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Nr. 44.

Erscheint täglich außer Montags. Breis pränumerando: Biertel­jährlich 3,30 Mart, monatlich 1,10 mt., wöchentlich 28 Bfg. fret in's Haus. Einzelne Nummer 5 Pfg. Sonntags- Nummer mit illustr. Sonntags- Beilage Neue Welt 10 Pfg. Post- Abonnement: 3,30 Mt. pro Quartal. Unterkreuz­band: Deutschland   u. Desterreich­Ungarn 2 M., für das übrige Ausland 3 Mt. pr. Monat. Eingetr. in der Post- Zeitungs- Preisliste

für 1896 unter Nr. 7277.

Vorwärts

13. Jahrg.

Insertions- Gebühr beträgt für die fünfgespaltene Petitzeile oder deren Raum 40 Pf., für Vereins- und Bersammlungs- Anzeigen 20 Pfg. Inferate für die nächste Nummer müssen bis 4 Uhr nachmittags in der Expedition abgegeben werden. Die Expedition ist an Wochen­tagen bis 7 Uhr abends, an Sonn­und Festtagen bis 9 Uhr vormittags geöffnet.

fernsprecher: Amt 1, Nr. 1508. Telegramm- Adresse: " Sozialdemokrat Berlin".

Berliner   Bolksblatt.

Zentralorgan der sozialdemokratischen Partei Deutschlands  .

Redaktion: SW. 19, Beuth- Straße 2.

schusses befindet sich

An die Parteigenossen! Das Bureau des geschäftsführenden Aus Hamburg  - Eimsbüttel  , Eichenstr. 4, 1 Tr. Im Interesse einer prompten und raschen Erledigung der Parteigeschäfte ersuchen wir die Genossen, alle Sendungen und Zufchriften in bezug auf die Agitation, die Wahlen, sowie in Preß, Prozeß und Unter stügungs- Angelegenheiten an die Adresse des Genossen 2. Pfannkuch, Hamburg   Eimsbüttel  , Eichen str. 4, I.;

=

alle Geldsendungen an die Adresse des Genossen A. Gerisch, Hamburg   Eimsbüttel  , Eichenstr. 4, I.

zu senden.

Genoffen, die unsere wiederholt bekannt gegebene Adresse hartnäckig ignoriren, haben sich die Verzögerung der Erledigung ihrer Angelegenheit selbst zuzuschreiben. Hamburg  , den 16. Februar 1896.

Der geschäftsführende Ausschuß.

Freitag, den 21. Februar 1896.

hinaus.

Expedition: SW. 19, Benth- Straße 3.

