Arbeitslose und Kriminalität.
Ein voller Erfolg der Erwerbslosenversicherung/ Bon Miniſterialdirigent Rosenfeld, M.d.L. Die Versicherung gegen Erwerbslosigkeit dient in erster Reihe| zumal wenn die veränderte Erwerbslage dieser Zeit seit 1913 in dem sozialen Schuh der Arbeiterklasse. Sie ist eine Abwehrmaß Betracht gezogen wird. nahme gegen die Wirkungen bes Auf und 26 ber Warenerzeugung Bon größter Bedeutung ist, daß für das Jahr 1927 gegenüber und des Warenabsages in der kapitalistischen Produktion. Sie 1913 ein réguliert dadurch mittelbar zu einem Teil die Schwankungen, denen Rüdgang der einfachen und schweren Diebstähle der Massenkonsum wegen der wechselnden Konjunktur ausgelegt ist. um 10 und um 14 Proz. festzustellen ist. Mit dieser Abnahme der Sie ist ferner ein notwendiges Ventil gegen allzu starken Druck Kriminalität vergleiche man das ständige Anwachsen der Erwerbs der industriellen, landwirtschaftlichen und sonstigen Reservearmeen lofenziffern in der gleichen Zeit. Vom Juli 1924 bis November 1925 auf dem Arbeitsmarkt. war die Erwerbslosigkeit noch verhältnismäßig gering; sie bewegte Wenn man die Ausgaben für die Erwerbslosenversicherung sich zwischen den Zahlen 195 000 und 673 000. Seit dem Herbst 1925 allein unter diesem Gesichtspunkt ansieht, erscheinen sie den bürger- steht die Bolkswirtschaft im Zeichen start steigender Arbeitslosigkeit. lichen Parteien als eine Belastung der öffentlichen Finanzen und Die Zahl der Hauptunterstügungsempfänger staat der Arbeitgeber ausschließlich zugunsten der Arbeiterlicher Erwerbslosenfürsorge stieg im Jahre 1926 auf 1% bis 2 it ich a ft. Demgegenüber ist es wichtig, die gesellschaftlichen fionen und noch darüber hinaus. Die niedrigste Ziffer dieses Jahres Wirtungen der Erwerbslofenversicherung auch in anderer im November 1926 hatte immer noch die Höhe von 1,3 Millionen Richtung zu beleuchten. Unterstützungsempfänger. Auch im Jahre 1927 ist die Zahl der Hauptunterstützungsempfänger einschließlich der Krisenunterstützten bis zum Mai nicht unter eine Million gegangen.
Es ist anerkannt, daß zwischen der Wirtschaftslage, den
Erwerbsverhältniffen der breifen Maffen des Boltes
und der Lage des Arbeitsmarktes einerseits und der Kriminalität andererseits ein enger Zusammenhang besteht. Die Forschungen des Statistikers v. Mayr haben längst ergeben, daß die Kurven der Lebensmittelpreise in gleicher Weise wie die Kurven der Verbrechen und Vergehen gegen das Bermögen verlaufen. Professor Aschaffen burg hat nachgewiesen, daß in den letzten 30 Jahren vor dem Kriege in Deutschland und Frankreich jebe nennenswerte Erhöhung der Getreidepreise unter sonst gleichbleibenden Lohnverhältnissen - in der Vermehrung der Diebstähle sich auswirkte. Doch vor furzem hat Wl. Woytinski dieses Thema in einer wissenschaftlichen Zeitschrift ausführlich behandelt und den Nachweis erbracht, daß jeder Preisrückgang der wichtigsten Lebensmittel in der Zeit vor dem riege eine Verminderung der Kriminalitätsziffern gebracht hat. D wirtschaftliche Lage der breiten Volksmassen in ihrer Wirkung auf die Kriminalität zeigt sich am stärksten und ganz ein deutig dort, wo die Gegenwirkung sozialer Einrichtungen im Staat fehlen. Dafür bietet das statistische Material, das Friedrich Engels in seiner„, Lage der arbeitenden Klasse in England aus dem Anfang des vorigen Jahrhunderts über die damaligen verelendeten Verhältnisse Englands entnommen hat, zweifellosen Beweis. Bon 1805 bis 1820 ist damals die Zahl der schweren Verbrechen um mindestens 100 Pro3. gestiegen, und für den Anfang der vierziger Jahre des 19. Jahrhunderts ist gleichfalls eine Steigerung von 100 Proz. festgestellt, übrigens zu einer Zeit, wo ein
Ladendiebstahl von 5 Schilling Wert mit Todesstrafe belegt und zehnjährige Kinder wegen Unehrlichkeit zum Galgen verurteilt worden sind. In unseren Tagen hat die Inflationszeit init thren verheerenden Wirkungen auf dem friminellen Gebiet uns finnfällig bewiesen, daß die damals herrschende gänzliche Unsicherheit der Wirtschaftslage mit der Eraktheit eines Uhrwerts die Zahl der Verbrechen ins ungemessene steigerté; und nach Beendigung der Inflation ist die umgefehrte Erscheinung ebenso deutlich für uns alle fichtbar geworden.
