VienSiag i. Ottober 1929
Unterhaltung unü AAlssen
Beilage des Vorwärts
geh werde Wilder„auf Sfceil"
»er alt« Kapitän S.<L Raab«, Wt d«ut« in 3«rs-» Ctt, fri«t>. NA im Rubciiand I«tt. war früher einer her wildesten.Raubhändler, die mit dem Ruflommen gesicherter Suständ« in der Südsee ver. schwanden. Mit lS Iahren lies er aus seiner Schule im vambur«. in Sidn-u wurde er.geschanghait'. ein Halde, Jahr später dat'e tt der rauhbeinia». aber intelligente Junge schon ,um Zweiten Offuier aus seiner Bart gebracht. Und bald sehten seine Taten die Kannibalen und Etrandräuber der Süds« in Schrecken. Co kann Raab« denn in seinem schauerlich-schönen Buch»Kanntbalennächt«(296 Seiten, 4,50 M.. Brockhaus, Lein, ig), da, er aus Drängen feine» freunde- Jack London schrieb,«ollere Dinge berichten al, der derufsmähige Romancier. Wir drucken hier ein Kapitel ab. Da».Longschwein� war eine halb« Stund « noch Sonnenuntergang gar, und das Mahl wurde bei Fackellicht abgehalten. Katja gab es nicht, an sein« Stell« trat der Rum. Es war nur ein zwangloses Abendessen, ohne viel Umstände, und unterschied sich vom Festmahl auf dem Richtplatz wie der kleine Imbiß des Ge- schäftsmonns in der Stadt von einem großen Abendessen zu Hause. Do ich die letzte Rächt nicht geschlafen hatte, war ich todmüde. wagte aber nicht, die Augen zu schließen. Di« bange Frage, welcher von unseren Leuten wohl im Boot getroffen worden war. und ob er noch lebte, hielt mich wach. Auch beunruhigte mich die Wahr. nehmung sehr, daß die Eingeborenen weniger wachsam waren als gestern nacht. Keiner wachte stehend. Entweder hockten ste auf dem Boden oder ruhten sonst irgendwie, wobei sie sowohl Gewehre als eigene Waffen unter den Nacken schoben. Ich verwünschte den Rum. So bekämpft« ich den Schlaf, und der Schlaf bekämpft« mich bis lange nach Mitternacht . Da siegte der Schlaf. Plötzlich fühlte ich mich aus rauh« Weis« wachgerüttelt. Ein Durcheinander von Stimmen, gleich dem Schnattern erschreckter Affen, traf mein Ohr, und ich sprang auf— erstaunt, daß ich noch lebt«. Alle» war in großer Verwirrung. Die Grub«, um die wir lagerten, glimmt« noch in der rasch schwindenden Finsternis und sandte leicht gekräuselte» Rauch zum Himmel. Aufgeregte WiL »« rannten ziellos umher. Die Knochen ihre» Opfers lagen über den Strand zerstreut. Der Kopf—«ine» weißen Manne» Kops, der dazu bestimmt war, im Kamal der Priester mumifiziert»nd auf» bewahrt zu werden— stak aus einem trunken schwankenden Speer am Rand der Grube, und seine oerglaste« Augen schienen grollend da» schmählich« End« seine, Begräbnisse» zu betrachten. Die Ge- wehr« und Patronentaschen logen auf der feuchten Erde, wo sie gerade beim Erwachen der Schwarzen hingefalle» wäre», und von den Gefangenen war nicht einer mehr zu sehen. Plötzlich kamen Ug» und Zylinder-August angerannt. ..Tabu Kerl» nicht kriegen.' schrie» sie und schwangen lhr« Waffe wie wahnsinnig. Einig« Eingeborene zeigte» auf die Bucht, wo zwei leere Kanu» Im frühen Morgenlicht trieben. Da begriff ich alle». Diese gelben Bastard« hatten sich leise weggestohlen, während der Rum uns Wilde in Banden geschlagen hatte. Weggestohlen, zu feige sogar, ihren Kameraden zu rächen. Sie hatten sich in den beiden Einbäumen aus die �Tinacula' eingeschifft. Die Eingeborenen hätten vor Wut am liebsten die beide« im- schuldigen Kanu» aufgefresien. Mit vieler Mühe gelang«» mir. sie wieder einigermaßen zur Vernunft zu bringe� indem ich ihnen die Gewehre in die Hand drückte und rieft „Schießen, schwarz« Freunde!' Die» schien ihnen außerordentlich zu behagen,«nd ihr Lerneifer überstieg noch den vom vorigen Tag, al» ich metnen Unter- rtchl im Laden und Feuern der Hinterlader wieder aufnahm. Awar konnte keiner als Meisterschütze gelten, aber ich hoffte doch, daß sich au» diesen 17 Gewehren ein« oder die ander« Kugel an» Mel verirren könnte. Immerhin schien es mir, als ob Van Asvett nicht viel Gewinn au» der Verstärkung durch die IS Strandräuber ziehen sollte. Ost entwickeln sich Umstände, die wir im Augenblick al» Unheil oder Bedrängni» empfinden, in völlig unerwarteter Weis«. Wahr- scheinlich wetten unsere