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Menschenmenge gefüllt war, die den Toten in ergriffenem Schweigen grüßte. Vor dem Gebäude wehten die Fahnen des Reiches auf halbmaft. Vor der großen Freitreppe wurde der Sarg auf den mit sechs schwarzverhüllten Pferden bespannten Wagen gehoben. Zu beiden Seiten hatten die Delegationen des Allgemeinen Deut­ schen Burschenbundes aus Berlin und aus dem Reich Aufstellung genommen. Zu den Seiten der Freitreppe fenften fich die Fahnen des Reichsbanners.

Darauf nahm

Bizepräsident des Reichstags v. Rardorff

das Wort zu folgender Ansprache:

Im Namen des Deutschen Reichstages und im Namen meiner Parteifreunde rufe ich dem Manne, der dort so früh vollendet in diesem Sarge liegt, auf seiner legten Fahrt einen leßten herzlichen Abschiedsgruß zu.

Als Stresemann sein Amt antrat, war die Einheit des Reiches gefährdet. Als das Amt seinen toten Händen entglitt, hinterließ er ein Deutschland , dessen Ansehen in der Welt heute niemand mehr bestreiten kann. Wohl sehen wir mit schweren Sorgen in die Zu­funft, aber in diesen Jahren ist viel erreicht worden, wir sind vor­märtsgekommen. Das ist und bleibt sein Berdienst.

Der Berstorbene ist geliebt und vergöttert worden von feinen Anhängern wie selten ein Mann zuvor, und er ist gehaßt und be. fehdet worden von seinen Gegnern, wie in einem ähnlichen Aus­maß felten ein Politiker und ein Staatsmann befehdet worden ist. Er war ein Mann des Kampfes. Der Kampf war sein Lebens­element, und im Kampfe wuchs er über sich selbst hinaus. Für ihn trifft das Wort zu, das der Reichskanzler Fürst Bülow dort bei der Einweihung des Bismarcbentmals über den Reichsgrünber ge­sagt hat: Er stand auf der Erde im Staube des Kampfes, er hat bis zuletzt nicht aufgehört, mit Leidenschaft zu tämpfen. Und der Kampf bringt berechtigte Gegnerschaft und ungerechte Berkennung, chrliche Feindschaft und blinden Haß." Wir werden die Gegner­schaft, die er gefunden hat, begreifen müffen. Sie liegt begründet in der Lage Deutschlands . Sie liegt begründet darin, daß die Spanne zwischen dem Wünschenswerten und dem Erreichten und dem Erreichbaren eben immer ungeheuer groß ist, und daß viele wohl die ungeheuren Opfer sehen, die wir gebracht haben und merden bringen müssen, aber nicht die Erfolge gelten lassen wollen, die wir für diese Opfer eingetauscht haben.

Aber unbegreiflich will mir der Haß erscheinen, mit dem dieser Mann verfolgt worden ist. Unbegreiflich will mir erscheinen, daß man es gewagt hat, diesem treuesten Patrioten die poli­tijche, die nationale und die persönliche Ehre abzusprechen. Das hat diesen lebensfrohen und empfindlichen Menschen in tieffter

Ecele aufs schwerste getränkt.

Er war ein leidenschaftlicher Batriot, er liebte sein Volt und sein Vaterland über alles. In der Arbeit für sein Volk und sein Vaterland hat er sich verzehrt. Er war stark im Glauben an sein Volk, er wußte, was ein solcher Glaube bedeutete. Er wußte, daß ein solcher Glaube Macht, Kraft und Stärke ist, und daß ein solcher Glaube, wenn es sein muß, auch Berge versehen kann. Dem toten Stresemann sind schon in diesen Tagen Ehrungen zuteil geworden in einem Ausmaß, wie sie dem lebenden Stresemann verjagt ge­blieben find. Die Mitwelt hat ihn verkannt, die Nachwelt wird ihm gerecht werden.

Das Spalier des Reichsbanners.

Ein 16jähriger war es.

Festnahme und Geständnis des Charlottenburger Kaffenräubers.

Am Freitag abend, furz vor 7 Uhr, wurde, wie schon bekannt, in einer Schlächterei in der Berliner Straße 68/69 zu Charlottenburg ein dreifter Raubüberfall verübt. Der Täter flüchtete mit einem Auto und entfam trotz Verfolgung. Auf der Flucht überfuhr er zwei Frauen. Schon in der Nacht von Sonnabend zu Sonntag gelang die überraschende Aufklärung. Als Täter stellte sich ein 16 Jahre alter Walter Schall heraus, der vor kurzem aus einer Fürsorgeanstalt entwichen war. Schall ist ge­ständig.