Die Feststellung des Einflusses ungünstiger wirtschaftlicher Verhältnisse der breiten Massen auf eine Steigerung der Kriminalität besagt nun feineswegs, daß diese Wirkung nicht durch andere soziale Fattorent, die fich wirtschaftlich entgegengesetzt zugunsten der breiten Maffen auswirken, gehemmt werden fann. 3m Gegenteil thug es gerade die Aufgabe und das Ziel jeden sozialen Fortschritts sein, die Kriminalität zu vermindern. Welche Einrichtung aber ist cher dazu geeignet, folche Gegentendenz zu schaffen, als die Verficherung gegen Erwerbslosigkeit und ihre eingangs geschilberten Absichten und Zwede? Die Zeit vor dem Kriege hat die Erwerbs losenversicherung nicht gefannt, und deshalb ist in der damaligen Statistik über die Kriminalität eine solche Gegentendenz nicht nach
weisbar.
Boytinsti fagt in feinen Untersuchungen:„ Die Arbeits fofenunterstüßung, die den Ausgestoßenen zu Hilfe tommt, ist vom Gesichtspunkt der Kriminalogie aus eine unschätzbare Eigenschaft."
Die Kriminalffafiftit der letzten Jahre 1925 bis 1927 bringt dafür den unfrüglichen Beweis.
Unter den vier Hauptgruppen von Berbrechen und Bergehen ( gegen Staat und öffentliche Ordnung, gegen die Person, gegen das Vermögen und im Amt) ist die weitaus größte Gruppe, nämlich die gegen das Vermögen, im Vergleich zum Jahre 1913, trop weit größerer Arbeitslosigkeit in der Zeit nach dem Kriege und der Instation gefunken. Die Verbrechen und Bergehen gegen das Bermögen betrugen im Jahre 1913 im Verhältnis zu allen übrigen 44,7 Broz., im Jahre 1926 44,4 Proz. und im Jahre 1927 41,8 Proz. Diese Tatsache ist um so beachtlicher, als zu gleicher Zeit eine gewisse, wenn auch nur geringe, allgemeine Erhöhung der Kriminafität festzustellen ist. Diese Erhöhung entfällt jedoch fast ausschließlich auf die Zunahme von Berstößen gegen den Staat und bie. öffentliche Ordnung: fie sind im wesentlichen/ Zuwiderhandlungen gegen Vorschriften in strafrechtlichen Nebengefeßen, z. B. über bie Sonntagsruhe, Kraftfahrzeuge, Arbeitszeitgesetz ufw. Hauptgruppe der Vermögensdelifte ist in den Jahren 1925-1927 dauernd erheblich zurückgegangen.
Es sind bestraft worden Personen wegen
einfachen Diebstahls. schweren Diebstahls
6
1925 91 133 21 008
Die
1926 1927 77 799 74.907 17172 15 995
Der Anteil der wegen Diebstahls straffälligen Bersonen an der Gesamtheit der Verurteilten berechnet sich für 1927 auf rund 15 Proz., während er in den letzten Borkriegsjahren über 20 Pro3. ausmachte. Ebenso find die Verurteilungen wegen Hehlerei zurüd
gegangen.
Die Bedeutung dieses andauernden Rückganges der hauptsäch lichen Bermögensdelikte tritt erst in das vole Licht, wenn die Zahlen der Jahre 1925 bis 1927 die Zahl der
wegen gleichartiger Delitte im Jahre 1913 abgeurteilter Personen gegenübergestellt werden. Die entsprechenden Zahlen der Ber urteilten wegen einfachen bzw. schweren Diebstahls im Jahre 1913 find 82 742 bzw. 18 417. Diese Bahlen sind zwar niedriger als die des Jahres 1925, jedoch höher als die von 1926 und 1927. Dies erklärt sich zwanglos daraus, daß die im Jahre 1925 zur 25 urteilung gelangten Giraffalie noch grogenteils aus der Inflations zeit herrühren oder unter ihrem ungünstigen Einfluß stehen. Dat nach bleibt noch immer ein Unterschieb zugunsten des Jahres 1925,
Das Ergebnis ist: Auf der einen Seite ständiges Sinten der Bermögensdelitte, auf der anderen Seite gleichzeitiges rapides Anwachsen der Erwerbslofenziffern; das sind Zahlenreihen, die miteinander verglichen, allen bisherigen
Feftftellungen über den Parallellauf der Wirtschaftstage eines Boffes und seiner Kriminalität widersprechen.
