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Inflationsbegehren ohne Volf.

Spärliche Eintragungen in Baden  .

Freiburg  , 24. Oftober.

Die Eintragungen zum Boltebegehren erfolgen überall außer ordentlich fpärlich. Man tann im allgemeinen von einer rölligen Unintereffiertheit der oberbadischen Bevölkerung an dem Boltsbegehren sprechen. In Freiburg   haben sich in den ersten fünf Tagen noch nicht 1 Pro3. der Stimmberechtigten eingetragen. Bis Dienstag mittag wurden 571 Eintragungen gezählt. Im Wol facher Bezirt und in den anschließenden württembergischen Ge­meinden ist die Teilnahmslosigkeit außerordentlich groß. Während in Gutach   und Oberwolfach   fich bisher noch niemand in die Listen eingetragen hat, find es in Wolfach   10, Hausach   2, Schiltach 1 und Oberndorf 6 Personen. In Villingen   fanden bisher 11 Personen den Weg zu den Listen.

In Mannheim   bisher 841 Eintragungen.

3ffern aus der Pfalz  .

Candau, 24. Oktober.

In den Hauptorten der Pfalz   liegen nach dem letzten Stand folgende Eintragungsergebnisse für das Boltsbegehren vor: Bad Dürkheim   insgesamt 25, Frankenthal 17, Raifers. lautern 259, Neustadt a. b. 5aardt 147, Pirmasens  1350, Spener 68, 3 meibrüden 213, 2udwigshafen 232.

Ziffern aus Hannover  - Oft.

Hannover  , 24. Oktober.  ( Eigenbericht.)

An Einzeichnungen für das Boltsbegehren wurden bis Mittwoch abend in dem ländlichen Wahlkreis Hans nover Oft gezählt: Lüneburg   165( 20 500), Celle   194( 17 200), Sarburg 442( 80 000), 2ehrte 256( 7500) Soltau   64( 4000), Winsen   a. d. Luhe 19( 3280), Burgdorf   28( 3200), Bledede 80( 1300), Fallingborstel 15( 1200), Gifhorn   9( 800), Bremervörde   200( 7200), Rothenburg   88( 3230).( Die eingeflammerten 3iffern geben die Wahlberechtigten an.)

In der Gemeinde Dorfmart, dem Wohnsiz des Reichstags­abgeordneten Rebbenriep von der christlichnationalen Landvolk. partei haben sich von 900 Wahlberechtigten ganze vier eingetragen.

Die Eintragungen in Berlin  .

Donnerstag leichte Zunahme.

Ein rotes Seft- Treffen.

So schrieb der fommunistische Betriebssekretär Mag Schüß am 22. April 1929 an Willy Leow  , den Reichstagsabgeordneten und Führer von Rot- Front:..., Darf ich Sie weiter daran erinnern, daß Sie bei einem roten Treffen in Dortmund   abends dieses rote Treffen mit Wein und Geft gefeiert haben? Beranlaffung dazu gab 3hre Freundin, die sich nicht fcheute, im Beisein von Parteigenoffen( Kellner des betr. Lofals) zu erklären: Laßt uns rubig noch eine trinken, die dummen proleten müssen ja doch alles bezahlen."

Der Schulskandal von Goslar  .

Es wird endlich!- einmal ein Exempel statuiert.

Die Zahl der Eintragungen hat am Donnerstag leicht zu auf Hilfsmaßnahmen wegen der Wassernot im Aachener genommen. Es zeichneten sich ein:

.

Neukölln Lichtenberg  Prenzlauer Berg  Wedding Reinickendorf  

24.

23.

418

387

400

356

635

621

479

273

538 204

Amtliches Ergebnis erst am 6. November.

Die Reichsregierung hat die Wahlleiter der einzelnen Bezitte angewiefen, die Ergebnisse des Boltsbegehrens bis zum 6. No­vember nach Berlin   mitzuteilen. Ein vorläufiges amtliches Er­gebnis des Boltsbegehrens wird also frühestens am 6. November 3u erwarten fein

Die Weber- Lüge.

Die Hatentreuzgagitation in Bayern   hat eine Agitationslüge er funden, die selbst die Stlapenerportlüge übertrumpft. In einer Bersammlung in Erlangen   hat ein nationalsozialistischer Redner behauptet, das Eisenbahnunglüd von Bellin zona, bei hem der Abg. Helfferich ums Leben gefommen ist. sei in Wahrheit ein 2ttentat auf Selfferich gewesen. Das Attentat fei verübt worden, um den Mann, der die deutsche Wäh rung auf, eine folidere Basis als auf die Goldbafis habe stellen wollen, zu beseitigen. Das sei im Interesse der Bersflavungspolitik gewesen, denn die helfferich- Währung hätte im Gegensatz zu der burch den Young- Blan vorgeschriebenen Goldwährung Deutschlands  

Befreiung unterstützt.

