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Der Reichskanzler zur Lage.

Eine Erklärung Hermann Müllers.

Reichskanzler Hermann Müller hat vor seiner Rückreise nach Berlin dem Chefredakteur der ,, Neuen Badischen Landeszeitung" die folgende Erklärung zur innerpolitischen Lage abgegeben:

,, Die wichtigste Aufgabe der am 30. September beginnenden außerordentlichen Tagung des Reichstags ist die Erledigung der Gefeßentwürfe zur Aenderung des Gesezes über die Versiche rung der Erwerbslosen. Mit Recht drängt die Leitung der Arbeitslosenversicherungs- Anstalt auf eine rasche Erledigung dieser Gefeßentwürfe. Der Winter, der eine Steigerung der Zahl der Erwerbslosen bringen wird, steht vor der Tür. Das Arbeitslosen. Bersicherungsgesetz wurde auf Grund von falschen Schäzun gen unter der vorhergehenden Regierung verabschiedet. Man rechnete damals den Jahresdurchschnitt mit 800 000( achthundert­tausend) Erwerbslosen, während der im Sommer von der Regierung eingesetzte Sachverständigenausschuß von einer durchschnittlichen Zahl Don 1 100 000 Erwerbslosen ausgeht. Das Gesez hat seine soziale und seine finanzielle Seite. Die zu lösende Aufgabe besteht darin, für alle berechtigten sozialen Anforderun gen die finanzielle Dedung zu schaffen. Das verlangt eine ordentliche Etatwirtschaft.

Nach meiner Rückkehr nach Berlin werde ich den Versuch machen, die in der Regierung vertretenen Parteien auf einer gemeinsamen Basis zu einigen. Nach den bisher m Berlin mit den Parteien geführten Verhandlungen wird das nicht leicht sein, weil die Parteiwünsche noch sehr weit auseinander gehen. Ich hege trotzdem die Erwartung, daß die Verhandlungen einen gangbaren Ausweg eröffnen.

W

Ende Oktober hat der Reichstag eine Reihe Gesetze zu vers abschieden, die auf dem Young Plan fußen, und ohne deren Erledigung die baldige Befreiung der besetzten Gebiete nicht erfolgen würde.

Vor dem Kriege hörten wir oft, daß das deutsche Bolt im Grunde ein unpolitisches Volt sei. Wenn es vor der Erledigung diefer außenpolitisch und auch innenpolitisch so überaus wichtigen Gesetzentwürfe infolge der Haltung der Parteien etwa gar zu einer Regierungstrise fäme, so würde mit Recht die Frage auf­geworfen werden, ob das deutsche Bolt nach dem Kriege denn auf­gehört hat, ein unpolitisches Bolt zu sein. Die erwählten Bertreter des deutschen Volkes sollten das bedenken."

Kompromißverhandlungen.

Köln , 25. September.

Die Kölnische Zeitung " macht in ihrer heutigen Borabend Ausgabe in einem Berliner Telegramm Mitteilung von Berhand­lungen, die zwischen Vertretern der Sozialdemokraten, des Zentrums und der Demokraten über ein neues Kompromiß in der Arbeitslosenfrage geführt worden feien. Es wird hinzugefügt, es handele sich hierbei nicht um ausdrücklich bevoll­mächtigte Persönlichkeiten der genannten Frattionen. Der 3med der Beratungen sei gewesen, der Deutschen Boltspartei einen gemeinsamen Entwurf der brei genannten Roalitionsparteien vorzulegen. Der Entwurf der Reichsregierung soll mit zwei Einschränkungen angenom men werden, nämlich Anwendbarkeit der verlängerten Bartezeit nur auf jugendliche alleinstehende Arbeitslose unter 21 Jahren und Unrechnung der Sozialrenten auf die Arbeitslofenrenten erſt

von 30, nicht von 20 Mart an.

Das auf 1% Jahre befristete Sondergefeg foll mit folgen den Abänderungen angenommen werden: Die im Hauptgefeß enthaltenen einschränkenden Bestimmungen über die Saisonarbeiter unterstügung werden in das Sondergesetz aufgenommen. Die Gleichstellung jugendlicher Lediger mit den Saison. arbeitern sowie die Berlängerung der Bartezeit für Saifonarbeiter auf drei Wochen werden gestrichen. Der im Reichsratstompromiß vorgesehene Sonderbeitrag des Bau­gewerbes in Höhe von 1 Broz. foll fortfallen. Das finanzielle Ergebnis diefes Kompromisses wird dahin gekennzeichnet, daß statt der 109 Millionen Mart Ersparnis in der veränderten Regierungs. vorlage nur 60 bis 70 Millionen Ersparnisse erzielt werden. Nach dieser Lösung würde ein Fehlbertag von 70 bis 80 Millionen Mark

im Jahr ungedeckt bleiben.

