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Dreiste Zumutungen. Oer Iieichsverbaad der Deutschen Industrie gegen Eisen- bahnergewertschafiea und Konsumvereine. In«in« Dorstandssitzung d«, Reichsoerbandes der Deutschen Industrie, der gegenwärtig in Saarbrücken tagt, wurde eine Entschließung gefaßt, die die deutsche Oeffentlichkeit auf diewert. würdig« Tatsache' hinweist, daß die Reicheregierung zu den Der. Handlungen über die Umgestaltung de» Eisenbahngesetzes den Re> gierungsvertretern vier Vertreter der Eisenbahnerge. werkschaften beigeordnet habe. Die Reichsbahn sei weder eine Einrichtung der Eisenbahnbeamten oder Eisenbahnarbeiter nach der Verfrachter. Der Vorstand des Reichsverbandes erhebt schärfsten Einspruch dahin, daß die Reichsrcgierung Eisenbahnergewerkschoften die Möglichkeit der Vertretung einseitiger Sonderinter- essen(!) geschaffen habe und verlangt von der Reichsregie» rung die Zurückziehung der Vertreter von den Ver- Handlungen, um die Derhandlungsführung objektiven Vertretern der Reichsregierung ohne gewerkschaftliche Kontrolle zu überlassen. Gleichzeitig erhebt der Reichsverbandernsten und grundsätzlichen' Widerspruch, daß die Zündholzfabriken der zentralen Konsum- z e n o s s e n s ch a s t en bei der Einrichtung«ine» Zündholz- Monopols«ine Sonderstellung erhalten sollen, die den Konsum- fabriken«in« Sonderentwicklung sicher«. Wir wollen uns gegenüber diesen Entschließungen damit be- genügen, sie als eine seltene Dreistigkeit zu bezeichnen. Wir »erweisen auf diemerkwürdige Tatsache', daß gelegentlich der Pariser Delegationsoerhandlungen über den Doung-Planzu- fällig' zwei Reichsbahndirektoren in Paris waren, um die Fassung des Doung-Planes hinsichtlich der Reichsbahn gewiß nicht gegen das Interesse der deutschen Unternehm« zu beeinflussen. Bei den gegenwärtigen Pariser Verhandlungen sind neben den Reichsbahn» delegierten auch Derwaltungsratsmitglieder d« Reichsbahn tätig. Ue anerkanntermaßen das Unternehmerinteresse bei den Derhand» lungen wahrzunehmen hoben. Die Reichsbahn selbst verhandelt in Paris als Arbeitgeber jener 700 000 Reichsbohnarbeiter und beamten. die durch die bisherige Ordnung sozialpolitisch unt« ein Sondergesetz gestellt waren. Ausgerechnet diese 700 000 sollen aber »on der Beeinflussung des zukünftigen Eisenbahngesetzes ausge- schloffen sein. Es ist schwer, für die Forderung des Reichsverbondes der Deutschen Industrie, daß die Reichsregierung die Eisenbahner. »ertreter zurückzurufen habe, einen parlamentarischen Ausdruck zu f»den. Für den Vorstoß gegen die Konsumgenossenschaften gilt ähnliches. Es ist das Wesen der Konsumgenossenschaften, daß sie. laut Gesetz und Verfassung berechtigt sind, den durch ihre Mitgliederfamilien geschaffenen Markt selbst zu bellefern. Dem dient auch die wahrscheinliche Anordnung für da» kommend« Zündholz- inonopol, daß dem voraussichtlichen Wachstum der Konsumvereine 'ine entsprechende Produktionsgaraniie zugeordnet wird. Bon einer Sonderstellung und ein« Sonderentwickkung kann also nicht die Rede sein. Polen liquidieri weiier. Wer für Deutschland optiert hat, ist schlecht dran. Warschau . 28. Oktob«. D«..Staatsanzeig«' veröffentlicht weiter« Liquidationsbeschlüsse gegen deutsches Grundeigentum. Betroffen werden diesmal drei Bauerngüter in den Kreisen Birnbaum. Ezarnikau und Schwetz, oeren BesjAer nach Abzug der Kosten des Verfahrens unß Derrech-. nung der chypothetenfchulden mit S100 bis 11 500 Zlotyentschädigt' werden. Bon dem Großgrundbesitz de» Grafen Fink von Fintenstein im Kreis« Lübau wird di« Wasserfläche de» Karassee» im Umfang von 237 Hektar liquidiert, wofür etwa 30000 Zloty gezahlt werden. Vi« Sozialisten für Minderheitenschutz. Warschau . ZS. Oktober.(Eigenbericht) Am Donnerstag befaßt« sich in Warschau «ine Konferenz de? Führ« der polnischen, der deutschen und der jüdischen Sozialisten (Bund') mit der Frag« einer engeren Zusammenarbeit. E» wurde beschlossen, oll« zu Gebot« stehenden Mittel zu benutzen, um«ine Festigung d« Diktatur in Polen zu v« r hi n d e r n. Die angenom- meru: Entschließung wendet sich ferner gegen die von der Regierung »ingeschlagen« Politik d« Unterdrückung der Minder. heitsvölter und betrachtet alz «ine der Hauptaufgaben de» polnischen Sozialismus«in gemeinsame» Programm zur Lösung der Minderheitenfrage in Polen . Ein Gtraßenredner erschossen. Warschau . 2S. Oktob«.(Eigenberichl.) 3a Lod» versuchte ein junger Sommunlst. vor ein« Fabrik die Zustände I« Sowjettußland zu verherrliche». Plötzlich fiel aus d« Menge ei« Schuß, der den Redner tödlich verletzte. Ver Täler kounke bisher nicht ermitielt w«den. Die Verfolgung der presse. Katkovitz. W. Oktob«. Di« Donnerstagausgaben derPolonia'. derGazeta Robotnitza' (poln..soz.) und de,.Kurs« Slonski' wurden wegen der BerSssentlichung eine» Aufrufs zu einer Demonstration gegen die Unter- drückung der Pressefreiheit, die von den Korfantisten. der nationalen Arbeiterpartei sowie den Sozialdemokraten«inberufen worden war. beschlagnahmt. Auch dt« heutige Ausgab« derPolonia' wurde v»sen des Kommentar» zur gestrigen Beschlagnahm« vom Zensor zurückgehalten.__ Die Reparationen an Amerika . Sie werden ebenfalls herabgesetzt. Washington . 25. Dktob«. Im Staatsdepartement wurde heut« zu d«n Berliner M«l- düngen über Dechanülungen hinsichtlich einer Reuregelungder deutschen Reparationszahlungen an di« Per. einigten Staaten erklärt, daß es sich bei diesen Bechandlungen vm pen Entwurf eines Vertrage» zwecks Herab» s- tz u n g der von Deutschland zu leistenden Zahlungen handele und zwar entsprechend dem am 1». Mai d. 2. bei einer Kons««nz im Weißen Hau» gesoßten Beschluß, die amerikanischen An- I p r ü ch e im prozentualen Verhältnis zu der von den Alliierten zugestandenen Herabsetzung der deutschen Reparationszahlungen zu ermäßigen. And« Besprechung vom IS. Mai d. I. hatten außer dem Präsidenten und den Mitgliedern de« Kabinett» auch die Parteisühr« de, Bunde-klmgresse» teiigenomoem._:

