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Sonntag

6. Oftober 1929

Unterhaltung und Wissen

Andreas Latzko : Am Ende der Welt

Eine Irawaddyfahrt

Wer hat es in seiner frühen Kindheit nicht geglaubt, daß dort, wo Himmel und Erde sich berühren, die Menschen ihre Beine ins Nichts baumeln lassen und so ausrasten von dem anstrengenden Marsche an den Rand der Welt. Und es gibt auch wirklich einen folchen Ort, das fleine Eingeborenendorf Bham o an der chine sisch- hinterindischen Grenze, rund tausend Kilometer stromaufwärts von der Mündung des Irawaddy . Wer dort an den winzigen Holzhäuschen vorbei bis zu dem Stein vordringt, dessen nördliche Hälfte den Eintritt in das Reich der Mitte verkündet, den muß, auch wenn er ein abgebrühter Weltenbummler ist, ein leises Schwindelgefühl erfassen, als fönnte er hinunterfallen von der Erde, hinaus in das Nichts!

Wie weit man auch gereist sein, wie viel Meere man auch überquert haben mag, auf See ist man doch immer in Europa , ein Ozeandampfer ist eine schwimmende Kleinstadt, die Furche hinter der Schraube verbindet wie eine Nabelschnur alles an Bord; Sprache, Verkehr, Tisch und Lager täuscht ein abgebrödeltes Stüd chen Heimatboden vor mit allen Bindungen und allen Schranken des Lebens auf dem Festlande.

Auf den kleinen Raddampfern, die Unter- und Oberbirma mit der Hauptstadt Rangoon , dem einzigen Seehafen des Landes, ver­binden, sind die Reisenden ungleich unabhängiger, eng zusammen­

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gepfercht auf dem schmalen Deck haben sie doch weniger mitein­

ander zu schaffen als auf der Fahrt über den Ozean. Statt zwischen Wasser und Himmel im geschlossenen Käfig zu schaufeln, gleitet man langsam zwischen den beiden Ufern dahin, die Dekorationspracht der Palmenwälder und des Dschungels wird abgerollt, unbekleidete oder halbnackte Menschen schöpfen Wasser, treiben Büffel in den Strom, graben Kanäle zu ihren Reisfeldern, liegen betend vor den Pagoden, führen wie ein Schauspiel ihr fremdartiges Leben auf, ohne aus der Rolle zu fallen, wenn das gewohnte Stampfen des Dampfers das Borbeiziehen eines fremben Planeten anfündigt.

ihre wenigen Bewohner verhungern ließe, verschafften sie sich nicht auf dem ungeheuren Umweg über den Kunsthandel der gesegneten Endteile das nötigste, ihr farges Dasein zu fristen.

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Beilage des Vorwärts

Welches Erstaunen, nein, welcher Schreden, als der einzige Mitreisende deutscher Zunge, ein äußerst gesprächiger Württem berger, tatsächlich zurückbleibt, ruhig auf dem Landungssteg steht, während der Dampfer schon den Anker lichtet! Aber der tapfere Schwabe forcht sich nit, sieht die Taue lösen und erklärt lachend, er nächtige bei seinem Geschäftsfreunde, den er alljährlich um die Frühlingszeit besucht, weil Bhamo der wichtigste Marktplatz des Orchideen handels sei!

So aufgeklärt begreift man nachträglich erst, was die seltsamen hölzernen, grün behängten Ampeln zu bedeuten hatten, die dicht nebeneinander unter den vorspringenden Giebeln jedes einzelnen Holzhäuschens baumelten, die ganze Dorfstraße entlang! Auch auf dem Heck des Schiffes zeigt der Matrose mit seinem breiten malayi­schen Grinsen eine Ladung" dieser kostbaren Schmarogerpflanzen, funstvoll in faulende Holzklöße eingepflanzt, die sie unterwegs ver­zehren. Alsbald meldet sich auch ihr Eigentümer, ein Franzose, der für die Talfahrt die Kabine des Württembergers bezog, er freut sich, dem Konkurrenten zuvorgekommen zu sein, und bestätigt, mit leiser Verachtung für unsere Unwissenheit, daß Spezialreisende der Branche in regelmäßigen Abständen nach Bhamo kommen, den Blumenhandel der reichen Großstädte, die Kristallvasen und Winter­gärten der Kenner mit den schönsten, seltensten und kostbarsten Orchideenarten zu versorgen.