Die Lösung dieses Widerspruchs liegt in den Leistungen der staatlichen Erwerbslosenfürsorge und ihren moralischen und fulfurellen Wirkungen für das Volksganze.
Der Rückgang der Kriminalität läßt sich nicht etwa als eine Folge der Verminderung der Bevölkerungszahl durch die Abtretung von Gebietsteilen nach dem Krieg erklären; diese Erklärung scheitert an der Tatsache des veränderten Altersaufbaus im deutschen Bolt. In den Altersklassen zwischen 15 bis 65 Jahren, aus denen die Kriminalität fich rekrutiert, ist der Anteil an der Gesamtbepölkerung von 61,2 auf 68,5 um 7,3 Proz. gestiegen, d. h., um mehr als 4 Millionen Menschen, so daß der Bevölkerungsverlust mehr als ausgeglichen ist.
Die starten antifriminellen Wirkungen der Arbeitslofenversicherung fönnen gegenüber den statistischen Ergebnissen nicht geleugnet werden. Die staatliche Arbeitslosenfürsorge zeigt damit ein neues Gesicht, dem nicht genug Beachtung gewidmet worden ist. Sie gewinnt an Bedeutung weit über die Interessen der Boltsschichten hinaus, zu deren Gunsten sie in erster Reihe bestimmt ist. Sie dient dem moralischen und kulturellen Aufstieg des ganzen Wolfes. Diese Einsicht rechtfertigt den Schluß, daß Ersparnisse in der Arbeitslosenunterstügung in ihrer legten Wirkung Verschwendung von größeren und wesentlicheren volkswirtschaftlichen und sittlichen Werten sind. nicht Ersparnis, sondern 3medmäßigfeit der 2usgaben ist der vernunftgemäße Grundsaß gesunden staatlichen Lebens unserer Zeit.
Volksbühne und Staatsoper.
Ein reaktionärer Borstoß der Oberrechnungskammer.
Schon vor einigen Tagen hatten wir die Mitteilungen über eine Denkschrift der Oberrechnungskammet zum Anlaß genommen, uns mit der darin enthaltenen Stritit gegen den Vertrag über die Bereit stellung von Opernplägen an die Volksbühnenmitglieder zu be schäftigen. Nunmehr äußert sich auch das Generalsette tariat der Vollsbühne zu jenen Auslassungen der Oberrech nungsfammer. Die Erklärung des Generalsekretariats stellt zunächst fest, daß in der Dentschrift verschiedene sachliche un richtigteiten enthalten find. 1. a. falle der Boltsbühne nicht, wie es dort heiße, wöchentlich nur eine Borstellung zu, sondern die Boltsbühne sei wöchentlich an 4 Borstellungen init je 1300 bis 1500 Blägen beteiligt; falls aber die Angaben der Denkschrift sich auf das vergangene Jahr bezögen, so habe die Volksbühne damals wöchentlich drei geschlossene Borstellungen abgenommen. Die Entgegnung des Generalsekretariats wendet sich dann den in der Dentschrift enthaltenen Beanstandungen des 2- Mark- Preises zu, den die Boltsbühne je Platz zu bezahlen hat. Es heißt da:
,, Der von der Voltsbühne zu zahlende Blagpreis von 2 M. stellt gar nicht eine so außerordentliche Bevorzugung der Bolksbühne dar. Der Bühnenvolfsbund, der ebenfalls Pläge und Vorstellungen befommt, zahlt je Blaß nur 2,30 M. Ein von der Staatstheaterver waltung aufgelegtes Abonnement fordert für den besten Plat, nur 3,50 M., für den geringsten 1,50 M., im Durchschnilt also nur 2,50 m.
