Dienstag
15. Oftober 1929
Unterhaltung und Wissen
Pierre Descaves: Die beiden Väter
Der Berkaffer war französischer Regierungskommissär im belegten Rheinland . Seine Eindrüde hat er in dem foeben erschienenen Buche Das Kind der Bindung"( L'enfant de liaison) niedergeschrieben. fem Buche, bas fich mutig zum Gedanken einer deutsch - französischen Berbrüderung bekennt, ist die nachstehende Geschichte entnommen.
Anfangs 1923 wurden die Leichname aller französischen Solda ten, die nach dem Krieg im Rheinland gestorben und bestattet worden sind, ausgegraben und nach Frankreich geschickt. In meinem Amtsbezirt gab es deren nur sehr wenige. Die Familien wurden verständigt, daß sie bei der Erhumierung anwesend sein tönnten. Niemand antwortete. Nur aus der Bretagne kam ein Brief. Es war der Vater des Soldaten Le Guennec, der im Friedhof der fleinen Kreishauptstadt bestattet fag. Der Bater Guennec teilte mir mit, daß er fommen werde, um den Leichnam seines Sohnes ausfindig zu machen. Aber vergebens wartete man auf ihn und so wurde der Sarg vom Transportdienst an die Grenze gebracht. Am nächsten Tage meldete man mir den alten Le Guennee. Er hatte sich in der Richtung geirrt und einen langen Umweg gemacht. Es war ein alter, knorriger und schweigsamer Bauer. Er verriet feine Enttäuschung lediglich durch eine unwillkürliche Bewegung seines linten Armes, mit dem er eine alte Blechschachtel gegen die Brust drückte.
,, Sie sollen nicht umsonst die große Mühe auf sich genommen hoben," erklärte ich ihm ,,, wir wollen zusammen auf den Friedhof gehen, und, wenn Sie wollen, führe ich Sie auch zu dem Gehöfte, auf dem Ihr Sohn arbeitete... Ich weiß, wie Ihr Sohn ge storben ist und werde es Ihnen auf dem Weg erzählen..."
Bater Guennec nickte Zustimmung und folgte mir. Ich erzählte ihm, wie sein Sohn an den Folgen eines Hufschlages gestorben war. Schweigend schritt der Bauer an meiner Seite einher; nichts verriet seine Rührung. nur daß er seine Lippen fester aufeinander preßte. Auf dem steilen Fußweg, der zum Friedhof führte, ent blößte er sein Haupt, als begleitete er einen Leichenzug. Da sind mir," sagte ich. Man fah, daß die Erbe erst vor kurzem auf gegraben worden war. Ich trat einige Schritte hinter den Alten zurüd. Er blieb lange unbewegt, dann sah ich, wie er sich niederfniete und ein wenig Erde aufhob, die er in seine Blechschachtel legte. Das ist der Wunsch der Mutter," erflärte er mir, indem er aufstand, als molle er sich entschuldigen. ,, Sie will in diese Erde in einem Topf ein paar Blumen pflanzen... in diese Erde, die ihr Kind bedeckt hat. Er sprach ganz ruhig, nur seine alten Hände wühlten in der Erde und zitterten dabei leicht. Wir stiegen wieder ins Dorf hinunter; die Leute blieben stehen oder tamen zu den Türen. Sie wollten den Vater des französischen Soldaten sehen. Biele erinnerten sich an den großen freundlichen Jungen, den ein ausschlagendes Pferd in so finnloser Weise getötet hatte. Bater Guennec legte endlich seine Stummheit ab. Warum schauen fie mich so an?" brummte er, bin ich denn ein wildes Tier?" Ich glaubte schon, daß er die Leute zur Rede stellen wolle. Aber alle Umſtehenden nahmen ihre Hüte ab. Auch der alte Bauer berührte mit dem Finger seinen Hut.
