Morgenausgabe
◆ Nr. 501
46.3Jahrgang
A 252 150 1910
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dalmi 25. Oftober 1929
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1ge Ronpareillezelle Bfennig. Reflamezeile 5.- Reichs mart. Kleine Anzeigen" das fettge Drudte Wort 25 Bfennig( zuläffig gel fettgedruckte Borte), jedes weitere Bort 12 Bfennig. Stellengefuche das erfte Bort 15 Bfennig, jebes wettere Bort 10 Pfennig. Borte über 15 Buchstaben gablen für zwei Borte. Arbeitsmarkt Seile 60 Pfennig. Familienanzeigen Beils 40 Pfennig. Anzeigenannahme im Hauptgeschäft Lindenstraße 3, wochentäglic von 81%, bis 17 Ubr.
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Erklärung Hindenburgs.
Der Reichspräsident beharrt bei seinen Erklärungen.
Das Wolffbureau teilt mit: In einer Unterhaltung, Der frampfhafteste Interpretationsversuch tommt nicht die der Reichspräsident am Donnerstag mit dem um die Tatsache herum, daß sich Hindenburg ,, aus ritterlichen deutschnationalen Reichstagsabgeordne. Motiven" gegen die schamlose und verleumderische Beschulditen Schmidt Hannover hatte, erklärte der Herr gung des Landesverrats gegen die Reichsminister gewandt hat, daß er sie und den berüchtigten§ 4 dieses Boltsbegehrens Neichspräsident auf eine Anfrage: bedauert und verurteilt.
Er stehe nach wie vor dem Voltsbegehren als solchem in voller Neutralität und Unpartei lichkeit gegenüber. An dieser seiner grundsätzlichen Saltung, wie er sie in seinem Schreiben an den Reichs. fanzler vom 16. d. M. dargelegt habe, ändere auch die Menßerung nichts, die er in seiner Besprechung mit dem Reichskanzler am 18. d. M. getan habe."
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Die Erklärung vom 18. Oktober lautet: Im Laufe des heutigen Vortrags des Reichskanzlers nahm der Herr Reichspräsident Gelegenheit, den§ 4 bes Boltsbegehrens, der Reichskanzler und Reichsminister, die den Young- Plan oder ähnliche Verträge abschließen, unter die Anklage des Landesver rats stellt, als einen unsachlichen und persön lichen politischen Angriff zu bezeichnen, den er
bedauere und verurteile.
Der deutschnationale Reichstagsabgeordnete Schmidt Hannover läßt zu dieser Erklärung durch die TelegraphenUnion Bemerkungen" verbreiten, in denen er die Worte des Reichspräsidenten zu interpretieren versucht. Diese BemerPungen lauten:
Die Stellungnahme des Herrn Reichspräsidenten vom 18. dieses Monats entsprang lediglich ritterlichen Motiven. Die Behauptung der Linkspresse, daß der. Herr Reichspräsident gegen das Volksbegehren sei, widerspricht also den Tatsachen. Jedes Hereinziehen seiner Berson in den Kampf gegen das Boltsbegehren ist ein Verstoß gegen seine ausdrückliche Willensmeinung. Aus der Erklärung ergibt sich auch die Bestätigung unserer Auffassung, daß der Herr Reichspräsident den reibungslosen Kampf der Abstimmung unter Wahrung aller verfassungsmäßigen Rechte gewährleistet sehen möchte."
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Dieser unberufene Interpret merft nicht, wie er sich und seinen Freunden mit dieser Betonung der ritterlichen Motive ins Gesicht schlägt!
Dieser berüchtigte Baragraph 4 mit seinen Anwürfen gegen die Reichsminister ist der Ausgangspunkt der Agitation gegen die Republif, er hat dem Hugenbergschen Volksbegehren das politische Gesicht eines Aufruhrs gegen die Staatsautorität gegeben, er ist der Kern dieses Begehrens und der Agitation- und dieser Kernpunkt hat den Reichspräsidenten veranlaßt, bei Wahrung seiner betonten und strengen neutralen Haltung gemäß seiner verfassungsmäßigen Stellung aus ritterlichen Motiven seine Stimme dagegen zu
erheben.
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Der letzte Satz der Bemerkungen" des Herrn Schmidt enthält einen dreisten Versuch, den Reichspräsidenten gegen die Reichsregierung auszuspielen, und eine Infinuation gegen die Reichsregierung dazu. Herr Schmidt versucht, der Reichs regierung zu unterstellen, daß sie den reibungslosen Verlauf der Eintragung störe und daß sie die verfassungsmäßigen Rechte nicht gewährleiste.
Diese Unterstellung ist ebenjo niederträchtig wie der§ 4 des Boltsbegehrens. Die Reichsregierung wahrt auf das ftrengste alle verfaffungsmäßigen Rechte auch in der Beamtenfrage, gerade indem sie die Beamten an die Achtung der Beamtengeseze mahnt! Der unberufene Interpret will einen Gegensatz zwischen der Reichsregierung und dem Reichspräsidenten fonstruieren, um den Reichspräsidenten in den Kampf um das Boltsbegehren hineinzuziehen.