Goslarer Gchulzustande.

»Seil dir im Siegerkranz...!'

,DieS Kind, kein Engel ist so rein�

Reform des Schlichtungswesens. Die Verhandlungen der Gefellschast für soziale Reform.

Unter zahlreicher Beteiligung begannen am Donnerstag, dem 24. Oktober, in Mannheim die Beratungen der 11. Hauptversamm- lung der Gesellschaft für soziale Reform. Nach den Begrüßungsansprachen begann'die Beratung de» 1. Verhandlungsgegenstandes'.Die Reform de» Schlich- t u n g s w e s e n s.' In einer tiefgründigen Untersuchung beleuchtete al» 1. Referent Genosse Dr. Hugo Sinzheimer vom sozia- listischen Standpunkt aus die Funktion de» Schlichtungswesen» in der Wirtschafts, und Sozialversicherung. Die Wirtschaft ist keine private Angelegenheit der Unternehmer mehr, sondern in wachsen- dem Maß« ein« emiirent öffentliche Angelegenheit. D« soziale Dolksstaat darf die Fragen der Arbeitsverfassung und damit auch der Lohngestaltung, die für die Lebensbedingungen von rund 20 Millionen Arbeitnehmern von ausschlaggebend« Bedeutung sind. nicht dem freien Spiel d« Kräfte überlassen. Seine Zlufgobe ist es, die privatkapitalistische Wirtschaftsverfassung in immer stärkerem Maße mit sozialen Elementen zu durchsetzen. Dazu zwing« ihn auch die monopolistisch« Entwicklung der Wirtschaft. Die Aufgab« de» Schlichtungswesens sei ein« dreifache: die Friedens- f u n k t i o n, d. h. die Einschränkung von Arbeitskämpfen: Dienst an der Arbeitsverfassung, die sich äußert bei der Hilf« für das Zustandekommen von Gesamtvereinbarungen, also insbeson- dere von Tarifverträgen und seine lohnpolitischeFunktion, die auch die. sozialen Ersord«nisse berücksichtigt. Dadurch wird das Schlichtungswesen zu einem wichtigen Faktor beim Aufbau de» kollektiven Arbeitsrecht». Aus diesen Aufgaben ergäbe sich di« Notwendigkeit der Beibehaltung der Verbindlichkeitsertlärung von Schiedssprüchen und al» weitere Konsequenz das Erfordernis, daß e» im Schlutyungsysrsahren zu einem Schiedsspruch kommen muß. Da» letzte Erfordernis ist durch die Entscheidung des Reichsorbests- gerichts, das den Vorsitzenden der Tchlichtungsausschüsse praktisch die Möglichkeit nimmt, nötigenfalls allein einen Schiedsspruch zu fällen, sehr erschwert. Hier wgre der einzige Punkt, wo eine Reform ein- zusetzen hätte. Sinzheimer wies aus die Vorgänge in Oesterreich hin. wo die Soziolreaktion mit Hilfe der Heimwohren versucht,«in« Ent- Wicklung im ungünstigen Sinn« für die künftige Entwicklung der Sozialpolitik auch für Deutschland herbeizuführen. Der zweite Referent, Professor von Beckerath. b«. schäftigte sich mit den aus der Schlichtung«gebenden ökonomischen Problemen. Im Gegensatz zu Sinzheimer behandelte er die Frage vom indioidualistisch-kapitalistischen Standpunkt. Nach seiner Auf- fassung müsse sich der Staat im weitesten Umfange von der Ein- flußnahme auf die Lohngestaltung fernhalten und die Regelung den Machtverhältnissen der Arbeitsparteien, also Gewerkschaften und Unternehmerorganisationen, überlassen, weil sich auf diese Weise auch am besten die ökonomischen Marktgesetze durchsetzen. Beckerath lieferte die theoretische Begründung für die Forderung d« Unter- nehmer nach Abbau des Schlichtungswesens.