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Jegt waren wir mitten auf dem Lande. Nicht sehr fruchtbar ist der Acker," meinte er mit Kennerblid ,,, aber gut bebaut." Am Straßenrande, vor dem Bauernhof, erwartete uns der Sohn des deutschen Landwirtes, den ich von unserem Besuch hatte benachrichtigen laffen. Er entschuldigte seinen sehr bejahrten Vater, der uns nicht hatte erwarten fönnen. Le Guennec nahm wieder seinen harten, undurchdringlichen Gesichtsausdruck an. Familie des Landwirtes hatte ihre schönsten Kleider angelegt, was dem alten bretonischen Bauern nicht entging. Sie glauben wohl,
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Die ganze
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das ist ein Festtag für sie," sagte er halblaut.. Aber er sprach diese Worte ohne tiefere Ueberzeugung und ich merkte, daß er im Grunde über diese Aufmerksamkeit sehr gerührt war. Der deutsche Landwirt schien noch gerührter zu sein als Le Guennec. Nach turzem Zögern entschloß er sich, uns durch den Bauernhof zu führen. Hier hat er geschlafen... Hier hat sich das Unglück ereignet... Und hier hat man ihn gepflegt, bevor er ins Spital gebracht wurde..." Ich übersetzte Le Guennec diese Worte, noch während der andere sprach. So besichtigten wir den ganzen Bauernhof. Der deutsche Landwirt erwähnte von Zeit zu Zeit den Verstorbenen mit einem Taftgefühl, dem ich meine Bewunderung 3ollte; aber nicht minder staunte ich über die Sachlichkeit, mit der Le Guennee die Erklärungen des anderen entgegennahm. Er stellte keine Fragen und nickte nur mit dem Kopfe, ähnlich einem Borgesetzten, der den Bericht seines Untergebenen entgegennimmt. Es kam ein Augenblick, da die beiden Männer in einem Raume, einer Art von Waschhaus, allein waren. Le Guennec wollte weitergehen, der andere hielt ihn zurück. Von draußen sah ich undeutlich, was sich abspielte. In der Zeichensprache und mit ein paar französischen Brocken versuchte der Deutsche dem Franzosen flar zu machen, daß auch er zwei Söhne verloren habe. Er beruhigte sich erst, als Le Guennec ihn mit den Worten Ver standen. ich habe verstanden..." unterbrach. Von Angesicht zu Angesicht einander gegenüberstehend, schienen sie weniger befangen, als wie wenn sie sich in der gleichen Sprache verständigt hätten. Blöglich schüttelten sich die Schultern des Deutschen im Weinkrampf. Da sah ich, wie sich die rauhe, gebräunte Hand Le Guennecs auf die Schulter des Deutschen legte und wie sie sodann zart den Rock des anderen streichelte, als wollte er eine Falte glätten. Es schien als wollte ein alter Freund den Deutschen in seinem Grame trösten... Ich hustete, um meine Anwesenheit Ich hustete, um meine Anwesenheit zu befunden. Sogleich trennten sich die beiden Väter, damit ihre Schwächeanwandlung ihr Geheimnis bleibe und nicht dem Frem den, der ich war, preisgegeben werde. Der Landwirt bat so sehr, daß Le Guennec an der in der Küche vorbereiteten Mahlzeit teil. nahm. Nur die beiden Männer hatten Platz genommen. Frauen und Kinder umgaben sie stehend und jeder wußte etwas von dem Verstorbenen zu berichten. Mein Begleiter lächelte mir unmerklich zu und berührte kaum die Speisen, die man ihm vorfezte. Als wir aufbrachen, war es Abend geworden. Ich begleitete den Vater Guennec zum nahen Bahnhof. Auf dem Wege wechselten wir kein Wort. Mehrmals war er