Dabei ist zu berücksichtigen, daß es die Volksbühne war, die dent Gedanken des Um- und Ausbaues der früheren Kroll- Oper faßte, alle notwendigen Vorarbeiten traf, die Pläne entwerfen ließ und die Durchführung des Baues übernahm. Als sie sich in der Inflations seit genötigt fah, die Fertigstellung des Baues dem Staat zu über lassen, überantwortete sie ihm Bauwerte in Höhe von etwa 3 Millionen Mart. Für diese Werte brauchte die Staatsverwaltung lediglich Bauschulden der Boltsbühne im Betrage von 113 000 Mart abzulösen und eine Barabfindung von 100 000 Mart zu zahlen. Für die übrigen Aufwendungen erhielt die Volksbühne das 2nrecht auf eine bestimmte Anzahl besonders verbilligter Plätze jowie einer Vorzugsbehandlung vor anderen Besucherorganisationen. sowie einer Borzugsbehandlung vor anderen Besucherorganisationen. Die Oberrechnungstammer übersieht ferner, daß ohne die Be. teiligung der Boltsbühne an den Borstellungen die Oper am Blak der Republik noch viel schlechter abschneiden würde, als es heute geschieht. Eine Nachprüfung wird mit Sicherheit ergeben, daß in den letzten Jahren die ganz auf den freien Kassenverkauf angewiesenen Vorstellungen im Durchschnitt weniger einbrachten
als die Borstellungen, deren Bläge von der Bolts bühne bezahlt wurden.
Auch wurde in dem Schiedsverfahren zwischen Staatsverwaltung und Volksbühne im Frühjahr d. I. festgestellt, daß die staatlichen Zuschüsse auf den Kopf des Theaterbefuches bei den Mitgliedern der Boltsbühne geringer waren als bei den Besuchern der Oper Unter den Linden. Und dies, obgleich die freien" Besucher der Linden- Oper sich ganz überwiegend aus den Kreisen der Besizenden refrutieren, während die Mitglieder der Volksbühne fast ausschließlich der Arbeiter und Angestelltenschaft, sowie dem tleinen Mittelstand angehören.
Nach dem Bericht der Oberrechnungskammer tönnte es den Einbruck machen, als ob die Steigerung der Betriebskosten für die Oper feinerlei Auswirkung auf die von der Volksbühne zu zahlenden Breise gehabt hätte. Tatsächlich aber erhöhten sich diese( obgleich ein Anspruch einer solchen Erhöhung nach dem Wortlaut des Vertrages bezweifelt werden kann) auf Grund des Entgegenkommens der Boltsbühne, zuletzt durch einen Schiedsspruch, seit Eröffnung der KrollOper von 80 Pf. auf 2 M., also um 150 Proz. Andererseits blieben die Kassenpreise der Opfer am Platz der Republik in dieser Zeit fast unverändert. Sofern bei einzelnen Plätzen eine Erhöhung vorgenommen wurde, ging sie nirgends über 10 Proz. hinaus."
Diese Darlegungen beweisen wohl zur Genüge, auf wie tönernen Füßen die Behauptungen der Oberrechnungskammer über eine uner. trägliche Begünstigung der Voltsbühne stehen. Die Zuschrift des Generalsekretariats hat aber auch völlig recht, wenn sie zum Schluß ausführt, daß für große und entscheidende Parteien des Landtages seinerzeit die Zustimmung zu den wiederholten Forderungen der Regierung für den Ausbau und die Umgestaltung der Kroll- Oper in erster Linie der Wunsch maßgebend war, die Opern veranstat tungen des Staates breiteren Rreifenber Winder bemittelten zugängig zu machen. Wenn irgendwo Opern zuschüffe des Staates gerechtfertigt find, so bei jenen Borstellungen, die für Mitglieder der Volksbühne gegeben werden! Denn nur hier hanbelt es sich um eine nach sozialen Gesichtspuntten betriebene Runftpflege.
Man fragt sich, was die Herren der Oberrechnungskammer mil ihrer merkwürdigen Dentschrift und den unsachlichen, völlig verfehlten Angriffen gegen den Bolfsbühnen- Verträg bezwecken. Mun, man muß wissen, wie sich die Oberrechnungstammer zusammenset. Sie stellt einen Schlupfwinfel reattionärer Ge Jianung bat. Bon ihren Mitgliedern dürften die meisten im
deutschnationalen Lager stehen. Diesen Kreisen aber ist der Bertrag zwischen der Volksbühne und dem Staat natürlich ein Greuel. Verfuchte mit diesem Bertrag der neue Staat doch erstmalig das Privileg der besseren Gesellschaft" auf die mit hohen Zuschüssen subventio nierten Staatsopern- Borstellungen zu durchbrechen. Hier wurde zum erstenmal das Bekenntnis zu einer Kunstpflege abgelegt, wie sie der 3dee eines demokratischen und sozialen Staates entspricht. Und schon muß natürlich alles darangelegt werden, um diese Einrichtung zu zerstören!
