Kr. 489 46. Jahrgang
2. Beilage des Vorwärts
Verschleierte Bilanzen.
Die Rückstellungspolitik der Bauunternehmungen.
Im Zusammenhang mit der Rundfrage des Reichsjustiz| ministeriums über die Aktienrechtsreform ist in vielen Blättern wiederum auf die üble Gepflogenheit, die Bilanzen zu verschleiern, hingewiesen worden. Die grundfäßliche Kritif, die daran geübt wurde, sei hier durch Darstellung von Einzelfällen er gänzt. Als Material dienen die Jahresausweise sämtlicher Bauunternehmungen mit 2 Millionen Mart Mindeſtfapital, deren Attien oder Anteile gehandelt werden, achtzehn an der Zahl. Den Bauunternehmungen ist es seit der Stabilisierung Jahr für Jahr beffer gegangen.
Bon insgesamt 70 Abschlüssen weisen nur 3 Dividenden reduktionen auf; im legten Jahr blieb teine Firma dividendenlos. Selbstverständlich ist die fortschreitende Besse rung der Geschäftslage an den Abschlüssen nicht spurlos vorüber gegangen. Was fie an Spuren hinterlassen hat, bleibt hinter dem wahren Grad des Erfolganstiegs meit zurüd. Die Bildung pffener sichtbarer Reserven aller Art gibt die wirklich erfolgte Bermögens Stärkung zweifellos nicht wieder. Es fällt jedenfalls schwer zu glauben, daß die Geschäftsleitungen im Laufe einer Reihe erfolge reicher Jahre ihren Aktionären ausnahmslos ein Mehrfaches dessen zugewandt haben, was sie zur Auffüllung ihrer Reserven verwandten. So gab
die Firma
An die offenen Reserven 902.
179 000 281 000
d. H. an die Attionäre... Broz.
im Lauf por ... Dividenden jahren
an die Attionäre M.
mehr als an die
off. Referven
5 215 000 1766 000 1440 000
3000 Proz
600
164 000
800
845 000
76 000
1100
1 108 000
900 000
40 000 100 000
2750
900
44 000
Aug. Häuserbau 3( 1926) Boswau u Knauer 3( 1926) Gebr. Goedhardt. 3(. 1926) 21- G. f. Bauaus
300 000
680
führungen.. 2( 1927) Das sind diejenigen Unternehmungen, die feit 1925 feine Kapitalerhöhung norgenommen haben, bei denen die Reserpen also restlos aus Betriebsgewinnen gespeist werden. Bei ben anderen, die ihre Reserven außerdem mit Emissionsgeminnen auffüllen fonnten, liegen die Berhältnisse nicht anders; mur find fie der Schwierigkeiten wegen, denen die Trennung des Reserven zuwachses nach seiner Herkunft begegnet, meniger eindeutig. Soweit fie dies aber find, fügen sich die Firmen der Aufstellung zwanglos ein. Gerade bei einer Firma, die seit 1925 ihr Rapital erhöht hat, ist das Mißverhältnis zwischen Zuwendungen an die Aktionäre und Zuwendungen an die offenen Reserven besonders groß. Es handelt sich um
Julius Berger. 057174
Dieses Unternehmen, dos in den letzten Jahren stets die höchsten Dividenden erflärte, führte seit 1925 dem Reservefontó aus Betriebs gewinnen ein einziges mat gange 42 000 m. zu, während an Die Aktionäre 4163 000 m. ausgeschüttet wurden! Diese einmalige Bumendung ftellt fraglos eine Verlegenheitsbuchung dar, Fenn irgendein Anlaß, gerade im Jahre 1926 gerade diesen Betrag zur Dotierung des Refervefontos zu benutzen, ist nicht ersichtlich. Julius Berger verfolgt ganz offenfundig das Prinzip, aus Betriebsgewinnen überhaupt teine offenen Reserven zu bilden, deren Auffüllung vielmehr nur Emissions gewinne heranzuziehen. Daß die Relation zwischen Reserve und und Aktienkapital mit trapp 40 Broz gleichwohl überaus günstig und höher als bei jeder anderen Bauunternehmung ist, liegt an der Höhe des Börsenturies; auch bei Einräumung günstiger Bezugs redyte wird Berger immer noch hohe Emissionsgewinne erzielen. Wo diese Quelle spärlicher fließt oder mo Rapitalerhöhungen gar vermieden werden, weist die Reserve bei Befolgung dieses Prinzips eine ganz unscheinbare Höhe auf.