Diese Ueberlüge murde mit großem Beifall aufgenommen. Es gibt teine Unsinnigteit mehr, die die Hatenkreuzpropaganda nicht behaupten könnte!

Beschwerde zurückgewiesen.

9

Am 19. Oftober hatte das Amtsgericht Berlin- Mitte ein Flug Am 19. Oftober hatte das Amtsgericht Berlin- Mitte ein Flug blatt des Reichsausschusses für das deutsche Boltsbegehren wegen Beleidigung der Reichsregierung und groben un fugs beschlagnahmt. Die von dem Reichsausschuß gegen diese Beschlagnahme eingelegte Beschwerde ist von der Straffammer des Bandgerichts 1.3urüdgemiefen- morden.

Reif zur Disziplinierung!

Bor den Toren Berlins  , in Eichwalde  , wird ein hetto graphiertes Flugblatt nerbreitet, das zur Einzeichnung in die Listen zum Boltsbegehren auffordert und neben dem deutschnationalen Arbeitnehmer vertreter Dr. Erich Schmidt, dem Eisenbahn obersekretär P. Arndt, dem pensionierten Beamten Boenisch und von dem reissulrath. Giraus unterzeichnet

morden ist.

Allmählich...

Trage dich ein mahnt der Lofal- Anzeiger" seine Leser. Die Cintragungsfrist fäuft nur noch bis Dienstag... Es wird all mählich 3eit."

Aumählich wird es Zeit hm, ja Beinahe scheint uns, als ob Hugenbergs Intelligenzblatt für geistig Minderbemittelte aus Berfehen mal einen wirtlich guten is gemacht hat,

Gebührende Antwort.

Im Zusammenhang mit der durch den preußischen Minister des Innern erfolgten Auflösung des Stahlhelms im Rheinland   und Bestfalen und dem von dem Bundesführer des Stahlhelms bei dem Minister dagegen erhobenen Einspruch wurde in einer Rieinen Anfrage im Breußischen Bandtag das Staatsministerium gefragt, ob es bereit sei, dem Einspruch zu entsprechen und eine Entscheidung, des Gesamtministeriums und des Reichstabinetts in dieser Frage herbeizuführen, und ob es meiter bereit sei, die Auf­föfung rüdgängig zu machen. Wie der Amtliche Preußische Breffe. dienst mitteilt, beantwortete der Minister des Innern beide Fragen furg mit mein".

Der Landtag überweist ohne Debatte einen Zentrumsantrag und Dürener   Wirtschaftsgebiet und einen Antrag der Deutschen   Boltspartei auf Errichtung einer Pädagogischen Akademie in Flensburg   den zuständigen Ausschüssen.

Der Ausschuß für die Grenzgebiete empfiehlt eine längere Emi­schließung, in der Maßnahmen zur Förderung der Wirtschaft in der Aachener Grenzmart gefordert werden. Unter anderem sollen im Hinblick auf die dort herrschende große Arbeitslosigkeit Mittel der produktiven Erwerbslosenfürsorge zur Förderung von Straßen-, Begebau und Masferregulierungsarbeiten verwandt werden. J der Aussprache betonen die Redner aller Fraktionen die Notwendig feit, schnelle und umfassende Hilfe für das bedrängte Aachener Gebiet zu leiffen. Der Ausschußantrag wird angenommen.

Es folgt nun die gemeinsame Beratung der Großen Anfrage und der Anträge, die sich mit dem

beschäftigen,

Schulfonflikt in Goslar  .

Abg. Delze( Dnat) begründet die Große Anfrage der deutsch nationalen Fraktion. Darin wird das Borgehen des Kultus ministers gegen die Goslarer   Schulen, deren Schüler die Reichsfarben beleidigten, als eine Maßnahme be­zeichnet, mit der an der Lehrerschaft nach offenfundig partei Intereffe der Stadt Goslar   rücksichtslos verlegt werde. Das Stants ministerium mird gefragt, ob es das selbständige Vorgehen des Kultusministers billigt, das eine Schädigung der Stadt Goslar  , ein Eingreifen in das Elternrecht und eine Herablegung des Ansehens der Lehrerschaft bedeute. Abg. Delze führt in der Begründung aus, die Maßnahme des Ministers lasse jeden erzieherischen Wert vermiffen. Bei folchen Berfehlungen jugendlicher Schüler follte man nicht gleich nach dem Büttel rufen. Die in Aussicht gestellte Ber­fegung der beteiligten Studienräte würde dem so oft verfündeten Grundfah widersprechen, daß Lehrerversehungen aus politischen Gründen nicht stattfinden sollen. Der Minister habe einmal gefagt, die gerecyte Behandlung Andersdentender sei das 2 und demo fratischer Staatspolitif. In der Bragis hapere es mit der Durch führung diefes Grundjages

Be.