Wie von vornherein anzunehmen war, tamen für die Tat nur gewisse Kreise junger Leute in Frage, die in der Charlottenburger Gegend schon unliebfam aufgefallen waren. Das Ergebnis der Nach forschungen hat dieser Bermutung recht gegeben. In Lokalen der Umgebung wurden in den Nächten zu Sonnabend und zu Sonntag umfassende Streifen vorgenommen. Der Zweck war der, nach ben verdächtigen jungen Burschen zu forschen. Dabei stieß man auch auf Sch a 11, der angehalten und eingehend befragt wurde. Nach langem Leugnen legte er am Sonntag früh ein ausführ= liches Geständnis ab. Schall erzählte, daß er vor etwa 14 Tagen nach Berlin tam. Durch Gelegenheitsarbeiten auf Märkten usw. verdiente er hier und da ein paar Groschen, es langte aber weder hin noch her. Auf einem Arbeitsnachweis lernte er einen Burschen kennen, der älter war als er, und der sich Mage nannte. Mit ihm fam er öfter zufammen und am Freitag äußerte Mage, man müiffe doch ein größeres Ding drehen, um endlich zu Geld zu kommen. Mare hatte anscheinend den Plan schon vorher ausgearbeitet. Zusammen suchten sie sich ein Auto, Unmittelbar nach der Abschiedsrede Dr. v. Karborffs formierte fanden es in der Schillerstraße und fuhren damit los. Unterwegs sich der Trauerzug. Boran ritt eine Abteilung Schuhpolizel. Es instruierte Mage den Schall genau, wie er zu Werke gehen sollte. folgte die Kapelle der Berliner Schupolizei. Neben dem Leidhenwagen Er selbst wollte draußen mit dem Wagen warten. Als die Zeit schritten nicht nur die Attachés, sondern bis zum Auswärtigen Amt berangekommen war, ging Schall in den Laden hinein. Er ver­in der Wilhelmstraße auch Staatssjefretär von Schubert und die suchte, sich zunächst als erster an die Kasse zu drängen, wurde aber Jetzt bekam er Ministerialdirektoren des Auswärtigen Amtes, um sich dann später von der Kassiererin gefragt, was er denn wolle. in den allgemeinen 3ug einzugliedern. Dem Sarge folgten die Angst und stellte sich gehorsam hinten an die Reihe der wartenden nächsten Angehörigen, dann der Reichspräsident, die Reichsregie- Frauen an. Als er schließlich bran" war, rung, die ausländischen Diplomaten und das übrige Trauergefolge. Trauerfeier der Bolfspartei.

So fahre denn hin zu deiner legten Ruhestätte. Mögest du bort neben deinen lieben Eltern die Ruhe finden, die du in einem arbeitereichen Leben nicht haft finden tönnen und nicht haft finden to wollen."

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Gestern abend veranstaltete die Deutsche Boltspartei im Blenar saal des Reichstags eine Trauerfeier für ihren verstorbenen Führer, Reichsaußenminifter Dr. Gustav Stresemann .

Geheimrat Professor Dr. Ka hI hielt die Gedenkrede, in der er zunächst der Familie des Heimgegangenen die innigfte Teilnahme der Partei aussprach und sodann die Laufbahn Stresemanns als Parlamentarier und Staatsmann umriß.

Vor dem Reichstag .

Eine faft unübersehbare Menschenmenge hält seit den frühen Vormittagsstunden den Plaz der Republit und die angrenzen­den Teile des Tiergartens befeßt. Die Polizei hat umfangreiche Ab­Sperrungen vorgenommen, von Baum zu Baum gehen starke Hanf­seile, die die Straße freihalten. Der Platz unmittelbar vor der Hauptfront des Reichstags ist würdevoll geschmückt. Hohe schwarze, mit Tannengrün eingefaßte Obelisten, riesige Masten, an denen die Reichsflaggen auf Halbmast wehen, große Rondells aus Blattpflanzen und altgoldfarbenen Chrysanthemen verbreiten eine weihevolle Stimmung. Der Reichstag , bie um ihn liegenden Gesandschaftsgebäude und viele Privathäuser haben Halbmast ge­

flaggt.

Kurz vor 12 Uhr seht die vor dem Bismard- Denkmal postierte Schupotapelle mit dem Trauermarsch aus der Götterdämmerung " ein. Die Masse schweigt, die Riefentore des Reichstagsgebäudes öffnen fich und die ersten Kransträger erscheinen auf der großen Freitreppe. Die Schupoabordnung falutiert, die Menge entblößt die Häupter, bas Reichsbanner, das auf der Rampe rechts und links des großen Portals Aufstellung genommen hat, senkt grüßend die Fahnen. Im Portal erscheint, von zehn Schupoleuten getragen, der mit der Dienstflagge des Auswärtigen Amtes bedeckte Garg mit der Leiche des Reichsaußenministers. Weihevolle Stimmung herrscht auf dem riesigen Piaz, leise weben die Sänge der Trauermusit über ber andächtigen Versammlung. Fünf Großflugzeuge der Deutschen Luft­hanja, trauerflorgeschmückt, erweisen dent toten Reichsaußenminister die lehte Ehre auf ihre Art. Auf dem Podium vor dem Garge hielt der Bizepräsident des Reichstages und Parteigenoffe des Berstor benen v. Rardorff die Abschiedsrede.