Am trasfesten zeigen dies die Bilanzen von Bos mau und Knauer. Nach drei guten Jahren hat man dort das genannte Berhältnis von gut ½ Broz auf 1,7 Broz. gebracht! Man wird nicht der Uebertreibung geziehen werden können, wenn man feststellt, daß eine folche
Art der Bilanzierung dem Grundsatz der Wahrheit geradezu Hohn spricht.
Für das Berhältnis zwischen Geminn verbleib und Gewinnausschüttung ist dasjenige von Zuwendung an die offenen Refernen und Gewinnausschüttung nicht tennzeichnend. Es gibt einen Beg, Gewinne fichtlich dem Unternehmen zu sichern, ohne die offenen Reserven zu erhöhen: Abbau der Schulden. Die Jahresausweise übergehen ihn freilich, indem sie das Gewinn tonio um den Betrag, der zur Berringerung der Schuldenbast worunter nur langfristige festverzinsliche Schulden zu verstehen find, denn andere find in dieser Beziehung erst gar nicht zu verfolgen Dorweg bient, vor weg türzen. Selbstverständlich ist diese buchungstechnische Maßnahme auf die Tatsache, daß es fich hier um echte Verwendung eines Teils des Gewinnes zugunsten der Unternehmung handelt, ohne jeden Einfluß.
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Einige Bauunternehmungen sind in dieser Weise verfahren, so
5101
daß das Verhältnis zwischen offen einbehaltenem und ausgeschüttetem Gewinn bei ihnen besser ist als die genannten Zahlen befagen. Relativ ist es sogar bedeutend besser; die Ueberschußquote sinkt bei Gebr. Goedhardt von 900 Broz auf 450 Broz, bei Boswau und Knauer von 2750 Broz. arf 1450 Proz. Aber die so berichtigten Ziffern sind immer noch zu groß, als daß sie den anfangs ausgesprochenen Zweifel, die Reservebildung erfolge tatsächlich so, wie in Gewinnverteilungsplan, Erfolgsrechnung und Bilanz dargetan wird, beheben tönnten.
Freitag, 18. Oftober 1929
reichender Höhe mahmen leztes Jahr, das in dieser Beziehung günstig dasteht, mur Industriebau- held und Frande, Grün und Bilfinger, Allgem. Häuserbau und drei bis vier weitere Firmen vor.
Aber der Geminnvortrag soll auch eingestandenermaßen nicht mehr zum Gewinnausgleich in der Zukunft dienen; mie tönnten sonst Bank und Freitag den Bortrag, den sie in ein Jahr rückläufiger Dividendenbemeffung übernommen haben, unverändert in das nächste übertragen! In Wirklichkeit ist er eben nur noch eine bedeutungsInfe Rechengröße, deren Fehlen die ohnehin schon undurchsichtige Rechnung nicht sonderlich berühren würde.
Berstedte Reserven.
Wären die offen ausgewiesenen Rücklagen die einzigen, die die Bauunternehmungen gemacht hätten, jo märe es um die Fähigkeiten ihrer Leiter in Finanzfragen schlecht bestellt. In Wirklichkeit wurden weitere Rücklagen gemacht, die als solche mir nicht fennt
Rückstellung im eigentlichen Sinne des Wortes, wenn auch nichtlich sind. Wahrscheinlich sind diese versteckten Reserven sogar um für eine längere Spanne als ein Jahr gedacht, ist auch der Gewinn vortrag. Seine ursprüngliche Funktion war, etwaige Gewinnrüdgänge auszugleichen, die Beobachtung einer stabilen Dividenden politit zu erleichtern. Heute hat er sie eingebüßt. Was will es zum Beispiel besagen, wenn Julius Berger Vorträge in Höhe von 50 000 bis 73 000 m. ausmeist; sie sind zu bescheiden, um erforderlichenfalls die Stüßung der Dividende um auch mur 1 Broz zu erlauben! Genau so steht es bei Bosmau und Knauer, Lenz und Co., und Hoch tief, nicht viel besser bei vielen anderen. Gewinnvorträge in aus
ein Mehrfaches größer als die offenen; andernfalls stünde die Freigebigkeit gegenüber den Aktionären in feinem Verhältnis zur Kapitalbildung innerhalb der Betriebe. Daß diese allgemein be trieben wird, ist bekannt, und ein Grund, gerade für die Bauindustrie, deren Kreditsituation nicht die beste ist, das Gegenteil anzunehmen, liegt nicht vor. In Berücksichtigung der günstigen Geschäftslage wird man die Jahresausweise der Bauninternehmungen als Schulbeispiele für die Bilanzverschleierung zum Zwecke des Gewinnverstecs onF.F. sehen müssen
Möglichkeiten der Konzentration.
