Einzelbild herunterladen
 

Nr. 43.

Erscheint täglich außer Montags. Preis pränumerando: Bierfel: jährlich 3,30 Mart, monatlich 1,10 Mt., wöchentlich 28 Pfg. fret in's Haus. Einzelne Nummer 5 Pfg. Sonntags- Nummer mit illustr. Sonntags- Beilage Neue Welt" 10 Pfg. Post- Abonnement: 3,30 Mt. pro Quartal. Unter Kreuz­ band : Deutschland u. Desterreich­Ungarn 2 M., für das übrige Ausland 3 Mt. pr. Monat. Eingetr. in der Post Zeitungs- Preisliste für 1896 unter Nr. 7277.

=

Vorwärts

13. Jahrg.

Infertions- Gebühr beträgt für die fünfgespaltene Betttzelle oder beren Raum 40 Pf., für Vereins- und Versammlungs- Anzeigen 20 fg. Inferate für die nächste Nummer müffen bis 4 Uhr nachmittags in der Expedition abgegeben werden. Die Expedition ift an Wochen= tagen bis 7 Uhr abends, an Sonn­und Fefttagen bis 9 Uhr vormittags geöffnet.

Fernsprecher: Amt 1, Nr. 1508. Telegramm- Adresse: Sozialdemokrat Berlin ".

Berliner Bolksblatt.

Zentralorgan der sozialdemokratischen Partei Deutschlands .

Redaktion: SW. 19, Beuth- Straße 2.

"

S

Donnerstag, den 20. Februar 1896. Expedition: SW. 19, Beuth- Straße 3:

=

=

Die Köln Rottweiler Gesellschaft mußte, um sich ihre Monopolstellung zu sichern, mit einer ganzen Reihe anderer großen Fabriken in Kartellverhältniß treten, denen sie a us ihrem Profit theilweise ganz gewaltige Summen zahlt.

Die Konkurrenz, das gegenseitige Sich Unterbieten, mußte, geringer erscheinen zu lassen und gleichzeitig die Die deutschen Pulverkönige. durch welches die Abnehmer des Pulvers, also vor allem Aktionäre der Verschmelzung günstig zu stimmen. Der deutsche Pulverring und das die Militärverwaltung allein vor Uebertheuerung geschützt Bei Beurtheilung der 12 Prozent Dividende, welche die Militär Pulvergeschäft" betitelt sich eine soeben war, wurde im Jahre 1884 durch die einfache Ver- vereinigte Köln Rottweiler Gesellschaft seitdem im Durch­erschienene Broschüre, deren offenbar außerordentlich sach- tragsklausel, daß Gewinn und Verlust beider Unter schnitt zahlte, darf das nicht übersehen werden. Vor allem fundiger und eingeweihter Verfasser sich Georg Feuchter nehmungen fortan gleichmäßig vertheilt werden sollte, aus müssen aber, um sich ein ungefähres Bild von den neuen nennt. Es ist ein äußerst werthvoller Beitrag zur Be- der Welt geschafft. Keine der beiden großen Unternehmungen Profiten zu machen, die enormen Abgaben" der Gesell­Leuchtung der intimen Beziehungen zwischen hatte fortan einen Vortheil davon, durch billigeres Anschaft in betracht gezogen werden, wofür die Broschüre dem industriellen Großkapital und dem gebot der anderen ihre Aufträge abzujagen; der Gegensatz des Herrn Feuchter ein außerordentlich interessantes zahlen­Militarism u 3. Die hier mitgetheilten Thatsachen der Interessen löste sich in die Harmonie solidarischer mäßiges Material liefert. sind derart, daß sie das allergrößte Interesse für die deut- Preistreiberei auf. fchen Steuerzahler haben. Hier thut eingehendste Unter­suchung und öffentliche Diskussion noth, denn es sind nach der Darstellung des Verfassers die deutschen Steuer 3ahler selbst, welche der Ausbeutung des großen kriegs­industriellen Kapitals überliefert werden. Der Staat er scheint nach diesen Angaben direkt und unmittelbar als großer Millionärszüchter, was ja auch nach Bismarck 'scher Auffassung seiner Aufgabe wohl entspricht. Bebel hat gestern im Reichstage die Frage angeschnitten. Wir faffen hier den Hauptinhalt der Broschüre noch einmal kurz zusammen. Feuchter beginnt mit einem Rückblick auf die Geschichte der Rottweiler Pulverfabrit, welche unter der Leitung des Herrn Duttenhofer Keim und Basis des heutigen Pulverringes geworden ist. Anfang der 70er Jahre wurde das Etablissement bereits in eine Aktiengesellschaft verwandelt und begann damit, die kleineren Konkurrenten im Süden aufzukaufen.