schon nahe daran, aber erst im legten Augenblic entschloß er sich zu sprechen. Glauben Sie nicht," sagte er ,,, daß ich mich mit diesen Leuten zuviel eingelassen habe? Man hat mir zu Hause oft gesagt, daß man diese Menschen wie Hunde behandeln muß. Aber, wenn man so weit weg ist, weiß man ja von nichts, man glaubt an alle dummen Geschichten man setzt sich etwas in den Kopf. und schließlich gibt es doch Dinge, die einen einander näherbringen... Also, glauben Sie, daß mein Junge mit mir zufrieden wäre, wenn er mich so mit den Deutschen gesehen hätte?" Es war das erstemal, das er pon seinem Sohne sprach. Das pölterverbindende Kind, wenn auch
Die
Beilage des Vorwärts
Das Streichholz als Weltmacht
Der schwedisch- amerikanische 3ündholztrust strect nun auch nach Deutschland seine Hand aus, um sein Ziel, das Weltmonopol, zu erreichen. So ist das unscheinbare Hölzchen, das man so achtlos fortwirft, zu einer Weltmacht geworden, mit der Millionen verdient und ganze Völker zur Tributleistung gezwungen werden. Aber das gegenwärtige Geschlecht, das sich seine Streichhölzchen nicht verteuern lassen möchte, ist sich gar nicht mehr bewußt, welche Wohltat ihm durch diese Erfindung zuteil geworden ist, und es kann sich gar nicht mehr vorstellen, wie schwer dem Vorfahren noch vor 100 Jahren das Feuermachen wurde. Im Winter hielt man damals noch meistens im Ofen oder am Herd eine glühende Kohle, an der der ,, Fidibus", ein Papierfeßchen, entzündet wurde. Hatte man aber fein Feuer im Hause, so mußte man es mit einem Feuerzeug anmachen", und das war feine leichte Arbeit. Das gewöhnliche Feuerzeug bestand aus Stahl, Stein und Schwamm. Ein Stückchen Feuerschwamm wurde auf den Stein gehalten und dann wurde mit dem Stahl solange an dem Stein herumgeschlagen, bis der Schwamm durch einen der heraussprühenden Funken Feuer gefangen hatte. An den glimmenden Schwamm hielt man dann einen Schwefelfaden, der nach einiger Zeit in einer hellen Flamme brannte. War eins der benutzten Werkzeuge schlecht, so konnte man sich lange abmühen, bis man Feuer hatte; jedenfalls aber dauerte die Operation immer ein paar Minuten. Neben dem Schwefelfaden gab es seit 1800 Schwefelhölzer, b. h. Stäbchen, die in Schwefel getaucht waren. Aber auch fie fonnten erst in Brand gesetzt werden, wenn man vorher Feuer gemacht hatte. Um diese Tätigkeit ein wenig abzukürzen, kamen damals allerlei Apparate auf, die sogenannten„ Zündmaschinen" oder Bunderbüchsen". Im Gesellschaftszimmer wohlbabender Leute stand ein schönes Mahagonikästchen, in dem sich ein Instrument béfand, das auf einen bloßen Hebeldruck hin an einem dadurch glühend gewordenen Platinschwamm den Fidibus entzündete. Das war das Döbereinersche Feuerzeug; die Entzündung wurde durch Entwicklung von Wasserstoffgas hervorgerufen. Mit den Fortschritten der Chemie tamen Feuerzeuge auf, bei denen man besondere Zündhölzchen nur in eine blechene Büchse zu tauchen brauchte, um sie in Brand zu setzen. In diesen rotlackierten Blechbüchsen befand sich chlorsaures Kali, mit dem mit sich die Kleider verdarb, wenn das Feuerzeug unglücklicherweise auslief. Ueberhaupt waren alle diese Vorrichtungen fostspielig, unsicher und unbequem, und es war ein ungeheurer Fortschritt, als schließlich in dem Streichholz ein ganz einfaches, prompt wirkendes Mittel zum Feueranmachen gefunden worden war.
