Einzelbild herunterladen
 
  

Oer Shearer-Skandal. Was die Untersuchung ergibt. Washington . S. Oktober.(Eigenbericht.) Was sich hinter den Kulissen zwischen den führenden amerika - Nischen Schifssbauern und ihrem famosenMarincexperten" William S h e o r c r abgespielt hat, wird wohl selbst der U n t e r s u ch u n g s- ausschuh des Bundessenats niemals genau erfahren. Immerhin genügt schon die unumwunden zugegebene Kostprobe, daß Sheorer nach einer hastigen Konferenz mit vier Schwerindustriellen im März 1927 auf einen Schnelldampfer gesetzt und so schnell als möglich nach Genf geschickt wurde, um dort die Konferenzen zwischen den Seemächten zubeobachten" und an seine Zahler, die sich ihren Berichterstatter eine ungewöhnliche Summe Geldes kosten liehen, zu berichten. Ob Shearer Aufträge gehabt hat, gegen die Konferenzen zu propagieren und ihre eventuellen Erfolge zu hinter- treiben? Gott bewahre, an solche Dinge haben die amerikanischen Schiffswerften und Rüstungsindustrien niemals gedacht, man wollte nur Verhandlungsberichte" haben. Als der Aussichtsrat der Bethlehem - Stahl- Korporation, mit dem friedliebenden Stahlkönig Charles Schwab an der Spitze, schließlich merkt«, dah die Genfer Mission ihres Marineexperten ungewünschte Aufmerksam- keit auf sich zog, ist er nach der Zahlung von knapp 5 9 9 0 9 Dollar Knall und Fall entlassen worden! Wie dem auch sei, die Tatsache ist nicht abzuleugnen, daß mit dem r«ichlichen Geld der amerikanischen Rüstungsindustrie d a u e r- hafte Fäden gegen alle in den letzten Jahren gemachten Abrüstungsversuche gesponnen worden sind. Es hat den Anschein, als wenn Präsident ch o o v e r und Senator D o r a h den dringenden Wunsch haben, in die dunklen Gänge dieser Rüstungsoerschwörungen hineinzuleuchten und die Drahtzieher zur Verantwortung ziehen zu lassen. Ob das jedoch möglich ist? Der Anspruch Shearers auf 269 900 Dollar gegen die Schiffswersten für angeblich geschuldete Summen ist dabei vorläufig von geringstem Interesse. Shearer ist natürlich alles daran gelegen, die Industriellen vor der öffentlichen Meinung in schwerster Weise zu belasten, und das ist ihm durch die Tatsachen, die ihre eigene Sprache sprechen, wirksam gelungen. Sogar Schwabs Behauptung, er hätte Shearer niemals gekannt oder mit ihm verhandelt, konnte durch Shearers Anwalt mit der Gegenbehauptung. Schwab selbst hätte mit seinem Klienten im Jahre 1927 über die Genfer Konferenzen und Seeabrüstung verhandelt, wirksam entkräftet werden. Immerhin soll man sich über das Ergebnis dieser Art parla- mentarischer Untersuchungen keine Illusionen machen. So- lange das System der Vergebung von Rüstungsaufträgen und der Subventionierung der Rüstungsindustrien besteht, wird es sich nie vermeiden lassen, daß interessierte Gruppen sich ihre Pro- paganda und die dazu benötigten Vertrauensleute eine Stange Gekd kosten lassen, um Schädiguckgen ihrer sogenannten wirtschaftlichen Interessen vorzubeugen. Di« im Zusammenhang mit der Rllstungs- Propaganda vor dem Senatsausschuh aufgedeckte Beeinflussung der amerikanischen Handelsflottengesetzgebung ist im Kern der Dinge auch nichts anderes. Geht es eben nicht mit Kriegsschiffen, so muß es mit Handelsschiffen, deren Bau und den zur Verteilung ge- langenden Milliardensubventionen gehen. Die Herren Schwab, Bardo, Grace, Shearer und Konsorten tauschen verständnisvolles Augurenlächeln aus, und wenn Shearer bei der Aussage des Präsi­denten Bardo der New Park Shipbuilding Company, die ihm II n- f ä h i g k e i t vorwarf, im Angesicht der hohen Senatswürdenträger in nicht endenwollendes Gelächter ausbrach, so wußte er wohl, warum er lachen mußt«. Räumungsbeginn 3. Zone. Ein Drittel der Befatzvngsttuppe marschiert ab. Paris . 5. Oktober. (Eigenbericht.) DieAktion Franraise" weiß zu berichten, daß die Räumung der dritte» Zone schon in den nächsten Tagen beginnen werde. Sämtliche, in der dritten Zone liegenden Jnfanterieregimenter müssen bis zum 15. Okto­ber eines ihrer Bataillone nach Fsrankreich zurück- schicken, wo diese als Rekrutendepots dienen sollen. Bon den sechs in der dritten Zone liegenden Jäger- bataillonen werden drei ausgelöst, und zwar das 19. in Trier , das 3. in Kreuznach und das 11. in Kaisers- lautern. Die übrigen drei werden zu einem Infanterie- regiment zusammengelegt werden. daS ebenfalls ein Bataillon bis zum 10. November nach Frankreich zu schickem hat. Das 810. Tankregiment in Mainz wird Ende Oktober nach Nancy verlegt. Die Artillerie-, Kavallerie« und Traintruppen werden ebenfalls um ein gutes Drittel vermindert werden.

