Der Parteitag eröffnet.
ien.
Wien , 8. Oktober. ( Eigenbericht.)
Im großen Saal des Arbeiterheims Ottakring ( Wien 6 ) ist heute abend der Sozialdemokratische Partei tag zusammengetreten. Die Zahl der Delegierten ist
außerordentlich groß.
Borsitzender Seit erklärte in seiner Ansprache, der große Bankenkrach habe den bürgerlichen Parteien wohl gezeigt, um wie viel wichtiger Fragen der Wirtschaft, als Verfassungsfragen seien. Die Sozialdemokratie set bereit, über die Verfassung zu reden, wenn man es aber mit Drohungen versuchen wolle, so würde sie auch zum Kampf bereit sein.
Der Vorsitzende der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands , Wels , verwies darauf, daß der gleiche Kampf auch in Deutschland im Gange sei. Die deutsche Schwerindustrie finanziere die österreichischen Heimwehren. Das Hugenbergsche Volksbegehren sei ein Zeichen, daß auch in Deutsch land der Kampf gegen die Republik von demselben Geiste getragen sei wie in Deutschösterreich.
Das Verfassungsprojekt der Regierung.
Bundesminister Schumy( Landbund) machte hier Mitteilungen über den Fortgang der Arbeiten zur Verfassungsreform in de: n ministeriellen Sonderausschuß. Der Nationalrat soll fünftig von 160 auf 120 Abgeordnete beschränkt werden. Die an Stelle des Bundesrats in Aussicht genommene zweite Kammer ist als eine Bereinigung von Länderkammer und Ständetammer getacht mit 27 Ländervertretern und 27 Bertretern der Wirtschaft einschließlich 4 Beamtenvertretern.
ID
Hindenburgs Berjüngungsfur.
Hindenburg
111998
PE
Wie Hugenberg sie träumte.
Hugenberg
Einladung zur Flottenkonferenz.
Gegen die Berkleinerung des Nationalrats dürfte grund. Die Grundlagen der britisch- amerikanischen Einigung.- Für völlige Abschaffung
fäßlich nicht viel einzuwenden sein; bleiben Wahlrecht und Broporz unverändert, so geben 120 Mandate genau so gut die Volksmeinung wieder wie 160. Dagegen ist bestimmt anzunehmen, daß die Arbeiter, wenn der Bundesrat nicht wie bisher ausschließlich von den Landtagen proporzmäßig gewählt werden soll, mindestens fordern werden, ebenso ver treten zu sein wie die ,, Wirtschaft" und die Beamten. Immerhin bezeichnet die Regierung den Bundesrat als zweite Kammer, aber nicht als ein Oberhaus.
Der Oppelner Prozeß. Bernehmung der polnischen Zeugen.
Oppeln , 8. Ottober. Im Prozeß wegen der Ausschreitungen anläßlich des polnischen Gastspiels entstand heute eine gewisse Aufregung, als die Bertreter des polnischen Nebentlägers, Rechtsanwalt Simon, erklärte, er habe ein Schreiben erhalten, wonach ein der Verhandlung Beiwohnender gehört haben will, wie der Angeflagte 3entner mit Bezug auf einen von ihm zu der heutigen Berhandlung mitgebrachten Roffer erklärte, daß in demselben eine Uhr sei. Wenn Sara gemeint ist anscheinend Rechtsanwalt Dr. Simon sprechen werde, werde er den Koffer in die Luft gehen lassen. Der Angeklagte erflärte dazu, daß es sich um eine vollkommene Berdrehung der Tat sachen handele. Er habe nichts Besonderes in dem Koffer.
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der U- Boote.
London , 8. Oftober.( Eigenbericht.)