1876 faßte die Rottweiler Gesellschaft durch Gründung der mächtigen Pulverfabrik Dineberg bei ham burg auch im Norden Posto, und von hier ab dativt eine Periode mächtigen Aufschwungs. Das neue Etablissement wurde auf eine unmittelbar an der Elbe gelegene Sand­düne gebaut und zahlt an den Besitzer derselben eine jähr­liche Pacht von 19 000 M. Der glückliche Besitzer, der diesen enormen Gewinn von sonst unfruchtbarem Boden ein streicht, ist merkwürdigerweise Herr von Bismard.

Trotz des Kartells blieben die Handelspulverpreise ziemlich gedrückt, der Hauptschnitt wurde nach wie vor bei Lieferung von Militärpulver gemacht und die meisten diefer lukrativen Staatsaufträge fielen nach wie vor So erhielt die Dynamit Aktiengesellschaft den Rottweil Hamburgern zu, die von ihren schwellenden in Hamburg nach den Briefen des Kölner Zentral­Gewinnsten nunmehr auch die Schwestergesellschaft speisten. bureaus in 24 Jahren über Millionen Mark, Rottweil- Hamburg fuhr indessen nicht übel dabei, es konnte die Firma Krupp in Essen in 21/2 Jahren trotz aller Abgaben seinen Aktionären in der Zeit von 1884 anvertragsmäßigen Vergütungen aus dem Geschütz­bis 1889 eine Durchschnittsdividende von 19-20 pCt. ver- pulver" über 1/2 Million. Herr Alfred Nobel , theilen. Und die Zukunft schien sich noch rosiger zu ge- der internationale Dynamittönig, Besitzer vieler Dynamit stalten, als das rau ch schwache Pulver am Horizont fabriken, dessen Erfindung, wie bereits erwähnt, die Ham auftauchte. burg- Rottweiler Gesellschaft seinerzeit benutzt hatte, bezog in 22 Jahren sogar noch ein wenig mehr, nämlich 618235 M. Dazu kamen dann noch die Tantièmen und Vergütungen, die Herr Duttenhofer sich bei der Verschmelzung gesichert hat. Dieselben belaufen sich in drei Jahren nach Feuchter's Berechnung auf 8-900 000 M. Herr Heidemann, der frühere Leiter der Rheinisch- Westfälischen Werke, gegen wärtig Generaldirektor des Ringes, dürfte ungefähr ebenso­viel annettiren. Die 10-12 Aufsichtsräthe", nothleidende Großindustrielle, Bankiers, Millionäre u. s. 1. haben in den 5 Jahren 90-94 über 1 300 000 m. geschluckt.

Obgleich die entscheidende Erfindung des Gewehr blättchen Pulvers nicht von der Rottweil - Düne berger Fabrik gemacht wurde, erhielt sie doch sofort die größten Lieferungsaufträge.

"

Es folgt noch eine ganze Reihe kleinerer Abgaben, auch exiflirt ein beträchtliches Ronto für geheime Kosten", über dessen Bestimmung es höchst interessant wäre, näheres zu erfahren.