Das rheinische Blatt bezweifelt, daß dieser Betrag durch Be feitigung von Mißständen auf dem Berwaltungswege eingespart merben fann. Das Blatt ist der Ueberzeugung, daß die Bolts partei ein solches Rompromiß nicht annehmen wird.

Eine Falschmeldung!

Eine demokratische Rorrespondenz verbreitet die Mittei Tung, daß der Reichsarbeitsminister vom Reichsfinanzminister

JL

ategine

3m Sportpalast.

SELOTE

HUGENBERG

Od: bbis a

Geldte und Hugenberg sprechen zu ihren Anhängern.

Gefängnis für Duellanten.

Studentische Bestimmungsmenfuren sollen nach dem Gesetz verfolgt werden.

Der Strafgefeßausschuß des Reichstages setzte gestern die Be- auf dem Standpunkt, daß ihre Ehre etwas so großes fei, daß ihre ratungen der Duell- Paragraphen fort.

Genosse Dr. Rosenfeld( Soz.)

widerlegte die Behauptung des Abg. Hergt, daß in der taiserlichen Zeit die Ehrengerichte, beren Mitglieder nach dem Gefeßentwurf straflos fein sollen, dem Duell- Unwesen entgegengewirkt hätten. Nach der damals geltenden faiserlichen Verordnung von 1874 hätte der die Standessitte zuließ, andernfalls habe der Ehrenrat also nicht ein­Ehrenrat nur dann einen Sühneversuch zu machen gehabt, wenn es mal einen Sühneversuch machen müssen. Der Abgeordnete Hergt habe ferner behauptet, daß bei Beleidigungen der Rechtsschutz oft nicht ausreiche und deshalb der Weg des Duells offenstehen müsse.

Wenn es dem Abgeordneten Hergt ernst sei mit der Verschärfung der Strafe gegen diejenigen, die Beleidigungen oder Beschimp­fungen begangen hätten, so würden die Beratungen des Republif­fchußgefehes die beste Gelegenheit sein, dieser Auffaffung zu folgen. Da würden dann die Deutschnationalen alles tun tönnen, um Ber­Schärfungen des Gesezes herbeizuführen. Die Schlägermenfuren der Studenten müßten strafbar sein und auch verfolgt werden. Das Reichswehrministerium möge darüber Auskunft geben, wie es in der Reichswehr mit dem Duell stände. Auf jeden Fall fei das fortbeſtehen und die Anerkennung von Zweifämpfen mit der demokratischen Staatsverfassung nicht vereinbar, nach welcher alle Deutschen vor dem Gesetz gleich feien und öffentlich- rechtliche Vorrechte der Geburt oder des Standes nicht mehr beständen. Die sozial demokratische Frattion sei mit ihren Anträgen nicht soweit gegangen wie der schwedische Strafgesezentwurf, der sogar Zuchthausstrafe von fechs bis acht Jahren androhe.

im faiserlichen Deutschland durchgeführt worden sei. Bon einer Abg. Dr. Hergt erwiderte, daß der Abbau des Duellwesens schon Brivilegierung einer bestimmten Raste tönne heute nicht mehr die Rede sein, da der Zweikampf mit Gefängnis bestraft werden solle. Ein Vertreter des Reichswehrminifteriums erflärt, daß die Zweifämpfe in der Reichswehr verboten seien und auch nicht mehr vorfämen. Lediglich vor mehreren Jahren habe sich ein einziger Fall in der Marine ereignet, der eine Bestrafung der Betei­ligten und Entlassung zur Folge gehabt habe.

Ministerialdirektor Schäfer erwiderte auf die Frage des Genossen Rosenfeld , daß bei einem wirklichen Duell die Behörde ihre Pflicht täte, bei den studentischen Mensuren würden zweifelos nur ein Teil verfolgt. Bas bezüglich dieser Menfuren vom Reichsjustizministerium zu veranlassen sei, werde vom Ausgang der Debatte abhängen.

Abg. Landsberg( Soz.)

stellte gegenüber dem Abg. Hergt fest, daß ein Privileg bei einem Zweikampf bestehe. Eine bestimmte Schicht der Bevölkerung stehe

Antastung nicht durch den Richter geahndet werden könne, vielmehr Genugtuung nur mit der Waffe geschaffen werde. Damit meffe diese Kaste sich ein Privileg an und der Staat ertenne es an, indem er in dem jezt geltenden Gesez als allein zustehende Strafe Festung androbe, diese Strafe aber bei Duellanten ein vergnügtes Gefäng nis fei. Auch im Gelegentwurf sei bei Tötung im Zweifampf nur eine Mindeststrafe angedroht, die bei mildernden Umständen soweit herabgefeht werden könne, daß Umgestaltung in Geldstrafe möglich sei.