sie

gespielten Trümpfen war endlich die vom Staats-| konnte die Uebereinstimmung dieser drei großen Kodifika sekretär in Aussicht gestellte Wirkung unseres neuen tionen eine verhältnißmäßig sichere Leitung bieten. Soweit einheitlichen Rechts über die Grenzen unseres Landes aber in diesen Kodifikationen verschiedene Säße herrschen, Die Spielerei, mit Weltreichs- und Welt so weit mußte im Interesse der Einheit des Ganzen das Deutschthumsgedanken scheint in letzter Zeit Mode zu kleinere und Schwächere zurücktreten!" Das preußische all­werden und erinnert in Betracht der Unfähigkeit unserer gemeine Landrecht stammt aus dem Jahre 1794 und gilt herrschenden Klassen, der Nation auch nur ihr eigenes zur Zeit für etwa 21 Millionen, der Code von 1804 für Haus wohnlich zu machen, start an jene Größenvahus- etwa 81/2 Millionen, das sächsische Gesetzbuch von 1863 für vorstellungen, die pathologisch dann aufzutreten pflegen, etwa 3/2 Millionen. wenn das Gehirn selbst der gewöhnlichen Arbeits- Es erübrigt nur die Ziehung der klarliegenden Konse verrichtung nicht mehr gewachsen ist. Sogar das ver- sequenzen aus diesen Thatsachen und dem von der pönte Wort des Prestige" ist in die Verhandlungen Kommission eingeschlagenen, der Gegenwart abgekehrten geworfen worden. Wovon lenken alle diese Verfahren, um einzusehen, wie wenig dasselbe geeignet war, Scheingründe ab? Von dem wirklich vorhandenen die natürlichen Gesetze" der Gegenwart gesetzgeberisch zum einzig zulänglichen Grunde einer Kodifikation, nämlich der Ausdruck zu bringen. Plato   hat behauptet, wenn Menschen, Reformbedürftigkeit der bestehenden Rechts- von ihrer Geburt in einer Höhle eingeschlossen, nur die zustände, die freilich die herrschenden Klassen nicht an Schatten der Dinge an der Wand gesehen hätten, so müßten wollen. Lothar Bucher   schrieb: Die Maschine, Fabrit, Ding und das Ding für den Schatten halten. So mußte erkennen, der Reform, die sie nicht gewähren sie, den Dingen gegenübergestellt, den Schatten für das Landwirthschaft wird am besten arbeiten, die mit der voll- es auch der Kommission ergehen, nachdem ständigsten Benutzung aller bekannten Naturgeseze eingerichtet prinzipiell ihren der Gegenwart abgekehrten Stand­ist. Also dürfte auch wohl die Gesellschaft um so vollkommener punkt gewählt hatte. Als sich nach Fertigstellung sein, je mehr die Regeln, welche das Verhalten der Mitglieder des ersten Entwurfs selbst aus dem Lager der herrschenden bestimmen, den natürlichen Gesetzen des Menschen und der Klassen aber Stimmen gegen die zahlreichen Unbilligkeiten Gesellschaft entsprechen." Seit hundert Jahren hat Deutsch  - und Anachronismen, die theils unbeabsichtigt, theils ab­lagen sämmtlicher privatrechtlichen Verhältnisse den un- weise an den vorgeschlagenen Rechtssat des: Kauf bricht geheuersten Wandel durchgemacht, damit sind also die Miethe! erhoben, da begann in der Juristenwelt jenes Selbst die chauvinistische Note ist von den Regierungen natürlichen Gesetze" andere geworden und diefe zu erbetäubende Geschrei von der sozialen Ausgestaltung des nicht ganz verschmäht worden. Der Staatssekretär des gründen, ist die Aufgabe des Gesetzgebers. Sonst wird ersten Entwurfs durch die Revision der zweiten Rom­veraltetes Recht neu stabilirt auf Kosten jener mission, Reichs- Justizamtes hält die Herrschaft des französischen   nur von dem sich, soweit uns bekannt, an Zivilrechtes im Westen Deutschlands   für national be- Harmonie des geseglichen und natürlichen Rechts, namhaften Rechtsgelehrten nur Gierke und Menger schämend und nachtheilig für die Rechtspflege jenseits die der Zweck aller Rechtsordnung ist, und die Gefahren ganz unbeeinflußt erhalten haben, haben, und in welches unserer Grenzen geboren, finde es jenseits derselben seine der bereits vorhandenen Gegensätze werden umsomehr ge- Professor Sohm in einem vor der Berliner   juristischen naturgemäße Entwicklung". Nun haben allerdings die fünf steigert, je dauerhafter der Neubau ist. Wie häufig diese Gesellschaft gehaltenen Vortrage auf das lebhafteste ein­französischen Codes ihren Einzug in die preußischen funktionelle Seite" des Rechts- und zwar gerade von den stimmte. Dieses enfant terrible der verbündeten Regie­Rheinlande, Rheinbayern und Baden unter der Juristenübersehen wird, hat bereits Jhering erkannt), und rungen hat aber wider Willen durch seine Dornröschen­französischen Fremdherrschaft gehalten, bereits in doch er würde es schwerlich für möglich gehalten haben, daß ein rede) im Reichstage enthüllt, was im innersten Kerne den den Vorjahren der Märzrevolution war dieses gewiegter, über dem Durchschnittsmaß der professionellen Gesetzgeber in seinem Verhältniß zum Rechtsleben bestimmt vermeintliche Fremdrecht in Deutschland   aber volksthümlich Bildung stehender Jurist als solchen sehen wir den hat: Die Rechtspersönlichkeit, gesehen wie ein allernationalftes Recht geworden. Ueber die Gründe Staatssekretär des Reichs- Justizamtes an mit Befriedi- im der liberalen Staatsidee. dieser keineswegs aus falsch verstandenem Patriotismus zu gung erklären konnte:" Soweit das allgemeine Landrecht, Zwar wenn die Vorbehalte des Einführungs­bedauernden Erscheinung ist man sich auch längst klar. der französische   Code, das sächsische Gesetzbuch Rechts- gesetzes entschuldigend sagt, das bürgerliche Gesetzbuch Für das Zivilrecht liegen sie darin, daß man thatsächlich fäße Rechtsanschauungen gemeinsam vertreten, regele das gemeine bürgerliche Verkehrsrecht, in dem Einheimisches, wenn auch in fremd gewordener Form" soweit durfte die Kommission mit einiger Sicherheit an fein Arbeiter und kein Bauer als solcher zu unterscheiden oor sich hatte, indem das diesem Recht zu Grunde nehmen, daß diese Dinge auch dem Rechtssinn und den An- sei, das Recht der abstrakten Privatperson- liegende ältere Gewohnheitsrecht des nördlichen Frank- schauungen des deutschen Volkes entsprechen; wenn man wenn er die Arbeiterfrage in der Hauptsache für reich eben ,, vollständig deutschen Ursprungs und zweifelhaft war, wie die Wahl getroffen werden sollte, so eine Frage der Lohnerhöhung hält- wenn er Charakters" war. Demnach ist die Rechtsentwicklung von keiner Arbeit, sondern nur von Diensten und Rechtspflege in den französisch- rechtlichen Gebieten einem philosophischen System blos von seiten seines geistigen bildeten einen großen Arbeiterstand von Dienern *) Derselbe sagt: Nichts ist verkehrter als ein Recht gleich wissen will: Alle, die dem Nächsten dienten, Deutschlands   auch völlig deutsch, und wenn Herr v. Stumm Gehaltes, feiner logischen Gliederung und Einheit zu beurtheilen. Der Nation dem Staatssekretär entgegnete, das Recht Frankreichs  " Möge es unter diesem Gesichtspunkt immerhin als Meisterstück das bürgerliche Recht beruhe auf genire ihn gar nicht, so fönnen wir ihm darin ausnahms- erscheinen, so ist doch damit über seinen wahren Werth noch in weise beipflichten. Noch schlechter und vielleicht der keiner Weise entschieden; letterer liegt in seinen Funktionen d. h. schwächste von allen zu Gunsten der Kodifikation aus in seiner praktischen Brauchbarkeit.