Gerbische Grenzsperre. Feldbestellung verboten. Sofia , 5. Oktober. (Eigenbericht.) Die serbischen Grenzbehörden haben in Berbindung mit den angeblich von bulgarischen Komitaffchis verübten Attentaten auf die Bahnlinie Pirot Zaribrod die Westgrenze zwischen Dragoman und Zaribrod gesperrt. Zahlreichen Grenzbauern ist der Grenzübergang auch zur Feldbestellung streng v e r- boten. Die neue Grenzsperre wird in Sofia als schlechtes Vorzeichen für das Schicksal der am Donnerstag unterzeichneten Piroter Ab- kommen angesehen. Man bezeichnet die stch häufenden Belgrader Meldungen über Grcnzattentate alz wenig glaubwürdig, die Attentats als offenbar inszeniert.

Bombenanschläge in Argentinien . In Rosario explodiert« in einem Straßenbahnwagen eine Bomb« und verletzte fünf Fahrgäste. Auch in Buenos Aires ist wieder einer der so häufig gewordenen Bombenanschläge zu verzeichnen. Die Bombe, die in einer Garage explodierte, verletzte jedoch niemand. Araberstreik in Jerusalem . Als Protestmaßnahme asqen die Verurteilung von Arabern, denen Teilnahme an den kürzlichen Unruhen in Palästina nachgewiesen wurde, ist von der arabischen Bevölkerung beschlossen worden, am kommenden Mittwoch einen eintägigen Proteststreik durchzuführen. verschrottete Kriegeschisse. Das oustralifche Marineministerium gibt bekannt, daß fünf Kriegsschiffe, die bisher dem Reserve- geschwoder angehörten, eingeschrottet werden. Es handelt sich um vier Zerstörer und einen früheren Kreuzer. Goldwährung in der Schweiz . Das Finanzdepartcmevt schlägt vor. das Prinzip zur Einlösung der Banknoten gegen Goldmünzen wieder aufzunehmen und den Bundssrotsbeschluh vom Jahre 1914 aus- u heben. Dies bedeutet, daß die Nationalbonk sich verpflichtet, Noten gegen Goldmünzen einzulösen.

Wie der nationale Mann die Kunde vernahm.

»Er ist also tot, der Landesverräter!"

»Wirtlich, mausetot!41

Iean, bringe mir Eut und Zylinder.

»Ich nehme von Amts wegen an der Beisetzung teil!4'

Englisch -amerikanischesThoiry". Besprechung Hoover-Macdonald im Wochenendhaus des LlGA.-Präsidenten.