Amerikas , Japans , Frankreichs und Italiens zur Teilnahme
Der Tegt der britischen Einladungen an die Regierungen
an einer Seeabrüftungstonferenz, die in der driften Woche des Januar 1930 stattfinden foll, ist am Dienstag der Preffe übergeben worden. Das Dokument beginnt mit der Feststellung, daß die Besprechungen zwischen Macdonald und dem amerikanischen Botfchaffer ein Stadium erreicht hätten, daß ein Abkommen nicht mehr zunichte gemacht werden könnte. In folgenden Punkten sei eine grundsähliche Einigung zwischen Großbritannien und Amerika
erzielt:
1. Der im Jahre 1928 abgeschloffene Friedenspaft( KelloggPaks) foll den Ausgangspunkt für jedes fünftige Uebereinkommen bilden.
bauten für Schlachtschiffe bezieht. Das Ausmaß der Ersatzbauten soll gegenüber den im Washingtoner Abkommen niedergelegten Grundsätzen vermindert werden. Beide Regierungen ftimmen in der Wünschbarkeit der völligen Ab-" schaffung der Unterseeboofswaffe überein.
In dem Dokument wird dann betont, daß die beiden Regierungen es für wünschenswert halten, eine konferenz einzuberufen, deren Aufgabe es sein soll:
A) die im Washingtoner Abkommen von 1922 ausgeschlossenen Schiffskategorien zu erörtern( das sind Kreuzer, Zerstörer und U- Boote) und
B) die im zweiten Paragraphen des Artikels 21 jenes Bertrages angeschnittene Frage zu erörtern.
Henderson schließt die Einladung mit der Feststellung, die neuen Apparat für die Erörterung dieser Fragen ins Leben zu rufen. Im Gegenteil fei zu hoffen, daß auf dem hier angeregten Wege ein Abkommen zustande komme, das die Aufgaben 3. Großbritannien und Amerika find einig in dem Wunsche der vorbereitenden Abrüstungstommiffion des nach einer Revision jenes Teiles des Washingtoner See- Bölkerbundes und einer späteren allgemeinen Abrüstung abrüffungsabkommens vom Jahre 1922, der sich auf die Ersatz- fonferenz erleichtern werde.
2. Das Prinzip der Parität foll auf alle Schiffs- brifische Regierung fei nirgends auf die Annahme gestoßen, einen tlaffen Anwendung finden. Auf britischer Seite find bei den Berechnungen sämtliche maritimen Streikräfte des gesamten Weltreiches mit einzubeziehen.
Ein famoser Generaldirektor
Raiffeisen- Dietrich verliert seine Wertpapiere beim Barbier
tam denn das?
oren! Allgemeines Staunen. Zeuge Dietrich: Ich hatte nämlich die Papiere per
Gegen Mittag wurden die polnischen Zeugen in den Saal gerufen. Von den 58 polnischen Zeugen und Nebenklägern maren 16 erschienen. Nach der Aufrufung der Zeugen und Nebentläger und Belehrung derselben unter Zuhilfenahme des Dolmetschers wurden die Zeugen unter startem polizeilichen Schuh wieder entlassen, während elf Nebentläger gegenüber den Angeklagten Plaz nahmen. Nach der Vernehmung der letzten deutschen Zeugen begann die Vernehmung der Nebenfläger. As erster schilderte Theaterdirektor 3una die Vorfälle im Theater, die Die Raiffeisentragikomödie entwickelt sich immer mehr zu 92 000 m. für Devisenkäufe" belastet worden. Frage: Wie Fanschließenden Vorfälle auf dem Wege zum Bahnhof und die einem Panama der Deutschnationalen Direktion. im Bahnhof selbst. Er gab an, im Tunnel des Oppelner Bahnhofs In der Dienstagvormittagsigung wurde bereits die auffäilige Bevon drei Leuten angehalten und von einem derselben geteiligung deutschnationaler Parlamentarier und aristokratischer schlagen worden zu sein. Er will auch gesehen haben, wie zwei Größen an Berluftkonten festgestellt, die bisher im Dunklen gelegen weitere Mitglieder des polnischen Theaters von denselben drei Per hatten. Daß die Katastrophe sich in der Nachmittagssitzung versonen mit Schlägen bedacht wurden. Eine positive Unterlage zögerte, dafür können sich die Deutschnationalen bei dem Kommudafür, daß die Menge im Tunnel und auf der Strecke sowie vor nisten Schulz- Neukölln bedanken, der mit einer ungeheuer weitdem Theater organisiert mar, fönne er nicht geben. Er verschweifenden und sich in allerhand Nebensächlichkeiten verlierenden mute es aber. Der Angel. Zentner habe ihm entgegengerufen: Fragestellung dreieinehalbe Stunde lang den Ausschuß von seiner eigentlichen Tätigkeit abhielt. Herr Schulz wollte durchaus einige Antworten für sein kommunistisches Agitationsbedürfnis erzielen, und wenn er sie nicht wunschgemäß erhielt, so fragte er auf unzähligen Umwegen immer wieder dasselbe, so daß der Borsigende Dr. Deerberg schließlich erklärte: Wir sind doch keine Psychopathen, daß man uns jede Sache zwanzig mal auseinandersehen muß."