Auch die Fabrikation des neuen rauch schwachen Gefchüßpulvers fiel dieser Gesellschaft, nachdem sie die patentirte Erfindung des Dynamittönigs Nobel sich zu eigen gemacht hatte, anheim. Hier waren Millionen zu verdienen, nur mußte das Monopol gewahrt, die Preise des neuen Fabrikats möglichst hochgeschraubt, und andererseits, um öffentlichen Skandal zu vermeiden, die wirkliche Gewinnst­höhe, d. h. der Tribut, den der Staat an das Pulver­Großfapital zahlte, verschleiert werden. Es wächst der Mensch mit seinen höheren Zwecken. Das Kartell, welches, wenn es auch die Gewinntheilung der Rheinisch- West- Da die Köln- Rottweiler Fabriken nur über ein Aktien Jedenfalls sorgte ein gütiges Geschick dafür, daß der fälischen und der Rottweil- Hamburger Gesellschaft statuirte, kapital von 161/2 Millionen verfügen, da dieses Kapital Gesellschaft die Zahlung der hohen Pachtsumme nicht zu doch den Extragewinn aus den Staatsaufträgen der letzteren außerdem, wie wir gesehen, zum theil nur nominal ist, da schwer wurde. Die Herstellung des neuerfundenen braunen Gesellschaft rechnungsmäßig noch immer deutlich erkennen ferner die Gesellschaft, abgesehen davon, daß sie eine hohe prismatischen Geschützpulvers brachte ihr ganz enorme ließ, wurde am 1. Januar 1890 durch eine völlige Ver Durchschnittsdividende von 12 pCt. zahlt, noch so enorme Summen, so daß in den Jahren 1872-1884 eine Durchschmelzung beider Gesellschaften ersetzt, so daß nunmehr Summen an ihre Freunde abgiebt, so kann man sich an schnittsdividende von 16 Prozent vertheilt werden konnte. der Mindergewinn der Rheinisch- Westfälischen mit dem den fünf Fingern abzählen, daß der wirkliche Profit, den Es galt nun, diese günstige Konjunktur, die den Aufträgen Mehrgewinn der Rottweil- Hamburger Gesellschaft zu einer sie macht, nach kapitalistischen Begriffen außer allem Ver­der Militärverwaltung geschuldet war, nach Möglichkeit untrennbaren Einheit zusammenfloß. Vor allem wurde hältniß zu den eingezahlten Kapital steht. Noch mehr. Wie aufrecht zu erhalten und auszunuzen. Konkurrenzgefahr aber das bei Dividenden- Verschleierungen mit recht so be- Feuchter aus den Geschäftsberichten nachweist, wirst das drohte vor allem von der Aktiengesellschaft der Verliebte Mittel der nominellen Kapitalerhöhung angewandt. Handelspulver, welches die in Rheinland- Westfalen einigten Rheinisch- Westfälischen Pulver So sollten bei der Verschmelzung die Hamburger gelegenen Fabriken der Gesellschaft hauptsächlich erzeugen, nur fabriken", die vornehmlich allerdings nur Handels- Aktionäre, um ihre Aktienzahl zu verdoppeln, nur geringen Gewinn ab. Die eigentliche Quelle des Millionens pulver produzirte. Was lag da also näher, als zur be- 60 pCt. pCt. des. nominellen Aktienwerthes nachzahlen, stroms sind die Rottweil Hamburger Etablissements, quemeren Ausbeutung des deutschen Steuerzahlers mit ihr ein ausgezeichnetes Mittel, unt den Gewinn, der welche das rauchlose Gewehr- und rauchschwache Geschütz­in ein Karte II zu treten. nun auf ein größeres Nominalkapital fich vertheilen pulver für die Militärverwaltung herstellen. Die Preise,

59

Clotilde.

"

"

-

" Ich weiß, was in Dir vorgeht, Eugen," hauchte Die wenigen Mittel, die er bei sich führte, halfen ( Nachbruck verboten.) Clotilde: Gieb mir den letzten Ruß, laß mich zu einer hier nicht. Eine schwere Krankheit war im Anzuge, die Ophelia werden, Du kannst mich nicht mehr lieben, ich kann nur durch Ruhe und sorgsame Pflege gemildert werden nicht länger leben." fonnte.

Roman aus der Gegenwart von H. M. M. von Walthausen.

Das Verhör war zu Ende. Die Beamten packten mit derselben langsamen Gemessenheit ein, wie sie ausgepackt. Tann fagte der Polizeirath zu Langenberg:

" Herr Doktor, es steht Ihnen und Ihrer Frau Ge­mahlin nichts mehr im Wege zum Gebrauche Ihrer vollen Freiheit."

Er winkte seinen Gehilfen und sie verließen das Zimmer einzeln. Dann verbeugte er sich und ging mit Palavi zur Thür hinaus.

Langenberg und seine Frau waren frei und doch saßen sie da, wie gefesselt.