Bei der Abstimmung wurde durch Annahme von Anträgen von Sozialdemokraten und des Zentrums 8 270 in einer Faffung be­fchloffen, die jeden Zweikampf mit Waffen, gleichgültig ob es sich um einen Ehrenhandel handle oder unter welchen Bedingungen er ftatt­finde, mit Gefängnis bedroht.

Die Bestimmung folle lauten: Der Zweikampf mit Waffen wird mit Gefängnis nicht unter 3 Monaten bestraft. Hat der Zweikampf den Tod des Gegners zur Folge gehabt, so ist die Strafe Gefängnis nicht unter 2 Jahren, und wenn der Zweikampf ein solcher ist, welcher den Tod des einen herbei­führen sollte, Gefängnis nicht unter 3 Jahren. Bemertens mert wäre, daß die Annahme der erwähnten Anträge gegen die Demokraten Abg. Ehlermann erfolgte. Stimmen der Deutschnationalen und Deutschen Volkspartei und des

Durdy§ 271 wird Gefängnisstrafe bis zu einem Jahre demjenigen angedroht, der einen anderen 8 um 3 mei­Zweikampf annimmt. Die Herausforderung und Annahme werden tampf herausfordert oder eine Herausforderung zum für den straflos, der den Zweikampf vor Beginn freiwillig aufgibt. und des Zentrums dahin abgeändert, daß straffret nur sein sollen § 272 wurde durch Annahme von Anträgen der Sozialdemokraten fampf zu verhindern und die zur ärztlichen Hilfe hinzu­Rartellträger, die ernstlich bemüht gewesen sind, den Zwei­gezogenen Personen. Mitglieder eines Ehrengerichts, Sekundanter und Zeugen sind nicht straffrei.

§ 273, der die Uebertretung von Kampfregeln behandelt, murde nach der Regierungsvorlage angenommen. Schließlich wurde ein Antrag Rosenfeld , Landsberg , Bell, Weg­regierungen eine dem Gesez entsprechende gleich­mann angenommen, die Reichsregierung zu ersuchen, bei den Landes in allen Ländern anzuordnen. Gegen diese Entschließung mäßige Verfolgung der Bestimmungsmenfuren stimmten die Deutschnationalen, Deutsche Volkspartei und abermals

der Demokrat Ehlermnn.

Der Strafgefehausschuß beriet dann noch die Bestimmungen des Entwurfs über Freiheitsberaubung. In der Beratung ver­traten die Genossen Landsberg und Marum fozialdemokratische Ab änderungsanträge, von denen der Antrag angenommen wurde, daß der Versuch der Freiheitsberaubung nicht strafbar sein soll. Die Abstimmungen über§ 276, der den Frauenraub be= trifft, wurde nach längerer Beratung zurüdgestellt. Fortseßung morgen.

50 millionen für die wertschaffende Arbeitslosenfür Sowjetrussische Hetze gegen Deutschland empfangen habe. Ich hatte vielmehr im Frühjahr dieses Jahres

forge neu angefordert" habe. Richtig ist, daß der Reichsarbeitsminister in einem Schreiben an den Reichsfinanzminister für die produttive Arbeitslosenfürsorge die Bereitstellung neuer Beträge gewünscht hat. Der von dem demokratischen Organ genannte Betrag stimmt jedoch mit den tatsächlichen Anforderungen nicht über. ein. Ebenso ist es falsch, daß sich eine Parteiführerbesprechung mit der Angelegenheit bereits befaßt hat.

Räumungsplan der Belgier.

Schluß am 25. November.

Aachen , 25. September. ( Eigenbericht.) Die in der zweiten 3one des befeßten Gebietes stationierten belgischen Truppen werden wie folgt abtransportiert werden: Das 8. Artillerie- Regiment zwischen dem 21. und 30. Dtober nach Mecheln , das 1. Kavallerie- Regiment am 5. November nach dem Lager von Beverloo, bas 15. Artillerie- Regiment zwischen dem 7. und 12. November nach Lüttich , das 7. Infanterie- Regiment zwischen dem 15. und 25. November nach Mecheln , das 4. Maschinengewehr Bataillon und die 7. Infanterie- Begleit- Batterie zwischen dem 15. und 25. November nach Hasselt .

Prawda" und die Angelegenheit Klönne.