Das find die Künstler. Haut fie!"
Auch den Angefl. Michaleczyk will er in der Menge erkannt haben. Zeuge Oberregisseur Stepniowski gibt u. a. an, daß er mit einem Kollegen und zwei Damen die Krakauer Straße entlang zum Bahnhof gegangen sei. Er und seine Begleiter seien dann von einer Truppe, die fingend von einer Seitenstraße heranmarschierte, verfolgt und belästigt worden. Am Bahnhof habe sie eine Menschenmenge erwartet, die eine drohende Haltung annahm. Als er, von der Menge bedrängt, die Treppe hinunterfiel, habe ein Mann ihm mit der flachen Hand ins Gesicht geschlagen und ihn getreten. Nach diesem Bor fall seien dann die Bahnschutzbeamten gekommen und hätten die Menge hinausgedrängt. Der Beuge fann feinen der Angeklagten als Täter erkennen. 3wei, die ihn geschlagen hätten, habe er im Gedächtnis; sie seien aber nicht unter den Angeklagten. Der Opernfänger Szerpafiebiez machte Ausführungen über die
Bedrohung des polnisijen Generalfonfuls, der der Opernaufführung beiwohnte.
Er selbst habe sich nach Verlassen des Theaters unter die johlende Menge gemischt und getan, als ob er dazu gehöre. Als er unterwegs einer polnischen Dame habe helfen wollen, sei ihm zugerufen worden: „ Raus aus Deutschiand!" Er habe auch zwei Hiebe mit einem Knüppel erhalten.
Der Verteidiger Dr. Kluge jagte, dieser Zeuge habe als einziger befundet, daß ein Reichswehrhauptmann eine Dame getreten und zu ihr gesagt habe: Raus, du polnisches Schwein!" Er, der Verteidiger, halte diese Bekundung des Beugen für ungeheuerlich und durch nichts erwiesen. Der Staats. anwalt erklärte hierauf, daß er in der Lage sei, diese Aussage des Zeugen zu widerlegen, er halte es aber nicht für angebracht, schon jetzt auf die Glaubwürdigkeit des Zeugen einzugehen.
Infolge des Tuta- Urteils sind die beiden tschechoslowakischen Minister, die Tutas Partei angehören, zurüdgetreten. Iuta ist wieder Randidat fürs Abgeordnetenhaus.
Ernster wurde es erst ganz gegen Schluß der Sigung für den Generaldirettor Dietrich. Er war schon in der Bor. mittagssigung in eine sehr peinliche Lage geraten, als sich heraus stellte, daß er ohne Wissen seiner beiden Mitdirektoren für die Braunfohlengrube eines Herrn Heidebroed Bürgschaft in Höhe von 1½ Millionen Mart übernommen hatte, die der Raiffeisenbant restlos verloren gingen. Man konnte sich des Eindrucs nicht erwehren, daß es sich um eine ganz unfaufmännische Gefällig teitsbürgschaft sehr bedenklicher Natur gehandelt hatte.
