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Borkämpfer der Rechtsopposition. Er fritisierte im engeren Kreise die Wirtschaftspolitik der Sowjetregierung und oppo. nierte gegen die von der Rechtsoppofition als überſtürzt ange­sehenen Industrialisierungspläne. Die Gesinnung Frumfins blieb nicht verborgen, besonders nachdem er

in einem Brief an das Zentralfomitee der Kommunistischen Partei feinem Tadel der Agrarpolitik der Sowjetregierung sehr deuflichen Ausdrud verliehen hatte.

Ser ganze Text dieses Schreibens ist zwar nie bekanntgegeben worden, wohl aber wurden einzelne Stellen von der Sowjetpreffe zum Zweck der Polemik veröffentlicht. Frumkins Stellung wurde unhaltbar und es tauchten schon Gerüchte derart auf, daß die von der Sowjetregierung befämpften Kulaken in Frumkin ,, ihren Mann" erblickten. Die nunmehr erfolgte Amtsenthebang war mur eine Frage der Zeit.

Gittliches Pathos...

... und sehr bedenkliches Deutsch!

Der Landtagsabgeordnete Jacoby Raffauf( 3.) lenti ourch folgende Kleine Anfrage  " die öffentliche Aufmerkſamfeit auf sich:

Auf der Insel Namedy bei Andernach   am Rhein  find 2000 Kinder untergebracht unter der Leitung des Herrn Dr. Löwenstein.

Die Kinder beiderlei Geschlechts im Alter bis 14 Jahren nd älter wohnen, schlafen und baden zusammen. Mit roten Fahnen, singend: ,, Wir brauchen feinen Gott", ziehen dieselben umber. Diese Unterkunft und das Berhalten haben bei der rheinischen Bevölkerung große Entrüstung hervorgerufen und lehnt diese Art Kultur ab, welche besser nach Moskau   als am Rhein   paßt. Die rheinische Bevölkerung hält fest an der christlichen Kultur und legt Wert darauf, daß uch ihre Jugend von diefer(!) Kulturart verschont leibt.(!!) Trogdem Dr. Löwenstein nach. Pressenachrichten rflärt haben foll, in Berlin   sei es noch viel schlimmer. Auch soll iefe Kinderrepubli? vom Staat und Reich Zuschüsse erhalten aben.

Ich frage:

Was gedenkt denn das Staatsministerium zu tun, um diese Mißstände für nächstens abstellen zu lassen?

Ein anderer Abgeordneter soll daraufhin eine Anfrage an die Regierung gerichtet haben, ob die Schulverhältnisse am Rhein   sich seit der Schülerzeit des Abg. Jacoby- Raffauf gebessert hätten?

Seltsame Begrüßung.

Die Deutsche Allgemeine Zeitung" widmet der Düsseldorfer  Tagung des Reichsverbandes der Deutschen Industrie eine Be grüßungsbeilage, die quer über das ganze Blatt die lleberschrift

trägt:

Schluß mit der Zerstörung der Wirtschaft! Zehn Jahre Reichsverband der Deutschen Industrie  .

Das scheint uns doch das Unfreundlichste zu. sein, was sei! langer Zeit über den Reichsverband der Deutschen Industrie   gefagt worden ist!

Gewerkschaftskongreß in Frankreich  .

Sozialpolitische Forderungen.

Paris  , 20. September.  ( Eigenbericht.) Der Kongreß des sozialistischen Gewerkschaftsbundes( CGT  ) nahm am Donnerstag eine Entschließung an, in der die vollständige und loyale Infraftsehung des im Frühjahr vom Parlament genehmigten neuen Sozialgelegen verlangt wird.

In einer anderen Entschließung wurde die Neuorganisa tion des Krantentaffenwesens nach den modernen Gefichtspunkten der Selbstverwaltung verlangt. Eine dritte Ent­schließung fordert die sofortige Erledigung des schon seit längerer Zeit dem Parlament vorliegenden Gesezes über die Arbeits. ferien, die den Arbeitern eben so mie den Angestellten und Be­amten gewährt werden müßten.

Gleichzeitig wird verlangt, daß diejenigen Unternehmer, die nur Saifonarbeiter beschäftigen, eine entsprechende Abfindung in eine besondere Kaffe zahlen.

Der Streit um die Musiftantiemen.