Washington , 5. Oktober. Macdonald stattete heule formelle Besuch« bei dem Vize. Präsidenten Curtis, dem Präsidenten de» Obersten Bundes gerichts- Hofs Taft, dem Präsidenten de» Repräsentanten Haufe, Long- worth und dem Staatssekretär S t i m f o n ab. Mit diesen hatte der Premierminister in Gegenwart de» britischen Boffchafter» eine längere Unterredung. Räch dem Mittagessen fuhr Macdonald mit seiner Tochter und Sir vansittart zum Weißen hau», von wo die englischen Gäste mit h o o v e r und dessen Familie sowie mit Staatssekretär Stimson in Automobilen die Fahrt noch dem Wochenendhaus des Prä- sidenten muralen.

Stimson stellte heute der Mission Macdonald ein günstiges Horoskop, indem er erklärte: wir haben berellseineGrund. läge für eine offene und freundschaftliche Aussprache gesunden. Auch Churchill für Seeabrüstung. Chikago, 5. Oktober. Auf einem ihm zu Ehren veranstalteten Bankett sprach Winsta» Churchill über die Seeabrüstung. Er sagte u. a., ein derartiger Vertrag würde ein für allemal dem lächerlichen, unnatür» lichen Derfahren ein Ende machen, mit Kriegsschifsen zn wiegen und mit Kanonen zu messen.

Zersetznngsschristen. Hochverrat durch Berleilung kommunistischer Schristen. » Leipzig , 5. Oktober. Das Reichsgericht verurteilte heute nach zweitägiger Berhand- lang den 39 Jahre alten Zimmermann Emil Mötsch aus Küstrin- Neustadt wegen Vorbereitung zum Hochverrat nach Z 86 StrGB. in Tateinheit mit einem Vergehen gegen Z 7 des Republikschutzgesetzes zu einer Festungsstrafe von einem Jahr und 100 Mark Geldstrafe. Wolsch, der Vorsitzender der Kllstriner Ortsgruppe der KPD . war, stand unter der Anklage, kommunistische Zersetzungsschriften, namentlich die BroschüreMan liebt den Berrat und verachtet den Verräter" an drei Reichs- wehrfoldatcn verteilt zu haben. Der Angeklagte de- stritt zwar, der Täter zu sein, wurde ober durch die Zeugenaus- sagen als überführt angesehen. Der Reichsanwalt hatte ein Jahr sechs Monate Festungshaft beantragt. * Preisfrage für das Reichsgericht: War der bekannte Brief des Herrn v. Gaza eineZersetzungsschrift"? Ist gegen die berüchtigte ZeitungLandvolk", die ganz unverhohlen die Reichswehr zum Eidbruch, zum Putsch gegen die Verfassung aufforderte, ebenfalls ein Verfahren wegen Vorbereitung zum Hochoerrat eingeleitet worden?

Die Monarchie behauptet sich. Rumänische Königin-Witwe als Mitregenttn. Bukarest , 5. Oktober. Die M argen blätter sprechen zum erstenmal offen von der Mag. lichkeit eines Ablebens des Regenten Buzdugan und werfen die Frage der Nachfolge auf. Die Königinwitwe Maria, der frühere Generalquartiermeister General P r e s a n, der Präsident des Kassationshofes R i k u l e s k u und der frühere Ministerpräsi» dent Prinz B a r b u Stirbey werden als Nachfolger genannt. Die größte Wahrscheinlichkeit dürfte bisher für den Eintritt der Königinwitwe in den Regentschastsrat bestehen. In diesem Fall« dürste der Prinzregent Nikolaus das Oberkommando der Armee übernehmen, dos feit dem Tode des Königs Ferdinand un- besetzt geblieben ist. Zur Vermeidung joder politischen Krise bei Neuregelung der Regentschaft wird sich Ministerpräsident M a n i u, w>ie er ausdrücklich erklärte, hierbei nicht nur streng an die Ver» fasstmg halten, sondern sich auch nach Möglichkeit mit allen P a r- t e i e n ins Einvernehmen setzen. Die Wahl des neuen Regenten dürfte durch einen besonderen nationalen Rat unter Hinzuziehung von Vertretern sämtlicher Parteien, aller früheren Ministerpräsi- deuten, von Vertretern der Krone und der Regenten erfolgen, um nachträglich durch das Parlament ratifiziert zu werden.