Abg. Dr. Schuster( D. Bp.) begründet einen Antrag feiner prüfung der Angelegenheit einzutreten und Bertreter der städtischen valtion, ber bas Staatsministerium erjucht, sofort in eine Nach Batronatsbehörde in Goslar   zuzuziehen, bis zur Durchführung dieser Nachprüfung aber die Ausführung des Erlasses auszusehen. Das Berhalten der Schüler, so führt der Redner aus, Dem gegen= wird von uns aufs tiefste bedauert. wärtigen Staat und seinen Symbolen muß nicht nur horsam, sondern auch Ehrerbietung entgegengebracht werden. Das Vorgehen des Ministers entsprach aber nicht der Lage des Falles. Im Ausschuß werden mir im. einzelnen nach weisen fönnen, daß in den beteiligten Schulen die Symbole der Republit in anderen Fällen durchaus geachtet worden find. Die Entziehung des Rechts der eigenen Reife- oder Abschlußprüfung bedeutet eine schwere Schädigung der Elternschaft in Goslar  , aber auch einen fchweren Eingriff in die Selbstverwaltung, denn der Minister hat bei seinem Borgehen die Bertreter der städtischen Batronatsbehörde nicht gehört, obwohl die Stadt Goslar   das Gymnasium ohne jeden staatlichen Zuschuß unterhält.

Abg. Brelle( Dtsch. Frattion) begründet einen Antrag auf Auf hebung des Erlaffes des Ministers. Das Verhalten der Goslarer  Schüler ist gewiß zu mißbilligen und zu tadeln. Der Leiter des Gymnasiums hat aber auch die Schüler so scharf gerügt, daß ein fozialdemokratischer Stadtrat ihm sagte, fo ausfallend hätte er gegen die Schüler nicht werden sollen.( hört. hört! redyts.) In anderen Schulen soll ebenso mit den Schleifen verfahren worden fein wie in Goslar  . Warum ist der Minister in diesen Fällen nicht ebenso vorgegangen? Es ist besonders zu nerurteilen, daß der Minister mit den Schülern auch die Eltern straft. Wir erfuden den Minister dringend, seine Maßnahme zurüdzuziehen.

Kultusminister Dr. Beder:

Die tief bedauerlichen Borgänge in Goslar   haben die deutsche Deffentlichkeit ungemein erregt. Die große verfassungstreue Mehr heit des Bottes hat sich mit Redyt gefragt, wie es nad zehn Jahren Republit hat möglich sein fönnen, daß die verfaffungsmäßigen Symbole des Reiches von der gebildeten Jugend einer Stabt am Geburtsfest unseres Staates in aller Deffentlichteit be­fonnten..000 schimpft werden konnten.

Wo Borgänge wie in Goslar   möglich find, haben die zur ftaatsbürgerlichen Erziehung berufenen Stellen eben einfach 201 verjagt. nal

Bon dieser Feststellung tann feine Dialettit und feine Rabulistit etwas wegdistutieren. Die Republit hätte sich einfach selber auf­gegeben, wäre mit Recht dem Spott der Republit

gegner ausgesett gewesen, wenn solche beispiellofen Borgänge nicht mit energischen Maßnahmen geahndet worden wären. Und nun setzte die Erregung auf der anderen Seite ein. Die Vorgänge wurden weiter bagatellisiert, man sagte, es werde mit Kanonen nad) Spaßen geschossen. Ich überschätze die Er­eignisse nicht, ich nehme fie aber ernst. Ich meiß, daß die über­wiegende Mehrheit unserer höheren Schulen nicht reaktionär ist. Schon die loyale Haltung des Philologenverbandes beweist das. In fleineren Städten vor allem liegen die Berhältnisse allerdings häufig noch anders; dort iſt

der gesellschaftliche Bontott gegen republikanische Lehrer noch ein beliebtes Rampfmittel. Durch diese republikanischen Kreise ging ein Aufammen, als im Falle Goslar   so energisch durchgegriffen murde. Die Regierung wird im Wiederholungs­falle in gleicher Weise von ihren Machtmitteln Gebrauch machen. Das mögen sich alle Beteiligten gejagt fein laffen. Die Regierung hat nichts zu verheimlichen und nichts. zu beschönigen.