Auf zwei Arten können die Schöpfungen der einsamen ,, Künst­ler" aus Mittelasien in die Vitrinen und auf die Kaminsimse der reichen Sammler gelangen: nach Europa fahren sie den Irawaddy hinunter, werden in Rangoon auf den Dampfer nach Singapore umgeladen und dort von einem heimfahrenden Ostafiendampfer übernommen. Wird, das erstarrte Wellenmeer von kahlen Sand­hügeln, statt auf der südwärts führenden Karawanenstraße in der Richtung nach Osten durchquert, dann übernehmen die Flößer im Quellengebiet des Pangtse Kiang die Ladung, natürlich nur für die Strecke, bis der Strom schiffbar wird, den Rest des fünftausend Kilometer langen Wasserweges bis zum Hafen von Schanghai be­wältigt auch auf dem Yangtse die Dampschiffahrt. Sieht man in der engen Straße, zwischen den Holzhäuschen, die in einem Schweizer Gebirgsdorf oder an einem norwegischen Fjord stehen Rubinen, chinesische Nippes und Orchideen! könnten, die Karamanentreiber herumlungern, für die das ver­lassene Nest den nächstliegenden Marktplatz, die Verbindung mit der Welt bedeutet, vergewissert man sich unwillkürlich mit einem Blick nach dem Landungssteg, ob der Dampfer nicht am Ende schon abfährt, durchschauert von der Vorstellung, allein zu rückgelassen zu werden, am Ende der abgerissenen Wasserstraße, am äußersten Punkte, den der Weltverkehr noch berührt.!

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Denkt man noch den Perlenfischer hinzu, der vom Meeresboden die schimmernden Körnchen herausholen muß, tönnte man beinahe Respett bekommen vor dem weitausgreifenden, vielgliedrigen Mecha­nismus, der über und unter der Erde, bis zum Oberlauf des Ira­waddy und dem Quellengebiet des Yangtse, den ganzen Globus und die Tiefen der Ozeane absucht, von der mächtigen Ueberland­

zentrale des Reichtums in Gang gehalten.

A. Soritsch: Der Automat

Diesen Frühling wurde in der Kleinstadt Bude beschlossen, einen ideologischen Automaten aufzustellen. Er war von einem dortigen Erfinder konstruiert, und zwar in Form einer tonter­revolutionären Hydra, die von einem Bäcker mit einem roten Stern auf der Brust Sinnbild des Proletariats niedergeschlagen wurde. Die Brotbäckerei repräsentiert nämlich in Bude die Schwer­industrie. Die Hydra wand sich unter den Schlägen des Nudel­holzes, und der Bäcker mit wütendem Gesicht hieb mit der einen Hand auf die Hydra ein, und mit der anderen hielt er ein Gewerk­

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Tausend Kilometer tief spaltet die zitternd stromaufwärts schwebende Nafe des Schiffes das Land, legt immer neue Quer­schnitte vor das Fernglas, wie der Gelehrte seine Batterienzucht unter dem Mitroftop, so fachlich unbeteiligt beobachtet der Euro­päer den Kampf der Eingeborenen um ihr Dasein, zuerst unter der mörderisch nahen Feuerquelle der Tropensonne, gegen das zäh sich wehrende Dickicht des uferlosen subtropischen Waldgebietes später, und noch weiter nördlich, schon am Rande der mongolischen Geschaftsmitgliedsbuch; diese Hand streďte er nach Osten. Das ganze bingsländer, unter der Erde, in den aufgerissenen Flanten der un­bemadysenen Sandhügel.

sollte ein Symbol sein für den aus dem Klassentampf siegreich her­vorgegangenen, organisierten Proletarier, der nun zum Lichte eines neuen Lebens strebt.

Nicht die verlassenen, funstvoll geschnitten und vergoldeten Holzpaläste der Könige, die englisches Protektorat" um Land und In die Deffnung mußte ein Groschen hineingeworfen werden, Krone brachte, nicht die mit vollen Händen in die Landschaft ge- und dann bekam man einen Schokoladenriegel, in rotes Papier fäten Bagoden, nicht die größte Glocke der Welt, das wertvolle, eingewidelt, mit einer Aufschrift, die dazu aufforderte, eine In­unvergeßliche Erlebnis der Jrawaddyfahrt ist der Querschnittdustrialisierungsanleihe zu zeichnen, und die Technit des verfaulten, tapitalistischen Europa zu überholen.

Triton gegeben richt die größte Cloche der Welt,- das wertvolle,

der tiefe Einblick in das langsam sich wandelnde Verhältnis zwischent Mensch und Natur, das Berarmen des Bodens und das immer härtere Ringen um Nahrung, je länger die Mittagssonne den Schatten des Schiffsschornsteines auf das Berbeck zeichnet!