In der Aussprache vertraten Dörpel vom ADGD. und Schweitzer vom AfA-Bund die freigewerkschastlichen Auf- fassungen, die sich grundsätzlich mit den Darlegungen Sinzheimers deckten. G r a u e r t und Overbeck vertraten die Auffassungen der Unternehmer. Der letztere verstieg sich in seiner scharfmacherischen Rede zu der Behauptung, daß die sozialen Gegensätze durch Arbeits- kämpfe überbrückt werden. Der Vertreter der christlichen Gewerk- schasten, Otto, wies demgegenüber zutreffend darauf hin, daß sich in dies« Grundtendenz die Unternehmer mit den Ausfassungen der Kommunisten treffen. Professor H o e n i g e r machte insbesondere darauf aufmerksam, daß auch unter dem Hilfsdienstgesetz«in noch stärkerer Zwang vorhanden war. wie ihn jetzt die Verbindlichkeite- erklärung darstellt. Don den weiteren Diskussionsrednern ist noch hervorzuheben die Rede des Ministerialdirektors Sitzler vom Reichsarbeitsministerium. Er wies insbesondere auf die Berücksichtt- gung der sozialen NotwendigkeUen hin» die da» Schlichtungswesen zu«füllen Hab«. Dos Reichsarb eitsmimsterium arbeitet zurzeit an ein« Denkschrift für den Reichstag , die den gesamten Fragen- komplex behandelt. Nach seiner Auffassung hat sich da» Schlichtung?- wesen bewährt, so daß kein Grund zu seiner Beseitigung oder Ein- schränkung besteht. In seinem Schlußwort setzt« sich S i n z h e i m e r mit glänzender Dialektik mit seinen Gegnern auseinander. Er zeigt« insbesondere. daß mon sich unter den ökonomischen Marktgesetzen. di« angeblich dos Lohnniveau bestimmen müßten, gar nichts Konkretes vorstelle« kann. Oer Wert der Sozialpolitik. Mannheim . 25. Oktob «.(Eigenbericht.) Di« Tagung b«r Gesellschaft für Sozial« Re* form beendete am Freitag ihre Veratungen. Di« Aussprach « über den Dortrag von Professor BriefsDer wirtschaftliche Wert der Sozialpolitik' war beherrscht von programmatischen Aussühnin- gen der Vertreter der wirtschaftlichen Spitzenorganisationen. Spliedt vom Allgememen Deutschen Gewerkschaftsbund betonte. daß di« Arbeitslosigkeit nicht nur durch das Mittel der geldlichen Unterstützung, sondern auch durch Arbeitszeitverkürzung und vor allem durch Abschaffung d« unsinnigen Ueberstunden bekämpft w«- den müsse. Di« S-Tage-Arbeitswoch« sei kein« rein« Utopie mehr. Zu lösen sei auch noch die Frage d« Attersversorgung der arbeit»- unfähigen und invaliden Arbeiter. Die deutsch « Arbeiterschaft habe im letzten Jahrzehnt bewiesen, daß sie sich mitverantwortlich fühle für di« Entwicklung der deutschen Wirtschaft. Für die Arbeitgeber« schast gab Dr. E r d m a n n die Erklärung ab, daß di« Nottoendigkeit d« Sozialpolittk von d« Arbeitgeberschaft anerkannt«erde. D« Streit gehe nur um ihr« Grenzen und Ziel« und richte sich gegen ihr« mißbräuchliche Benutzung. D« Vorsitzende v. Nostiz konnte in seinem Schlußwort fest- stellen, daß aus der Tagung niemand den wirtschaftlichen Wert d« Soziatpolitik grundsätzlich bezweifelt Hab«.