Der in der Deffentlichkeit viel besprochene Meiftbegünstigungs­vertrag zwischen Reichstartell der Musikveranstalter und Genoffen schaft Deutscher Tonfeßzer, der der Vereinheitlichung des musikalischen Aufführungsschutes dienen soll, war von der Gema in einem Brozeß angefochten worden, mit dem Antrage, diesen Vertrag als nichtig zu erklären und der Gema einen Schadenersatz, den sie vorläufig mit 200 000 Mart bemessen hatte, zuzusprechen. Die Gema hatte be­hauptet, die Tendenz dieses Meistbegünstigungsvertrages bedeute den wirtschaftlichen Ruin der Gema und der mit ihr verbündeten öfterreichischen Autorengesellschaft.

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Diese Klage ist von der Urheberrechtskammer des Landgerichts 1 ( Landgerichtsdirektor Weigert) im ersten Termin tostenpflichtig ab gewiesen worden. Soeben geht vom Kammergericht die Nachricht ein, daß diefes Urteil rechtsträftig geworden ist. Damit ist die Rechtsgültigkeit des Meistbegünstigungsvertrages, der für die Aus­gestaltung des Tantiemerechtes von grundlegender Bedeutung ist,

anerkannt worden.

Das Drama von Olmüh. Der nun Erschlagene hatte sein Kind fahrlässig getötet. Prag  , 20. September.

Fünfzig Jahre Reichsgericht.

Am 1. Oktober 1929 feiert das Reichsgericht in Leipzig   fein 50 jähriges Jubiläum, Unser Bild zeigt die fieben Präsidenten des Reichsgerichts im Laufe feines Bestehens: Simson, v. Oehlschläger, Gutbrod, v. Seckendorf, Delbrück  , Simons und-seit April dieses Jahres- Dr. Bumke.

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Beruhigende Wiener Stimmen.

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Bankpräsident und Bürgermeister.

Wien  , 20. September.  ( EP.)

Nach dem gestrigen Tage der wilden und unkontrollierbaren Ge­rüchte hat die Beurteilung der innerpolitischen Lage eine Wendung zum Besseren erfahren. So gibt Dr. Reisch, der Präsident der Nationalbant, in der Neuen Freien Presse" seinem Erstaunen und seiner Entrüstung über die Gerüchtemacherei Ausdruck. Wenn es je zu einem Umsturzversuch tommen sollte, würden sich auch in Desterreich die bestehenden staatlichen Einrichtungen als ausreichend erweisen, um jede Gewalttat zum Schei. tern zu bringen. Alle Gerüchte von drohenden Bankzusammen­brüchen und Gefährdung der Währung entbehrten jeder Grundlage. - Angstverläufe von Wertpapieren, deren Kurs dadurch gedrüdt wurde, hatte Vizekanzler Schumy im Ausschuß des Nationalrats bedauernd zugegeben.

Rechte schaffe und zu einer sachgemäßen Brüfung der wirtschaftlichen Gesegesvorlagen, sowie zur allgemeinen Abrüstung bereit sei. Das alles müsse sich aber nach dem Gesetz der Demokratie vollziehen. Die Arbeiterschaft sei jedoch auch bereit, die Demokratie und ihre Verfassung gegen jede Gewalttat, wie immer sie beschaffen fei, jeden Butsch und Staatsstreich zu verteidigen.

Die Schreier blödeln weiter.

Wien  , 20. September.

Die Pressestelle der Selbstschutzverbände schreibt. Berbände, die forporativ beitreten wollen, sollten sich zweckmäßig dem neu­gegründeten Heimatbund und nicht der Heimwehr als einer reinen Kampforganisation anschließen. Der Augenblid erfordere die Ver= stärkung des Drucks aller Wirtschaftskreise und der ganzen vaterländisch denkenden Bevölkerung auf die antimargiftischen

Zu einer anderen bemerkenswerten Rundgebung gestaltete sich Parteien, schnell und entschlossen einen grundlegenden Systemwechsel eine

Rede des Bürgermeisters Seih

in einer der vielen sozialistischen   Maffenversammlungen. Seine Ausführungen gipfelten in der Erklärung, daß die Sozialdemokratie zu jeder vernünftigen Berfaffungsänderung, die nicht ungleiche

herbeizuführen, um das Bolt vor dem Kriegszustand(!) zwischen der bodenständigen Bevölkerung und einer gewalt­tätigen Don voitsfremden Führern irregeleiteten margistischen Minderheit zu befreien. Die Zeit des Organi fierens großer Maffen in Kampfverbänden fei vorüber, die Zeit des Handelns sei gelommen,

Frische Luft tut doch not!