schlummernden Fähigkeiten durch die Not- wendigkeit aufgeweckt, int» au» einer verzweifelten Lage zu befreien. Wir werben genötigt, scharf zu denken. E» war der Awang. sich gegen die Uebermacht ihrer Umgebung zu behaupten, der primttive Menschen lehrt«, ihren Verstand zu gebrauchen. Da auch ich mich setzt in der Lage«Ine» primitiven Menschen befand, begann ich allen Ernstes mein Hirn arbeiten zu lösten. An Bord der„Emma P.' hatten sie keine Ahnung von der Berstärkung. die Dan Asvett erhalten hatte, und die Unterschätzung seiner Macht konnte Im Berlauf der unabwendbar bevorstehenden Ereignisse oerderbttch werden. Wenn ich Kapitän McPurden ohne Warnung ließ, bestand außerdem die Möglichkeit, daß man auf der ..Emma P.' annahm, ich sei Dan Asvett erlegen; das wollt« ich um jeden Preis vermeiden. Ich zweifelte nicht darrm. daß van sich setzt für überlegen hielt, und daß er nicht viel Zeit mit Abwarten verlieren würde. Er mußte versuchen, rasch zum entscheidenden Schlag auszuholen, aber doch wahrscheinlich nicht im Laus des Tages. Er würde vermutlich seinen neugewonnenen Streitkräften«ine Erholungszeit gönnen, um sie brauchbar zu machen. Ex würde sicher seinen ersten Angriff auf die„Cmma P* richten, um sich dieser Drohung zu entledigen und unseren Reichtum an Perlen zu rauben. Dieser Angriff war mit Bestimmtheit in der nächsten Nacht zu ermatten. Er wußte, daß die Leute von der Bark gute Schützen waren, und daß das dicke Schanzkleid Brigantine ihm gegen ihre Geschost« Schutz verlieh. In der Absicht, wenigstens«In warnendes Wort nach der Bark gelangen zu tassen. hielt ich mit Ugu und Zylinder-August Rat, mit dem Erfolg, �jß e» mir nach ungefähr halbstündiger Arbeit gelang, ihnen ineine Gedanken begreiflich zu machen. Ob nun Ugu wittlich verstand, daß e« meine größte Sorge war, die Bark zu warnen, kann ig. nicht mit Sicherheit behaupten, aber auf jeden Fall begriff er, daß ich nächtlichen Angriff erwartete. Unter- nehmungs- und Kampliust blitzten ihm aus den Augen.„Gua die Ketts schon kriegen,' ttef er, voll Begeisterung, daß endlich etwas geschehen sollte. Ich fühlte mich ettelchtjrt z>ie Eintönigkeit dieses endlosen Wortens hatte mich ungeduldig gemacht. Letzten Endes war es vielleicht das beste, daß wir»an diesen gelben Gurgelabschneidern befreit und gezwungen worden waren, die Initiative zu ergreifen. Ugu rief seinen Kriegern einige Befehle zu, und vier ver- schwanden wie huschende Schatten auf einer engen, fast unmett- lichen Spur im Dickicht, aus der auch Frauen gekommen waren, al» ste uns da, Essen gebracht hatte«. Inzwischen kauetten die
übttgen beruhigt im Kreis, watteten. schwatzten und freuten stch über die Gewehre. Ugu war offenbar ein zu fluger Feldherr, um den Sieg auf die geräuschvollen Waffen der Weißen zu begründen, mit deren Hand- habung seine Krieger noch nicht genügend oettraut waren. Wozu auch? Im Dunkel der Nacht war jeder der schorffichtigen Schwarzen fähig, seinem Ziel so nahe zu kommen, daß er es mit einem Speer oder mit einem geräuschlosen Pfeil töten konnte. Darüber schienen sie stch in ihrer Beratung schlüssig geworden zu sein. Die Krieger legten Gewehre und Patronentaschen sorgfällig beiseite und bedeckten sie mit Banonenblättern und Zweigen. „Teufel-Klub Gewehre tabu?' fragte ich mit großem Interesse. Ugu nickte mit dem Kopf, deutete auf die Speere und Pfeile, die sein« Krieger an Steinen schärften, und sagt« gttnsend: „Nicht tabu für Gua».' Eine bezeichnende Gest« gegen die untergehende Sonne verriet mir seinen Plan. Die Nacht brach herein, schwarz und düster, eine gute Nacht für einen Streifzug luchsäugiger Wilder. Der Mond schien nicht, und der Himmel war mit Wolken oerhangen. Es war so finster, wie nur Tropennächte sein können. Die Krieger lachten zufrieden vor stch hin, als wir aus dem Busch auftauchten, um am Strand zwischen den Kanus zu warten. Sie freuten sich sichllich im voraus auf eine ausgiebig« Mahl- zeit des geschätzten Fleisches weißer Männer und dachten, daß die tapferen Stamm esgenosien, die fallen würden, wohl bester daran seien, als wenn sie sich in einer australischen Mine zu Tode arbeiten mußte».