Nunmehr fragte Abg. Mainzer( S03.) den Generaldirektor Dietrich, ob er feiner Bank Spetulationsgeschäfte streng verboten habe. Dietrich bejahte das mit erhobener Stimme, mußte feine Aussage aber sehr rasch auf die Zeit nach der Inflation einschränken. Während der Inflation seien allerdings gewinnbringende Spetulationsgeschäfte getätigt worden, um die Geschäftsunkosten herauszuwirtschaften".
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Genoffe Mainzer aber ftellte atienmäßig fest, daß Ende 1925 ein reines Spekulationsgeschäft, nämlich der Anlauf rumänischer Devisen von der Raiffeisenbank getätigt worden sei und zwar von Herrn Generaldirektor Dietrich persönlich! Zeuge Dietrich( verwirrt):„ Das stimmt allerdings." Abg. Mainzer: Sie haben als die repräsentative Spige der Bant also selber das böse Beispiel gegeben und getan, was Bant also selber das böse Beispiel gegeben und getan, was den anderen verboten war.
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Zeuge Dietrich: Ich hoffte auf einen Gewinn bei der
Sache.
Abg. Mainzer: Nun ia, das tut jeder Spekulant, eben das nennt man Spekulation.
Die Sache geht aber noch viel merkwürdiger aus: Für dieses Geschäft ist schließlich Generaldirektor Dietrich persönlich mit
Berichterstatter: Berloren? Wie verstehen Sie das? Zeuge Dietrich: Ich hatte die Papiere in meine Brusttasche gesteckt und da sind sie mir beim Barbier Ede Friedrich- und Dorotheenstraße abhanden gekommen.
Stille, in die der deutschnationale Borsigende Dr. Deerberg hinein mit schneidender Ironie spricht: Sie haben allerdings in dieser Sache stets gewaltiges Pech gehabt, Herr Geheimrat!" Gelächter ringsum, während um den Tisch der Ausschußmitglieder das Wort zirkuliert, daß Dietrich sich wohl in der Ortsangabe geirrt und die Papiere nicht in der Dorotheenstraße, sondern in der Burgstraße( Siz der Börse) verloren habe. Jedenfalls hat von einer Verlustanzeige nie ein Mensch etwas gehört, und niemand dürfte im Ausschuß sein, dem die Darstellung des Herrn Generaldirektor plausibel erscheint.
Damit ist aber das Kapitel Dietrich noch keineswegs abgeschloffen. Es wird weiter festgestellt, daß Diertrich im gleichen legten Quartal 1925, als er seine Bant schon in Grund und Boden gewitschaftet hatte, auch noch 18000 m. in bar abgehoben hat, so daß sein persönliches Konto auf 110 000 Mart anwuchs. Dietrich meint, daß es sich bei den 18 000 m. wohl um Zinszuschrei bungen handle, aber der Bosten ist ausdrücklich als Barabhebung verbucht.
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Zeuge Dietrich: Ich weiß nicht mehr, vielleicht war es ein Düngerkredit. Der Aufsichtsrat war jedenfalls einverstanden. Mag sein. Aber man wird die Verwunderung darüber nicht los, daß der Generaldirektor, der die verzweifelte Lage seines Instituts damals fannte und sie selbst verschuldet hatte, daß dieser Mann die ohnehin aufs äußerste angespannte Bant auch noch per sönlich um einen nicht unerheblichen Kreditposten erleichterte Damit tommt in das Porträt dieses Generaldirektors, der sich um nichts bekümmerte, ein neuer und feineswegs DOT teilhafter 3ug.
Trauergottesdienst in London . In der St. Margareth- Kirche in London fand am Dienstag ein von der Bölferbundsliga veranstalteter Trauergottesdienst für den verstorbenen Reichsaußendeutsche Geschäftsträger und die Botschafter Ameritas, Frankreichs , minister Dr. Stresemann statt. An der Feier nahmen der Italiens und Belgiens teil. Ministerpräsident Ramsay Macdonald und Außenminister Henderson hatten Vertreter entsandt. Außer dem waren erschienen Vertreter aller Parteien, darunter Lord Bermoor, Lloyd George und der ehemalige britische Auß minister Sir Austen Chamberlain.
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