Bankenfufion und Industrie.
3. Bintsch A. G., die Deutsche Telephonwerte und Rabelindu strie A.- G..
In der Metallverarbeitung und im Maschinenbau sind als enge Geschäftsfreunde der Deutschen Bank zu nennen: Hirsch Kupfer, die Maschinenfabrit Budau, Schu. bert u. Salzer, Borsig, Mannesmann usw., andererfeits für die Disconto- Gesellschaft außer Ludm. Loewe die Sächfische Maschinenfabrit Richard Hartmann und die Maschinenfabrik Augsburg- Nürnberg( MAN.).
Ben zwei Banten vom Range der Deutschen Bant und der feits von der Deutschen Band die Bergmann Berte, die Disconto- Gesellschaft, Banten , die so eng mit zahlreichen Industrie, Transport und Handelsgesellschaften verwachsen sind, miteinander verschmelzen, fo muß das für alle diejenigen Gesellschaften, deren hauptsächlichste Bankverbindung bisher eine diefer beiden Banken gewesen ist, ebenfalls von entscheidender Bedeutung werden. Die Fusion wird den Bantinstituten, die im Ausland miteinander im Wettbewerb standen, aber die im Inland einen freundschaftlichen Rontakt mahrten, die Möglichkeit geben, ihre industriellen Interessen, die sie bisher trennten, zu vereinen" mit diesen Worten fennzeichnete dieser Tage eine befannte franzöfifche Wirtschaftstörrespondenz( Agence Economique et Finan ciere" vom 30. September) die wichtigste wirtschaftliche Konsequenz des 3Zusammenschlusses.
Es ist natürlich nicht anzunehmen, daß nun auf einen Schlag etwa alle gleichartigen Industrieunternehmungen ebenfalls miteinander verschmolzen werden; denn auch die Deutsche Bant stand bereits seit Jahren in intinsten Geschäftsbeziehungen zu einer ganzen Reihe Maschinen, oder Tertilfirmen, ohne daß sie bisher diefe ihre Kunden zu einer Fusion veranlaßt hätte Trozdem wird auf jeden Fall munmehr eine neue Periode großer Industrie fufionen zu erwarten sein überall mit dem gleichen 3med, größere, fapitalfräftigere Konzerne zu entwickeln, deren Broduktions- und Vertriebskosten zu vermindern und insbesondere auch das Lohnfonto zu schmälern, das heißt nach Möglichkeit Ar beiter und Angestelltenentlaffungen vorzunehmen. Nicht zuießt diese Seite der Bankenfusion ist es daher, die von der Arbeitertlaffe mit ganz besonderer Aufmerksamkeit beachtet wird; denn es handelt sich bei den Firmen, die mit diesen beiden Banten verbunden sind, um einen sehr großen Teil der deutschen Wirt schaft.
Einige wichtige Beispiele solcher Konsequenzen feien hier genannt.
In der Kaliindustrie, wo seit Jahren eine starte Tendenz zu immer stärkerer Konzernbildung und Rationalisierung zu beob achten ist, steht die Disconto- Gesellschaft dem Konzern Salzbet furt Aschersleben Wefteregeln nahe, während die Deutsche Bank an der Ralichemie A. G. interessiert ist, jenem talichemischen Konzern, der im vergangenen Jahr durch Verschmel. zung des Kalifonzerns Neustaßfurt- Friedrichshall mit der Rhenania Runheim Berein Chemischer Fabriten A.-G. entstanden ist.