Hie und da drang ein leises Knirschen auf dem Korallensand durch das Murmeln der Brecher. Das war das einzige Zeichen, daß der Strand stch allmählich mit Kanus und bewaffneten Männern belebte. Woher sie kamen, blieb mir ein Geheimnis. Da waren sie, gut 40 Ei»bäume, jeder mit vier bis sechs Kriegern bemannt, bis zu den Zähnen mit ihren häßlichen Waffen ausgerüstet, die wie Teile ihrer selbst aussahen. Es war so dunkel, daß ich nur drei Schritt well sehen konnte, aber diese Söhne der Wildnis fanden stch zurecht, als ob es heller Tag wäre. Sie mußten Tigeraugen besitzen, ich konnte sie in der Finsternis leuchten sehen. Zylinder-August hatte aufgehört, einem weisen Magier zu gleichen. Auch er hatte sich in einen stolzen Krieger verwandelt. Außer Speer und Bogen trug er eine Bambustrommel, ungefähr vier Zoll im Durchmesser und einen Fuß lang, die an einer Schnur um sein« Hüften hing. Ich wunderte mich über dieses Gerä� erkannt« aber bald, wozu es diente. Nun folgten zwei Stunden stillen, bangen Wartens. Ueber dem ganzen Strand lastete eine geisterhaft unwirkliche Stimmung, die mir kalt« Schauer über den Rücken jagte. Ts war nicht Furcht, was ich empfand, es war etwas anderes. Es war— es war—, nein, es läßt stch nicht schildern, ich konnte es nicht erfassen. Da stand ich, der einzige Weiße, nur ein Knabe, zwischen gut zweihundert grimmig rasselnden Wilden und schickte mich an, mit ihnen in den Kampf zu ziehen. In den Kampf, Schulter an Schutter mit Menschenfressern, und sie, mein« Kampfgenossen gegen mein« eigene Rasse, lechzten nach dem Blut der weißen Männer Jenes sonderbar« Gefühl, da» sich nun in mir verstärkt«— Furcht war es nicht, nein, nein—, ich wußte jetzt, was es war: Vlutdurstl Di« Hemmungen der Zivilisation lösten sich von mir, nun war auch ich em Wilder. H. E. Raa.be.
