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Morgenausgabe

Nr. 477

A 240

46.Jahrgang

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Horwärts

Berliner Boltsblatt

Freitag

11. Oftober 1929

Groß- Berlin 10 Pf. Auswärts 15 Pf.

Die

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Der Kern des Standals. China   und die Zwangsverträge

Moralische Züchtigung der Verleumder.

lichst viel zu verdienen. Die Interessen der Stadt müssen gegen die Interessenten gewahrt werden. Die Bestrebungen, mit Standalgeschrei einen privatwirtschaftlichen Fischzug bei der Stadt einzuleiten, werden auf energischen Widerstand der der Stadt einzuleiten, werden auf energischen Widerstand der Sozialdemokratie stoßen.

Nankings Kampf um

Von Peter Garwy.

Die geftrige Stadtverordnetensizung hat einstimmig| das Bestreben haben, möglichst teuer zu verkaufen und möglich in Genf   wie eine Bombe. Zwar verfolgte dabei der einen sozialdemokratischen Antrag angenommen, der strenge Prüfung aller mit der Angelegenheit Stlaret zusammenhängenden geschäftlichen und dienstlichen Borgänge, sowie das Verhalten aller mit dieser Frage in Zusammenhang stehenden Personen verlangt und dar­über hinaus eine Nachprüfung des gesamten Geschäfts­und Betriebsgebarens des Stadtbant.

Sie hat ferner beschlossen, Oberbürgermeister Böß zurüdzurufen.sais ou 10

Die Sensationsmacher und Verleumder, die Heßpreffe und mit ihr die Kommunisten, haben in dieser Sizung eine erichmetternde moralische Niederlage

erfahren.

Durch die Rede des Bürgermeisters Scholz, vor allem aber durch die temperamentvollen Ausführungen des Vor­fizenden der sozialdemokratischen Stadtverordnetenfraftion, Flatau, die wie ein reinigendes Gewitter wirkten, ist die Wolle der Verleumdung zerstört worden, und der Kern der Angelegenheit tritt wieder flar hervor.

Es liegt vor ein millionenbetrug, den die Brüder Stlaref an der Stadtbant verübt haben.

Es liegt die Tatsache vor, daß die Kontrolle an der Stadtban! völlig unzureichend und fträflich lässig war. Ob dabei ftrafbare Handlungen und Unterlassungen vor gefommen sind, muß die Untersuchung ergeben. Die Sozial­demokratie hat von Anfang an auf strengste Untersuchung gedrängt.

Es liegt ferner die Tatsache vor, daß der kommunistische Es liegt ferner die Tatsache vor, daß der tommunistische Stadtrat Gäbel seinerzeit den Vertrag mit den Sklareks eigenmächtig verlängert hat. Hier hat die fommunale Aufsicht versagt. Es muß Vorsorge getroffen werden, daß sie strenger

gehandhabt wird.

Dieser Kern der Sache ist verdunkelt worden durch das Geschrei von Zeitungen und Leuten, die beim Standal und mit dem Skandal Geschäfte machen wollten.

Die Art des Eintaufes einer Riesenstadt ist ein ernstes Problem, das durch Mittelstandsgeschrei und Er­flärungen des Einzelhandels nicht gelöst wird. Man erzähle uns nicht, daß der Handel einzig und allein das Bestreben hätte, möglichst gut und möglichst billig zu liefern! Die Er­fahrungen sprechen dafür, daß alle privaten Interessenten

Stahlhelmgeschrei.

Erklärungen der preußischen Regierung.

Der Stahlhelm stürzt sich in seiner Wut über die Auflösung auf den ganz nebensächlichen Bunit der Auflösungsverordnung, daß Seldte bei der Kriegsübung von Langenberg zugegen gewesen sei; er behauptet, daß sein alleroberster Kriegsherr an den betreffenden Tagen der Reichshauptstadt die Ehre seiner Anwesenheit geschenkt habe. Die preußische Regierung sagt dazu, daß in den Stahlhelm organen für Westdeutschland die Teilnahme Seldtes an diefer Uebung ausdrüdlich angefündigt war und das Manöver zweimal mit der Begründung verschoben wurde, Seldte habe gerade teine Zeit.

Wichtiger ist eine Erklärung der preußischen Regierung, wenn sie auch nur selbstverständlich ist, daß feinerlei Einwirkung aus ländischer Mächte die Auflösung angeregt oder herbeigeführt hat. Auch das Reichsaußenministerium ist von der bevorstehenden Auf­lösung durch Preußen in Kenntnis gesetzt worden.

Ausdrücklich wird betont, daß irgendein Borgehen gegen die Ausschüsse des Hugenberg- Begehrens weder ange­Wenn ein solcher Ausschuß im ordnet noch ausgeübt wurde. Stahlhelmbureau untergebracht war und die Polizeibeamten bei der Beschlagnahme der Stahlhelmpapiere auch Material der Hugen berg- Attion mitgenommen haben sollten, so wird es selbstverständlich alsbald zurüdgegeben werden.