Dieser Interpretationsversuch steht in einem lächerlichen Gegensatz zu dem ausdrücklichen Wunsche des Reichspräfidenten, er ist ein dreister und plumper Versuch, der zusam menbrechenden Hugenberg- Front in letter Stunde noch etwas Auftrieb zu geben. Und ein nugloser Versuch obendrein! Dieser zum Scheitern verurteilten Aktion, deren Fiasko heute schon feststeht, hilft auch der frechste Interpretationsschwindel nicht mehr auf die Beine!
Sozialisten und Regierungsbildung
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Keine grundsätzliche Ablehnung.- Man wartet die Beschlüsse von Reims ab.
galmi Paris , 24. Ottober.( Eigenbericht.) Der Präsident der französischen Republik empfing am Donnersfag u. a. den Vorsitzenden der sozialistischen Kammerfraktion, Leon Blum , zu einer längeren Unterredung über die Neubildung der Regierung.
Die Be
Blum hat dem Präsidenten der Republik im Berlauf der BeBlum hat dem Präsidenten der Republik im Berlauf der Befprechung zu verstehen gegeben, daß für den Fall eines Auftrages zur Neubildung der Regierung an einen Sozialisten in der Unterredung wurde der Name Paul Boncour genannt die Sozialistische Partei ihre Parteitagsbeschlüffe hinsichtlich der Beteiligung au einer Regierung feineswegs mit Bestimmtheit wieder in negativem Sinne auslegen würde. hauptung der bürgerlichen presse, daß es sich im Verlauf der Unterredung nur um die Person Paul Boncours und nicht um die Beteiligung der Sozialistischen Partei an der Regierung gehandelt habe, ift falsch. Boncour hat am Donnerstag in einer Sigung der sozialistischen Fraffion ausdrücklich erklärt, daß er sich unter feinen Umständen als ,, über den Parteien stehend" zur Kabinettsbildung bereit erklären würde. Politikern, die in diesem Sinne an ihn herangetreten feien, habe er ebenfalls erklärt, daß er für seine Perfon entfchloffen sei, nur im engifen Einvernehmen mit der sozialistischen Fraktion zu handeln. Blum dürfte den Präsidenten der Republik im gleichen Sinne unterrichtet haben.
Dre Präsident der Republik wird in feiner Richtung irgendeine Enffcheidung treffen, bevor nicht der raditale kongres, der am Donnerstag in Reims zufammentrat, zu einem entscheidenden Beschluß gekommen ist. Aber selbst für den Fall einer Berufung Paul Boncours würde fich die fozialistische Frattion endgültig erft enfscheiden, wenn für die fünftige Außen-, Wehr- und Sozialpolitit von den als Koalitionspartner in Betracht kommenden Parteien beftimmte Garantien gegeben worden find.
Der Parteitag der Radikalen.
In Reims wurde heute der Parteitag der Radikalen eröffnet. Der Borfizande, Abg. Daladier , erklärte in seiner Eröffnungsrede, die Radikale Partei molle ihr Ideal des sozialen Fort ritts, der Laien politit und der internationalen Berständigung, das der Erfahrung und den Gefeßen der Bernunft entspreche, verwirklichen. Die Radikale Partei, die 1927 53 Bezirksverbände zählte, habe munmehr deren 87, auf dem Parteitag in Reims feien nicht weniger als 1000 Drtsausidyüsse vertreten. Die Bartet jei in letzter Zeit besonders durch den Eintritt junger Rräfte verstärkt worden.
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Unter dem Titel„ The Sozialism of our Times"( Der Sozialismus unserer Zeit) hat die ,, League for Industrial Democracy" ein Sammelbuch veröffentlicht, das sich die Aufgabe gestellt hat, die Probleme des zeitgenössischen Sozialismus zu behandeln. Aber, so heißt es in der Einführung des von Harry W. Laidler und Normann Thomas herausgegebenen Sammelwerks , das Buch sei frei vom amerifanischen Gesichtspuntt aus geschrieben und bedürfe deshalb des Denkens und der Erfahrung der anderen Länder. In dieser Begrenzung liegt zugleich ein Vorzug. Denn wir erhalten in diesem Buch ein Bild des amerikanischen Lebens und den geistigen Reflex, der sich davon im Gehirn und im Gefühisleben der repräsentativsten amerikanischen Sozialisten spiegelt.