S.Reichs-Gchulmusikwochein Hannover Die 8. Reichs-Schulmusikwoche in Hannooer war Sonnabend nachmittag programmäßig beendet. Don den reichen Anregungen und Ergebnissen der ersten Wochenhälfte ist imVorwärts" berichtet worden. Der Donnerstag war fast ganz durch eine gemeinsame Fahrt nach H i l de s he i in ausgefüllt, die als berühmte alt« Pflege- stättc des Gregorianischen Chorals den Besuchern in dem sachlich tief fundierten Vortrag des Pater Johner überW ort und Ton im Gregorianischen Choral " sowie in den ausgezeichneten Darbietungen des Hildesheimer Modrigalchors und des Bischöflichen Chorolchors Außerordentliches und Wahrhafttohnendes zu bieten ver- mochte. Der vorletzte Tag war vor allem dem wichtigen Thema der pädagogischen Akademie gewidmet, deren eminente Wichtigkeit gerade auch für die musikalische Lehrerausbildung gebührende und not- wendig« Würdigung erfuhr. Der Abend bracht« dann auch ein künst- lerisches Ereignis: die von der Stadt Hannover im Stadttheater ver- anstaltete Aufführung der OperDon Gil von den grünen Hosen" von Walter Brounsfeld: ein Werk der liebenswürdigen, heiteren Gattung, das Lust am Spiet und echte Laune im seltensten Maße verbindet. Ein. lebendiger, erfreulicher, wahrhaft erhebender Theaterabend mit den vortrefflichen Kräften des Hause» unter Generalmusikdirektor Rudolf Krasselts überlegener Führung und Dr. Winckelmonns vorbildlicher musikalisch inspirierenden Jnszeme- rung mit höchstem Maßstab gemessen«ine Ausführung von durch- aus festlichem Niveau.

Dem letzten Tag blieb die Behandlung und Klärung des heute vielleicht wichtigsten Fragskomplexes Gemeinschaftsmufik und Musikgemeinschaft vorbehalten. Die einschlägigen Referate von Professor Moser(Berlin ) und Oberregierungsrat Wickel(Weimar ) führten zu dem höchsten Puntt des Tages und der Tagung überhaupt: dem Vortrag des Ministerialrats Leo Kestenberg überProbleme der Musikorgani. s a t i o n". Die Ausführungen des Redners unterbrach an mehreren Stellen laute Zustimmung insbesondere als er mit erhobener Stimme betonte, daß alle Vorsätze und alle Anstrengungen der ver- einton schulmusikalischen Rechte nicht allein zum Ziele führen können. solange weite Kreise und einflußreiche Stellen sich dem Verständnis der Mitverantwortung, die von ihnen zu fordern ist, verschließen. Auf das bedeutsame Reserat werden wir noch zurückkommen. Die anschließend vorgesehene Aussprache, durch di« das Gehörte in seiner Wirkung abgeschwächt worden wäre, unterblieb aus spontanen Wunsch der Versammlung. Im gleichen Sinne wurde von der Fassung einer Resolution abgesehen auch das im Sinne des Redners, der darauf hinwies, daß es heute weniger auf allgemeine Enffchließungen ankommt als auf entschlossene Aktivität jedes ein- zelnen. In seiner Schlußansprache sprach Leo Kestenberg für das Zustandekommen und den erfolgreichen Verlaus der 8. Reichs-Schul- musikwoche allen Beteiligten, an erster Stelle der Stadt Hannover und ollen Behörden, den Dank der Veranstalter aus und faßte rück- blickend die wichtigsten Ergebnisse der Tagung zusammen. tüaus Fringsheim.