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Stahlhelm und Hugenberg- Blod erheben ein Protest­geschrei wegen der Auflösung des Stahlhelms in Rheinland­Westfalen und der damit verbundenen Haussuchungen. Der Hugenberg- Ausschuß stüßt seinen Protestlärm darauf, daß bei Stahlhelmführern Boltsbegehrensmaterial mit beschlagnahmt morden sei. Someit dies der Fall war, ist es wieder freige geben worden.

Der Hugenberg- Ausschuß hat sich diese vorübergehende

Wir verstehen wohl, daß das Standalgeschrei von Wahl­intereffen und von dahinterstehenden Privatinteressen be­stimmt wird, die sich jetzt als Reiniger gebärden!

Zu ihnen haben sich die politischen und journalistischen Geschäftemacher gejellt. Sie haben eine Wolfe schamloser Berleumdungen verbreitet, und haben dabei von den Haupt­puntten abgelenkt. Sie sind gestern gestäupt worden..

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von denen

Kleider und Pelze, Jagdvillen und Rennbahntips und Herrenpartien, tattloser Verkehr von städtischen Funktionären mit prozig auftretenden Geschäftemachern natürlich fein Mensch ahnte, daß fie obendrein Betrüger waren das ist nicht das Entscheidende. Hier kann rasch und gründlich Ordnung geschafft werden.

Die Sozialdemokratie versteht es, Ordnung zu schaffen. Bei sich, aber auch in der Verwaltung. Ihre Arbeit in der Berliner   Berwaltung war für die Stadt wie für die Bevölke= rung nugbringend. Sie ist nicht mit lautem Reflamegeschrei begleitet worden, war dafür aber um so wirksamer! Ihre Leistungen für die Bevölkerung find ansehnlich.

Eben deswegen hat sich gegen sie ein gehässiger Ansturm erhoben, der Versuch, ihre Leistungen im Lärm der Skandal­Dieser Versuch ist zwecklos. Die Sozialdemokratie ist ent­sensation und im Gestank der Berleumdung zu erstiden. schlossen, bei sich selbst nach dem Rechten zu sehen- aber ebenso entschlossen, alle Schwächen und Fehler in der Kommunalverwaltung syste­matisch auszumerzen. Es gibt noch genug Fehler aus der Zeit her, wo die Stadtverwaltung eine Domäne des Bürgertums war, und die Erinnerung an Fälle von scham­loser Ausbeutung städtischer Interessen aus dieser Zeit ist noch recht lebendig!

Die Sozialdemokratie moralisch zu diskreditieren, das war das Ziel des Hetfeldzuges der letzten Tage. Er hat gestern den Hezern und Berleumdern selbst eine wohl verdiente moralische 3üchtigung gebracht!

Beschlagnahme selbst zuzuschreiben, da er sich mit einer gegen die Geseze verstoßenden Organisation verbunden und sein Material in deren Bureaus aufbewahrt hat.

Nach bewährter Methode schreit dieser Ausschuß über Verfassungsverlegung und ruft nach Bestrafung der Schuldigen. Neuer Buchthausparagraph gegen Breußenregierung und Reichsregierung gefällig?

Daß doch immer gerade die Herrschaften, die sonst auf die demokratische Verfassung pfeifen, am lautesten über Ber­fassungsverlegung schreien, wenn sie bei Vorbereitungen zum Angriff gegen die Verfassung ertappt werden, wie es beim Stahlhelm unzweifelhaft seit langem der Fall ist!

Sie propagieren die Diftatur, fordern aber, daß die Re­gierung, ihren staatsfeindlichen Tendenzen liberal und tolerant gegenüberstehe bis zur Pflichtverlegung gegenüber Staat und Verfassung.

Sie können sich darauf verlassen: menn sie glauben, die Heimwehrmethoden in Deutschland   einführen zu fönnen, so werden sie höchst unangenehme Ueberraschungen erleben- troß ihres heuchlerischen Geschreis!

Westarp muß interpellieren.

Die deutschynationale Reichstagsfraktion hat wegen des Verbots des Stahlhelms in Rheinland- Westfalen   im Reichstag eine Anfrage eingebracht.

Die Geeabrüstungskonferenz. Amerifa nimmt Einladung nach London   an. Washington  , 10 Offober.

3m Auffrage der Regierung der Vereinigten Staafen hat der amerikanische   Geschäftsträger in London   heute dem britischen Aus­ wärtigen Amt   die Note überreicht, in der Amerika   die Einladung zur Londoner   Seeabrüftungskonferenz annimmt.

Der Antrag Chinas  , den Artikel 19 der Böllerbundsjagung, der die Revision unhaltbar gewordener Ber= träge vorsieht, zur Wirklichkeit zu bringen, plagte bekannt­chinesische Vertreter rein nationale 3iele. Die von Wu Tat nur eine Etappe des unablässigen Kampfes gegen die geforderte Anwendung des Revisionsartifels 19 bildet in der seinerzeit China   aufgezwungenen ,, ungleichen Berträge". Aber bald gewann der chinesische Antrag eine allgemeine Be­deutung. Er hat eine außerordentliche Erregung in den Reihen der Delegierten eines Teiles der Siegermächte hervor­gerufen, die befürchteten, daß damit Deutschland   und den anderen besiegten Mächten ein Mittel in die Hand gegeben wird, die Revision der Friedensverträge zu verlangen. Da­gegen sezten sich die Vertreter der durch die Friedensdiktate benachteiligten sowie der außereuropäischen, dem Imperialis­mus ausgelegten Nationen entschieden für die chinesische Initiative ein.