Nach diesen grundsäglichen Bemerkungen verliest der Minister den bekannten Erlaß vom 13. September, der den betroffenen Goslarer   Schulen das Recht zur eigenen Abnahme der Reise­prüfung bis auf weiteres entzieht und gibt dann eine ergänzende Darstellung zu den Tatbeständen. Er schildert noch einmal die bekannten Borfälle, das Abreißen, mit den Füßen. treten und Beschimpfen der Reichsfarben, geht dann zu den Schulstrafen über, die über die beteiligten Schüler verhängt wurden und begründet dann das weitere Borgehen des Ministeriums, das zu dem erwähnten Erlaß geführt hat. Der Minister ließ den Sachverhat an Ort und Stelle durch zwei Kommissare in allen Einzelheiten unter pädagogischen Gesichts­puntten untersuchen. Das Ergebnis war die Beurteilung des Falles als eines schmeren pädagogischen Bersagens der Schule. Der

iniſter gibt zur Kennzeichnung des Goslarer   Milieus einige Bei­ſpiele intereffanter Schülerausfogen.ne

Ein Oberprimaner fagte, er fönne es mit feiner 21 eberzeugung nicht vereinbaren, mit einem derartig geidmüdten Kranz durch die Stadt zu gehen. Ein Unterprimaner gibt zu, daß er auf dem Boden flegende Schleifen zur Seite gestoßen und dabei das Bewußtsein gehabt habe, dadurch die ftaatlichen Farben zu mit der schwarzrofgoldenen Schleife faßten wir als eine verunglimpfen. Ein Oberjekundaner: Die Berbindung der Kränze Herausforderung auf. Die Staatsform achten zu müffen erschien mir als Angehörigem einer höheren Schule nicht notwendig. Ein anderer Oberfekundaner: Ich habe die Farben Schwarzrot­gold an sich( ästhetisch) wie auch als Ausdruck einer politischen Ueberzeugung nicht gern. Ein Unterprimaner: Nicht die Reichs­farben zu beschimpfen beabsichtigten wir, da mir zugleich in ihr eine Parteifahne jahen. Ein Oberfertianer: Ich fann die fchwarzrotgoldene Fahne nicht anerkennen, weil ich im Jung­tahlhelm bin. Ich sehe in ihr die Farben des Reichsbanners. Ein Unterferfianer: Die schwarzcoigoldene Fahne ist doch auch Parteifabue. Ein Quintener: Ich mag die Farben nicht leiden, meine Eltern find auch schwarzweißrot

Bezeichnend ist, daß eine ganze Reihe von Schülern und Schülerinnen aussagen, fie hätten zwar von sich aus nicht ent­fernen wollen, hätten sich aber dem allgemeinen 3wang nicht entziehen tönnen und dem Bormurf der Feigheit nicht aussehen wollen. Da haben eben die Lehrer versagt. Ich fann nicht gegen jeden Lehrer, sagt der Minister, einen Schul­rat stellen; ich mill auch von Zuträgereien und Bespigelungent nichts wissen, aber dann muß ich in der Beurteilung der Lehrer mich an die Resultate hallen. Wenn Oberprimaner schwarzrotgold uur als Reichsbannerfarben fennen, dann hat die Schule nicht ihre Schuldigkeit gelan.

Der Minister wird wiederholt durch laute 3urufe non rechts unterbrochen. Als er fagte, die Goslarer   Borgänge hätten ihn aufs tiefste erschüttert, brachen Abgeordnete der Rechten in Iautes Gelächter aus. Er mwandte fich an den amtierenden Bizepräsidenten n. Kries mit der Bitte, ihm Ruhe zu verschaffen. Der Bizepräsident ersuchte die Abgeordneten wiederholt, die Biäze einzunehmen. Als der Lärm rechts nicht nachließ, wurde von links gerufen: Das ist Koch, der ist wieder betrunken!" Auf den Rat eines sozialdemokratischen Abgeordneten verließ Minister Dr. Becker schließlich seinen Plak am Regierungs­tisch und stellte sich an das Rednerpult in der Mitte mit den Worten: Mir liegt daran, gut verstanden zu werden, denn( nach rechts) es handelt sich hier nicht um ein Karnevals feft, sondern um eine ernfte politische Angelegenheit!"

Der amtierende Präsident, so erflärt er furz darauf, jagt mir eben, der Ausdrud Kornevalsjeft" entspreche nicht den Ge­wohnheiten dieses Hauses. Ich darf aber wohl bitten, daß ich Gelegenheit in Ruhe zu sprechen. Nach diesen von der Sinfer hit Beifall aufgenommenen Bemerkungen fann der Minister ohne größere Störungen seine Rede beenden.