Sa selbstverständlich uns heute dieses Berfahren erscheint, so mußte doch erst ein banger Weg von vielen Erfindern zurückgelegt werden, um unser Zündholz zu schaffen. Nachdem Robert Boyle 1680 das Alchimistengeheimnis der Phosphordarstellung der Deffentlichkeit mitgeteilt hatte, verfertigte schon sein Assistent, der deutsche Sanfwig, aus Phosphor und Schwefelblumen eine Zündmasse, die er an Stelle von Stahl und Stein benuzte. Aber diese gefährliche und schwer zu handhabende Mischung fand keinen Anklang. Erst ein Jahrhundert später gelang es dem Turiner Forscher Beyla, die Selbstentzündung des Phosphors an der Luft zu verhüten, und er brachte nun die nach ihm genannten Kerzen in den Handel, die aus einem etwa 4 3oll langen Wachsstock bestanden; dieser Stock war an einem Ende mit einem Gemisch von Schwefel, Phosphor und
Leichman
unter der Erde, hatte seine Sendung erfüllt. Lange zurückgehaltene Det überzogen und in ein Glasröhrchen eingeschmolzen. Zerbrach Tränen rannen über die Wangen des Vaters, eines Landmannes, der aus dem Herzen Frankreichs gekommen war, um einen Beich man das Röhrchen und zog den Docht heraus, so sollte sich dieser nam zu suchen, und der nichts heimtrug als ein wenig geheiligte Erde in einer Blechschachtel und das gleichfalls geheiligte Gefühl, mit der Seele eines fremden Menschen eins geworden zu sein ( Berechtigte Uebertragung aus dem Französischen von Leo Korten.)
Julie Horn: Aepfel im Herbst
In unseren Garten find vielerlei Bäume gepflanzt. Unser Hausherr meint, die Kugelafazien seien die schönsten. Mir aber gefällt ein kleiner Apfelbaum, der hinter dem Hause steht, am besten. Im Frühjahr war er erst über und über voll von duftenden, rosaroten Blüten; als aber plöglich talte Nächte mit Schnee und Eis famen, ließ er braunverfroren die Köpfchen hängen, um sie auch nicht wieder zu erheben, als die warme Maisonne fie hell und freundlich beschien. Nur ein paar verspätete Knospen sprangen noch auf, und wie die abgefallen waren, hingen acht fleine, putzige Aepfelchen am Baume. Jetzt sind es nur noch sechs, zwei hat der Sturm abgeriffen; und einer davon, der einzige, der sein Gesicht der Sonne zeigte, hat fogar rote Backen bekommen. Die andern hängen verstedt unter grünen Blättern, und faum fann man sie sehen
Aber ich weiß, wo Aepfel hängen, und eine seltsame Sehnsucht überkommt mich, wenn ich unter dem Baum verweile.
Bilder aus meiner Kindheit und Heimat tauchen vor mir auf, Gärten mit blühenden Obstbäumen, deren reife Früchte rot und goldgelb in der herbstlichen Sonne leuchten.
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Ein Sommer fällt mir ein, da den Bäumen die Aeste brachen, so schwer und überfüllt waren sie von lauter Aepfeln . Und auch der böse Nachbar, der feine Kinder leiden mochte. Er hatte so herrlich schmeckende 2epfel an feinen Bäumen hängen, aber es mar uns verboten, fie aufzulesen. Mein leiner Freund, das Guftävle, hatte mir gefagt, daß die noch viel, viel besser als die unsrigen feien und so wollten wir uns doch heimlich welche holen. Aber da kam des Nachbars großer Hund, der gerade jo bös war wie sein va Herr und auch die Kinder nicht leiden konnte, und riß mir mein rotes Kleidchen in Fezzen und biß mich in die Hand. Meine Mutter mar erst erschroden, wie fie das Blut an meiner Hand fah, als sie aber erfuhr, wie ich zu dieser Berwundung gekommen, gab es noch eine Strafe dazu. Doch die Aepfel schmeckten gut, und das nächſtemal versicherten wir uns erit, ob der Hund an der Kette lag, ehe wir uns pan den perbotenen Früchten Holten.