Dann sette sich der Leichenkondukt in Bewegung.

Eine Hundertschaft berittener Schußpolizei eröffnet den Zug, eine große Stapelle der Polizei folgte, 100 Polizisten zu Fuß mar­schierten als Ehrenbereitschaft mit, ihr folgte eine Abordnung der studentischen Berbindung, der der Verstorbene angehörte. Sechs

fchwarz verhangene Bjerde zogen den Wagen, auf dem der Sarg

unter der großen schwarztotgoldenen Flagge taum sichtbar war. Unmittelbar dahinter ging der Geistliche, bem fich ble Göhne Streje

griff er blitzschnell in die kaffe

und stürmte, ohne rechts oder links zu sehen, aus dem Laden und auf das Auto zu. Was in der Zwischenzeit paffiert ist, fann er nicht fagen, er flog an allen Gliedern vor Ang st. Der Wagen, der rasch auf hohe Touren kam, fuhr an und jetzt sah Schall eine fremde Hand auftauchen. Er fiel beim Anruden vornüber und biß, was er konnte, in die Hand hinein. Da wurde sie zurückgezogen.|

Es ist das die Hand des Ingenieurs aus Westend gewesen, der vergeblich versuchte, das Räuberauto zum Stehen zu bringen. Als Mare, der steuerte, in die Menschen an der Halte­stelle hineinfuhr, versuchte Schall , ihn zum Stoppen zu veranlaffen. Mare stieß ihn beiseite und jagte weiter, bis der Wagen an der Lohmeyerstraße zum Halten kam. Aus dem Wagen herausspringen und blindlings in die Kaiser- Friedrich- Straße rennen, war eins. Auf dem Hof eines Hauses vertroch sich Schall hinter einem Müll­taften. Hier zählte er das erbeutete Geld, es waren 120 Mart.

Der Räuber" Schall macht eine ziemlich klägliche Figur. Der ganze Junge ist nur 1,50 Meter groß, das typische Kriegsfind. Einen besonders intelligenten Eindruck macht er nicht, nur die Auf­machung läßt nichts zu wünschen übrig. Zu großtarierten Ogjord­hofen trägt er ein blaues Jackett, offenes Hemd und eine hellbraun farierte Schiebermüte. Die Angaben des Jungen sind so präzise, daß an der Wahrheit kein Zweifel besteht. Nach dem angeblichen Mage wird noch gesucht.

3wei Mittäter.

Im Laufe des Montag gelang es dann der Polizei, noch zwei mittäter des Raubüberfalls zu verhaften. Schall fonnte nach allem, was man von ihm hörte, den Ueberfall nicht allein ausgeführt haben. Es hat sich nun gezeigt, daß er tatsächlich zwei Helfers helfer hatte. Auch diese beiden sind unscheinbare Jungens, die sich auf dem Arbeitsnachweis fennen gelernt hatten. Schon länger hatten fie den Plan erwogen, durch eine größeren Ueberfall in den Befit von Geld zu tommen. In einem Lofal, in dem sie sich zu treffen pflegten, wurden die Rollen genau verteilt und alle Einzelheiten besprochen. Am Freitag sollte jeder für sich das Geschäft beobachten und nachmittags um 3 Uhr bei einer Zufam­menfunft Bericht erstatten. Die Rolle des eigentlichen Kaffen­räubers wurde Schall zugesprochen. Dann machten sich die Jungens auf die Suche nach einem Auto und fanden es, wie bekannt, in der Schillerstraße. Der angebliche Mare, von dem Schall erzählt hatte, ist in Wirklichkeit ein 20 Jahre alter Edmund K., der in der Suarezstraße wohnt. Der zweite Beteiligte ist ein Eberhard G. aus der Dankelmannstraße. Beide wurden während des Sonntags von Kriminalkommiffar Werneburg und den Beamten des Raubdezernats gesucht, aber nicht angetroffen. Am Montag früh wurde man ihrer endlich habhaft. Sie geben die Beteiligung an dem Ueber= fatt 3 u. Ursprünglich hatten sie die Absicht gehabt, mit dem er­beuteten Gelde am Sonntag einen größeren Ausflug zu machen, daraus wurde aber nichts, weil Schall, der ja mittlerweile festge= nommen war, an dem vereinbarten Treffpunkt nicht erschien.

