Städte und Unternehmerfum.
Abrechnung mit dem Reichsverband der Deutschen Industrie auf dem Städtetag.
Frankfurt a. M., 28. September. ( Eigenbericht.) Am Sonnabend tagte in Frankfurt a. M. der Preußische Städtetag, der im wesentlichen die gleiche Zusammensetzung zeigte wie der Deutsche Städtetag. Als einzigen Gegenstand enthielt Sie Tagesordnung ein Referat des Oberbürgermeisters Dr. I arres Duisburg über„ Die Bedeutung der tommunalen Wirtschaftsunternehmungen". Jarres führte aus: Seit im Jahre 1926 der Reichsverband der Deutschen Industrie mit den anderen Unternehmerspißenverbänden in die Offensive gegen die Gemeindeunternehmungen vorangegangen ist, und zwar in einer Form, daß man mit Recht von einem tonzentrierten Angriff gegen die Gemeinden sprechen kann, will es nicht mehr ruhig werden. Man sucht Prügelfnaben, an denen man seine verständlichen Berstimmungen über die beklagensmerte deutsche Wirt schaftslage auslaffen fann und findet sie in den Gemeinden und hier wiederum vornehmlich in den Städten. So ist ein fünftlich genährter Gegensaz der Wirtschaft zur Stadt fonstruiert worden.
Die Wirtschaft hat gefündigt. In der Zwangszusammenfassung, in der Verbandsbildung und auch in den Kartellsystemen find von der Wirtschaft off Wege eingeschlagen worden, welche den an fich gefunden Rationalisierungsgedanken überspannt, unnütze Arbeitslosigkeit hervorgerufen und den freien Wettbewerben in
der Wirtschaft schwere Schläge verseht haben.
Der Umfang der kommunistischen Eigenwirtschaft wird von den Gegnern überschäßt und andererseits wird der wirtschaftliche Nuzeffekt in der Arbeit unterschätzt.
In den beiden letzten Jahren wurden rund 91 Proz. der in den Städten neu hergestellten Wohnungen ganz oder zum größten Teil durch die Städte finanziert.
In den Jahren 1924/26 find von den Städten mit über 50 000 Einwohnern 908 Millionen Mart an Hauszinssteuermittel und 722 Millionen Mart aus eigenen Mitteln zur Wohnungsbauförde rung verwandt worden. Dazu tommen die großen Beträge, welche in Bürgerschaftsbeträgen zum gleichen 3wed von den Städten flüffig gemacht worden sind. Im Jahre 1927/28 waren es allein bei 67 Städten 186 Millionen Mart. Angesichts dieser Leistungen
müssen die Städte mit Entrüstung ben geradezu treulofen Gebanken zurüdweifen, ihnen nachträglich die durch Gesetz verbriefte Haus
zinssteuerhypothet zu nehmen.
Sozialistischer Kulturtag.
Die Kulturarbeit der Massen.
Frankfurt a. M., 28. September( Eigenbericht). Bon Farben, Blumen und Liedern des Arbeiterchors begrüßt wurde am Sonnabend nachmittag der 4. sozialistische Kultur. tag im Saxophonsaal der Frankfurter Festhalle eröffnet. In den Rebenräumen zeigt der Arbeiter Radio Bund eine aus. gezeichnete Funtausstellung, der Bund für Boltsbildung hat ebenso geschickt eine Ausstellung für Volksbildung zusammengestellt und eine Filmschau zeigt den Weg des Films von seinen Anfängen
bis zum Tonfilm.
Heinrich Schulz - Berlin begrüßte den Kongreß, der von rund 220 Delegierten aus allen Teilen des Reiches gebildet wird. Die österreichischen, schweizerischen und tschechosomatischen Bruderorganis sationen haben Vertreter entsandt. Für den sozialdemokratischen Barteivorstand sind Genossin Juch a cz und Genosse Crispien anwesend, für die Reichstagsfraktion Genoffin Bohm. Schuch. Ebenso find alle anderen sozialistischen und gewerkschaftlichen Organis sationen und deren fulturelle Nebenverbände vertreten. Für die preußische Staatsregierung ist Ministerialrat Goslar anwesend. Ihr Interesse an der Tagung befunden ferner die Rundfunkintendanten und-direktoren von Berlin , München , Köln und Frankfurt . Außerdem sieht man im Saale eine große Anzahl hervor. ragender Bertreter von Kunst und Wissenschaft. Wenn der alte Mommsen", wie Heinrich Schulz treffend sagt, einmal erklärte, Kunst und Wissenschaft hätten sich unter die Fittiche der Sozial. demokratie geflüchtet, so hat dieses Wort angesichts dieser Kultur. tagung seine Berechtigung neuerdings bewiesen." Das und nichts anderes war es auch, was der zufällig in Frankfurt anwesende Genoffe. Bandervelde. Brüssel in seinen Begrüßungsworten anführte. Bandervelde gab unter dem großen Beifall des Kongresses der Freude der Internationale Ausdrud über die gewaltige, von der deutschen Sozialdemokratie geleistete Kulturarbeit, die ein Borbild und ein Muster sei für die gesamte europäische Arbeiterklasse. Die Worte Banderveldes wurden von Henrit de Mann ins Deutsche
übertragen.