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Al» Gabrielle in die Näh« der Rolandstraße kam. in der sie wohnte, hott« ste au« ihrer Tasche ein L-Sous-Kämmchen. Sie glättete und zupfte die Haar« zurecht. Gern hätte ste sich die ver- weinten Augen mit kaltem Wasser gekühlt, aber woher sollte sie«s nehmen? Hoffentlich würden Sofie, Marguerit« und Iuliette nichts merken! Heute morgen war sie in einem großen Schneideratelier als Lebnnädchen angetreten. Mit klopfendem Herzen war sie in den Raum gekommen, in dem wohl dreißig Näherinnen beisammen hockten. Die Borsteherin bei den Röcken, Fräulein Laura,— eine mit ungewöhnlch verkniffener Mene— hatte gefragt:„Wie lange willst du noch so herumstehen? Schnell, nimm den Hut ab und hol ei» Stück Seide au» der Blusenabteilung! Gebt ihr eine Probe!* Ein junges Mädchen reichte ihr, ohne aufzusehen, ein Stückchen Stoff. „Berstanden? Leest dich!' Gabrielle schloß die Hand um da» Seidenstückchen und lief, ohne nähere Auskunst zu fordern, davon. Wo war die Blusenabteilung? Auf der schrecklichen Hintertreppe des großen Hauses traf das Kind keinen. Es stieß mehrere Düren schüchtern— wie aus Zufall— auf, und schloß sie sofort erschreckt. Da war's gewiß nicht! Es stieg eine Trepp« hinaus, wieder herunter und plötzlich hing da ein Schild: „Blusenabte ilmig.' Gabrielle wollt««intreten, da bemerkte sie erschreckt, daß sie ihre Probe verloren hatte. War sie ihr aus der Hand gefallen, als sie die Türen öffnet«? Sie lief die alten Weg« entlang, verirrte sich, und stand endlich wieder vor Fräulein Laura. „Das hat ja gedauert! Wo ist dl« Selbe?' Die Klein« verlor sich in konfusen Erklärungen. E» dauerte eine Weil«, bis man sie verstand. Alles lacht«. „Welch Schlaukopf!' Das Kind nahm all« Kraft zusammen, um Haltung zu bewahren. Das Herzchen brach ihm beinah. „Schneidet ihr noch ein Stück vom Saum ad. Ader jetzt nimm dich zusammen!' » Der ganze Dormittog verging mit Hin- und Herlaufen. Man schickt« sie zur Stickereiabteilung, zur Pelzabteilung. Kaum zurück- gekehrt, mußte sie wieder loslausen. Aller gut« Will« verflog vor dem Spott der Arbeiterinnen:„Haft du nichts verloren?' Sie begann, die Mädchen hier zu hassen. Sie bedauerte, die Schule verlassen zu haben. Hätte sie es dies Jahr geschafft, ging« sie ruhig weiter zur Schule mit Sofie, Marguerite, Julieite. Sie hätte Paus« mit den Großen, die nicht mehr spielen, sondern sich würdig unterhaken und auf dem Hof promenteren. Mit Erleichterung sah st« den Tag zu End« gehen. Ms di« Uhr schlug, sprang ste die Trepp« hinab, di« sie morgens mtt Schrecken hinaufgestiegen war. Die Untergrund bracht« sie m ihren Stadtteil. Sie legte sich ein schönes Gesicht zurecht... Di« alten Kamera- binnen umringten st«.„Was hast du getan? Hast du gearbettet?' Die Kleine setzte sich auf den Sims eines Parierrefensters. Di« Fragen kreuzten sich:„Haft du fein« Leute gesehen? Isfs schön da unten?' Run machte Gabrielle die Erfahrung, was ein Lehrmädchen für einfache Schulmädchen bedeutet! Sie riß den Hut vom Kopf, legte ihn auf ihre Knie und jauchzt«:„Ihr habt ja keine Ahnung!' „Erzähl«!' Sie schöpfte Atem. Nach allen Mihlichkeiten erfand sie einen herrlichen Tag:„Den ganzen Tag kamen Kunden und Kunden, daß man nicht wußte, wo einem der Kopf stand. Ich braucht« nichts zu tun, als der ersten Näherin die Nadeln zu reichen. Das ist eine große Frau, die mich gleich in ihr Herz geschlossen hat...' „Glückspilz!' „Die Salons sind wunderbar: seiden« Tapeten mtt blauem Himmel und Engeln drauf. Die Damen warten auf die Anprobe. Nur Prinzessinnen. Herzoginnen und Vornehme gibt's da. Kokotten dürfe« nicht hin, nicht einmal Schauspielerinnen... Di« Mistinguett « natüriich...' Sofie fragte spitz:„Prinzessinnen hast du gesehen?' „So wie dich!' „Hat ste was gesagt?' „Guten Tag.' Dann hat sie mich nach meinem Vornamen ge- fragt, und ob ich Geschwister hätte. Sie hat mich gestreichelt und zu Fräulein Laura gesagt:„Aus der wird noch was.' Da» erregte die Schulmädchen ttef. Sofie, die hübscheste von
allen, mtt kurzem braunen Haar und blauen Augen, fragte:„Und das Atelier?' „Ich darf nichts ausplaudern.' „Uns kannst du doch erzählen!' Gabrielle schüttelte stolg ablehnend den Kopf. Iuliette zuckt« die Achseln, aber Sofie fragt« wetter:„Und di« Kleider?' Das Lehrmädchen hob die Augen, die so geweint hatten, schwärmerisch zum Himmel. Sie zählte auf:„Weiße, blau«, rote, alle mtt Spitzen...' „O!' „Perlen, Girlanden und Schleier. Für die Fran Marquis« ein silberner Spitzenrock, für die Herzogin ein Brokatcape... Ich sah noch nicht alles. Es war der erst« Tag...' „Hast du alle Farben gesehen, die es gibt?' Diese kindliche Frage bracht« Gabrielle zur Wirklichkeit zurück. Sie wehrte ab. Da kam die Mutter mit dem Wäschekorb. „Das weiß ich nicht.— Da kommt Mutter.' Man gekettet« sie wie«ine Königin zur Treppe. Ms sie hinauf» gefttegen war, neigte sie sich übers Geländer und spitzte die Ohren, was die unten wohl redeten: ,F)obt ihr gehört? Sie kommt stch ja wunder wie vorl' „Bei dem Glück!' Die kleine Schwindlerin warf einen langen Blick auf die Neidischen- Wie dos tröstet! Der schreckliche Tag war vergessen! Neu« Freude erfüllte sie: man beneidete sie! Und aller Mut kehrte zurück, als st« Marguerit« jetzt jagen hörte:„Es fehlt nur noch, daß sie sich einen Liebhaber nimmt und„Gaby' nennt.' tBerechttai« llebcrsebuna von Ursel Elle» Ioeobn.)