Eine Berichtigung und eine Antwort.

Wir berichteten am 15. September über gewiffe un­haltbare Zustände in der Justizverwaltung. Die 3uftispreffeftelle Berlin   fendet uns diese Be­

richtigung:

" Der in Nr. 433 des Vorwärts" vom 15. September d. S. erschienene Artikel Frische Luft tut not!" enthält eine Reihe Don Unrichtigteiten. Angesichts der schweren Angriffe, die in dem Artikel gegen die Berwaltung des Amtsgerichts Mitte erhoben wer den, bitte ich um Aufnahme folgender Berichtigung:" Auf die Ent­

GLOBA

JustizangestellterKern auf der Anklagebank Aus dem Abend" vom 19. März 1928.

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lassung von Angestellten haben weder Justizsekretäre, noch Justiz inspettoren im allgemeinen Einfluß, noch in dem besonderen Fall R. Einfluß gehabt. Politische Parteizugehörigkeiten der Angestellten und Beamten find weder bekannt, noch werden fie in irgendwelcher Hinsicht beachtet. R. ist wegen Abbaus von Kräften entlassen wor­den, da er an allen Dienststellen, in denen er beschäftigt wurde, den zu stellenden Anforderungen nicht voll genügte. Im übrigen hat. ungeachtet des geringfügigen Schuldbetrages es dazu kommen lassen, daß gegen ihn Haftbefehl zur Erzwingung des Offenbarungseides erging und er in das Schuldnerverzeichnis eingetragen wurde. Der Angestelltenrat ist gehört, Einspruch gegen die Entlaffung iſt nicht erhoben. Kern ist nicht rechtsfräftig verurteilt, vielmehr ist burch Beschluß des Landgerichts II   in Berlin   das Verfahren gegen ihn gemäߧ 2 Abs. 1, 3 des Reichsgefeges über die Straffreiheit vom 14. Juli 1928 eingestellt worden. Da seine dienstlichen Leiſtun­gen den Durchschnitt überragen, kam deshalb seine Entlassung nicht in Frage; zur Gehaltsentziehung während der Untersuchungsdauer waren gefeßliche Unterlagen nicht vorhanden." Wir erwidern: Wir danken dem Amtsgericht Mitte für die

Leichtfertige Anschuldigungen.

Unschuldig der Brandstiftung bezichtigt

In einem bürgerlichen Berliner Abendblatt wird in sensationeller Aufmachung von der Unschädlichmachung eines Brandstifters, der in der letzten Zeit in fünfzehn Fällen vor­säglich Feuer gelegt haben soll, berichtet. Es sollte sich um den 25jährigen Tischler Friz K. aus Johannisthal   handeln, der Mitglied der freiwilligen Ortsfeuerwehr ist.

Zu dem aufsehenerregenden Totschlag auf dem Hofe des Olmüßer Gefängnisses berichtet ein Lokalblatt: Der 32jährige Norbert Böhm aus Steiermart und die 25jährige Grete Steindl aus Tirol, die beim Photographieren des Bahnhofs Mährisch- Neu­stadt und ohne Bässe angetroffen und verhaftet wurden, hatten einige Zechprellereien verübt. Nachdem das Paar ins Gefängnis eingeliefert worden war, tam ein Auslieferungsbegehren der österreichischen   Behörden mit dem Ersuchen, Böhm, der in Graz  regen fahrlässiger Tötung zu sechs Monaten schweren Rerters verurteilt worden war, zu übergeben. Böhm hatte durch unvorsichtiges Fallenlaffen eines Waffertruges ein Kind, das ihm die Steindl geboren hatte, getötet. Die Untersuchung wegen Spionage geftaltete sich überaus schleppend. Die Aften Böhm Steinbf wanderten monatelang von einem Amt zum anderen, und so mußte das Paar die unverhältnismäßig lange Untersuchungsamten des Branddezernats eingehend verhört. Es stellte sich dabei haft erdulden. Gegen den Fleischergehilfen Rudolf, der den Böhm erschlagen hat, wurde das Strafverfahren eingeleitet.