Bis nördlich Mandalay , der ausgestorbenen Residenzstadt, martet hochgeschichtet der Ertrag der Reisernte auf die talwärts fahrenden Dampfer, Reis und Baumwolle machen die Aktionäre der Irawaddy- Flottille bezahlt. Senkrecht zum Strombett durch­quert eine winzige Schmalspurbahn das Land, um von den Plan­tagen der großen englischen Webereien die zum Bersten gefüllten Säde herbeizuschaffen, an die Haupteinladestelle, genau mitmegs der befahrenen Strecke. Dann beginnt der hochschäumende Wald­schopf der zadigen Palmentronen zu verebben, der krauje Teppich, wie Moos aus Gulivers Riesenwelt turmhoch über den Boden ge= breitet, wird allmählich undicht, immer häufiger durchbohrt von Baumriesen, die als alte Bekannte aus den gemäßigten Zonen den Europäer grüßen. Hier schreitet der Mensch nicht mehr mit ge­öffneter Hand über die Felder; statt vertrauensvoll die Reisförner in den Boden zu streuen, umfrallt er Hacke und Beil, haust als Holzfäller in den Wäldern oder steuert mit Gefährdung seines Lebens die Flöße aus Edelholz über die Stromschnellen, um so die Handvoll Reisförner zu verdienen, die unter diesem Himmels strich das tägliche Brot bedeuten.

Noch weiter nördlich, bei der Station Mogot, verschwindet auch der Wald, die steilen Ausläufer des zentralasiatischen Hoch­landes schnüren den Strom immer enger, nadt, zerrissen gähnen die sandigen Schluchten, und der Mensch muß unter die Erde, muß als Maulwurf tief in ihren Schoß, baut Stollen und durch wühlt ihre Eingeweide, um seine Nahrung zu finden. Was er heraufholt aus der Grube, braucht einen weiten Weg, wird erst zu Geldwert unter Menschen, die im Ueberflusse leben, denn die Mine von Mogot ist die ergiebigste Rubinmine der Erde, ver­sorgt die Schaufenster der Rue de la Pair in Paris mit den schönsten, blutroten Edelsteinen. Welcher, Kreislauf, heiliger Himmel, welche Distanz, von den ungewaschenen, lehmigen Tagen der Shan- Beute, die vor ihren Bretterbuden hockend das Feuer unter dem Reis­topf schüren, zu den zarten Gelenken, die zu schmüden die roten, Kristalltrepfen berufen sind!-

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Geht man dann endlich in Bhamo an Land, versäumen es die mitreisenden Engländer nicht, auf die verfallenen, morschen Balli­saden hinzuweisen, die früher als Schutz gegen die Einfälle chine sischer Räuber den ganzen Ort umzäunten. Sicherer als diese ein­heißt es gerammten Holzpflöde beschütze die Protektion Britannias die Völker, die sich ihr anvertrauen. Statt als Plün derer über die Grenze zu stoßen, bringen die Chinesen jetzt ihre Baren an den Landungssteg, die ganze Provinz Münan benutzt den nur tausend Kilometer langen Wafferweg des Iramaddy als türzeste und bequemste Verbindung mit der Welt. Zwei drei Wochen lang zotteln die kleinen chinesischen Pferdchen, beladen mit forgfältig verfchnürten Ballen, die Karawanenstraße nach Bhamo hinunter, durch das wasserarme, wenig bewohnte Hochland im Herzen Asiens . Mit einer Vorsicht, die befremden muß, wird die plumpe, unförmige Laft von den Pferdchen gehoben; je zwei Ma­trofen tragen, ohne Hilfe des Kranes, die Ladung unter Ded, be­hutsam, beinahe zärtlich, denn es sind funstvolle chinesische Schnikereien, Drachen und Gözen, groteste Fragen und ver fdmörtelte Fabelwesen, die streng nach überlieferten Vorbildern aus Elfenbein und Edelholz herausgeformt werden, hoch oben in den einsamen Hütten, wo Zeit fein Wertbegriff ist und die Erde

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Der Automat wurde am Sonntag aufgestellt, und die ganze Stadt versammelte sich auf dem Plaze, um das Wunder der Technik anzustaunen. Der Erfinder selbst erklärte und führte den Automaten vor. Die Groschenstücke regneten, und die Hydra, fürchterlich mit dem Schwanze um sich schlagend, arbeitete ununterbrochen.