Was kannst Du reine Blume dafür," rief Langenberg und füßte Clotilden auf die Stirn. Sage niir: hattest Du nie eine Ahnung, wer--

-

Langenberg ward besorgt. Im fremden Lande, bei fremden Leuten eine lange Krankheit abwarten müssen er, den sonst nichts aus Ein böser Traum sagte es mir, da kamist Du der Faffung brachte, wurde unruhig. Er setzte sich an wolltest sie mich retten, wenn ich Dir meine Hand ihr Bett. reichte da erwachte ich. Wie gern wurde ich die Sie regte sich nicht fie war in tiefen Schlaf ge= Deine, denn Du liebtest mich, ich wollte Dich glücklich sunken nach der furchtbaren Aufregung.. Doch ihr Puls machen nun bist Du unglücklich- durch mich." flog förmlich. Clotilde!"

"

--

-

ihn.

" Laß mich, Eugen! Laß mich sterben!" " Thorheit! Leben sollst Du, mußt Du, denn Du haft keinen Theil an aller Schuld. Aber ich bin nicht so schuld los, als Du meinst. Ich habe wissentlich dazu beigetragen, Clotilde rang nach Worten, ach! sie schwieg. daß ein paar Unschuldige verurtheilt wurden. Deile frische Luft zu athmen. Eugen blickte starr vor sich hin. Allerlei Gedanken gieb ihnen alles, was Du mir geschenft, alles, was ich durchjagten sein Hirn. Was er geahnt, als gewiß an- befize!" genommen, war zur Wahrheit geworden. Er hatte seinen Eugen! Eugen!" rief sie und sank nieder zu seinen Verdacht niedergekämpft mit allen Mitteln; vor seinem Füßen, meine Sinne schwinden, wenn ich an meine eisernen Willen: er müsse Clotilden die Seine nennen, Eltern denke, an das, was kommen muß mußten alle Bedenken fallen.

-

fterbe!"

-

ach! ich

Jetzt, sobald schon war es an den Tag gekommen, wer Nein, leben müssen wir, um die Schuld zu fühnen! die eigentlichen Verbrecher waren, und wodurch durch Komm! Empor! In eine fremde Gegend, in ein fernes die Mitgift, von der er doch garnichts mitzunehmen brauchte, Land wollen wir ziehen, dort sollst Du neu aufleben, ge­denn er war vermögend. faßt, getröstet sollst Du empfinden, wie heiß ich Dich liebe Welch einen Auftritt hatte er hier und auf offener und Du wirst mich doch was ist Dir?" Straße erlebt? Clotilde hörte ihn wohl schon lange nicht mehr. Ihr Ropf lag wie bewußtlos auf seinen Knien. Jeßt durch­zuckte sie ein Fieberanfall, sie saut ohumächtig zu Boden. Eugen fing fie noch auf in seinen Armen, mit aller Kraft schleppte er die halb Entseelte nach ihrem Bett und legte sie dort nieder.

Wie viele solcher kompromittirenden Szenen konnten noch folgen?

Das mußte unerträglich werden.

Ein Schauer durchzuckte ihn, als er daran dachte: die Tochter von Raubmördern sein Weib!

Ta fühlte er sich aus seinem dumpfen Hinbrüten er­wedt und von weichen Armen unschlungen.

-

Das war nicht Ohnmacht allein, Clotilde war ernstlich trant. Ihr Buls fieberte.

Langenberg ging angstvoll im Zimmer umher, er riß das Fenster auf. Die noch vorhandene Polizei Atmosphäre bedrückte Er fühlte sich selbst beengt, erregt und erschöpft. Er trat ans Fenster, sah in die Nacht hinaus, um Blickte nicht dort ein Mann zu seinem eben geöffneten Fenster empor? War das nicht Theodor von Nürdorf? Richtig. Jetzt ging er wieder und am Gange erkannte er ihn vollends. Bald darauf ertönte unten ein Schuß! Theodor, ich komme!" erklang es wie von unten. Langenberg erschrat; er blickte wieder aus dem Fenster, seine Eifersucht war verflogen, sein ärztliches Gewissen mahnte ihn hinaus zu dem Verwundeten, aber er konnte Clotilden nicht allein lassen.

-

Theodor hörte er hinter sich leise rufen. Was war das? Phantafirte Clotilde? Hatte er sich getäuscht? Er trat au ihr Bett. Sie athmete hastig in Fieberhize.

Hier lag Gefahr im Verzuge, er mußte Linderung, Hilfe schaffen. Er setzte sich hin, schrieb ein Rezept auf und wollte eben die Klingelschuur ziehen. Da hörte er:" Eugen, hilf ihm, er verblutet für mich."

Es war Clotilde, sie sprach im Fieber. Oder träumte sie? ( Fortfegung folgt.)