Kauiskys Dank.

Genosse Karl Kautskq schreibt uns: In noch höherem Maße als mein 70. veranlaßt« mein. Ge- burtstog zahlreich« meiner Kameraden und Mitkämpfer, mir in freundschaftlicher Weis« die' Anerkennung meine« Wirken» auszu- sprechen in Artikeln. Büchern, Telegrammen. Wie vielen Jubilar«« ergeht es auch mir: so gern ich möchte, ich bin außerstand«, jedem der mir seine Sympathie kundgab, besonders persönlich zu danken. Ich muß meine Genossen und Freunde bitten, auf dem Wege der Press« meinen herzlichsten Dank für die mich überwältigend« Fülle der Ehrungen entgegenzunehmen. Ich fühle mich durch sie um so mehr erhoben und beglückt, als man mich rächt wie«tn« Ruin« bekränzte, die als Usberbleibsel«ner vergangenen Pracht tn die Gegenwart hineinragt, sondern al»«in« immer noch lebendig« Kraft im Körper der Partei anerkannte, di« an der Gestaltung der Gegen- wart und Zuksinst mitwirkt. Dos spornt mich an, mit verdoppeltem Eifer nach dem Fest« wieder an di« Arbeit für die große Sache zu gehen, der ich mein Leben geweiht habe. Hoffentlich wirb es mir vergönnt fein, da» Buch zu vollenden, da« mich jetzt beschäftigt, eine historisch« Unter- svchung über die Wechselwirkungen zwischen Krieg und Demokratie. über die Einwirkungen de, Krieges auf die Demokratie und der Demokratie auf den Krieg. Gelingt mir die Lösung dieser großen Aufgab«, dann hoff« ich. damit am besten meinen Dank für alle di« Liebe abzustatten, die mir in diesen Tagen so reichlich zuteil wurde. Mit herzlichstem Gruß und Handschlag * jnn sRxuxsiij. Wien . 21. Oktober 1929.

Die Börsenpanik in Rew �ork. 500 Polizisten oukgeboten! Rem Jork. 25. Oktober. Auch heute bot sich im vörsendislrikt. in Wallstreet . Broadstreet und den angrenzenden Straßen ein buntbewegtc» Bild. In de» Straßen und Bureaus der Maklerfirmen drängte sich die Menge Kopf an Kops. Zur Verstärkung der Polizeiabtellung von fünfzig Polizisten und sechzig Geheimbeamten, die sür gewöhnlich de« Dienst im Börsendistrikt versieht, hotte polizeiches whaleu vierhundert Polizisten, hundert Seheimbeomte und«ine größer« Abtetlooa berittener Polizei abkommandiert. Der Polizei- ches hat die Maklerfirmen, die sämtlich gezwungen sind, zahlreiche Hilfskräfte anzustellen, dringend ermahnt, die abzuliefernden Wert- popiere nur zuverlässigen Bote» anzuvertrauen, da die Gefahr be­stehe, daß die Lage von Dieben aosgeuußt werde. Es kam jedoch ,u keinen Ruhestörungen und es wurde« bisher such kein« größeren Diebstähle gemeldet. Das Ruhegehalt für ReichsardeUsmiulsters Dr. vrouu». per Reichsrat hat in ferner Donnerstogfiizung genehmigt, daß dem früheren Reichsorbeitsminifter Dr. Braun» ein« längere al» di« gesetzlich« Dienstzeit auf das Ruhegehalt angerechnet werden soll. Bon zuständiger Stelle wird hierzu mitgeteilt, daß diese Anrech- nung auf Antrag der Reichsregicrung beim Reichsrat auf Grund des Artikels 52 des Reichsbeonttengesetze» erfolgt und dem Reich»- arbeitsminister die früher im Kirchendienst zugebrachten Jahre aus die Dienstzeit angerechnet worden seien. Ver letzt«'belgisch « Soldat ta Deutschland wird Aachen am SS. November Verlagen,