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Ja schön" sagte der Stadtfrifeur Politarp Eremeewitsch, indem er einen Groschen hineinwarf und einen Schokoladenriegel herauszog, wenn ich nun aber einen alten Groschen hineinstecke, einen Nikolai, he?"

,, Ein Nikolai geht nicht durch," antwortete der Erfinder, ein Nikolai ist größer, und hier ist alles bis aufs Tütelchen ausge rechnet."

,, Wenn ich ihn aber mit dem Feiler ein bißchen abschleife?" Alle hörten interessiert zu.

lasse das nicht zu, ich werde mich auf dem Haupterfindungsamt beschweren!"

Die Konstruktion der Hydra mußte umgeändert werden, der Schlig wurde enger gemacht, so daß ein Herausziehen des Groschens unmöglich wurde.

Aber da stellte sich eine neue Unannehmlichkeit ein. Bengels fingen an, Zündhölzchen auf den Schwanz der Hydra zu legen, des gerade auf die Stelle, auf die das Nudelholz des Bäckers Sinnbilds des Proletariats fiel. Die fortwährenden Explosionen verbrannten und verunstalteten schließlich den Schwanz der Hydra. Der Schwanz wurde zugelötet, und zwei am Tatorte erwischte Bengels wurden, den übrigen zur Warnung, öffentlich verprügelt.

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Dieser Unfug hörte jetzt auf, dafür fingen aber die Kunden der Hydra an, mit ihren Taschenmessern ihre Autogramme in sie ein­zurizen. Zuerst war die Sache harmlos, man beschränkte sich ledig­lich auf Namen und Daten. Aber bald tamen derartig schlüpfrige Berse und Wize dazu, daß sogar der Stadtbrandmeister, der schon wirklich an Fachausdrücke gewöhnt war, beim Lesen schamrot wurden

Es blieb nichts anderes übrig, als das alles abzutragen, und die Hydra neu zu färben. Aber es stellte sich bald heraus, daß es sich auf der neuen Farbe noch viel angenehmer schnitte, und bald war die schöne Literatur, die den Automaten zierte, völlig wieder hergestellt. Noch einmal die Hydra zu färben war zu teuer, und man gab es auf.

Bald flaute jemand das Nudelholz des Bäckers und schraubte die aus grünem Glas gemachten fonterrevolutionären Augen der Hydra ab. Dann wurde dem Bäcker, mit scharfer, schwarzer Farbe, ein ungeheurer Wilhelmsschnurrbart angemalt und, Gott weiß wo­zu, die Ohren abgebrochen, der Hydra aber wurde das Maul mit Sand zugestopft und die Pfoten umgedreht.

Da wurde beschlossen, neben dem Automaten einen Schupo zu postieren. Aber während diese Frage in den Instanzen durchge­

,, Dazu braucht man ja einen halben Tag, dafür ist Ihnen doch arbeitet wurde, erbrach jemand in der Nacht mit dem Stemmeisen die Zeit zu schade."

den Bauch der Hydra und stahl die Schokolade, die Geldkassette und alle Schrauben und Winden, die zum Funktionieren. des Automaten nötig waren.

Ja, überflüssige Zeit haben wir natürlich nicht," sagte der Friseur ,,, aber somas auszuprobieren, ist doch interessant. Ich bin der Meinung, daß man bei dem Automaten einen Kontrolleur an­stellen müßte, damit er kontrolliert, sonst wird ein solcher Dreck hineingeworfen werden, daß ihn nachher zehn Pferde nicht weg­bringen." ,, Was ist denn das für ein Automat, wenn man ihm noch legt und in einer Scheune im Hofe des Magistrats abgeladen. einen Menschen beigeben muß?"

So blieb nur ein verunzierter, mit Schimpfworten bedeckter Rumpf. Am nächsten Morgen wurde die verunstaltete Hydra samt dem Bäder dem Sinnbild des Proletariats auf einen Karren ge=

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Ja, bei uns geht's nicht anders, mit unserem Hundecharakter." Seine Worte bewahrheiteten sich nur zu schnell. Am Montag mittag hörte der Automat plötzlich auf zu arbeiten. Man lief zum Erfinder, der fam mit Werkzeug und Schlüssel und öffnete den Bauch der Hydra. Dieser war bis zum Rand mit Hornknöpfen, an­gefeilten Zahnplompen und rostigen Schreibfedern angefüllt. In der Rize war eine dicke Schraube, die jemand bis zur Hälfte hinein­Bezwängt hatte, ftecken geblieben und hatte den ganzen Mechanis­

mus aufgehalten.