Bizepräsident v. Kardorff anschloffen. Das diplomatische Hirtenknabe" unter Bodengerümpel.

manns, der Reichspräsident, der Reichstanzler und Korps, dem sich der Generalsekretär des Bölkerbundes, Drummond, beigejellt hatte, die Reichsminister und die Minister der Länder folgten. Die studentischen Verbindungen vieler deutscher Universitäten waren in vollem Wichs mit ihren Standarten er­schienen, nach ihnen kamen die Mitglieder der Parlamente. Auf einer großen Anzahl Kranzwagen lasteten die Blumengewinde, die Angehörige, Freunde, Kampfgenossen und Mitarbeiter dem Toten gewidmet hatten. Frau Stresemann fuhr in Begleitung in dem Dienstauto des Verstorbenen mit. Durch das schwarzverhangene Brandenburger Tor bewegte sich der Leichenkondukt über den Pariser Platz, um dann rechts in die Wilhelmstraße einzubiegen. Bis zum Reichskanzlerpalais hatte hier das Reichsbanner Spalierauf­ftellung genommen. Vor dem Auswärtigen Amt , der lang­jährigen Wirkungsstätte Stresemanns, verabschiedete sich Reichs­präsident Hindenburg von den auswärtigen Diplomaten und den Ministern, während der Trauerzug zwei Minuten lang stillem Ge­denten widmete. Hier in der Wilhelmstraße war der Menschen­andrang geradezu beängstigend. Jeder Verkehr, auch der der Fuß gänger auf den Bürgersteigen, stockte; doch muß zum Lob der Ber. liner gejagt werden, daß sie den Schupobeamten feinerlei Anlaß zum Einschreiten gaben. Der Trauerzug bewegte sich schließlich die ganze Wilhelmstraße entlang, über das Hallesche Tor, durch die Blücherstraße zum

Luifenstädtischen Kirchhof.

we in der Familiengruft der Stresemanns die Beijegung erfolgte. In der Friedhoffs halle hielt der Geistliche eine furze Er innerungsrede, eine Gängerchor von Mitgliedern der Staatsoper sang erst einen Choral, dann an der offenen Gruft das Lieblings­lied des Verstorbenen: Am Brunnen vor dem Tore". Nach dem Gesang des Liedes ,, Brüder reicht die Hand zum Bunde" spielte die Kapelle das Deutschland - Lied, und die Teilnehmer, die Zutritt zum Kirchhof erhalten hatten, nahmen zum letzten tale Abschied von 9uftab Stresemann.

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Gegen 4 Uhr wurde der Friedhof für den Befuch

des Publitums freigegeben. Die in der Bergmannstraße versammelte Menge nahm Gelegenheit, an der offenen Gruft vor beizubefilieren.

Das Schidial des berühmten Feuerbach- Gemä des.

Am vergangenen Freitag wurde in einer Stehbierhalle am 300 ein Mann namens Brennt er festgenommen, der im Besiz zweier fostbarer Gemälde gefunden wurde, die aus einem Einbruch in eine Leipziger Kunsthandlung stammten. Brenner be­stritt, von dem Einbruch und den Bildern überhaupt etwas zu wissen. Die Kriminalpolizei nahm nun eine Durchsuchung der Wohnung des Brenner in der Werstraße vor. In den Wohn­räumen selbst wurde nichts gefunden, desto mehr aber in einem Bodenverschlag. Unter allerhand Gerümpel versteckt fand man dort in einen alten Läufer eingewickelt den beühmten Hirten knaben" von Feuerbach, der in Leipzig eben­falls gestohlen worden war. Weiter entdeckten die Beamten in einem größeren Koffer Papier und Leinwand, die zum Berp den Eleinerer Gegenstände gedient hatten. Aus der Knitterung des 6- piers war deutlich zu sehen, daß es Figuren umschlossen boven mußte. Da nun bei dem Leipziger Einbruch eine Anzai icr Poftbarer Elfenbeinminiaturen erbeutet wurden, jo liegt die Ber mutung nahe, daß das Papier zu ihrer Umhüttung gebient hat. Brenner, der in Haft bleibt, streitet nach wie vor und erklärt wieder, daß er die Sachen in Rommission von einem gewiffen Brauser erhalten habe. Es scheint aber, daß er nicht nur als Hehler, sondern sogar als Einbrecher in Betracht kommt

Die Nachforschungen nach den noch nicht gefundenen Miniaturen und nach einem 21 poft elfopf von Rubens werben von der Dienststelle B. 3 der Kriminalpolizei fortgesetzt.

Der Schiedsspruch für die Hochfeefischerei. Bon den Unternehmern augenommen. 28efermünde, 7. Diteber. Der Verband der Hochseefischerei hat beschlossen, den Lohnt­schiedsspruch anzunehmen. Die Heuer wird um 6% Proz. erhöht. Der Schiedsspruch hat anderthalb Jahre Gültigkeit.