Die Verallgemeinerung der von China   aufgerollten Frage Schatten zu stellen. Letzten Endes aber eröffnet die von einem drohte anfangs die speziell chinesischen Interessen ganz in den Kompromißformel auch für China   die Möglichkeit, Unterausschuß des Völkerbundes einstimmig angenommene nötigenfalls an den Völkerbund zwecks Revision der ,, un­gleichen Verträge" zu appellieren.

Die Kompromißformel lautet nämlich, daß jeder Vertrag oder alle Verträge, von denen ein Mitglied glaubt, daß sie unanwendbar geworden sind, oder daß ihre Fortdauer den

Weltfrieden stören wird, in einer Form vor die Bölkerbunds­durch den Artikel 19 gededt wird." Es ist freilich eine versammlung gebracht werden müsse, daß ihre Borbringung ziemlich verklausulierte Formel. Jedoch ist es kaum zu bezweifeln, daß die China   aufgezwungenen ,, ungleichen Berträge" unter diese Formel fallen, da sie wirklich ,, unan­frieden stören würde". Es genügt, nur auf den kriegsgefähr wendbar geworden sind" und da ihre Fortdauer den Welt­lichen Zustand im Fernen Osten hinzuweisen. Natürlich ist von der grundsäglichen Bestätigung der Allgemeingültigkeit praktischen Anwendung in bezug auf die ungleichen Ver­des Revisionsartikels 19 des Bölkerbundpattes bis zu seiner träge" der Großmächte mit China   noch ziemlich weit. Immer­hin war der chinesische Borstoß in Genf   für die Siegermächte teine angenehme überraschung. Kann denn in diesem Falle überhaupt von einer le berraschung die Rede sein? Es war im voraus klar, daß die Nankingregierung in ihrem Kampf um die Wiederherstellung der Souveränität Chinas  auch an die durch den Bölkerbundpakt gebotenen Mittel greifen wird. Und noch mehr! Die Nankingregierung wurde dazu durch die abneigende Haltung der Mächte in der Frage der Abschaffung der Erterritorialmächte gerade ge

zwungen.

Bekanntlich bildet der Kampf gegen die ,, ungleichen Ver­träge" und insbesondere gegen die Vorrechte der Er trritorialität, die China   in seinem Verhältnis zu den Mächten in den Rang einer Kolonie herabwürdigen, die sitt­liche Idee der chinesischen Revolution. Das politische Ber­mächtnis des großen chinesischen Revolutionärs und Patrioten Dr. Sunjatsens stellt in den Mittelpunkt die Wieder­gewinnung der Souveränität Chinas   und die Beseitigung der ,, ungleichen Verträge", wie er sie stempelte. Die Konsulargerichtsbarkeit wendet bekanntlich auf dieselben Delikte je nach der Nationalität des Angeklagten eine verschiedene Rechtsprechung an. Sie hat fein wirksames Mittel, um sich die Zeugenschaft von Personen anderer Nationalität zu verschaffen. Sie bewirkt Komplikationen und Berzögerungen. Sie steht der Unparteilichkeit des Urteils im Wege, da die Konsuln ihren eigenen Volksgenossen gegenüber Richter und Partei zugleich sind. Wenn in den letzten Revolutionsjahren die Konsulargerichtsbarkeit auch allmählich verschwindet, so besteht sie doch noch immer mit allen ihren Mängeln. Die gemischten Gerichte nehmen den chinesischen Behörden ihre Rechte auf uneingeschränkte Rechtsprechung nicht nur über Ausländer, sondern auch über chinesische Staatsbürger, die auf Konzeffionsgebieten( Fremdennieder­laffungen) wohnen.

Auf dem letzten Parteitag der Kuomintang- Partei im März dieses Jahres wurde daher die Abschaffung der Konsulargerichtsbarkeit und der Fremdenniederlassungen als das Hauptziel der chinesischen Außenpolitik festgesetzt. Bereits am 27. April wurden durch den chinesischen Außen­minister Dr. Wang die bekannte Note an die fünf Vertrags­mächte gerichtet, in der die Abschaffung der Konsulargerichts= barkeit gefordert wurde. In der Note wurde u. a. darauf hingewiesen, daß außer den vielen schon jetzt bestehenden gesetzlichen Bestimmungen schon ein bürgerliches und ein Handelsgesetz ausgearbeitet sind, die noch vor dem 1. Januar 1930 in Kraft gesetzt werden. Modern eingerichtete Gerichts­höfe und Gefängnisse seien im ganzen Lande vorgesehen. Die Note beruft sich darauf, daß gewisse Nationen( Deutsch  =