Diese schweren Beschuldigungen haben sich, mie mir inzwischen ermitteln fonnten, als völlig haltlos erwiesen. Richtig an der ganzen Angelegenheit ist lediglich die Tatsache, daß gegen K. der Berdacht ausgesprochen worden war, daß er bei einigen Bränden, die in letzter Zeit in Johannisthal   und der näheren Um­gegend ausbrachen, selbst das Feuer angelegt habe. R. murde daraufhin von der Kriminalpolizei festgenommen und von Be­heraus, daß die gegen ihn erhobenen Beschuldigungen ganz hinfällig sind. Dem jungen Mann gelang es sogar in mehreren Fällen, sein

Belehrung, daß auf die Entlaffung von Angestellten weder Juftiz fefretäre noch Juſtizinspektoren Einfluß haben. Disse Belehrung war aber unnötig, das mußten wir schon. Daß aber Justizfekretäre und Juftizinspektoren auf die Ausfüllung von Führungszeug nissen Einfluß haben, ist uns gleichfalls bekannt. Auch kennen wir, vielleicht nicht ganz so gut wie das Amtsgericht Mitte, ga feßliche Bestimmungen. Wir wissen zum Beispiel, daß der Offenbarungseid nicht ins Strafregister eingetragen wird. Der Herr Direktor des Amtsgerichts Mitte wird uns barin zu­stimmen, daß über den Offenbarungseid nicht im Reichsstrafgeset buch, sondern im Bürgerlichen Gesezbuch bestimmt wird. Weiter werden die Herren vom Amtsgericht Mitte im zweiten oder dritten Semester gelesen haben, daß im§ 259 BGB. steht: In Angelegenheiten von geringer Bedeutung besteht eine Berpflichtung zur Leistung des Offenbarungseides nicht." Rund 20 M. find ge= wiß von geringer Bedeutung.

R..hat nach der Berichtigung den dienstlichen Ansprüchen nicht genügt. Wir wären dem Amtsgericht Mitte dankbar, wenn diese Behauptung attentunbig burch Führungszeugnisse belegte. Herr Kern muß gegenüber Herrn R. ein ganz beson ders tüchtiger Beamter sein, ein Mann von hervor ragender Qualität. Um 12 Uhr am 16. April 1928 hat ein deutsches Gericht gegen ihn

wegen gemeinschaftlicher Körperverlegung zwei Monate Gefängnis

verhängt. In der Urteilsbegründung führte der Borsitzende aus, daß bei dem lleberfall auf die kommunistische Musikkapelle das ungeheuerlich brutale Borgehen der Nationalsozialisten befonders hätte berücksichtigt werden müssen. Das Amtsgericht Mitte hat voll tommen recht, wenn es schreibt, daß dies Urteil nicht rechts­fräftig geworden sei: Durch das Amnestiegesetz der Regierung Hermann Müller   gemäߧ 2 Abs. 1, 3 des Reichsgesetzes err Kern über die Straffreiheit vom 14. Juli 1928" hat Herr Kern feinen Knast nicht absitzen müssen.

Er ist deshalb für eine Beschäftigung in der Juftizverwaltung anscheinend ganz besonders geeignet.

Ein Mann, der auf Grund einer Amnestie eine Strafe wegen Körperverletzung nicht abzufigen brauchte, muß bleiben, wei! er über besondere dienstliche Fähigkeiten verfügt. Ein Mann, der zum Offenbarungseid, einer Handlung, die mit dem Strafgesetzbuch nicht das geringste zu tun hat, geladen wurde, fliegt.

Alibi einwandfrei zu erbringen. Jedenfalls wurde teine Schuld an ihm gefunden und R. fonnte fofort wieder auf freien Fußge fegt werden.

Welche Veranlaffung man gehabt haben kann, den jungen Mann eines so schweren Verbrechens zu bezichtigen, wird noch fest­zustellen sein.

Eine Aufführung der freigeiffig- parodistischen Revue: Es werde Licht!" findet heute, Freitag, den 20. September, 7% Uhr, in Reinickendorf  , Schüßenhaus, Hauptstraße 1, statt. Der Eintritt ist frei. Die Mitglieder des Verbandes für Freidenfertum und Feuer­bestattung in Reinickendorf   werden gebeten, die Veranstaltung zu besuchen.

Nieder mit dem Faschismus! Unter diefem Ruf flüchteten in Cannes  ( französische   Riviera) einige Italiener, nachdem sie einen hotelbesiger, der als Fojet ekannt war, niedergeschossen hatten.

Bolt und Zeit", unsere illustrierte Wochenschrift, liegt der heutigen Postauflage bei.