,, Was ist das bloß für ein Bolt," ärgerte sich der Erfinder, freuen sich, daß sie Dreck hineingestopft haben! Ob es ein Papier­forb oder eine wissenschaftliche Errungenschaft ist, ist ihnen ganz

egal."

,, Sie können sich noch bedanken; daß sie nicht noch was anderes hineingelegt haben," sagte der Friseur und schnüffelte, hier hatte sich schon einer beinahe ganz hingelümmelt, da habe ich ihn aber mit dem Stock weggejagt, den Hundejohn

B

Der Dreck wurde herausgenommen, und die Hydra sing wieder an zu arbeiten. Aber als man am Dienstag fam, um den Gewinn herauszunehmen, stellte sich heraus, daß die Schokoladenriegel zwar alle weg waren, in der Büchse aber fein einziger Groschen war. und der Auiomat war ganz und funktionierte gut. Dieses Ver­Schwinden schien geheimnisvoll und unerklärlich. Aber als man sich die Sache genauer besah, fand man in der Deffnung einen in der Mitte durchbohrten Groschen, durch den ein Strippenende durchge­zogen mar. Jemand hatte diesen Groschen an einer Strippe herunter­gelassen, und laum sprang die Schokolade heraus, zog er ihn hoch, um ihn gleich wieder herunterzulassen. Durch diese List hatte der Dieb, ohne einen Groschen auszugeben, alle 42 Schokoladenriegel, die im Bauch der Hydra lagen, herausgeangelt.

Es wurde beschlossen, aus dem Polizeirevier den Spürhund ,, Bondi" zu holen. Der Hund beroch den Automaten, lief einige Minuten umher und warf sich dann plötzlich auf den Erfinder selbst. Man tonnte ihn nur mit Mühe weggerren. Zum Teufel," sagte dieser, mit Tränen in den Augen, das ist eine Verhöhnung, ich

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( Aus dem Ruffischen überfekt von Bea Cor.)

Selbstheilung von Kristallen

Die moderne Wissenschaft erkennt immer klarer das tiefe Lebens­gesetz, das die ganze Natur durchwaltet und beseelt. Nachdem man uns die Lebensvorgänge in der Pflanze als nahe verwandt mit denen im Tier und im Menschen dargestellt hat, spürt man jetzt auch näher den organischen" Borgängen im Stristall nach. Kristalle wachsen nicht nur, sondern sie sind auch imstande, abgebrochene Teile zu ersetzen und nehmen sogar bei Verlegungen ihrer Struktur eine Art Selbstheilung vor. Das haben die überaus bedeutsamen Be­obachtungen erwiesen, die der Wiener Physiker Professor Karl Przi­ bram im Institut für Radiumforschung der Wiener Akademie der Wissenschaften gemacht hat. Brzibram stellte fest, daß Steinjalz­kristalle, die gepreßt und dann mit Radium bestrahlt werden, eine dunkel- grüngelbe bis schwarze und bei Tageslicht eine blaue Fär­bung annehmen. Diese Farbe ist auf eine Störung des Kristall­gitters zurückzuführen. Die Kristallstruktur wird zerstört und die Kristallhelle geht verloren. Nach dieser Verdunkelung zeigen aber die Steinsalzstückchen später wieder vereinzelte hellere gelbe Streifen, die sich allmählich ausbreiten und schließlich das ganze Stück bis auf den zerflüfteten Rand einnehmen. Der Kristall stellt aus eigener Kraft sein durch die Pressung zerstörtes inneres Gefüge wieder her, heilt also feine Verletzung selbst aus. Daß tatsächlich eine Heilung der zerstörten Kristallgitter vorliegt, wurde von dem Gelehrten durch Spaltversuche nachgewiesen, in dem er die hell gewordenen Streifen nach Art der Kristalle spaltete und dann glatte, spiegelnde Kristall­flächen feststellte, während die Bruchflächen der zerstörten Stellen stets faferig und schuppig sind. Die Heilung schreitet im Kristall mit bedeutender Geschwindigkeit fort und beträgt ein zehntel Millimeter am Tage; sie ist um so größer, je stärker der Druck und je höher die Temperatur ist. Solche Vorgänge lassen sich aber nicht nur im fünftlichen Versuch beobachten, sondern auch in der freien Natur gibt es verdunkelte Steinfalzkristalle von blauer Färbung, die von sich aus durch helle Flecken den inneren Heilungsprozeß anzeigen.