Das bürgerliche Gelekbuch vor land in allen wirthschaftlichen und damit in den Grund- fichtlich mit untergelaufen waren, man denke beispiels dem Reichstage.

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II.

Clokilde.

( Nachdruck verboten.)

Roman aus der Gegenwart von

H. W. M. von Walthausen.

-

Er setzte sich an ihr Bett sie schlief fest, träumte von ihm. Er überlegte, daß es am besten sei, wenn er das Zimmermädchen herbeirief und selbst in die Apotheke ging. Oder trieb es ihn hinaus um zu sehen, wer der Mann da unten war?

Er saß noch immer an Clotilden's Bett und horchte auf ihre Athemzüge. Sie waren ruhiger geworden, ein wohlthätiger Schweiß schien ihr Linderung und Ruhe zu bringen. Sie schlief fest.

Jett konnte er es wagen, Beistand herbeizurufen und das Mittel zu holen, das die Macht der austürmenden Krankheit mildern sollte.

Er nahm ein Licht von dem Armleuchter, öffnete leise die Thüre, ging hinaus, stieg die Treppen hinab und wollte den Portier klopfen, als ihm dieser schon entgegenkam, um einen Hotelgast einzulassen.

und

warten, er werde unterdeß das Zimmermädchen wecken und zur Eile antreiben.

Langenberg trat aus der Thür und blickte sich überall forschend um. Er sah niemanden.

Beruhigt drückte er die Thüre ins Schloß und schritt wacker zu, um die über den Bach gelegene Apotheke schnell zu erreichen und das Rezept bereiten zu lassen.

Als Langenberg sein Zimmer verließ, erwachte Clotilde. Sie richtete sich auf- sah sich allein und sprang mit einem schnellen Entschluß aus dem Bett.

