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BERLIN Dienstag 17.September 1929

Der Abend

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Nr. 436

B 217

46. Jahrgang.

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Katastrophe in der Schule.

Vierzig Kinder verunglückt, weil das Treppengeländer brach.

New York , 17. September.

In der alten jüdischen Schule des Stadtteiles Bronz ereignete sich gestern ein schweres Unglück, bei dem mehr als dreißig Kinder verlegt wurden.

In der Schule, einem alten Holzgebäude, war eine Filmschau für Jugendliche angesagt. Der Andrang war so start, daß fchließlich 500 wartende Kinder die Borhalle füllten und den Zugang sperrten. Als nun die Tür nach außen geöffnet werden sollte, wurden die in den Hinterreihen stehenden gegen die Treppen geländer gedrückt, die zusammenbrachen. Ueber dreißig Ainder stürzten etwa fünf Meter hinab. Biele wurden lebens gefährlich verlegt.

Dunkelheit vermehrte die Panit, in der noch eine große Anzahl weiterer Knaben und Mädchen Berletzungen davon­frugen.

Auch Hamfens gesteht!

Er wußte von den Attentaten.

Altona , 17. September.

Der im Zusammenhang mit den Sprengstoffanschlägen verhaftete Landvolkführer Wilhelm samkens hat seine Mitwisserschaft bei den Bombenanschlägen eingestanden. Die Zeitung Das Landvolk" hatte bisher jeden Zusammenhang zwischen Hamkens und ben Attentaten entschieden bestritten.

Die Liste der Ueberführten.

Die 21 in Alfona unter dem Berdacht der Beteiligung an den Sprengstoffattentaten inhaftierten Personen find in einem dem fahr­

Nachtschnellzug Rom - Florenz entgleift. planmäßigen Samburger Zuge angehängten Sonderwagen um

13 Personen verletzt.

Mailand , 17. September.

Der Nachtschnellzug Rom- Florenz ist im Bahnhof von Cortona infolge falscher Signalstellung in einen Güterzug hineingefahren. 10 Wagen und die Lokomotive ent­gleiffen. 7 Gülerwagen wurden vollständig zerfrümmert 10 Reisende, darunter der faschistische Parteisekretär von Florenz , haben Verletzungen erlitten, ebenso 3 Mann des Personals. Der Sachschaden ist bedeutend.

20 Todesopfer der Grube.

Man befürchtet neue Explosionen.

Saarbrüden, 17. September. Die Zahl der bei dem zweiten Explosionsunglüd auf der Grube Charles Getöteten hat sich nunmehr auf 13 et­höht, die der Berlegten beträgt 26; als vermißt find noch drei gemeldet. Man nimmt an, daß diese drei Bermißten ebenfalls getötet worden sind. Einschließlich derjenigen der ersten Katastrophe vom Sonntag sind bei den Explosionen ins­gesamt 20 personen getötet, worden, während die Gesamtzahl der vermißten 31 beträgt. Da man eine neue Eg­plosion befürchtet, ist es nicht möglich, die Aufräumungs­arbeiten genügend rasch zu fördern und die noch unter den Trümmern Befindlichen zu bergen. Das weite Grubengelände ist von Militär und Feuerwehr abgesperrt. Der Brand im Schacht scheint erloschen zu sein.

Doppelverbrechen bei Leipzig .

Ein Pianift erschossen, ein Mädchen vergewaltigt.

Ein furchtbares Doppelverbrechen, das von unaussprech licher Roheit des Täters zeugt, wird der Berliner Kriminal­polizei aus Leipzig gemeldet.

Dort hatten am Montag der Pianist Kurt Müller und ein ihm befreundetes junges Mädchen eine Radtour nach der Baalsdorfer Flur unternommen. Gegen Uhr lagerten sie an einem Feldrain. Ein unbekannt gebliebener Mann belauschte ihr Gespräch und stellte sie plöglich zur Rede. Als Müller fich sein Benehmen verbat, zog er einen Revolver, schoß dem Bianisten eine Rugel in den Kopf und verfette ihm außerdem einen Messerstich in die Brust Müller brach auf der Stelle tot zusammen. Das fliehende Mädchen verfolgte der Morder, holte es ein, schleppte es in ein Feld und tat ihm hier Gewalt an. Der Verbrecher, der entkommen ist, war etwa 23 bis 24 Jahre alt, 1,70-1,75 Meter groß, hatte blaffes Geficht mit vor. ftehenden Badentnochen, langes, schwarzes, struppiges Haar und trug dunklen Anzug und spiße braune Schuhe.

117 Tote an der Mandschurei - Grenze? Reuter brahtet aus uden, daß nach zuverlässigen Melbungen während der Be­Schießung der Stadt Sufenho am 9. September 117 3ivi listen getötet und noch mehr verwundet wurden. Truppen, die in gut geschüßten Stellungen untergebracht paren, hatten verhältnismäßig unbedeutende Berluste,

Die

12.45 Uhr hier eingetroffen. Sie wurden unter Bewachung einzeln aus dem Wagen geführt und in 21 Droschten nach dem Unter.

fuchungsgefängnis Moabit gebracht. Zu ihrer Abholung waren Be amte der Politischen Abteilung des Berliner Polizeipräsidiums nach Altona gefahren, und ebenfalls durch Beamte der Abteilung I A wurden sie hier in Empfang genommen. Ein starkes Aufgebot der Schußpolizei sorgte dafür, daß der Abtransport fich völlig reibungslos abspielte.

