Donnerstag 19. September
= Der Abend=
1929
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Spalausgabe des„ Vorwärts
66
46. Jahrgang.
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Die Krise in Desterreich.
Besprechung der Sozialisten mit dem Vizekanzler.
Wien , 19. September, 11 Uhr.( Eigenbericht.) Zurzeit sind die Führer der Sozialdemokratischen Partei beim Vizekanzler Schumpy als dem Chef des Sicherheitswesens und der inneren Verwaltung.
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dürfen die Heimwehrleute – die gewöhnlich 5 Schilling Sozialistische
für jeden Aufmarsch erhalten zu ihrer Kundgebung am 21. b. M. auf dem Heldenplatz an der ehemaligen Hof. burg in geschlossenen Zügen weder an noch abmarschieren. Sie müssen den Weg einzeln oder höchstens in kleinen Gruppen zurücklegen, die Polizei wird bedacht sein, Zu sammenstöße zu vermeiden. Die Sozialdemokratische Bartei warnt ihre Mitglieder vor allen Inbesonnenheiten und Einzelaktionen. Solche Heimwehrversammlungen hat es in Wien schon mehrfach gegeben, ohne daß dabei etwas passiert wäre.
Die Kundgebungen der Heimwehr in Niederösterreich am 29. d. M. erfolgen in vier weit auseinanderliegenden, zum Teil sehr weit von Wien entfernten Städten. Die Gefahr liegt besonders darin, daß auf Gerüchte von Exzessen in einem dieser Orte anderswo Erregung her. vorgerufen wird, die bei irgendeinem Anlaß ausbrechen fann.
Wiener Regierung gegen Putschdrohung Kein Grund zur Beunruhigung"
Aufbauarbeit
Ein neuer Wohnhausblock mit Kinderheim, von der Gemeinde Wien Am Erd berg " errichtet, gehört zu den .marxistischen Leistungen, die durch den HeimwehrPulsch befeiligt werden follen.
Fünfzehn Haftbefehle.
Aber sechs Verdächtige freigelaffen.
Wien , 19. September. Die Mittagsblätter melden zu der bekannten Angelegenheit des Artikels Cette Warnung" als Ergebnis von Erkundigungen am Ballhausplah, die Regierung vertrete nach wie vor den Standpunkt, die Lösung der krise müsse auf parlamentarifchem Wege gesucht und gefunden werden. Ein Grund zur Von den aus Altona hierher gebrachten, in der Beunruhigung sei um so weniger vorhanden, als die Regierung die Sprengstoffangelegenheit beschuldigten 21 Personen, die Machtmittel des Staates, Bundesheer , Polizei und Gendarmerie, im Laufe des gestrigen Tages von dem Untersuchungsfest in Händen habe und jeden Versuch eines Umiffurzes, von richter, Landgerichtsdirektor Majur, sämtlich vernommen welcher Seite immer er kommen sollte, entgegentreten werde. worden sind, wurde gegen 15 Saftbefehl er.
Antwort an die Faschisten.
lassen. Aus der Haft entlassen wurden außer den beiden Hofbefizern Amandus Vick, Vater und Sohn, der Chauffeur Lorenz, Redakteur Kühl, Kaufmann Kurze und Hofbesiker Schade.
Die in Berlin verhafteten Mitglieder der sogenannten Timm Gruppe, gegen die bereits Haftbefehl des Vernehmungsrichters vorliegt, werden heute oder morgen vernommen werden.
Wien , 19. September. ( Eigenbericht.) Die Arbeiter- Zeitung " schreibt in ihrer heutigen Ausgabe zu der neuen Heimwehrdrohung:„ Das erste Wort gebührt eigentlich der Regierung, die Verfassungstreue gelobt hat und die der ausländischen Oeffentlichkeit ihr Wort dafür verpfändete, daß die Staatsgewalt die verfassungsmäßige Ordnung zu schützen willens fei. Hätte die Regierung den Mut, zu dem ihr Amt fie verpflichtet, dann würden noch heute Steidle und Pfriemer Die Entlaffung der sechs Genannten erfolgte, weil als Hochverräter verhaftet, die Heimwehren auf- rein dringender Fluchtverdacht vorlag, jedoch gelöst und die Aufmarsche als Vorbereitung zum Hodyverrat verboten. Aber alles das wird nicht geschehen, wie wir die Herren tennen. Das Ultimatum der Heimwehren richtet sich an die bürhaben. Jeht müffen sie endlich Farbe bekennen." Die ArbeiterZeitung" wendet sich darauf an die Arbeifer und an alle ehrlichen Republikaner. Vor allem ift Besonnenheit notwendig und Disziplin. Keinen voreiligen Schrift! Wir dürfen nicht schwanken und dürfen der Staatsgewalt nicht den Vorwand bieten, daß die Arbeiter den Kampf angefangen hätten. Gewehr bei Fuß, bis die Faschisten mit dem Angriff beginnen. Dann follen fie uns fennen lernen. Wenn ein rechtswidriger Angriff auf die Verfassung gewagt wird Berfaffung verteidigen. Wenn man uns angreift, gibt es einen Kampf auf Leben und Tod."
gerlichen Barfeien, die bisher ein zweldeufiges Splet geftleben Einberufung des Reichstags.