Sie kleidete sich nothdürftig an und warf ein graues Tuch über den Kopf. Dann huschte sie aus dem Zimmer und tappte im Finstern die Stiegen hinunter.

Was hatte sie vor? Handelte sie unbewußt im Fieber­anfalle? Oder hatte sie bemerkt, daß ihr Mann fort ging? Wollte sie in Besorgniß ihm nacheilen?

Sie kam unbemerkt aus dem Hotel und lief eiligen Schrittes die Lichtenthaler Allee entlang.

Sie tam nicht weit, ein Fieberfrost durchschüttelte sie so arg, daß sie niederstürzte und besinnungslos auf der Straße liegen blieb.

35.

Zur Hausthüre trat dann ein Mann herein, den Langen- Wie wir wissen, war zur Zeit, als Dr. Langenberg berg von der table d'hôte als Mitbewohner des Hotels mit seiner Frau im Kursaale am Roulett stand und spielte, tannte. Das war also wohl der Mann gewesen, den er auch Theodor von Rürdorf dort anwesend. vom Fenster aus gesehen.

Sein Schwager, der Oberförster v. d. Mühlen war Langenberg ersuchte den Portier, er möge sofort das mit seiner Frau, der Schwester Rürdorfs, zu dem im Bade­Zimmermädchen aufwecken und es unverzüglich seiner orte anwesenden Oberjägermeister v. M. eingeladen. Fran, welche frant geworden, zur Pflege für die Nacht In einem Zweispänner fuhren sie von Burg Eberstein  schicken. Er wolle indeß nach der Apotheke eilen. Auch nach Baden und Theodor fuhr mit, um einige befreundete möge der Portier Obacht haben, ihn sogleich einzu- Dekonomen im Konversationshause zu sprechen. Laffen. Im Restaurant, nahe am Hotel d'Angleterre, wollte Theodor Der Portier bedeutete dem Herrr Doktor, deshalb jetzt mit Schwager und Schwester wieder zusammentreffen, um die Hausthür nur einzuklinken, so brauche er nicht zu mit ihnen zurückzufahren.

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Lichte

-

er

*) Sohm verglich das Recht des Entwurfs mit dem schlum­mernden Dornröschen des Volksmärchens.

An der Brücke stieg Theodor aus.

Der Oberförster fuhr weiter nach der Privatwohnung des Oberjägermeisters, die sich an der Lichtenthaler Allee befand. Theodor ging in den Kursaal.

Hoffte er dort noch jemand zu sehen außer seinen Freunden?

Es schien so. Kaum eingetreten in den Saal, wendete er sich links zum Pharao.

Ein weißer Hut, unter dem ein jugendlicher Blondkopf hervorlächelte, wurde für ihn zum leuchtenden Magnet. Rüydorf erkannte Clotilden.

Er stellte sich so, daß er sie sehen und nicht von ihr gesehen werden konnte. Er achtete nicht auf das Spiel, er blickte nur nach ihr, um so mehr weil er bemerkte, daß der Polizeirath sie sammt ihrem Manne scharf beobachtete.

Er hatte sich oft gewünscht, sie einmal wiederzusehen und nun sah er sie so nahe, freudestrahlend, in kindlicher Unbefangenheit an der Seite eines anderen.

-

Ein Gemisch von Wehmuth und Freude durchzuckte ihn, als er sein ewig verlorenes Lieb so lebensfroh vor sich sah. Durch eine Bewegung seines Vordermannes wurde Rürdorf sichtbar.

Er merkte dieses erst, als Clotilde mit Langenberg zu gleich ihre Blicke ihm zuwandten.

Schnell kehrte er sich um und verließ eilig den Kursaal. Er war erkannt, bemerkt worden, und den stechenden Blicken Langenberg's zufolge in unliebsamer Weise. Er unternahm einen Rundgang durch die hell erleuchteten Anlagen, um nach seinen Freunden zu suchen.

Der schöne Abend hatte viele Badegäste hergelockt. Die Tische vor dem Kurhause waren stark besetzt. Eine fremdländische Kapelle konzertirte und spielte eben die Ouvertüre aus der Oper Die diebische Elster  ". Unter den Laubgängen promes nirten viele Fremde. ( Forsehung folgt.)

"