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Das erste Referat erstattete Heinrich Schulz Berlin über Film und Funt in ihrer Bedeutung für die Arbeiterschaft".
Busamemngefaßt erklärte der Referent, der heutige flassenbewußte grüße jeden Fortschritt der Technik, selbst wenn von zehn Arbeitern und sozialistische Arbeiter zerstöre teine Maschinen mehr und be. neun brotlos würden. Leider hätten Sozialdemokratie und Geneun brottos würden. Leider hätten Sozialdemokratie und Ge werkschaften in früheren Jahren viel zu wenig von den technischen Errungenschaften Gebrauch gemacht. Das sei heute anders geworben. Film und Funk, die künstlerischen Erfindungen unserer Tage, feien in ihrer Bedeutung für die Arbeiterschaft voll erkannt. Keine technische Errungenschaft tönne aber darüber hinwegtäuschen, welche gewaltige Arbeit der sozialistischen Bewegung vorbehalten bleibe. Die Sozialdemokratie hätte eine Welt zu erobern und der Menschheit zu dienen in ihrer sozialen und fulturellen Aufwärtsentwid. lung. Film und Funk sollen darin Mittel zum Zwed sein. Sie follten zu einem Hebel des Fortschritts und der Vorwärtsentwidlung ausgebaut werden. In diesem Sinne solle die Arbeiterschaft diesen beiden technischen Neuerungen helfen und in diesem Sinne folle fie ihr helfen.
Die Angriffe gegen die fommunale Wirtschaftsbetätigung richtet sich aber weniger gegen die Arbeit auf dem Wohlfahrts gebiet und dem Wohnungsmarkt als gegen die eigentlich gewerblichen, d. h., gewinnsuchenden Betriebe der Gemeinden. Das in den tommunalen Betrieben investierte Rapital ist nur ein bescheidener Bruchteil im Berhältnis zum Bolksvermögen und zu dem in der Privatwirtschaft arbeitenden Kapital. Die kommunalen Betriebe find organisch geworden und gewachsen. Man behauptet, daß die Gemeinden im Vergleich zur Privat wirtschaft nicht rentabel arbeiten. Das mag in längst verflossener Bergangenheit hier und da richtig gewesen sein. Inzwischen haben fich die kommunalen Betriebe umgeformt. Das finanzielle Ergebnis sich die kommunalen Betriebe umgeformt. Das finanzielle Ergebnis der auf Gewim betriebenen Unternehmungen ist durchaus erfreu lich. Angesichts der finanziellen Not der Städte sind die tommu nalen Betriebe ein wesentliches Rückgrat im Haushalt der Gemeinden geworden, wobei dennoch die Tarife durchweg auf der Höhe, ja teilweise unter der Höhe der Tarife der pri Er verglich ausführlich Film und Theater und gab eine Analyse Daten und gemischtwirtschaftlichen Werte gehalten find. Dabei mässen die Gemeinden vielmehr als die privaten und auch gemischtwirtschaftlichen Unternehmungen aus fo zialen und Verkehrsrüdsichten Maßnahmen treffen, zu denen fich bas Privatunternehmertum nicht entschließen würde.
Die Besteuerung der fommunalen Betriebe ist abzulehnen. Die Vorurteile gegen die kommunalen Betriebe müssen beseitigt merden. Die Stadtverwaltungen sind sich bewußt, in ihrer Arbeit auf dem richtigen Wege zu sein und damit der Boltsgesundheit zu dienen. Sie dürfen sich diese Arbeit im Bewußtsein ihrer Ver antwortung nicht nehmen, nicht verfeinern und nicht verdrießen laffen. Die Städte sind ebenso sehr ökonomische Organisationen mie politische Verwaltungskörper. Auf beiden Gebieten haben sie ihre Schuldigkeit getan."
