... Mussolini hat nach langer Zeit wieder eine große inner politische Rede gehalten, die diesmal feine langatmigen statistiichen Angaben über die Leistungen des Faschismus auf allen möglichen Gebieten enthielt, sondern vor allem die übliche Feststellung, daß das faschistische Regime sich in dem letzten Jahre weiter befestigt habe. In diesem Sinne erläuterte er die vor wenigen Tagen über raschend erfolgte Beförderung von mehreren Unterstaatssekretären zu Ministern auf Posten, die er bisher selber bekleidet hatte. Ferner fündigte er an, daß Staatsrat, Miliz, Rechnungshof, Staatsanwaltschaft und Polizei fünftig unmittelbar ihm unterstellt würden. Die faschistischen Parteisetretäre würden fortan durch königliches Defret ernannt, also Staatsbeamte werden. Zum Schluß wandte er sich gegen die Götenanbeter" der Demokratie, die die Diftatur verabscheuen. Die neue Gözen anbetung seiner geheiligten Person erscheint ihm dagegen eine Selbstverständlichkeit.
Die alte Geschichte!
RATHAUS
RA
3n 3pfenhausen bestand eine kommunistische Stadt verordnetenfraktion von 1 Mann.
Verräter
Schuft
Beide Teile beschuldigten sich gegenseitig nicht nur des schändlichsten Klaffenverrats, sondern sogar auch der geheimen Hinneigung zur GPD.
Diese spaltete sich.
S.P.D.
RATHAUS
H- ABEKING 29
Da jedoch nach einiger Zeit beide der Sozialdemokra tischen Partei beitraten, erledigte sich diese ganze Angelegenheit von selbst.
Völkerbund und Haager Gericht.
W. Schw. Genf , 14. September. ( Eigenbericht.) Die Völkerbundsversammlung nahm heute debattelos unter großem Beifall den Vertragsentwurf mit Amerita an über den Beitritt zum Internationalen Gerichtshof und schuf damit einen Präzedenzfall für den Beitritt der anderen dem Völkerbund noch nicht angehörenden Staaten.
Bei der Beratung der neuen Gerichtsverfassung gab es eine Kampfabstimmung über die für das Richteramt erforder. lichen Eigenschaften: Die Richter sollen nicht nur englisch oder französisch verstehen und eine der beiden Sprachen sprechen, sondern auch eine anerkannte prattische Erfahrung" haben. Die darin liegende Bevorzugung der Praktiker wurde von fünfzehn Delegierten, namentlich fleinerer Staaten, aus allen Weltteilen befämpft, aber von einer Mehrheit, unter dem sich auch die deutsche, englische und französische Stimme befand, geschlagen. Das Richter gehalt wurde ab 1931 auf 76 000 M., das des Präsidenten des Weltgerichtshofes auf 100 000 m. jährlich festgesetzt.
Teufelsadvokaten als Weltrichter?
W. Schw. Genf , 14. September. ( Eigenbericht.) Während im nächsten Jahre das Gesamtrichterfollegium neu zu wählen ist, müssen diesmal für die fürzlich verstorbenen Richter Weiß ( Franzose) und Lord Henley( Engländer) Eriagwahlen stattfinden. Es ist eine ausgemachte Sache, daß wieder ein französischer und englischer Jurist gewählt wird. Wenn auch die diesmalige Wahl nur bis zum nächsten Jahre, bis zum Ablauf der neunjährigen Amisperiode ihrer Borgänger gift, so ist es nicht weniger selbstverständlich, daß sie einmal ernannt, im nächsten Jahre wieder gewählt werden. Daher wird über diese beiden Size Weltrichter werden soll, ist so bedeutsam wie nur je, denn neben allen diesmal für ein ganzes Jahrzehnt entschieden. Und die Frage, wer organisatorischen Maßnahmen ist entscheidend wichtig, welche Ber sönlichkeiten das höchste Richteramt in der Welt ausüben sollen, Rechtsstreitigkeiten zwischen den Staaten zu entscheiden und an den Bölkerbund Gutachten über die Tragweite und den Sinn internationaler Verträge zu erstatten.
Als französischer und englischer Favorit für dieses Richteramt werden die beiden Rechtsberater der auswärtigen Aemter in Paris und London genannt: Fromageot und Sir Cecil Hurst, deren Namen so gut wie der ihres deutschen Kollegen Gaus der breiten Deffentlichkeit bekannt geworden sind, da sie es waren, die die politischen Berhandlungen der Staatsmänner in die juristische Form der Verträge von London , Locarno und dem Haag gegossen haben. Gegen ihre Kandidatur erhebt nun im Journal de Genève" William Martin einen aufsehenerregenden Angriff mit der Frage: Will man den Weltgerichtshof schwächen?" Er wies darauf hin, daß Hurst seit 1902 und Fromageot seit ungefähr dem gleichen Zeitpuntt, seit mehr als 25 Jahren also, die Aufgabe gehabt haben, für die Außenpolitik ihrer Großmacht eine juristisch formulierte Rechtfertigung zu finden. Von einem internationalen Richter aber muß man genau das Umgekehrte verlangen, nämlich die Fähigkeit, von ihren politischen Ueberlegungen abzufehen und nur nach dem Rechte zu suchen. hätten an den meisten europäischen Berträgen der letzten Jahrzehnte mitgearbeitet: Bo bliebe da ihre Unbefangenheit gegenüber Streitigkeiten, die aus der Auslegung ihrer Verträge entstehen?