Aber die Herren dürften sich die Zähne ausbeißen. Der Vertrag zwischen Staatsverwaltung und Boltsbühne ist juristisch so fest veranfert, daß die Volksbühnenmitglieder beruhigt sein können. Es ist auch nicht anzunehmen, daß die maßgebenden Parteien des Landtags sich von den Darlegungen der Denkschrift einwickeln lassen. Wünschenswert wäre es nur, wenn der Landtag es nicht dabei beließe, über die Kritik der Denkschrift zur Tagesordnung überzugehen, sondern wenn den Herren in der Oberrechnungsfammer von Regierungsvertretern und Parlamentariern gründlich heimgeleuchtet würde. Die Art und Weise, wie dort versucht wird, die Bemühungen des Staates um eine soziale Kunstpflege zu diskre ditieren, stellt geradezu einen Skandal dar!
Deutsches Volfstheater.
Die beiden Veroneser."
Dieses Shakespearische Lustspiel ist schon an sich wenig bedeutsam. Es könnte jedoch ein harmloses, aber unterhaltendes Stüd daraus inszeniert werden. Grundbedingung wäre Schlichtheit der Auffassung und eine sinngemäße lleberführung in das Moderne Was hier geboten wird, ist vor allem bis zur Skurrilität uneinheitlich. Der Regisseur Leo Mittler hat strupellos an dem Stück herumgeflickt, und es gelingt ihm nicht einmal, eine unfreiwillige Shakespeare Parodie zu zeigen. Das wäre ein Ausweg gewesen, der diese Inszenierung wenigstens literarisch gerechtfertigt hätte. Dieses Unifum eines Theaterſtüds ist eine unverdauliche Mischung von Schauspiel, Operette, Zirtus und Kabarett. Nicht von Shakespeare , aber auch nicht von Leo Mittler . Denn wäre es von Leo Mittler , dan wäre ein Riesendurchfall daraus geworden, so tam es zu einem mäßigen Achtungserfolg, weil Shakespeares Name auf dem Programmzettel stand. Natürlich mußte auch hier, ganz zitfammenhanglos, mitten im Spiel, ein Gong" vorgetragen werden, weil das jetzt so modern ist.
Gert Richter lieferte das Bühnenbild. Er verwendet diesmal hauptsächlich Silberpapier. In der letzten Szene stellt er einen Wald auf, der aus vielen verschieden langen, vollkommen fahlen Rundhölzern besteht, ein Anblid grüßlich und gemein". Es wäre vielleicht doch besser und für das Publikum leichter verständlich gewesen, einfach eine Tafel aufzustellen mit der Aufschrift ,, Wald ".
Das Publikum kicherte leise.
Protheus und Valentin, zwei junge Veroneser, die einander befreundet sind, werden von ihren Vätern nach Mailand geschickt, um gute Sitten zu lernen. Valentin fährt als erster los, verliebt sich in des Herzogs von Mailand Tochter Silvia, findet Gegenliebe. Der Herzog aber will feine Tochter dem reichen Gecen Turio geben. Inzwischen trifft auch Brotheus ein, der in Verona Julia zurückließ, seine Liebste, der er ewige Treue geschworen hat. Brotheus vergift beim Anblick der schönen Silvia Freundschaft und Liebe und wird turzerhand zum Intriganten. Er verrät Valentins Plan, Silvia zu entführen, dem Herzog, der Balentin davonjagt. Valentin geht in einen finsteren Wald und wird Räuberhauptniann. Protheus glaubt endlich freie Bahn zu haben, er wirbt um Silvia, wird abgewiesen. Inzwischen kommt Julia in Männerkleidern von Berona an, wird von Brotheus nicht erkannt und sieht die Bescherung. Natürlich wird alles wieder gut, weil die Räuberbande eingreift und Brotheus bekennt sich schuldig.
Gustav v. Wangenheim, ein Protheus, unstet und liederlich, aber zu wenig jung. Franz Ridklisch, ein brav einstudierter Valentin ohne Reise. Erita v. Thettmann, eine bezaubernde Julia, halb Kind, halb erwachendes Weib, sie trägt bas ganze Stüd. Annemarie Haase als Lucetta von berber, gefunder Komit. E.. mitutfth, ein prächtiger Diener Flint. Erita Meing a st, eine Gilvia, die so unecht wirkt, als hätte man fie foeben aus einem Kurfürstendamm Café für diese Rolle abgeholt. Sie hat mit dem Stüd nichts gemeinsam. Selmar Rahlers Mufit half über vieles hinweg.
Alexander v. Sacher Masoch
Berichtigung. In unser i gestrigen Bericht über die„ Soziali tijdbe Stulturtagung" mes im Referat der Genoffin 3ohmSchuh statt Grört ng heißen: Erweiterung der Befugniffe ber Ortspolizei.