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dann werden wir die
Die Reichspost"( christlichsozial) bezeichnet den Heimwehraufruf als den dynamischen Ausdruck einer Bewegung, die im Vorwärtsdringen begriffen sei, und schon im Sturm ihr Ziel erreichen möchte. Das Blait meint, man müsse die Vorlagen der Re gierung erst ab warten und dann trachten mit legalen Mitteln den Widerstand der Sozialdemokraten zu bekämpfen. Die„ Neue Freie Presse"( liberal) sagt, die Bevölkerung dürfe wohl polles Vertrauen in die Ordnungsgewalt der ( Siehe auch 2. Seite.)
Bum 30. September.
Das Reichskabinett beschloß, den Aeltesten rat des Reichstags in seiner morgigen Sigung zu errat des Reichstags in seiner morgigen Sigung zu er suchen, die Einberufung des Reichstags zum 30. d. M. zur Erledigung des Gesetzes über die Reform der Arbeitslosenversicherung zu veranlassen.
ist der Tatverdacht gegen sie keineswegs entfräftet und die Ermittlungen werden fortgefekt. Hofbesitzer Schade und Chauffeur Lorenz find in Jhehoe bereits ein. getroffen.
Haftbefehl ist erlassen worden gegen Polizeihauptmann a. D. Sans Ridels aus Heide , Hauptschriftleiter Bruno v. Salomon aus Thehoe, Raufmann John Johnson aus Ihehoe, Syndikus Guido Befchle aus Ihehoe, Bantbeamter Alfred Bünjer aus Famburg, Landwirt Claus Heim aus St. Annen- Desterfeld, Landwirt Wilhelm Hamtens aus Tetenbüll , Student der Landwirtschaft Walter Muthmann aus Hamburg , Brivatier Frig Rehling aus Mülheim a. d. Ruhr, Kaufmann Kurt Rudorff aus Mülheim a. d. Ruhr, Konditor Anton Groß aus Mülheim an der Ruhr , Gastwirt Lothar Gengelazfy aus Heide , Landwirt
Alfred Matthes aus Ihehoe, Landwirt Detlef Henning aus Desterfeld und Landwirt Walter Bohm aus Altona - Bahrenfeld . Die in Berlin bereits verhafteten Leute( Timm- Gruppe) werden im Laufe des Tages oder morgen vernommen werden. Gegen sie
liegen bereits Haftbefehle des Vernehmungsrichters vor.
Aber sie fann noch nichts feststellen.
Das Reichswehrministerium ist nun auch überzeugt von der Tatsache, daß der Brief an Weschte, der ursprünglich Janjen gezeichnet sein sollte, von dem bei der Reichswehr in Lübed auf Jäschte stammt. Die Untersuchung darüber hat bis jetzt noch Zivildienstvertrag angestellten Oberstleutnant a. D. tein Ergebnis geliefert. Was diese Zivilangefiellten überhaupt betrifft, so wird gefagt, fie seien zur Berrichtung von Bureauarbeiten bestimmt und um die Möglichkeit zu schaffen,
affive Offiziere für den Truppendienst freizumachen.
Zur Angelegenheit des Zivilangestellten Bender, der als Polizeihauptmann in Magdeburg abgefekt wurde, weil er in Hakenkreuzlerverfammlungen die wüsteffen Schimpfereien auf den preußischen Innenminiffer betlatscht hat, erklärt das Reichswehrministerium, erst vor furzem von diesem Vorleben des Herrn Bender erfahren und darauf angeordnet zu haben, daß diese Angaben nachgeprüft werden. Sollten sie zutreffen, so würde Herr Bender selbstverständlich wieder aus dem Vertragsdienst entfernt werden. Das Reichswehrminifterium scheint sich jedoch nicht auch für die Frage zu intereffieren, wie es möglich ist, daß dieser Bender auf Empfehlung des„ Majors" von Gaza angestellt wird, ohne daß man fich um sein Vorleben und besonders um den Grund seines Ausscheidens aus dem Staatsdienst gekümmert hat..
Der Generalinspektor der Forsten erschossen. Athen , 19. September. ( Eigenbericht.) Ein vor einem Jahre wegen Unregelmäßigkeiten im Dienst entlaffener 26jähriger Forstauffe her lauerte den Generalinspettor der Forsten nachmittags vor dem Landwirtschaftsminifterium auf und tötete ihn nach einem turzen Wortwechsel durch zwei Herzschüsse. Der Täter wurde festgenommen. Angeblich fah er fich zu der Tat veranlaßt, weil der Generalinspektor eine Auseinandersehung mit ihm ablehnte.