Die beiden Kandidaten
Diefer Rampfruf für die geistige Unabhängigkeit der
Komödienhaus.
„ Scribbys Suppen sind die besten." Von Berstl. Eine amerikanische Milliardärstochter geht ihrem Papa durch und verheiratet sich trotzdem nicht. Dieser durch Suppenertraft und Schwanteɣtrakt zustandekommende Effekt wurde viel belacht. M. H.
internationalen Richter hat in pazifistischen Kreisen, aber auch viel fach darüber hinaus, instinktive Zustimmung gefunden. Man fürchtet für die Reinheit der Rechtsfindung und wünscht deshalb den Weltgerichtshof aus Professoren, aus reinen Seelen, zufammengefekt.
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Aber es handelt sich feineswegs darum, nun an die Stelle der das Weisen des Völkerrechtes die Advokaten der Regierungen heißt also der verschiedenen Teufel zu setzen. Die Frage ist nur auswärtiger Aemter die Autorität des Gerichtshofes vor den die, ob durch die Ernennung von zwei oder drei Justitiaren großer Regierungen gestärkt oder geschwächt wird. Stellt man die Frage so, dann erscheint uns die Neigung der großen Regierungen, ihre Streitfragen vor dem Weltgerichtshof erledigen zu laffen, der Schiedspflicht nicht nur theoretisch zuzustimmen, sondern fie auch praktisch anzuwenden, nur gesteigert zu sein, wenn gerade sie darauf rechnen tönnen, innerhalb des Gerichtshofes nicht nur auf Rämpfe zu stoßen. Die englische Rechtspraxis zeigt zudem, daß Theoretiker, sondern auch auf Praftiter der völkerrechtlichen hervorragende Anwälte meist sich als gute Richter in den höchsten Stellen bewähren. Außerdem werden gerade Männer, die als Berater der Regierung feit einem Jahrzehnt neues Völkerrecht schaffen, vielleicht doch eher willens und mutig genug sein, die Rechtsprechung des Gerichtshofes auszudehnen und neues Recht zu schaffen, als solche, deren Beruf und Schulung es mit sich bringt, daß sie eher geltendes Recht interpretieren. Nicht ein Gerichtshof aus Profefforen. sondern eine Mischung aus vielseitiger Praris und theoretischer Ueberzeugung scheint deshalb für den Haager Gerichtshof und seine Souveränität über den Staaten das wünschenswerte zu sein.
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Was die diesmal in Frage stehenden Kandidaten anlangt, so find Bedenken aus der Vergangenheit nicht ohne weiteres von der Hand zu weisen. Aber es sind Bedenken, die im Grunde gegen alle sprechen, die heute im Völkerbund oder in den Delegationen mit Ausnahme derjenigen, die aus der nach Genf tätig sind Internationale des Sozialismus oder aus der pazifistischen Bewegung ſtammen. Wie die herrschende Mentalität min einmal ist, würde die Wahl dieser beiden Juristen in der internationalen Politik den Widerstand gegen die Anrufung des Gerichtshofes durch die großen Regierungen mindern daß er noch wesentlich häufiger erfolgt, hängt allerdings letzten Endes von der Macht und dem Willen der internationalen organisierten Arbeiterklasse in diesen Regierungen ab.
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Ein Hort der Hakenkreuzler.
Das preußische statistische Landesamt.
Der Präsident des preußischen statistischen Landesamts hat unseren Hinweis darauf, daß der im Zusammenhang mit der Bombenaffäre verhaftete Timm im stastischen Landesamt angestellt ist, und daß sich in diesem Amt ganze Rester von Hakenkreuzlern befinden, mit einer unwirschen Antwort in einer obskuren Mittagszeitung bedacht. Er weiß von nichts.
Es sollte ihm nicht unbekannt sein, daß im Jahre 1925 durch den Regierungsrat 3eterling ganze Gruppen von rechtsradikalen Angestellten in das Amt lanciert worden sind, daß seit dieser Zeit bis vor kurzem bei jedem Abbau mit Hilfe eines stramm ,, nationalen" Betriebsrates vorzugsweise diejenigen Arbeiter und Angestellten auf die Straße flogen, die nur im Geruch standen, Republikaner zu sein. Vielleicht liest der Herr Präsident einmal das Schreiben nach, das er am 3. Dezember 1925 durch besonderen Boten dem Zentralverband der Angestellten übermittelt hat.
Will der Präsident bestreiten, daß Bewerbungen mit dem Hinweis auf bestimmte Rechtsorganisationen beim Amte eingingen, und daß diese Hinweise genügten, um die Anstellung herbeizuführen? Gewiß, der Präsident mag das im einzelnen nicht gewußt haben, aber soll das Vertrauen der Hakenkreuzlerverbände zum Amt so von ungefähr gewesen sein?
In diesem Amt muß Austehr gehalten werden!