Auf das mit großem Beifall aufgenommene Referat folgte eine ausgiebige Distussion, an der sich die Bertreter aller Parteien beteiligten und ihren Standpunkt darlegten. Als Vertreter der Sozialdemokratie sprach
der sich mit großer Schärfe gegen die Agitation wandte, die von privatwirtschaftlicher Seite gegen die kommunale Birlschaftsbetätigung betrieben wird. Es liege System in den Angriffen gegen die kommunale Wirtschaft, aber die Privatwirtschaft selle beffer einmal über die Zustände in ihrem eigenen Hause nach denken, denn da wäre sehr viel zu bessern.
Diese felbe Privatwirtschaft, die die Gemeinden anklage, habe ben Kommunen die schwersten Lasten auferlegt. Bor dem Kriege habe auch in der Privatindustrie tein 3weifel an der Notwendigkeit tommeler Wirtschaftsbetätigung best inden. Wenn sich die Angriffe häufen, so scheine es, als wollten gewiffe Kreife Rache für die Durchfegung bes allgemeinen
wahtrechts in den Kommunen nehmen und gewisse Kreise der Bevölkerung bei der Bewirtschaftung der Gemeindebetriebe aus[ chalten.
Es bestehe bei der Privatwirtschaft die Ansicht, das amerikanische Gemeindeideal müsse uns als Vorbild gelten. Nichts spreche für diese Ansicht der Brivatindustrie, aber alles dagegen. Biele ameritanische unter privatwirtschaftlichen Einfluß stehenden Städte hätten sich alles andere, denn als Vorbild entwidelt. Die gewaltigen Leistungen, die die Kommunen auf dem Gebiete des Verkehrs und der öffentlichen Versorgung aufweisen tönnten, hätte die Privatwirtschaft niemals in gleicher Weise vollbracht. Jeder Bersuch, das Arbeitsgebiet der Gemeinden durch gesetzgeberische Atte einzuschränken, und damit der Privatwirtschaft ein Privileg zu schaffen, müsse aufs schärfste bekämpft werden. Eine solche Brivilegierung stelle auch die Anleiheberatungsstelle dar, die den Städten ungezählte Millionen an Mehrkosten und unwirtschaftliche Maßnahmen aufgezwungen habe. Aber der Kampf gegen das gemeindliche Steuer privileg fei in Wirklichkeit nicht eine Steuerfrage, sondern es sei nur ein Mittel zum 3wed, die großen Versorgungsunternehmungen der Rommunen in die Hand zu bekommen und deren Gewinnchancen selbst voll ausschöpfen zu können.
Diese Unternehmungen und Gewinnchancen dürffen unter feinen Umständen aus der Hand der Gemeinden genommen werden. Zum größten Teil seien die städtischen Unternehmungen glänzend organisiert und rentabel, was auch von den Brivatunternehmern zugestanden werde. In den Boltsversammlungen allerdings regiere die Demagogie und dort werde alles geleugnet. Die beste Form des Kampfes gegen die Agitation privatwirtschaftlicher Kreise seien die Leistungen, die die Gemeinden aufzu
des Films und seiner fulturellen Möglichkeiten. Der Redner fomma schließlich zu dem Ergebnis, daß der Film vieles dem Theale: puraus habe, daß der Film ein Kulturwerk sein könne, daß aber die Masse der heutigen Filmproduktion in fünft erischer und tultureller Hinsicht wenig befriedigend sei. Die Filmproduktion stroße von Ges. schmadlosigkeiten und Berlogenheiten. Das label liege darin, daß der Film fast vollkommen der kapitalistischen Profit. macherei ausgeliefert sei. Die Bemühungen um eine Filmfultur setzten einmal die systematische Erziehung des Publikums voraus und zweitens eine sich ihrer Aufgaben bewußte Filmtritit. Selbst. hilfe fei fermer möglich durch Konsumentenorganisationen, geftüßt auf Sozialdemokratie, Gewerkschaften und Konsumgenossenschaften. Der Staat müsse diese Selbsthilfe unterstüßen. Mehr Gemeinde. tino als Weg zur Kommunalisierung des Films jei ein weiteres Mittel zum Fortschritt. Dabei müsse zwar jede Barteieinstellung zurückgewiesen werden, aber Republit und Fortschritt als Grundlagen einer solchen Produktion genommen werden. Ueber
Tonfilm und Filmmufit
referierte zunächst Leo Restenberger in außerordentlich gehalt. vollen Ausführungen. Die Einwirkungen der Technit auf die Kunst gestaltung würden immer größer. Diese Verbindung zwischen Kunst und Technit zeige am deutlichsten den ohne Musit nicht denkbaren Film und jetzt neuerdings auch der Tonfilme, deren Gefahr in bezug auf Oper und Mufiterberufe überschäßt werde. Die Amerikaner probisher sei diesem zugute gekommen, daß in der Produktion nicht diebuzierten jetzt wieder denselben Ritsch wie beim Film, aber selben Kinderkrankheiten durchzumachen waren wie beim stummen Film. Es bestehe bereits in Deutschland eine Gesellschaft für Tonfilme, die nur die kulturelle Seite der Erfindung betrachte. Diese Gesellschaft habe sich auch bereits an die Sozialdemokratie und die Gewerkschaften gewandt, und ihre Entwicklung sollte man nicht igno rieren. Mit Revolutionen allein dürfe sich die sozialiftische Bewegung nicht begnügen. Die Reproduction und Aktivität der gesamten Kunstbildung sei ihre Pflicht, denn bis heute bilde der Tonfilm nur eine Karikatur des Theaters und der Oper. Es fehle den neuen Erfindungen bis jetzt der große Künſtler und Gestalter und bis zur Entstehung solcher Werte müßte fogion
liftische Bildungsarbeit wie bisher geleistet werden.