3)as feste Erdinnere Bisher hat man immer angenommen, daß der Zustand de» Erd- inner» flüssig sei, aber durch die neuesten Versuch« über die Ler- festtgung von Gasen bei hohen Drucken wird diese' Annahm««- fchütteri und man kann als sicher annehmen, daß das Erdinnere fest ist. Dazu paßt auch die Tatsache, daß sich die Erdbebenwellen quer durch unseren Erdball hindurch so fortpflanzen, al» ob er ein fester und starrer Körper wäre. Ueber di« von Pros. Franz Simon im Phystkalisch-Chemischen Institut der Universität Berlin au»g«- führten Versuche, di« zu dieser überraschenden Feststellung führten, berichtet Dr. Kuhn in der Frankfurter-Wochenschrift über die Fortschritte in Wissenschaft und Technik„Die Umschau'. Man hat bei den Gasen die„kritische Temperatur' untersucht, über die hin- aus sie nicht verflüssigt werden können. Diese„kritische Temperatur' liegt bei der Kohlensäure bei Z1,S Grad Celsius, beim Helium bei einer Kälte von minus 268 Grad. Bei der Kohlensäure ist die Derflüssigung noch bei einem Druck von 77 Atmosphären möglich. Während nun ein Stoff auch durch die höchsten Drucke über seiner krittschen Temperatur nicht als Flüssigkeit darstellbar ist, er- gab sich die Frage, ob nicht vielleicht durch Anwendung von Druck der feste kristalline Zustand zu erreichen ist. Prof. Simon und sei« Mitarbeiter haben nun gezeigt, daß der feste kristalline Zustand eines Stoffes weit über seiner kritischen Temperatur durch An- wettdung höchster Drucke gewonnen werden kann. Dies ist b« einer ganzen Reihe von Gasen gelungen, schließlich auch bei minus 231 Grad durch den riesigen Druck von 6600 Atmosphären beim Helium. Große experimentelle Schwierigkeiten waren bei der Kom- presfion eines Gases auf so hohe Drucke zu überwinden, aber e» sind dadurch Tatsachen erwiesen worden, die man bisher für ganz unmöglich hiett.„Während man bisher dem kristallisierien Zu» stand ein relativ sehr kleines, bei tiefen Temperaturen liegendes Existenzgebiet zuschrieb', sagt Prof. Simon,„folgt au» unseren Versuchen, daß er noch bei weit höheren Temperaturen als der flüssige Aggregatzustand bestehen kann.' Aus diesen Ergebnissen lassen sich nun wichtige Schlüsse auf die Beschaffenheit und den Zu- stand des Erdinnern ziehen. Bisher glaubte man, daß bei den dortigen hohen Temperaturen alle Stoffe geschmolzen oder gas- förmig fein müßten. Nun müßte aber das Erdinnere ganz unwahn, scheinlich hohe Temperaturen haben, um bei dem dort herrschenden Druck von etwa 2 Millionen Atmosphären noch in flüssigem Zu- stand zu sein. Vielmehr ist nach den Versuchen Simons nur inäg- lich, daß die Stoffe im Erdinnern sich in einem festen kristallinen Zustand befinden.