Die Sozialisten, die in dem Buche zum Wort fommen, gehören den verschiedensten Richtungen an. Wir begegnen bort Männern, die Gompers für den tlügsten ,, sozialistifchen" Tattifer halten und seine gewerkschaftliche und politische Taktik für die den amerikanischen Bedingungen angemessenste und darum rationellste Form des proletarischen Klassenfampfes", und anderen, die start mit fommunistischen Auffassungen sympathisieren. Die große Mehrheit der an der Diskussion Beteiligten steht zwischen diesen Eriremen und seht sich aus Gewerkschaftlern und Sozialisten zusammen, deren Auffassungen sich im wesentlichen mit denen des euro päischen Sozialismus decken. Darunter befinden sich auch Bersönlichkeiten, die durch ihre Schriften auch dem deutschen Sozialismus näher befannt geworden sind, wie hill quit und Boudin. Bon europäischen Sozialisten sind nur zwei an der Aussprache beteiligt: Kautsky und de Man. Das Buch zerfällt in vier Hauptabschnitte: Was die Sozialisten wollen",„ Der Sozialismus im Licht der amerika nischen und russischen Entwicklung", Taktik und nächste Schritte" und Sozialistische Theorie". In dem der Theorie gewidmeten Abschnitt, der die gute Hälfte der 375 Seiten des Buches einnimmt, werden hauptsächlich die materialistische Geschichtsauffassung, die Krisentheorie und die Marrsche Beritheorie behandelt.
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Die Beiträge des Buches bestehen in der Hauptsache aus Vorträgen und schriftlich erstatteten Referaten, die im Juni 1928 in Camp Taminent auf einer der periodischen Aussprachen der Liga für industrielle Demokratie gehalten worden sind. Auch aus der Diskussion wurde der wesentlichste Inhalt wiedergegeben. Es kam so ein ungemein lebhaftes und feffelndes Wert zustande, das gerade auch den europäischen Sozialisten interessieren muß. Was es besonders auszeichnet, ist der Mangel an Bebanterie und zünftlerischer Ausdrucksweise auch bei der Behandlung schwieriger Themen. Und das verdient ein besonderes Lob. Denn ökonomische und geschichtliche Probleme lassen sich bei aller Gründlichkeit auch in gcmeinverständlicher und anregender Form behandeln, wenn sie nur derjenige, der über sie schreibt oder spricht, selbst gründlich beherrscht.
Nicht so erfreulich ist das, was wir über den amerikani schen Sozialismus selbst erfahren. So wurde es als parador bezeichnet, daß zur gleichen Zeit, wo der Sozialismus als geistige Kraft und als sozialer Faktor in der ganzen übrigen Welt einen Aufstieg nahm, die sozialistische Organi 1ation der Vereinigten Staaten an Boden verlor. Die Mitgliedschaft der Sozialist Party, die vor dem Krieg die 100 000 überschritt, ist wesentlich gefunten. Sie war immer start fluftuierend, aber der Zugang überftieg doch ehemals den Abgang. Seit Jahren ist es umgefehrt, und namentlich ist es betrübend, daß in der legten Defade das jüngere Element noch mehr zurüdgetreten ist. Das Treiben der Kommunisten, die sich auch drüben in Pseudoschaftlichen Bewegung genau so übel mitspielen, wie in Radikalismus überschlagen und der politischen und gewerkEuropa, hat zu diesem Rückgang sein Teil beigetragen. Auf
Nach Beendigung feiner Rede wählte der Kongreß ohne Wider spruch den Abgeordneten Daladier wiederum zum Präsider anderen Seite hat das Fehlen einer flaren Abgrenzungsbenten der Partei auf zwei Jahre.
Montag fozialistischer Nationalrat.
Der Nationalrat der Sozialistischen Partei wird nach dem Temps erst am Montag zusammentreten, um über die Frage der Beteiligung der Sozialisten an der Regierung zu beraten.
Riel, 24. Oktober.
linie zwischen Sozialismus und bürgerlichen Parteien die politische Berwirrung begünstigt. Wie man sich im proletarischen Lager 1924 für La Folette einfeßte, so 1928 für Al Smith . Daß unter solchen Umständen der Sozialismus teine parteibildende Kraft gewinnen fonnte, ist nur zu erklärlich. Dabei weisen, beispielsweise in Milwaukee, das unter sozialistischer hat der Sozialismus beachtenswerte Einzelerfolge aufzuBerwaltung ,, in 18 Jahren aus einer der schlechtest verwalteten Städte der Vereinigten Staaten zu einer der bestverwalteten geworden ist."
An Erklärungen für die Stagnation des Sozialismus in den Bereinigten Staaten fehlt es nicht. Sie sind technisch das industriell entwickeltste Land und sollten deshalb, so könnte Wie die Juffizpreffeffelle beim Oberlandesgericht Kiel mitteilt, man glauben, die fortgeschrittenfte und bestorganisierte ArAber die Arbeiterschaft zerfällt ja sind die beiden Diretforen Glahn und Jacobsen der beiterbewegung haben. Kieler Bant, die, wie gemeldet heute ihre Zahlungen eingeffellt hat, felbft. ganz anders, als in England oder Deutschland , in die heute abend auf Anordnung der Staatsanwaltschaft unter dem verschiedenartigsten Elemente. Da stehen den Amerikanern dringenden Verdacht der Bilanzverschleierung vorläufig fest- pon Geburt die zugewanderten gegenüber, dem sozial I genommen worden.
höher ftehenden Teil der Arbeiter die Eingewanderten,