Mostau, 25. September. ,, Brawda" widmet der Angelegenheit Klönne einen Artikel, in dem sie von der Behauptung von Lippes ausgeht, Hoesch und von Schubert seien von der Absicht und von der Durchführung der Berhandlungen unterrichtet gewesen. Auch sei General von Lippe der Zustimmung der benannten deutschen offiziellen Kreise gewiß gewesen. Wenn die Aussagen von Lippes der Wahrheit entsprächen, so ergebe sich die Tatsache, daß Personen des Auswärtigen Amtes ohne Wissen der Regierung Berhandlungen von aller­größter Wichtigkeit mit hervorragenden politischen Persönlichkeiten des Auslandes geführt haben.

Bemertung des BTB.: Hierzu muß gegenüber der ruffi­schen Deffentlichkeit das wiederholt werden, was hier schon zu wiederholten Malen mitgeteilt worden ist, nämlich daß das Auswär­tige Amt von den Besprechungen deutschnationaler Politiker mit franzöfifchen und englischen Politikern erst nachträglich informiert worden und daß die Tendenz und das Ziel dieser Besprechungen vom Auswärtigen Amt ausdrüdlich abgelehnt worden ist.

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eine eingehende Aussprache mit dem damaligen Ministerpräsidenten, Dabei habe ich ihm meine Ansichten über die politischen Ron­sequenzen entwickelt, welche aus dem durch den deutsch - französi­fchen Ralipatt, den deutsch - französischen Eisenpaft und den deutsch - französischen Chemiepaft in den Jahren 1926 und 1927 verwirklichten deutsch - französischen Industriebündnis zu ziehen seien. Ansichten, die ich bereits auch in der französischen Bresse vertreten

hatte.

Der Ministerpräsident hat einigen meiner Borschläge durchaus zugestimmt, anderen gegenüber gewiffe Re ferpen geltend gemacht und am Ende der Unterredung gesagt, daß Berhandlungen über derartige Fragen selbstverständlich legten Endes von der offiziellen Diplomatie realisiert werden müßten.

Ich nahm aus der Unterredung den Eindruck mit, daß der französische Ministerpräsident die Interessen Frankreichs zwar ebenso nachbrüdlich vertrete, wie ich glaube meinerseits die Interessen Einigung mit ihm auf der realen Basis großer gemeinsamer meines Vaterlandes zu verteidigen, daß aber eine weitgehende deutsch - französischer Interessen durchaus greifbar fei.

Das Verfahren gegen Fahlbusch.

Prager Auflösungsorder veröffentlicht. nach. Sie faselt von einem geheimen Angriffspati beschuldigt wird, daß er ihm direkte Befehle zur Beseitigung Ber­

Mafaryt hat unterschrieben.

Prag , 25. September. Heute nachmittag wurden die Handschreiben veröffentlicht, womit der Präsident der Republik das Abgeordnetenhaus und den Senat auflöst.

Begnadigt wurde der in Rußland wegen Spionage zum Tode verurteilte Finnländer Fabricius zu zehn Jahren Gefängnis,

Neues Verfahren gegen Feme- Schulz. Nachdem die Moskauer Pramda" die Angelegenheit Die Untersuchung gegen den früheren Feldwebel bei der schwar Klönne zu einem Angriff gegen die deutsche Regierung bezen Reichswehr Fahlbusch ist im wesentlichen beendet. Auch die nugt hat, eifert ihr die Berliner Brawda, die ,, Rote Fahne", Bernehmung von Oberleutnant Schulz, der von Fahlbusch dächtiger gegeben habe, ist abgeschlossen. Oberleutnant Schulz hat zwar bestritten, daß er Klapproth Mordaufträge gegeben habe, wie dieser behauptete, und auch eine Reihe von Zeugen genannt, doch findet augenblicklich eine Prüfung der Frage statt. ob gegen Schulz nicht auf Grund der Belastungen Klapproths ein neues Berfahren eingeleitet werden soll. Man rechnet im allgemeinen damit, daß Ende Oktober der Untersuchungsrichter die Atten im Fall Fahlbusch abschließen und dann das Ergebnis feiner Ermittlungen der Staatsanwaltschaft zuleiten wird,

der Hermann Müller Regierung". Deshalb hat vermutlich auch die russische Regierung diese Regierung um die Bertretung der russischen Interessen in China gebeten! Rechberg und Poincaré .

Herr Arnold Rechberg bittet uns um Veröffentlichung nach stehender Gegenerklärung zu dem in unserer gestrigen Abendaus gabe wiedergegebenen Brief Poincarés an das Echo de Paris":

Es ist irrtümlich, daß Herr Boincaré mich im Jahre 1928