Bie schön war es, wenn die Bäume geschüttelt wurden und mir unfere Köpfe fchüßen mußten, wenn wir darunter standen. Draußen am Gartenzaun standen Rinder, die feinen Garten und teine Nepfel hatten und sehnsüchtig zu uns hereingudten, die durften mir hereinholen, und fie fonnten effen, fo piel fie wollten. Wenn fie gingen, betamen fie die Taschen noch gefüllt.
Aber das Herrlichste deuchte mir damals, wenn Ende September und im Oktober täglich Dußende non offenen großen Wagen mit zwei Pferden bespannt, gefüllt mit roten und gelben 2epfeln an unferem Hause hinab zur Obstmühle fuhren, wo gemoftet wurde. Sumberte von Kindern, Mabel und Buben, gingen hinterbrein, und
wenn ein Apfel vom Wagen fiel, stürzten sie sich darauf und gaben sich Büffe und Schläge, weil jeder ihn haben wollte.
Tag und Nacht wurde in der Mühle gearbeitet, und die Straßen waren erfüllt von Duft nach Obst und süßem, schäumendem Most. In großen Fässern, die mit Astern und anderen Blumen umfränzt waren, wurde der Most seinem Besitzer zugeführt, und die Pferde hatten Glocken um den Hals. Aus allen Häusern roch es nach Kuchen, und die Menschen gingen umher mit lustigen Gesichtern. Wenn dann, ganz am Ende des Herbstes, der letzte Wagen getommen war, standen die Buben in fleinen Gruppen beisammen und überboten sich, wer in diesem Herbst die größten Heldentaten im Apfelstehlen" verrichtet hatte.
Ach, damals würde mir mein kleiner Apfelbaum, dessen einen roten Apfel ich jetzt täglich betrachte, wie viel er an Pracht gewonnen habe, nur ein mitleidiges Lächeln abgelockt haben.
Vorzeichen eines strengen Winters Aus verschiedenen Anzeichen in der Tier- und Pflanzenwelt, die auf lange Erfahrungen des Boltes zurückgehen, ist bereits des öfteren behauptete worden, daß der Winter, der uns bevorsteht, besonders ſtreng fein und bald eintreten werde. Daß auch die Wissenschaft zu ähnlichen, wenig erfreulichen Ergebnissen gelangt ist, betont der Meteorologe F. Groißmayr in der Wochenschrift ,, Die Umschau". Nach seinen statistischen Feststellungen ist es eine Erfahrungstatsache, daß die Witterung unserer Wintermonate in irgendeinem Zusammenhang mit den großen Ueberschwemmungen in Indien und Aegypten steht. Immer wenn aus den nordwestlichen Provinzen Indiens im Auguft und September Ueberschwemmungen gemeldet werden, und ebenso der Nil ausgedehnte Hochwasser im Sommer und Herbst zeigt, tritt bei uns etwa ein halbes Jahr später große Kälte auf. Nun find diesmal die durch den Indus hervorgerufenen Wasserfatastrophen besonders furchtbar gewesen, und ebenso erlebte Das Nilland die stärkste Hochflut feit 1878. Dies kann als ein faft untrügliches Anzeichen für einen ungemein strengen Winter 1929/30 in Mitteleuropa gelten. Den großen Hochwassern des Nils ist in allen Jahren, in denen sie seit 1869 aufgetreten sind, stets ein falter Winter in den deutschen Landen gefolgt. Aus ganz anderen Gefichtspunkten ist der befannte Sonnenfledenforscher Mémern zu dem selben Ergebnis gelangt; er gründet seine Annahme auf die Wiederkehr der gleichen Witterung nach neun Sonnenfleckenperioden, also immer nach einem Jahrhundert. Da der Winter 1829/30 bedeutende Rätte brachte, jo müffen wir auch diesmal damit rechnen.