AP
In der Elektro- und Elektrizitätsindustrie steht die Deutsche Bant schon seit Jahren, zum Teil Jahrzehnten, dem Siemens Konzern besonders nahe, ebenso auch der mit Sie mens zusammenarbeitenden Finanzierungsgesellschaft Elettrische Licht und Kraftanlagen A.-G. Erst im vergangenen Jahr hat diese Finanzierungsgesellschaft ihr Aftienfapital erhöht und ihre Verbindung zu Siemens noch mehr verengert. Andererseits arbeitet die Disconto- Gesellschaft aufs engste mit der größten deut schen Finanzierungsgesellschaft für Elektrizitätsunternehmungen zufammen, nämlich der Gesfürel( Gesellschaft für elettrische Unter nehmungen). Auch zu der Firma Ludm. Lpeme, die heute mehr eine Dach und Beteiligungsgesellschaft als eine Maschinenfabrit ist und die ihrerseits mit der Gesfürel seit Jahrzehnten verbunden ist, steht die Disconto- Gesellschaft in allerengften Geschäftsbeziehungen. Ferner wird von der Disconto- Gesellschaft die Deutsch Attan tische Telegraphen Gesellshaft fontrolliert, anderer.
In der Papierindustrie steht die Disconto- Gesellschaft dem Zellstoff- Waldhof- Konzern nahe, die Deutsche Bant unter an deren der Barziner Papierfabrit.
Sehr wichtig fann die Bantenfusion auch für das Reedereiwesen werden. Die wichtigste Bankverbindung der Hapag läuft auch heute noch, trotz des Eindringens der Darmstädter und Nationalbant, zur Disconto- Gesellschaft, während hinter dem Nord. deutschen Lloyd vor allem die Deutsche Bank steht.
Die Erdölintereffen beider Banken( Deutschen Grdöl -G., Deutsche Betroleum- Gesellschaft, Rutgersmerte) find bereits feit einigen Jahren zu einer engen Arbeitsgemeinschaft zufammen. geschlossen.
Diese Beispiele zu erwartender Interessenverknüpfungen fichen fich auch für andere Gebiete noch vermehren, so zum Beispiel für die Montanindustrie( Haniel - Konzern, Klödner Konzern), für den Stein und Braunkohlenbergbau( die Silverbergsche Rheinische Braunfohlen A.-G., Harpener Bergbau usw.) und auch für die Textilindustrie.
Die Arbeiterschaft, die ja durch solche Fufionen und Intereffen. gemeinschaften zunächst am härtesten betroffen wird, hat um so mehr Anlaß, diese Folgen der Banfenfufion ins Auge zu faffen, als an der Börse bereits mit bestimmten Zusammenschlüssen dieser h. Art gerechnet wird.
Merkwürdige Zurückhaltung. Kohlenwirtschaft- Wirtschaftsminister- Genossenschaften. Der vom Reichstag im Juni 1929 gefaßte Beschluß zu den Ausführungsbestimmungen des Kohlenwirtschaftsgefeßes, wonach die Bereinigungen der Verbrauchergenossenschaften die von ihnen benötigten Kohlenmengen zu den gleichen Preisen und Lieferbedingungen erhalten wie der Handel, scheint in den Labyrinthen des Reichswirtschaftsministeriums ein merkwürdiges Schidfal zu erfahren. Er liegt auf der Hand, daß gewisse Stellen teine Freude an diesem Reichstagsbeschluß haben. So hat bereits der Reichstohlennerband in einem Schreiben an das Reichswirtschaftsministerium gegen die Beschlüffe des Reichstags Stellung genommen. Auch das Ministerium selbst, das nach dem Kohlenwirtschaftsgesetz verpflichtet ist, den genossenschaftlichen Ga danken zu fördern, hat bis jetzt für die Berwirklichung der Beschlüſſe nichts getan.
Dagegen haben sich andere Seltsamteiten und Mertwürdigkeiten ergeben. So liegt gegenwärtig dem Reichswirtschaftsministerium eine Darstellung des Zentralverbandes der Rohlenhändler var. die sich selbstverständlich auch gegen den Reichstagsbeschluß aus fpricht. Man darf auch annehmen, daß die Kohlenhändler vom Ministerium um bie Darlegung ihrer Auffaffung ersucht worden sind.
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