Ursprünglich, so erklärte der Redner, sei die Filmmusik aus dem Be
Es folgte Klaus Pringsheim über das gleiche Thema. dürfnis des Filmtheaters hervorgegangen, störende Geräusche zu übertönen und eine lebermüdung des allein in Anspruch genommenen Auges zu verhindern. Mit den Ansprüchen der Filmtheater in den großen Städten feien allmählich die Ansprüche an die Musit gewachsen. Damit jei auch die Wichtigkeit der Musit gewachsen und man habe sie als einen bedeutsamen ästhetisch mitwirksamen Faktor des Filmganzen erkannt. So sei das heutige System der Filmiälustration entstanden. Der einzige Weg, die Filmvorführungen mit Musit fünftlerisch zu gestalten, sei Arbeit eines Komponisten, der den Film mit paffender Originalmufit ausstattet. Es fehle an Organi[ ation des gesamten Film Musitwesens. Solange die Filmmusit nur Sache des Theaters und nicht Sache der Filmproduktion fei, werde es nicht beffer werden. Eine revolutionäre Wirkung auch auf dem Gebiete der Filmmusik sei allerdings durch den Tonfilm zu erwarten. Bielleicht reife hier die Erfüllung der mufiftünſtlerischen Möglichkeiten, die in diesem Jahrzehnt des Filmaufstieges von der Filmindustrie unbegreiflich verkannt und vernachläffigt worden fei.
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meisen hätten. Und um sie in der Deffentlichkeit weithin sichtbar zu machen, sei eine geeignete Bublizität im allergrößten Maßstabe notwendig.( Lebhafter Beifall.)
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An der Debatte beteiligten sich auch noch Stadtverordneter Wilms Düsseldorf, Stadtverordneter Schwent. Berlin , Stadtverordneter von Jädlin Berlin, Stadtverordneter Bongarg Düren und Dr. Goldschmidt Frankfurt . Ministerialdirektor von Leyden vom preußischen Innenministerium erflärt, daß die preußische Staatsregierung entschloffen sei, allen Bestrebungen entgegenzutreten, die die wirtschaftliche Betätigung der Gemeinden gesetzgeberisch beschränken sollten. Gerade bei den kommunalen Betrieben sei die Grenze der Gewinne sehr gezogen, da sie durch soziale Rückfichten verhindert feien, Monopole unbeschränkt auszunuzen. misbräuchen der Kommunalwirtschaft, soweit sie vorhanden feien, müßten Instanzen der Selbstverwaltung felbft entgegen. treten und durch Selbstzucht ihren gefunden Stand sichern. Am Schlusse ber Tagung wurde der Borstand des Preußischen Städtetages in seiner bisherigen Zusammensehung wiedergewählt.
Da gehören sie auch hin!
Die Agentur Ost- Expreß berichtet:
Bor einigen Tagen wurden in der Lanbesirrenanstalt von Litauen in Kalvaria zahlreiche tommunistische Flugblätter entdeckt. Der sofort benachrichtigten Polizei ist es bisher nicht gelungen, die Verbreiter dieser Flugblätter festzustellen. In Kowno zetbricht man sich nun den Kopf darüber, ob hier ein fach ein Bersehen vorliegt und ein ganz anderes Institut für die Bropaganda ausersehen war, oder ob die Kommunisten sich tatfächlich von dieser Art Agitation etwas versprechen.
Die Fusion der D: Banken
1
Deutsche Bank
Diskonto- Ges.
2
Deutsche Bank Diskonto- Ges.
3.
Deutscheu Diskonto Bank
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wie sie sich für die Banfangestellten darstellt.