fofort entzünden, aber das geschah häufig nicht, und außerdem waren die Peylaschen Kerzen wegen ihrer Berbrechlichkeit feuergefährlich. Später ersand der Parijer Apotheker Dorosne ein Feuerzeug, bei dem ein Schwefelholz nicht mehr wie bisher durch Eintauchen in eine Flüssigkeit, sondern durch Reiben an einem rauhen Gegenstand entzündet wurde. Damit war die letzte Vorstufe zu dem eigentlichen Steichzündholz erreicht, aber der entscheidende Schritt mußte noch getan werden. Der Londoner Chemiker Cooper foll bereits 1825 ein solches Zündholz hergestellt haben, aber seine gelehrte Erfindung fam nicht in den Handel. Englische Blätter feierten 1927 ben 100jährigen Geburtstag des Streichholzes, indem sie als den eigentlichen Erfinder den Londoner Apotheker John Walker bezeichneten. Dieser stellte Hölzchen mit Phosphorföpfen her und verkaufte fie in Schachteln; in jeder Schachtel befand sich ein Stück Glaspapier, und das Feuer wurde durch die Reibung des Streichholzkopfes an dem Papier erzeugt. Aber Walker war kein Ge schäftsmann, und so gebührt der Ruhm, die ersten Streichhölzer in großem Maßstab fabriziert zu haben, einem gewissen Samuel Jones, Der 1829, also gerade vor 100 Jahren seine Luziferhölzer" auf den Markt brachte, deren Zündmasse hauptsächlich aus Chlorkali und Schwefelantimon bestand, und an einem zusammengefalteten Stück Sandpapier in Brand gesteckt wurde. Unabhängig von Walker hat der deutsche Johann Friedrich Kammerer 1832 bas Phosphorzündholz erfunden; seine Streichhölzer, die er 1842 als politischer Gefangener auf dem Hohenasperg zuerst hergestellt haben foll, wurden 1833 in Darmstadt bereits verkauft, aber, obgleich er in Zürich später seine Fabrit errichtete, bürgerte sich seine Erfindung nicht ein, und er starb 1857 im Irrenhause.
Da das Arbeiten mit Phosphor gesundheitsschädlich war, wurde die Fabrikation solcher Zündhölzer in vielen Staaten verboten, und erst nachdem Schrötter 1845 den ungiftigen roten Phosphor entdeckt hatte, war ein Stoff gegeben, um wirklich gefahrlose Streichhölzer herzustellen. Dies tat 1848 der deutsche Chemiker Böttger, Da aber der Prophet bekanntlich in seinem Baterlande nichts gilt, so fand Böttger mit seiner Erfindung nicht in Deutschland , sondern in Schweden Beachtung, und er errichtete in Jönköping eine Zünddie Welt antraten. Heltere Leute erinnern sich noch an die Schachteln holzfabrik, von der aus die Schweden " ihren Siegeszug durch der Jönköpings Tändstichfabriks", und durch sie wurde das Streich holz erst zum allgemeinen Gebrauchsgegenstand. Noch 1884 schrieb der Kulturhistorifer Bähr:„ Man geht jetzt mit den Schweden " so verschwenderisch um, daß man sich nicht scheut, ein Streichholz zu verschwenden, auch wo man eine brennende Flamme zum Anzünden behußen könnte. Der Fidibus wird bald zu den ausgeftorbenen Geschöpfen zu zählen sein." Seitdem ist er längst ausge ftorben, und die„ Schweden " sind zur Weltmacht geworden.
Das Wort„ Frevel" ist das einzige nicht zusammengefeßte Wort ( abgesehen von Gigennamen), in dem wir den f- Laut im Innern mit schreiben. Bei allen anderen steht das v am Anfang, zum Beispiel von, Bater, die Vorfilbe ver. Wo das v sonst im Innern des Wortes vorkommt, handelt es sich um ein Fremdwort und um den f, sondern um den m- Laut.