Es handelt sich um folgende Personen: Bolizeihauptmann a. D. Hans Nidels aus Heide , Redakteur Johannes Kühl aus Husum , Fauptschriftleiter Bruno von Salomon aus zehoe, Raufmann John Johnson aus Ihzehoe, Hofbefizer Amandus Bid jun. aus Rönne, Synditus Guido Weschte aus zehoe,

Neues aus Mussolinien.

Die faschistischen Parteisekretäre werden durch tönigliches Defret ernannt.

Bantbeamter Alfred Punjer aus Hamburg , Landwirt Klaus Heim aus St. Annen- Desterfeld, Landwirt Wilhelm Hamfens aus Tetenbüll , Student der Landwirtschaft Walter Muthmann aus Hamburg , Privatier Frizz Rehling aus Mülheim an der Ruhr , Kaufmann Kurt Rudorff aus Mülheim an der Ruhr , Konditor Anton Groß aus Mülheim an der Ruhr , Gastwirt Lothar Gengelazky aus Heide , Landwirt Amandus Vid sen. aus Rönne, Kaufmann Gustav Kurze aus Blankenese , Hofbefizer Johannes Scha de aus Kathen, Landwirt Alfred Matthes aus Izehoe, Landwirt Detlef Henning aus Defterfeld, Kraftfahrer Marcus Lorenz aus Itzehoe , Landwirt Walter Bohm aus Altona - Bahrenfeld .

Untersuchung benötigten Akten und Protokolle wurden nach Berlin Auch die in Berlin zur richterlichen Entscheidung und weiteren gebracht. Auch ein Teil der in Altona arbeitenden Berliner Beamten der Landeskriminalpolizei fehrte mit diesem Transport nach Berlin zurück. Ein Teil der Berliner Beamten bleibt jedoch in Altona , um die nötigen Abwicklungsarbeiten durchzuführen und etwa noch neue Recherchen zu machen.

Die Vernehmungen vor dem Bernehmungs richter im Polizeipräsidium wurden heute vormittag fortgesetzt, bis zur Mittagsstunde lagen aber noch keine neuen richterlichen Ent­scheidungen vor. Wie wir hören, sind diese erst im Laufe des Nach­mittags mit Rücksicht auf das umfangreiche Aftenmaterial zu

erwarten.

Der Rechtsanwalt des aus der Polizeihaft entlassenen Dr. Salinger teilt mit, daß Dr. Salinger, wie die polizeilichen Ermittlungen bestätigt haben, in feinem irgendwie gearteten Zu­sammenhang mit den Bombenattentaten gestanden habe oder stehe.

Schüßer der Pressefreiheit.

Entrüffung über den Entschluß der Regierung.

Die Freiheit der deutschen Presse ist bedroht durch die republikanische Regierung und die Deutschnationalen verteidigen fie. Das ist der neueste Film, der bei Hugenberg gedreht wird. Ein Anschlag auf die Pressefreiheit. Seine amt­lichen Inferate für die Gegner der Stresemann- Politit" lautet der Alarmruf des Tag".

Um mas handelt es sich? Darum, endlich einmal mit dem standalösen Unfug aufzuhören, daß Behörden der Republik die Feinde der Republik finanziell unterstützen.

Was wäre wohl mit einem föniglich preußischen Landrat ge­schehen, wenn er seine amtlichen Kundgebungen im Inseratenteil eines sozialdemokratischen Blattes veröffentlicht hätte? Wahrscheinlich hätte man ihn zunächst gar nicht diszipliniert sondern ihn erst in eine geschlossene Anstalt gebracht, um ihn auf seinen Geisteszustand untersuchen zu lassen!

Die Kaiserzeit tennt feinen einzigen Fall dieser Art.

Die Hugenberg- Preffe tut so, als sei nicht flar, wer durch die neuen Richtlinien der Regierung getroffen werden soll und wo die Grenzen seien. Aber uns scheint das vollkommen flar.

Nehmen wir z. B. einen Fall aus allerneuester Zeit. Eine Kette von Bombenanschlägen hat tiefgehende Beunruhigung her­vorgerufen. Der Polizei gelingt es, die Verschwörung aufzudecken. Dafür wird in gewissen Zeitungen täglich in der schamlosesten Weise gegen sie gehegt. Sollen etwa folche Zeitungen noch von den Behörden mit Inseraten belohnt werden?

Blätter, die sich bei der Behandlung der Bombenaffäre etma der Donart der Hugenberg- Presse befleißigen auch noch mit behördlichen Inseraten zu belohnen, das wäre in der Tat ein Ber­gehen gegen den Staat.

Und solche Bergehen zu verhindern, darauf fommt es an!

Neue Kämpfe in Afghanistan . Die Hauptstadt des südlicheit Afghanistan , Kandahar , ist von den Streitkräften des Stammes Durani ohne Schwertstreich besetzt worden, Es wird vermute:, daß die Durani sich dem Onkel des ehemaligen Königs Amanullah , Nadir Khan , angeschlossen haben.